Autor Thema: Kosminski´s Abgang u. die Einstellung seitens der Polizei?!?  (Gelesen 81316 mal)

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Offline Stordfield

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Re: Kosminski´s Abgang u. die Einstellung seitens der Polizei?!?
« Antwort #75 am: 15.01.2019 05:53 Uhr »
Herzlichsten Dank, Lestrade!

Polen war zur Zeit von Kozminski`s Geburt tatsächlich ziemlich zerrissen. In Westpreußen wurden ab 1871 die Germanisierungsbestrebungen verstärkt, was u. a. zur stufenförmigen Abschaffung des Polnischen als Unterrichtssprache an Oberschulen führte. Dies beantwortet dann auch meine Frage, da Klodawa in Kongreßpolen  (deutsch Kladow, früher auch Cladow, von 1940- 1945 Tonningen), also nahe zu Preußen lag.

Gruß Stordfield
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Offline Lestrade

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Re: Kosminski´s Abgang u. die Einstellung seitens der Polizei?!?
« Antwort #76 am: 15.01.2019 10:32 Uhr »
 :good:

Guten Morgen, Stordfield!

Der Onkel von Aaron heiratete eine Blechert, dessen Sohn wiederum eine Lachman, Jacob Cohen´s Mutter war also eine Lachman. Zur Zeit der Morde lebten Hyman & Nelly Lewis (Haskiel Lisiak und Necha, geb. Lachman) in 5 Princes Place/ Whitechapel. Das war wohl die gleiche Lachman Familienabstammung. Blechert und Lachman klingen ja auch sehr Deutsch, vielleicht wieder ein Indiz für die Nutzung jener Sprache in dieser Familie. Sicherlich gab es mehr Teile dieser ganzen Familie in London zu jener Zeit als wir ahnen. Der Princes Place lag an der Old Montague Street. Das nächste an dieser Straße wäre dann der Eagle Place, wo sich das Leichenschauhaus befand, zu dem u.a. Nichols und Chapman gebracht wurden, der Tatort Bucks Row nicht weit von dieser Adresse der Lewis. So recht "mittig" zwischen den Tatorten George Yard, Bucks Row, Hanbury Street und Berner Street. Zu deiner Orientierung hängen ich dir eine Karte an. Finde so etwas immer spannend, falls Aaron Kozminski "Kosminski" war, wie Angehörige der Familie immer wieder nur 20m Luftlinie entfernt vom Leichenschauhaus gelebt haben könnten, als dort mutmaßlich seine Opfer, wie Nichols und Chapman, aufgebahrt wurden.

Hier noch ein Link zu den Lewis:

http://www.census1891.com/viewhouse.php?sid=182&did=3577

Gruß, Lestrade.

P.S.: Princes Place über "angeschaut"...
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Offline Arthur Dent 2

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Re: Kosminski´s Abgang u. die Einstellung seitens der Polizei?!?
« Antwort #77 am: 16.01.2019 08:27 Uhr »
Hi Lestrade!

Das ist ja interessant, das wusste ich noch gar nicht mit der Verwandtschaft in der Old Montegue Street. Du könntest ja auch mal eine Karte zu Kozminski anlegen, so wie ich es für Jacob gemacht habe.

MfG, Arthur Dent

Offline Lestrade

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Re: Kosminski´s Abgang u. die Einstellung seitens der Polizei?!?
« Antwort #78 am: 16.01.2019 15:47 Uhr »
Grüß dich, Arthur! Ja, könnte ich mal machen. Es ist schon faszinierend, wenn man sich so etwas anschauen kann. Kurios ist ja, dass Woolf Abrahams und einer der Levys im Sion Square mutmaßlich direkte Nachbarn waren, ich muss wegen der Nummerierung auch mal auf eine alte Karte schauen. Bedeutend, wenn man es so nennen mag, ist sicherlich die Location des Stride Tatortes im Falle Aaron Kozminskis. In 1882 wohnte Woolf Abrahams (und sehr wahrscheinlich mit Aaron) direkt neben dem Yard, wenn man so will. Hier mal ein Link, wo man diese Adresse sehen kann, in der Woolf 1882 lebte, die 38 Berner Street:

https://www.jack-the-ripper-tour.com/locations/berner-street-dutfields-yard/

Es müsste ja die letzte Türe ganz rechts sein. Aaron war damals 17 Jahre alt und der Yard (mit dem Wagenrad), sollte ihm wohlmöglich vertraut gewesen sein.

Die Position des Fotografen, dürfte nicht weit vom nördliche Ausgang der Providence Street gewesen sein unter der Woolf dann 1888 in der Nummer 25 lebte und nach dem Double Event wegzog. Von der 25 bis zum Dutfield´s Yard war das eine Minute zu Fuß. Aus einer Krankenhaus Aufzeichnung geht hervor, dass aus dem Lubnowski Zweig der Familie, Personen in Batty Gardens, hinter dem Yard, um diese Zeit herum lebten. Man könnte sagen, diese Familie “umlebte“ den Tatort. Dazu hänge ich auch noch einmal Kartenausschnitte dran. Auf dem Bild 1 erkennt man die Nummer 38, neben der 40, dem Club und dem Yard. Batty Gardens liegt dann links oben. Unter dem O von “Fairclough“ liegt dann der nördliche Ausgang der Providence Street, da muss der Fotograf aus dem obigen Link nicht weit weg gestanden haben als er die Location fotografierte.

Bild 2 zeigt dann, Mitte unten, die Nummer 25 der Providence Street. Die Adresse Princes Place ist natürlich erst einmal ein Link zwischen den Lachmans und Jacob Cohen, der bei der Einlieferung von Aaron Kozminski Angaben machte. Man ist immer noch dabei, mehr über die Aktivitäten von Jacob Cohen in London herauszufinden, dem Mann, der eigentlich als Butcher in Manchester daheim war. Gab es noch mehr als die Mantelmacher zusammen mit einem Mann names Davies und Woolf? Einmal bediente er das “Schneiderhandwerk“ der Familie aber wie sah es mit der anderen Profession, dem Fleischer, in dieser Familie und in London aus? Und warum war er vor Ort, als Aaron eingeliefert wurde und nicht einer der Geschwister, mal abgesehen davon, dass er nicht nur ein Cousin war sondern auch der Bruder von Woolfs Frau? Welche Position in der Familie oder gar gesellschaftlich hatte er wirklich inne? Nun, mit der Zeit finden wir wohlmöglich tatsächlich noch Antworten.

Ich war neulich Teil in einer Diskussion, wo ich mich fragte, immer vorausgesetzt Aaron Kozminski war “Kosminski“, ob es der Familie vielleicht schon gelungen war, eine erste Mordserie zu verhindern, nämlich um die Zeit als Emma Smith attackiert worden war. Ob da jemand wie Jacob Cohen bereits behilflich sein konnte. Es wurde ja gesagt, dass Kosminski während der Mordserie des Herbstes 1888 auf freiem Fuß war und es klingt für mich so, als ob er es davor und danach nicht war und das jemand wie Swanson vielleicht Zusammenhänge sah zwischen den Morden im Herbst und der Attacke auf Emma Smith im Frühjahr. Immerhin setzt er Sie auf seine Liste obwohl der Fall ja eigentlich Richtung Gangattacke ging. Nun, spekulieren kann man wie immer viel aber die Polizei hatte sicherlich ganz andere Information, welche wir eben nicht haben. Frage mich, ob es schon recht zeitig damit begann, Aaron von der Familie etwas zu separieren, auf welche Art und Weise auch immer, immerhin gab es da Kinder, kleine Kinder, Schwangerschaften. Ich frage mich, ob dazu auch gehört haben könnte, ihm eine Tätigkeit zu verpassen, in der er seine Destruktivität ausüben konnte, dass einzige, was ihn wohlmöglich als “Beruf“ interessierte. Es ist zwar mehr eine Gefühl oder Intuition aber ich denke, die Beziehung zur Frau seines Bruders, Betsy, könnte eine große Rolle in seinem Leben gespielt haben und es nicht ganz der Zufall war, ihr Stride als Leiche quasi vor die Haustüre zu legen. Dies könnte vielleicht auch die Rolle ihres Bruders Jacob Cohen ein wenig erklären. Cox von der City Police erwähnte (wir wissen nicht ob er über Kosminski sprach), dass der Mann, den er verdächtigte, hin- und wieder von einer Frau falsch behandelt wurde. Man könnte das ganz speziell auf jemanden wie Betsy münzen. Einer Frau, die vielleicht sogar Schuldgefühle in dieser oder jener Form hatte. Aber wie immer sind das nur Gedanken.

Gruß, Lestrade, 
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Offline Arthur Dent 2

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Re: Kosminski´s Abgang u. die Einstellung seitens der Polizei?!?
« Antwort #79 am: 17.01.2019 13:30 Uhr »
Hi Lestrade!

Ich dachte eher an eine Gesamtübersicht von JTRs Wirkungskreis mit Kozminski darin. Daher habe ich jetzt mal selbst eine Karte für Aaron angelegt (die Punkte sind nur grob gesetzt für den Überblick).

Falls ich noch was vergessen habe, das auf die Karte sollte, bin ich für Tipps dankbar.


MfG, Arthur Dent

Offline Lestrade

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Re: Kosminski´s Abgang u. die Einstellung seitens der Polizei?!?
« Antwort #80 am: 17.01.2019 15:53 Uhr »
Herzlichen Dank Arthur für dein Werk und deine Mühe! Das gestern sollte nur ein kleiner Anfang sein.

Nagel mich jetzt bitte nicht 100%ig fest, ich schreibe jetzt mal überwiegend aus der Erinnerung und schnellen Quellen (ich liege heute flach)

Es muss Matilda Lubnowski gewesen sein, die sagte, dass sie bereits viele Verwandte dort hatten als sie nach England kamen. Das stammt aus einer Zeitung auf “Findmypast“. Namen und Adressen nannte Sie keine. Ihr Mann Morris hatte noch Geschwister, den größten Teil zog es auch auf die Insel. Die Geschwister:

Israel Lubnowski Cohen
Rachel Shaer
Hyam Davis (Haim Wolek Lubnowski)
Kate (Geitel) Cash
Solomon Cohen (Cowen)

Die Adresse 23 Batty Gardens stammt von einem einjährigen Kind 1887 aus einem Krankenhaus, Marie Lobonoffski. Beide Namen sind sehr ungewöhnlich Lubnowski/Lobonoffski und jetzt spreche diese mal “englisch“ aus, da klingen sie gleich. Israel Lubnowski hatte Töchter und zu einer, ich glaube Rachel, gab es unterschiedliche Angaben zum Vornamen. Wie gesagt, nagel mich heute nicht fest aber Chris Phillips meinte mal, Rachel und Marie sind identisch. Das Kind könnte aber auch aus den Lenden von Hyam Davis stammen (siehe oben). 1891 lebte Israel Lubnowski in der Yalford Street, Woolf Abrahams findet man bereits im Frühjahr 1889 dort, bevor er zum Sion Square zog. Gut möglich, dass er bereits nach dem Wegzug aus der Providence Street im Oktober 1888 dort wohnte, möglicherweise auch Israel. Wenn Woolf nach dem Double Event aus der Providence Street wegzog, dann könnte dies auch Israel oder Hyam es aus Batty Gardens getan haben und beide landeten dann in der Yalford Street, die parallel gleich links neben der Greenfield Street lag. Die Yalford Street war schon eine üble Nummer, zugeschissen im wahrsten Sinne. Wenn man da freiwillig hinzog…

Yalford Street könnte man noch auf der Karte markieren, Sion Square vielleicht auch, es besteht die Möglichkeit, dass Woolf dort schon wohnte als Mackenzie ermordet wurde.

Ich lese Charles Pizer, nicht John, ist das richtig? Ich habe ein wenig Schwierigkeiten bei der grünen Farbe.

Zur Butchers Row/ Sagar und Cox mal eine kurze Anmerkung. Ich weiß, dass beide City Beamte nicht nur eng zusammenarbeiteten sondern auch privat Freunde waren. Und beide hatten einen Verdächtigen, den sie für den Ripper hielten. Beide machten Angaben, die durchaus auf “Kosminski“ schließen lassen, den Verdächtigen, den uns Anderson, Swanson und auch Macnaghten von der MET beschreiben so wie es auch Sims und Griffiths taten. Nun können auch Freunde, nicht nur Kollegen, unterschiedlicher Meinung sein aber man sollte, wenn man Sagar und Cox studiert, im Hinterkopf haben, wie eng sie miteinander verbunden waren, eben nicht nur zwei City Beamte, die man auf den ersten Blick distanzierter betrachtet, wenn auch eher unbewusst. Klar, was hatte Aaron Kozminski als Friseur mit einem Butcher zu tun? Immerhin gibt es Angaben zu “Kosminski“, dass er einmal in einem Krankenhaus in Polen gearbeitet hatte. Ist das Aaron, dann tat er das wohl im Alter von 15/16 Jahren, bevor es nach London ging. Aber auch Morris als auch Jacob Cohen, waren nicht immer in der gleichen Beschäftigung tätig. Ich schloss mich lange der Meinung von Rob House an, dass die Observation, die Cox durchführte, in der Greenfield Street stattfand. Irgendwie glaube ich das immer noch aber ich will nicht ausschließen, dass Cox sich genauso wie Sagar in der Butchers Row bzw. Aldgate High Street befand. Mal davon abgesehen, dass Cox angab, undercover gegen das Schneiderhandwerk vozugehen, was für die Greenfield Street spricht, könnte man doch genauso das in der Aldgate High Street erzählt haben, auch um von den Butchern in dieser Straße abzulenken. Sagar sagte ganz eindeutig: Butchers Row Aldgate, Cox hingegen sprach von einer “bestimmten Straße“, wenn das zwei Freunde so sagen… Was mich an der Greenfield Street immer irritierte, war in meiner Wahrnehmung wie schnell der Verdächtige von Cox in der Leman Street war, nachdem er seinen Shop verlassen hatte. Man sieht ja auf der Karte, wie schnell man von der Butchers Row in der Leman Street war. Und dann sagte Cox, nach der Leman Street ging er Verdächtige weiter in den Bereich St. George in the east. Im Falle von Aaron Kozminski, lebte diese Familie eben genau dort, Greenfield Street, Providence Street, Yalford Street vielleicht sogar Batty Gardens. Hier könnte man also Cox gelbe Route weiter in den Bereich St. George in the east ziehen. Das gleiche könnte man mit der Fluchtroute/ Schürzenteil machen, wenn man die Butchers Row als Überwachungspunkt stärker herausstreichen möchte. Von der Goulston Street quer über die Hauptstraße, in die Somerset Street, rechts in die Little Somerset Street und wieder rechts in die Harrow Alley, war man schnurschnacks an der Rückseite der Butchers Row. Immerhin floh der Ripper nach dem Mord an Stride in Richtung Butchers Row als er Eddowes traf. Arbeitete Jack the Ripper tatsächlich als Butcher in der Butchers Row, dann könnte ihm die Begegnung mit einem Polizisten am Mitre Square einen kleinen Umweg verschafft haben.

Ich komme noch einmal auf meine Gedanken von gestern zurück. Kann man es nicht für möglich halten, dass die Familie Wege suchte, als Reaktion auf bestimmte Anzeichen (an denen sie sicherlich nicht einen zukünftigen Serienkiller erkannten, wer kann das schon?) und diese auch fanden, ihn unmittelbar aus der Familie zu verbannen? War jemand wie Jacob Cohen in der Lage, Aaron einen Job in einem Shop in der Butchers Row zu vermitteln, einen Ort, an dem er nicht nur arbeiten sondern auch teilweise nächtigen konnte? War es möglich, weitere Orte für die Nacht für ihn zu organisieren, in den er auch alleine nächtigen konnte? Den Shop in der Leman Street oder die Werkstatt von Isaac? Viele kennen nur die Angaben zu Aaron aus 1890/91 und halten es für unmöglich, dass jemand wie er, alleine in einem Shop war, so, wie von Cox beschrieben. Nun wissen wir aber jetzt, dass “Kosminski“, laut Anderson, zur Zeit der Morde ein “ruhiger und unauffälliger Zeitgenosse war“ und sicherlich nicht in dem Zustand wie Aaron Kozminski in 1890/91. Sind beide Männer aber identisch, dann war Aaron Kozminski im Herbst 1888 in einer ganz anderen Verfassung und nur “wenn er seine Anfälle bekam, kannte seine Grausamkeit keine Grenzen“.

Der Bull Inn Yard gegenüber der Butchers Row, befand sich zur damaligen Zeit im Umbau. Ich fand per Zufall einen Cox, der dort einen Shop hatte. Der Beamte Cox erwähnte ja einen Shop, den sie in der Lage waren für ihre Observation zu nutzen. Nun ist der Name Cox durchaus verbreitet und erste Blicke auf die ganz nahe Familie des Beamten ergaben keine Erkenntnisse. Es wird aber weiter danach geschaut, ob es eine Verbindung dieser beiden Cox geben könnte. Es gilt wie immer, das abzuwarten.

Beste Grüße, Lestrade. 
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Offline Stordfield

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Re: Kosminski´s Abgang u. die Einstellung seitens der Polizei?!?
« Antwort #81 am: 25.01.2019 22:27 Uhr »
Hallo!

Als was für eine Krankheit wurde Kosminskis Verhalten eigentlich diagnostiziert? Wie würde man das heute bezeichnen?
Glaubt man Andersons Aussage, so ist es schon erstaunlich, wie relativ schnell eine Veränderung in den Gebaren Kosminskis stattfand.

Gruß Stordfield
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Offline Lestrade

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Re: Kosminski´s Abgang u. die Einstellung seitens der Polizei?!?
« Antwort #82 am: 26.01.2019 00:09 Uhr »
Hallo Stordfield!

Heute würde man Aaron Kozminki´s (wir gehen jetzt einfach mal davon aus, dass es sich bei ihm um “Kosminski“ handelte) psychische Erkrankung einer Form der Schizophrenie zuordnen, sicherlich eher der Paranoiden Schizophrenie. Diese Erkrankungen, wie auch ähnliche Erkrankungen, bilden sich (auch für Außenstehende sichtbar werdend) zwischen dem 16 und 25 Lebensjahr aus und erreichen dann eben um den 25. Geburtstag herum ihren Höhepunkt. In den ersten jungen Jahren erlebt der Betroffene eher kleinere Episoden, wenn er älter wird, werden diese Zeiträume länger. Schaut man sich Aaron Kozminski an, dann war er 1890/91, also als er ca. 25 Jahre alt war, schwer erkrankt, den Höhepunkt seiner Erkrankung erreichend. Da war ihm, aufgrund der damaligen Kenntnisse, nicht mehr viel zu helfen. Während des Herbst 1888, wurde er 23 Jahre alt. Hier sollten die Episoden schon länger und intensiver gewesen sein. Man sollte auch nicht vergessen, wie verzweifelnd das einen Menschen machen kann. Sehr gut möglich, dass er bereits vor dem Herbst als auch nach dem Herbst 1888 medizinische Hilfe benötigte. Was Schizophrenie mit einem macht, kannst Du einfach im Internet nachlesen. Gut möglich, dass Aaron Kozminski in 1887/88/89 noch kleinere, klare Phasen hatte. Wenn Du mich fragst, dann würde ich bei Jack the Ripper vermuten, dass die Mordserie mit Beginn einer Phase begann und mit der Zeit intensiver wurde. Douglas hat mal gesagt, dass er davon ausgeht, dass der Ripper nach dem Kelly Mord einen echten Zusammenbruch erlitt und er nicht mehr weit davon entfernt war, die damaligen Behandlungsmöglichkeiten beachtend, alsbald vollkommen unfähig zu werden, um weitere Morde zu begehen bzw. bei/nach 1-2 weiteren Taten erwischt zu werden.

Das Jack the Ripper Profil, welches 1888 von Douglas, Hazelwood und Ressler veröffentlich wurde enthielt keinen Hinweis auf eine derartige Erkrankung. Hazelwood begründete das später damit, dass man das Profil so angefertigt hatte, wie es zu der Zeit üblich war. Man machte diese Angabe nicht, weil Beamte leicht einen falschen Blick auf Verdächtige erhalten könnten. Aber sie waren sich sicher, dass Jack the Ripper an Schizophrenie litt. Fakt ist, diese Erkrankung war nicht der Grund seiner Taten, sie hinterließ jedoch einen eindeutigen Abdruck an den Tatorten. Nur ein Verdächtiger mit dieser Krankheits- Diagnose käme als Täter in Frage. Das war, was im Hintergrund bei den Taten zu sehen war. Dazu gehörten das enorme Risiko, die Morde auf offener Straße, die Unordnung eines Gemetzels, was er hinterließ. So, wie es an den Tatorten aussah bzw. wie der MO und die Handschrift waren, so sah es auch im Kopf des Täters aus, unsortiert, desorganisiert, durcheinander, “planlos“. Wobei ich hierbei rate, nicht auf die 100% zugehen. Nehme wir eine Skala von organsiert 0 bis unorganisiert 100, würde ich dem Ripper da vielleicht bei 70/80 sehen. Das ist aber auch schon desorganisiert im fortgeschrittenen Stadium.

Der heutige Stand der Dinge ist, dass man auf jeden Fall eine erbliche Veranlagung für diese Erkrankung haben muss. Sind die Lebensumstände schlecht, dann kann diese Krankheit auch ausbrechen. Aber um ein Serienkiller zu werden, müssen noch andere Bedingungen erfüllt werden. Ich glaube, dass bei Jack the Ripper diese Veranlagung da war und auch schlechte Lebensumstände in seiner Entwicklung und die Dinge, die einem zum Mörder bzw. Serienkiller werden lassen. Ohne letzteren, wäre er vielleicht nur erkrankt, wie viele andere auch. Aber diese anderen Dinge müssen passiert sein und aufgrund der Schizophrenie konnte er diese Sachen nicht händeln aber diese Erkrankung war nicht schuld, sie "begünstigte" bereits Vorhandenes nur. Sie minimiert nur die Tatverdächtigen. Sicherlich kann auch Syphilis, wie bei Jacob Levy, zu Veränderungen im Gehirn führen und derartige Erkrankungen auslösen. Aber auch dabei sollte ein Hauch von ungünstigen Bedingungen bzw. Gewaltfantasien vorhanden sein, die sonst überhaupt nicht in die Realität umgesetzt werden würden. Wäre Aaron Kozminski, falls der Ripper, ohne diese psychische Erkrankung zum Serienkiller geworden, hätten die Taten anders ausgesehen und er hätte sicherlich besser zwischen Recht und Unrecht unterscheiden können. Bei Jack the Ripper bezweifle ich das etwas, auch, wenn so etwas wie Unrecht in Betracht zog, in seiner Welt hielt er das sicherlich für rechtens und normal aber eben in seiner ganz weiten, entfernten Welt. Man kann das vielleicht damit vergleichen, dass seine Welt der Sexualität, im Gegensatz zu unserer, eine Parallel- Welt war, eben noch weiter von uns entfernt, als die, eines “gewöhnlichen“ Serienkillers. Sexualität treibt uns alle an, seine Entwicklung diesbezüglich ging aber nie in eine normale Richtung, ausleben wollte er sie dennoch. Darin war er so pervertiert, dass es unsere Vorstellungskraft vollkommen übersteigt. Da gab es nie etwas, so, wie es in unseren Leben Raum fand und findet.

Schizophrene sind Einzelgänger und versuchen, so gut es ihnen möglich ist, ihre Erkrankung zu verbergen. Ich denke, dass Kosminski das genauso gut tat, wie jeder andere auch. Für die Polizei erschien er zunächst sicherlich harmlos, ruhig, vielleicht sogar schüchtern, wohlmöglich etwas eigenartig aber unschuldig. Polizisten waren für ihn vielleicht Menschen aus einer anderen Welt, die aus seinem Richtig, etwas Falsches machen wollten aber eher unwirklich für ihn aber dennoch bedrohend. Ihnen wird er leugnend und schulterzuckend begegnet sein. Ich denke, dass einzige, was ihn aus der Fassung hätte bringen können, wäre ein Zeuge und im Falle des Rippers bzw. Kosminskis, fand dies auch statt. “Der Zeuge identifizierte ihn ohne zögern“ (Anderson) und “Er wusste, er wurde identifiziert“ (Swanson). Es war sicherlich auch Kosminski´s eigene Reaktion im Seaside Home, die der Polizei Gewissheit brachte. Diese ID, als auch “einige andere Umstände“ (Macnaghten), zeigten auf, dass dieser “ruhige und harmlose Mann“, “zu äußerster Grausamkeit fähig war“, “wenn eine Episode seiner Störung ihn erreichte“. Danach war es an der Zeit für ihn, in eine andere Welt abzudriften, welche folgerichtig war. Er wurde vollends schwerkrank, nicht mehr zeitweise “verrückt“ sondern permanent.

Sicherlich war Aaron Kozminski im Herbst 1888 noch funktioneller als ca. 2 Jahre später aber sicherlich schon klar auf dem absteigenden Ast.

Gruß, Lestrade.
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Offline Stordfield

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Re: Kosminski´s Abgang u. die Einstellung seitens der Polizei?!?
« Antwort #83 am: 26.01.2019 02:45 Uhr »
 :SM023:

Vielen, vielen Dank, Lestrade!

Einiges von dem, was Du schreibst, kann man tatsächlich im Netz nachlesen, doch wie Du das immer auf den Punkt bringst... :hi:

Dies finde ich spannend: "Neben den Wahnvorstellungen und Halluzinationen entwickeln paranoide Schizophrenie-Patienten häufig Zorn und Angst. Sie sind oft unruhig und streitsüchtig. In sehr seltenen Fällen werden die Betroffenen auch gewalttätig. Das kann passieren, wenn sie sich stark bedroht fühlen." (von Julia Dobmeier, Masterstudium in Psychologie)

Wenn dies tatsächlich alles so auf Kosminski zugetroffen haben sollte, dann gehe ich auch davon aus, dass seine Familie schon vor den Morden Auffälligkeiten an ihm bemerkt haben muss und somit in arge Nöte geriet. Eigentlich müßte man in dieser Situation davon ausgehen, dass sie ihn besonders im Auge behalten würde. Wie konnte er da aber so eine schlimme Serie starten? Paranoide Schizophrenie-Erkrankte haben auch keine unpassenden oder verflachten Emotionen. Von einem flachen Affekt spricht man, wenn die Mimik und die Körperhaltung keine Rückschlüsse auf den inneren emotionalen Zustand zulassen. Das würde bedeuten, dass man ihm durchaus seine frühen "Anfall"-Phasen und erst recht seine Befindlichkeiten während seiner Taten ansah. Ich denke, er mußte auch schon vor den Verbrechen äußerst auffällig gewesen sein, obwohl ihm ja offenbar ein anderes Zeugnis ausgestellt wird. Passen würde dazu der Tabram- Mord.

Gruß Stordfield     
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Offline Lestrade

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Re: Kosminski´s Abgang u. die Einstellung seitens der Polizei?!?
« Antwort #84 am: 26.01.2019 13:53 Uhr »
Immer wieder gerne, Stordfield!

Vieles hängt natürlich bei solchen Erkrankungen von der weiteren Persönlichkeitsstruktur ab. Intelligenz, Temperament und inwieweit noch andere Erkrankungen sich auswirken. Ich denke, es ist sehr komplex und individuell. Gut möglich, dass es auch eine Mischform verschiedener Schizophrenien bei ihm war, sodass er hin-und wieder Grimasierte  oder Katatonie zeigte, wer weiß. Ich weiß jetzt nicht mehr, welcher Profiler das sagte aber er meinte, der Umgebung wäre der Ripper ähnlich einer Borderline- Persönlichkeit erschienen. Also in der Form, dass er zuweilen Impulsiv war, ruhelos und etwas obsessiv. Bekannt bei Kosminski war, neben dem, dass er meist ruhig und harmlos erschien, sein Hass auf Frauen, insbesondere Prostituierte. Also ganz sicher, fiel der nahen Umgebung (Familie, Freunde, Kollegen) auf, dass dieser eher einzelgängerische, unscheinbare Mensch auch seine Abgründe hatte. Dabei könnten vielleicht Zeichnungen, hantieren mit tierischen Organen und Bemerkungen über Frauen in der Umgebung Argwohn erzeugt haben.

Ich erinnere mich an einen Casebook User, vor 2-3 Jahren war das, an ein Post mit folgendem Inhalt (ich habe den Link gerade nicht, gebe es aus der Erinnerung wieder);

Der User hatte Aufzeichnungen aus den 1980er Jahren. Er war Verfechter der Druitt Theorie. Eine der Aufzeichnungen betraf einen alten Mann, der in seiner Firma noch irgendwie angestellt war. Dessen Vater lebte in Whitechapel, um die Zeit der Morde. Dieser erzählte seinem Sohn folgendes:

“Die Leute in der Gegend wollten unbedingt die Schuld Lederschürze (Pizer?) geben. Aber nur aus dem Grund, weil ihn niemand leiden konnte. Er kannte Lederschürze aber genauer und wusste, dass er nichts mit den Morden zu tun hatte. Was die Leute aber wussten, war, dass ein Bursche aus der Gegend ins Visier der Polizei geriet und er viel mehr mit den Verbrechen zu tun hatte als Lederschürze oder jemand anders. Der Bursche war nicht ganz richtig im Kopf und sprach auch nur sehr wenig. Die Familie des Burschen wollte es aber einfach nicht wahr haben. Dann ging eine Gruppe von Leuten zu dieser Familie und legten ihnen nahe, dass es so nicht weitergehen könne. Daraufhin brachten sie ihn (die Familie) aus London weg. Er selber dachte immer, sie hätten ihn fortgeschafft und umgebracht“.

Nun ist das erst einmal eine Geschichte, in der Art gibt es viele. Mir fiel damals aber sofort ein, dass Sagar von der City Police sagte: “Seine Freunde hielten es für ratsam, ihn in eine Anstalt zu bringen“.

Was ich damit sagen will ist eigentlich, dass ich denke, dass Kosminski als auch seine Familie mit der Problematik der Umgebung bekannt war, mehr als wir das für möglich halten. Ich denke, dass es der größte Teil der Familie tatsächlich nicht glauben konnte bzw. wollte. So etwas ist der blanke Horror. Möglicherweise sahen dies 1-2 Familienmitglieder anders, weil sie auch Zeugen bestimmter Ereignisse waren. Eine Rolle könnte gespielt haben, dass die Polizei nicht genug wirkliche Beweise hatte und er eben auf freiem Fuß blieb. Die Menschen wollten eher an eine unsympathische Figur wie Lederschürze/ Pizer glauben als an einen recht normalen, wenn auch schüchternen Typen, der kaum den Mund aufmachte. Wahrscheinlich wurde auch seine Familie als ehrbar empfunden. Obwohl die Familie wahrscheinlich alles tat, wurde der Druck ja nicht weniger und die Zweifel häuften sich mit der Zeit mehr und mehr. Falls die Polizei mit der Familie sprach und sagte: “Komisch, seit dem wir Kosminski auf Schritt und Tritt bei Tag und Nacht folgen, geschehen keine weitere Morde“, könnte das auch zur weiteren Verunsicherung beigetragen haben. Wir erleben das ja heute noch, für viele Interessierte ist “Kosminski“ überhaupt nicht als Ripper denkbar. Vielleicht liegt der Hase hier im Pfeffer, denn er ist genau das, was viele nicht erwarten würden, damals als auch heute.

Ich bleibe dabei, wenn wir in der Lage wären, die Akte von Kosminski zu finden, feststellen würden, dass es sich um Aaron Kozminski handelte, erfahren würden, wer ihn wo und wann an einem Tatort sah und später identifizierte, er dem Mann ähnelte, den der PC am Mitre Square sah, Zeugen sehen, die ihn an anderen Tatorten ebenfalls sichteten, die Orte kennen, an denen er arbeitete und lebte, Dinge sehen, die man ihn weiter zuordnen konnte, dann wäre das für viele, einschließlich meiner Person, sehr erhellend. Ich denke, Kosminski war für viele, seiner Familie, seinem Umfeld und eben auch für die Polizei, eine sehr schwer zu greifende Persönlichkeit und bei jedem fiel der Groschen erst nach und nach, weil man es einfach nicht glauben konnte, dass dieser Mann das tat, was er tat.

Ich denke da an Ted Bundy, auch wenn dieser etwas vollkommen anderes darstellte, eindeutig schuldfähiger war als Jack the Ripper (hier muss man wahrscheinlich das Wort “unzurechnungsfähig“ in den Mund nehmen), gab es viele, einschließlich Beamter, die dachten, es müsse sich um einen riesigen Irrtum handeln. Es war aber alles andere als ein Irrtum, es war grausige Realität, wie am Ende alle einsehen mussten.

Gruß, Lestrade.
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Offline Sherlock

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Re: Kosminski´s Abgang u. die Einstellung seitens der Polizei?!?
« Antwort #85 am: 02.03.2019 21:23 Uhr »
Hallo zusammen,

nach sehr langer Zeit möchte ich mich wieder in die Diskussion einbringen, auch wenn ich nicht mehr auf dem neusten Stand der Dinge bin.

Ich beschäfftige mich seid meiner Kindheit mit dem Thema JTR, wo ich buchstäblich wie die Jungfrau zum Kind kam. Im Alter von 5 oder 6 Jahren, ohne das ich bewußt von aussen an das Thema heran geführt wurde, kannte ich damals den Begriff Whitechapel und wußte wer Mary Jane Kelly war, bzw welche Rolle sie in dem Fall spielte....fragt nicht wieso ich das wußte....ich wußte es einfach. Zur damaligen Zeit hatten wir auch kein TV Gerät, geschweige den das ich Ansatzweise des flüssigen Lesens mächtig war, um solche Dinge aufzuschnappen. Wie dem auch sei.

Ich habe über die Jahre hinweg einige Bücher zu dem Thema gelesen, allerdings nur die aus dem deutschsprachigen Raum, da lange und komplizierte englische Texte doch etwas zu unverständlich für mich werden, dem Schulenglisch sein dank...oder auch nicht. So bleiben mir leider auch die englischsprachigen Foren verwehrt

Ich war lange von der Theorie angetan, die sich um Walter Sickert und das englische Könighaus drehte, auch wenn es dort einige Dinge gab die nicht zusammen passten.
Wovon ich allerding kein Freund bin ist die ganze Aaron Kosminski Theorie. Und das bemerke ich leider wieder, wenn ich den letzten Beitrag von Lestrade lese. An dieser Stelle meine tiefste Hochachtung vor diesem Mann, der seit Jahren so unermüdlich an dem Thema dran ist und Dinge näherbringt, die man gar nicht auf dem Schirm hat. Dafür Danke lieber Lestrade. :)

So, nun zu dem Teil warum ich mich wieder einklinken möchte, mit dem Hinweiß, das mir sicher die eine oder andere Info fehlen mag, was Aaron Kosminski anbelangt. Da bitte ich um Nachsicht.


Lestrade schrieb:

Die Leute in der Gegend wollten unbedingt die Schuld Lederschürze (Pizer?) geben. Aber nur aus dem Grund, weil ihn niemand leiden konnte. Er kannte Lederschürze aber genauer und wusste, dass er nichts mit den Morden zu tun hatte. Was die Leute aber wussten, war, dass ein Bursche aus der Gegend ins Visier der Polizei geriet und er viel mehr mit den Verbrechen zu tun hatte als Lederschürze oder jemand anders. Der Bursche war nicht ganz richtig im Kopf und sprach auch nur sehr wenig. Die Familie des Burschen wollte es aber einfach nicht wahr haben. Dann ging eine Gruppe von Leuten zu dieser Familie und legten ihnen nahe, dass es so nicht weitergehen könne. Daraufhin brachten sie ihn (die Familie) aus London weg. Er selber dachte immer, sie hätten ihn fortgeschafft und umgebracht.

Im weiteren Text heißt es:

Die Menschen wollten eher an eine unsympathische Figur wie Lederschürze/ Pizer glauben als an einen recht normalen, wenn auch schüchternen Typen, der kaum den Mund aufmachte.

Ich denke hiermit ist Aaron Kosminski gemeint.

Im ersten Teil des Zitats hieß es, das ein "Bursche" ins Visier der Polizei geraten war, der viel mehr um die Verbrechen wußte, als man ahnte.....und so weiter und so fort.

Und daran störe ich mich gerade etwas.

Einerseits wird er als still, ruhig und schüchtern beschrieben ( vielleicht nicht ganz richtig im Kopf, nach damaligen Maßstäben), andererseits soll er so auffällig geworden sein, das die Polizei auf ihn aufmerksam wurde?

Irgendwie beißt sich da gerade die Katze in den Schwanz.

Mit welchen Aktionen ist dieser stille und ruhige "Bursche" ins Visier geraten? Was hat eine Nachbarschaft/nahe Bekannte/Freunde(?) dazu veranlasst, zur Familie des "Beschuldigten" zu gehen, um ihnen anzuraten, Aaron in die Klapse zu stecken, bzw ihn aus London wegzubringen?
Liegt hier dann nicht eher das interesse das der Mörder Dingfest gemacht wird, anstatt etwas zu vertuschen? Vorallem, welchen nutzen würde man aus solch einer Vertuschung ziehen?

Desweiteren erinnere ich mich anhand diverser Bücher, an die Tatsache, das damals die Polizei diverse Dinge ausprobierte, um Jack dingfest zu machen. Sei es durch Hausdurchsuchungen, oder als Frauen verkleidete Polizisten, Streifen und und und. Ich meine mich auch düster zu erinnern, das weit über 700 Polizisten aus verschiedensten Revieren unterwegs und auf Streife waren, um JTR zu fassen.
Und bei all diesem Aufwand, und in Hinblick darauf, das Aaron schon ins Visier geraten ist, konnte dieser Mann dann so ohne weiteres durch Whitechapel laufen ohne gesehen zu werden?
Bei all der Angst die in diesem Viertel schon vorherrschte?

Auch wenn Aaron Kosminski gut in das Bild des Ripper hineinpassen würde, so glaube ich dennoch nicht daran, dass er der Mörder war. Dafür ist mir einfach zu vieles unschlüssig.

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Miyamoto Musashi, 1584-1645. Samurai und Rōnin.

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Re: Kosminski´s Abgang u. die Einstellung seitens der Polizei?!?
« Antwort #86 am: 02.03.2019 23:02 Uhr »
Hallo lieber Sherlock,

Danke erst einmal. Nun, selbstverständlich muss man nicht ein Anhänger der Kosminski Theorie sein. Wie alle anderen, ist es eben nur eine Theorie. Jeder versucht so gut wie möglich, seine Theorie zu begründen. Was ich hauptsächlich mache, ist ganz tief ehrlich zu mir selbst zu sein. Mich interessiert, wie die Wahrheit aussehen könnte, unabhängig davon, ob sie mir gerade passt oder nicht. Ich beschäftige mich mit vielen Theorien, in denen ich genauso vorgehe. Jacob Levy z.B. interessiert mich enorm. Mit dieser Theorie setze ich mich intensiv auseinander aber ich finde hier und da Dinge, die mich nicht so überzeugen, wie die bei Kosminski. Was viele vielleicht gar nicht denken würden, ich lebe ganz bewusst damit, dass ich vollkommen falsch liegen könnte. Mich interessiert vor allem der Prozess, in dem ich stecke. Bei der Beschäftigung mit JtR habe ich unglaublich viele Dinge gelernt, die mich haben reifen lassen als ganz normalen Mensch. Den Mann, den wir für Kosminski halten, Aaron Kozminski, muss vielleicht nichts mit diesem “Kosminski“ zu tun haben. Ich versuche ehrlich das Beste aus der Sache zu machen. Nun muss natürlich jeder in seiner JtR Welt entscheiden, was er für die Wahrheit hält, vom kleinsten Detail bis zum Nennen seines Verdächtigen. Ich bin glücklich mit meiner Theorie und das ist das wichtigste. Jeder soll mit seiner Theorie glücklich werden. Ist er es nicht, trage ich dafür nicht die Verantwortung, so denke ich. Die Welt der Ripperologie ist riesig, ein ganzes Universum und ich bin darin unterwegs. Es gibt dort nichts, was es nicht gibt. Was es gibt, ist vor allem große Unsicherheit, was vollkommen normal ist. Ich schwirre dort als kleines Teilchen herum aber eben vollkommen zufrieden. Und sein wir ehrlich, wen interessiert das und vor allem, wer interessiert sich für den Menschen der ich bin? Da habe ich vollkommen losgelassen. Ich habe das an anderer Stelle bereits erwähnt, wenn 100 Leute in einem Raum mit ihren 100 Verdächtigen sitzen, kann maximal eine Person mit seinem Verdächtigen richtig liegen, falls überhaupt. Was ich damit sagen will ist, in der Ripperologie kann man in vielerlei Hinsicht nur falsch liegen. Ich werde es nicht erleben, falls der Fall eines Tages “gelöst“ wird. Ich werde niemanden etwas beweisen können und mir jemand anders auch nichts. Ich denke, dass ist die einzige Wahrheit in unserem Hobby.  Was kann einem schon passieren, wenn man am Ende falsch liegt? Wenn ich falsch liege? Man wird mich nicht hinrichten oder lebenslänglich verurteilen, man kann mir nichts wegnehmen. Man kann mit vielleicht mit Häme oder Schadenfreude reagieren aber das ist eben das, was es ist, wer so fühlt, muss genau damit leben, nicht schön und Strafe genug. Ich habe vieles im Leben gesehen, auch viele schlimme Dinge, so etwas berührt mich schon lange nicht mehr. Deswegen kann ich gar nicht verlieren und offen für meine Ansichten einstehen, die ich nach besten Wissen und Gewissen helfend einbringe. Für so etwas kann man nicht belangt werden.

Um vielleicht meine Theorie etwas anders darzustellen, ich habe von Anfang an geglaubt und nach all dem intensiven Studium heute noch mehr als früher, dass Sagar´s Verdächtiger aus der Butchers Row Jack the Ripper war. Ganz unabhängig davon, ob es sich dabei um Kosminski handelte oder nicht. Ich hoffe, Du kannst nachvollziehen was ich meine, der kühle Kopfmensch sagt “Kosminski“/ Aaron Kozminski, der intuitive Mensch in mir sagt, der Schlachter aus der Butchers Row/ Aldgate.

Nun hoffe ich dein Anliegen richtig verstanden zu haben. Laut Anderson war Kosminski eine “ruhige und harmlose Person“ aber sprach im gleichem Atemzug auch über das Gegenteil, wenn es “über ihn kam, dass seine Grausamkeit keine Grenzen kannte“. Wie wollen wir das nun interpretieren? Die meisten Serienkiller wirken nach außen ruhig und harmlos und geraten dennoch früh in das Visier der Polizei und das aus den unterschiedlichsten Gründen. Ich denke dabei z.B. an Gary Ridgway. Übrigens ist das erwähnte Zitat nur ein Zitat, vermutlich hat es gar nichts mit “Kosminski“ zu tun aber, aufgrund der Aussage Sagars, könnte es ähnlich bei seinem Verdächtigen gewesen sein. Ich denke, dass ruhig und harmlos ist die Wahrnehmung, die man von ihm hatte, wenn man ihn sah oder schlicht an ihm vorbeiging. Die Leute, die ihn z.B. in den Mordnächten begegneten, hatte genau diesen Eindruck von ihm. Es mag vielleicht Kollegen gegeben haben oder Familienangehörige, die etwas anderes bei ihm beobachtet oder mit ihm erlebt haben. Es können Informationen von Ärzten gewesen sein. Als Beispiel nenne ich Richard Trenton Chase. Die Krankenschwestern beobachteten an ihm und erlebten mit ihm Dinge, die sie veranlassten eine Entlassung zu überdenken. Fachkräfte waren anderer Meinung. Und er tat dann wirklich grausame Dinge. Sagar sagte, sein Verdächtiger war der Polizei gut bekannt. Es kam vielleicht deshalb nie zu Anklagen, weil es Nichtigkeiten waren, an denen niemand damals einschätzen konnte, dass es Vorzeichen für schlimmeres sind. Im Falle von Kosminski hatte die Polizei keine handfesten Beweise. Auch damals musste man als Anklage diese Beweise haben. Was nützt es, wenn er um die Tatzeitpunkte an den verschiedensten Tatorten gesehen wurde? Er hatte vielleicht Gründe, genau dort zu sein. Was nützt es, wenn ihm blutige Kleidung zugeordnet hätte können? Er war vielleicht Schlachter oder hatte eine tatsächliche Verletzung. Was nützt es, wenn Schwartz und Lawende ihn nicht hatten identifizieren können? Lawende war niemals sicher, ob es Eddowes war, Schwartz sah etwas, eine Viertelstunde vor der Ermordung von Stride, vielleicht konnte auch er BS Man nicht als Kosminski identifizieren. Nach all den Jahren denke ich, dass genau diese beiden Männer, Schwartz und Lawende, Kosminski nicht identifizieren konnte und das war fatal für die Polizei und spielte Kosminski in die Karten. Vor Gericht hätte es Kosminski entlastet: “Mr. Lawende, ist dieser Mann die Person, die sie an der Church Passage gesehen haben? Nein!“. Mr. Schwartz, ist dieser Mann die Person, die das Opfer angegriffen hatte? Nein! BS Man muss nicht der Mörder von Stride gewesen sein, Swanson notierte, dass bei der Sichtung von Lawende, Eddowes offenbar bereits 5 Minuten tot war. Bei so etwas, musste die Polizei Kosminski gehen lassen, das einzige was möglich war, war eine Observation dieses Mannes. Das alles wäre gelebtes Recht gewesen. Am Ende gab es nur die many circumstances, die Macnaghten erwähnte. Das einzige was es jemals gab, zur Überführung, war der Seaside Home Zeuge, der zum großen Bedauern von Anderson und Swanson seine Meinung änderte, nachdem dieser mitbekam, dass der andere auch ein Jude ist. Das ist gelebte Tragik. Kosminski erfüllte zur Zeit der Morde das typische Klischee eines Sereinkillers, ruhig und harmlos, unauffällig. Wie bei allen anderen auch, falls er der Ripper war, wissen wir, dass es  nicht die Wahrheit ist. Wir beide hätten ihn in unserer oberflächlichen Wahrnehmung genauso gesehen. Wenn Freunde zu den Kosminskis gegangen sind, dann hatte das sicherlich verschiedene Gründe. Das sie Zweifel hatten, dass dieser ruhige harmlose Typ, eben vielleicht gar nicht so ist. Gerüchte machen sich breit, sie nehmen Veränderungen an ihm war (eine Beschattung hatte er möglicherweise mitbekommen), “Geheimnisse“ kommen an das Tageslicht, man weiß, dass er mehrmals bei der Polizei vorstellig wurde, Prostituierte berichten über Erlebnisse mit ihm, Menschen erinnern sich an Begegnungen mit ihm, man erfuhr alles wahrscheinlich aus erster Hand durch die Freundschaft mit der Familie, die vielleicht Dinge berichteten, die sie nicht wahrhaben wollten, von den Freunden aber anders interpretiert wurden usw.

Ich hoffe, dass reicht als Antwort.

Herzliche Grüße, Lestrade. 
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Re: Kosminski´s Abgang u. die Einstellung seitens der Polizei?!?
« Antwort #87 am: 03.03.2019 08:14 Uhr »
Guten Morgen lieber Lestrade,

vielen dank erstmal für deinen ausführlichen Text.

ich glaube ich muss mich erstmal Rund um das Thema Sagar belesen um 100% up to date zu sein. Sagar habe ich ehrlich gesagt nicht auf dem Schirm gehabt. Zwar ab und an den Namen gelesen, aber nie weiter verfolgt.

Was mir speziell wichtig wäre, und damit ziele ich jetzt auf Kosminski ab, ist die Tatsache, wenn er wirklich so Verhaltensauffällig gewesen ist, das er in den Verdächtigenkreis der Polizei geriet, welche genauen Erkenntnisse, bzw bewiesene Taten gibt es dort, die Kosminski da sehen wo er steht?
Ich meine die polizeilichen Ermittlungen und Bemühungen den Ripper "ernsthaft" zu fangen, sind ja teilweise recht tiefgreifend. Und nach über 100 Jahren finden sich teils sehr detailierte Dinge über den Fall. Also daher nochmal meine Frage, was tat Kosminski, das er als Verdächtiger galt?

Whitechapel als Stadtteil war ja nun nicht gerade ein Vorzeigestadtteil gewesen, wie man aus diversen Berichten lesen durfte. Gewalt, Morde und diverse auffällige Verhaltensweisen der Besucher und Anwohner waren ja nahezu an der Tagesordnung. Ich meine in dem Buch von Tom Cullen mal gelesen zu haben, das z.b die ganzen Schlachtereien in Whitechapel das Blut der Tiere einfach auf die Strasse liefen ließen. Schneller sex wurde zum Teil in den verwinkelten Strassen schnell praktiziert und und und.
Was ich ausdrücken möchte ist, das Whitechapel und seine Anwohner überwiegend schon so verroht waren, das schon etwas "besonderes" im Vorfeld passiert sein muß, um das Kosminksi als Täter in Frage kam. Sonst hätte er sich doch nicht so von anderen abgehoben,das er plötzlich als Verdächtiger dasteht. Sehe ich das gerade falsch, war die Polizei einfach zu beschäftigt den Hinweisen zu folgen?
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Re: Kosminski´s Abgang u. die Einstellung seitens der Polizei?!?
« Antwort #88 am: 03.03.2019 11:26 Uhr »
Zitat
Ich denke, Kosminski war für viele, seiner Familie, seinem Umfeld und eben auch für die Polizei, eine sehr schwer zu greifende Persönlichkeit und bei jedem fiel der Groschen erst nach und nach, weil man es einfach nicht glauben konnte, dass dieser Mann das tat, was er tat.
Ich denke da an Ted Bundy, auch wenn dieser etwas vollkommen anderes darstellte, eindeutig schuldfähiger war als Jack the Ripper (hier muss man wahrscheinlich das Wort “unzurechnungsfähig“ in den Mund nehmen), gab es viele, einschließlich Beamter, die dachten, es müsse sich um einen riesigen Irrtum handeln. Es war aber alles andere als ein Irrtum, es war grausige Realität, wie am Ende alle einsehen mussten.


Hallo Lestrade!

Was deinen Vergleich mit Ted Bundy angeht, so denke ich, ist er nicht wirklich passend.


Ein Mensch, der unter einer schweren Psychose leidet, so wie unser Kosminski, zeigt durchaus auffälliges Verhalten, das er nicht kontrollieren kann - und sein Umfeld muss dies schon verdängen und/oder bewusst zu verharmlosen oder zu vertuschen versuchen, weil man es nicht wahrhaben will, dass dieser Mensch ernste Probleme hat bzw. machen könnte.
Ich meine damit nicht, dass man ihm wegen seines ungewöhnlichen Verhaltens gleich ein Schwerverbrechen zutrauen muss - aber zumindest aufgefallen muss seinem Umfeld sein, dass mit diesem Menschen etwas nicht stimmt.


Ganz anders stellt sich der Sachverhalt bei Ted Bundy dar:
Bundy war der Prototyp des kriminellen Psychopathen – er litt nicht unter einer Psychose, sondern hatte eine ausgeprägte antisoziale Persönlichkeitsstörung. Das heißt, er war in seinem Innern der absolute Egoist ohne Skrupel, der ohne Rücksicht auf die Folgen genau das tat, was er wollte. Er war aber voll zurechnungsfähig und wusste immer was er tat, und nutzte daher bewusst sein gutes Aussehen, seine Intelligenz und seinen für Psychopathen typischen oberflächlichen Charme, um seine Umwelt zu manipulieren und über sein wahres Ich zu täuschen.
Dass praktisch niemand merkte, was für ein Wolf im Schafspelz er war, lag also weniger daran, dass seine Umgebung irgendein auffälliges Verhalten nicht wahrhaben, verharmlosen oder gar vertuschen wollte – sondern daran, dass Bundy sich bewusst die Rolle des Schwiegermutterlieblings zugelegt hatte und diese so überzeugend spielte, dass seine Mitmenschen überhaupt keinen Anlass hatten zu glauben, mit ihm stimme etwas nicht. Bis er vor seinen Opfern die Maske fallen ließ und es für sie zu spät war.


MfG, Arthur Dent

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Re: Kosminski´s Abgang u. die Einstellung seitens der Polizei?!?
« Antwort #89 am: 03.03.2019 14:12 Uhr »
Was mir speziell wichtig wäre, und damit ziele ich jetzt auf Kosminski ab, ist die Tatsache, wenn er wirklich so Verhaltensauffällig gewesen ist, das er in den Verdächtigenkreis der Polizei geriet, welche genauen Erkenntnisse, bzw bewiesene Taten gibt es dort, die Kosminski da sehen wo er steht?
Ich meine die polizeilichen Ermittlungen und Bemühungen den Ripper "ernsthaft" zu fangen, sind ja teilweise recht tiefgreifend. Und nach über 100 Jahren finden sich teils sehr detailierte Dinge über den Fall. Also daher nochmal meine Frage, was tat Kosminski, das er als Verdächtiger galt?

Sherlock, ich denke, dass ich nicht sagen kann, was dazu führte, dass Kosminski ein Verdächtiger wurde. Diese Dinge standen in seiner Akte, die offenbar nicht mehr existiert. Es sind Macnaghten´s “viele Sachverhalte“ die einen Hinweis darauf geben, was ihn zu einem “überzeugenden Verdächtigen“ machten. Diese Sachverhalte waren Indizien aus damaliger und auch heutiger Sicht, die aber nicht durch Forensik, wie heute, zu Beweisen gemacht werden konnten. Die Kosten für die Polizeiarbeit damals waren enorm. Sie steigerten sich im Laufe der Mordserie und wurden langsam im Dezember 1888, Januar und Februar 1889 heruntergefahren bis sie im März 1889 geendet waren,  um nach den Mord an Mackenzie im Juli 1889 erneut etwas anzusteigen. Es gab viele Verdächtige, die observiert wurden, dass sagte auch Cox von der City Police. Er observierte einen, wenn Sagar nicht den gleichen Mann beobachtete, war er an jemanden anderen dran. Cox sagte, sein Mann hatte ganz sicher etwas mit den Verbrechen zu tun, Sagar sagte, dass sein Mann “ohne Zweifel der Mörder war“. Von Swanson wissen wir, dass Kosminski von der City Police überwacht wurde. Kosminski war einer dieser vielen Männer, die unter Beobachtung standen. Auch bei den vielen anderen, muss es Verdachtsmomente gegeben haben. Im Falle von Kosminski, müssen diese am Ende mit am stärksten gewesen sein. Die Polizei musste unzähligen Dingen nachgehen, ich denke, das war ein enormes Pensum. Es gab wohlmöglich zu viele anderen Möglichkeiten mit anderen Verdächtigen, die man nach und nach wahrscheinlich ausschließen konnte. So etwas wird sich über Tage, Wochen und manchmal wenigen Monaten hingezogen haben. Es gab ja zumindest eine Person, die dreimal im Laufe der Mordserie auf dem Polizeirevier saß. Auf die Frage der Polizei, ob er das nicht seltsam finde, antwortete dieser Mann, er könne sich das alles auch nicht erklären. Was führte also dazu, dass er dreimal wegen eines Verdachts befragt wurde? Wir wissen es nicht. Vermutlich waren es bei vielen Verdächtigen, Kosminski eingeschlossen, Verdächtigungen von Freunden, Kollegen, Bekannten oder gar Familienmitgliedern. Leute wurden von der Polizei aufgegriffen aufgrund von Zeugenbeschreibungen, Dinge wurden in Erfahrung gebracht durch Befragungen um die Tatorte herum, es gab die große Hausdurchsuchung im Oktober 1888 in einem größeren Ausmaß. Man ließ ja keinen Stein unumgedreht. Man sagt, dass ein Mörder 50 Fehler macht, macht er nur 25 davon, ist er ein Genie. Das sind natürlich Dinge aus heutiger Sicht, mit der Forensik im Hintergrund, die damals so nicht existierte. Ein Fehler bei Kosminski war vermutlich, dass er einen Konstabler am Mitre Square beinahe in die Arme lief, auch wenn dieser ihm an Ende nur wage beschreiben konnte. Ein weiterer Fehler war vielleicht, dass er eben auch von anderen wiedererkannt wurde, an einem anderen Tatort oder Tatorten, ohne direkt mit dem Opfer gesehen worden zu sein. Noch ein Fehler könnte gewesen sein, falls er ein Butcher war, dass gefundene Blut an seiner Kleidung eben nicht an seiner Arbeitskleidung war, was normal gewesen wäre, sondern an seiner normalen Kleidung. Man kann nur spekulieren. Aber was “tat“ er? Ich denke, dass muss nichts besonders auffälliges gewesen sein. Sagar und Cox berichten nichts was er handfest tat. Für beide war der Mann teil- und zeitweise verrückt, was bedeutet, dass es eben Zeiten gab, wo er nicht so erschien. Für Cox schienen Rachegedanken eine Rolle gespielt zu haben. Anderson sprach auch über harmlos und ruhig und dann doch wieder über einen sexuell Wahnsinnigen. Nach dem Mord an Mackenzie gab es einen Pressebericht, wo man beschrieb, dass die zusätzliche Polizeiarbeit vor Wochen bereits eingestellt wurde, weil die Polizei einen “foreign butcher“ für Jack the Ripper hielten. Die Einweisung von Sagar´s butcher könnte eben dazu geführt haben, dass man sich im Januar und Februar 1889 bereits “sicher“ war, dass dieser Verdächtige sehr wahrscheinlich in Frage käme und so konnte man eben andere Aktivitäten (Zivilpolizisten auf Streife, andere Überwachungen) einstellen und sich nur noch um den Butcher kümmern, bis dieser in eine Anstalt gebracht wurde. Seltsamerweise wurde Kosminski zu dieser Zeit, um März 1889, laut Macnaghten, in eine Anstalt gebracht. Solch ein Verdächtiger wurde sicherlich bis auf das letzte was möglich war durchleuchtet. Wir wissen nicht, was er “tat“ aber einigen Beamte fanden das überzeugend, andere vielleicht weniger.

Was denkst Du denn, was Kosminski tat oder hätte tun müssen? Vielleicht machen wir an diesem Punkt weiter.   
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