Autor Thema: Ein deutscher Maler???  (Gelesen 33292 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

tortured

  • Gast
Ein deutscher Maler???
« am: 03.09.2004 15:49 Uhr »
Gestern lief im TV ein Ripper-Special.
Danach sagte die Moderatorin was von nem Maler
aus D., dessen genetischer Fingerabdruck auf einem
der Ripperbriefe nachgewiesen werden konnte...
Was jemand was dazu?
Hab ich nämlich nie vorher gehört.
Name ist mir leider nicht in Erinnerung!

Eastsidemags

  • Gast
« Letzte Änderung: 07.08.2007 13:54 Uhr von thomas schachner »

Duke

  • Gast
Ein deutscher Maler???
« Antwort #2 am: 03.09.2004 15:59 Uhr »
Hi,
der Maler hieß Walter Sickert,bekannter Maler deren Bilder nach meinungen einiger Leute die Opfer darstellen.Patricia Cornwell hätte angeblich Dna auf den Bildern(wovon Sie um die 30 Stück gekauft!!!Woher hat die Frau das Geld :?: ) mit den Ripper-Briefen verglichen und in 3 Fällen eine Übereinstimmung gefunden(was wiederum von anderen Experten als zu ungenau halten).Er lebte von 1860-1942.Füttere mal Google damit,bekommste einiges an info!
Gruß
Marco

schiefinspector

  • Gast
Ein deutscher Maler???
« Antwort #3 am: 04.09.2004 02:54 Uhr »
Moin duke,
ja, Deine Informationen stimmen. Ich denke aber, man sollte bei dieser Gelegenheit auch `mal erwähnen, daß die Anwendung der sog. DNA-Methode in Fällen wie diesem mehr als fragwürdig ist; na, eher schon veranwortungslos. Die DNA-Analyse ist eh kein Allheilmittel, wird leider jedoch mehr und mehr dazu hochstilisiert, vor allem durch die Medien, die damit - immer unbewußt? - natürlich auch einen erheblichen Druck auf die jeweiligen Ermittlungsbehörden ausüben. Ich beobachte insofern mit einiger Sorge, wie DNA-Krams in letzter Zeit vermehrt `normale`und zugebenermaßen natürlich weit aufwendigere, vor allem personell - last not least auch unspektakuläre - Ermittlungsarbeit zu ersetzen versucht. Das ist gar nicht gut. Unweigerlich wird der Tag kommen, an dem ein Verdächtiger allergrößte Probleme haben wird, sich von einem ungerechtfertigten Verdacht freizubekommen, weil sein DNA-Profil augenscheinlich paßt, er aber dennoch nicht der Täter gewesen ist. In seiner Haut möchte ich nicht stecken!!! Es gibt jedenfalls derartig viele Fehlermöglichkeiten und -quellen bei DNA-Probenentnahme und Probenbehandlung - auch in der BRD weiß ich definitiv mindestens ein `verseuchtes` DNA-Labor, dem man selbstverständlich keinerlei Ergebnisse glauben darf, das aber gleichwohl ab zu in den Medien figuriert! -, daß speziell bei über 100 Jahre alten Asservaten absolut nicht klar sein kann(!), von wem die analysierten DNA-Träger denn nun wirklich stammen. Die Ripper-Schreibleistungen haben über Jahre hinweg derartig viele Leute befingert, daß mir unerfindlich ist, wie man im Ernst wähnen kann, man hätte nun zielgenau die DNA des Schreiberlings erwischt.
Also: Alles Quark, das mit dem `Sickert-Beweis`. Da geht es schlicht und ergreifend nur um Buchverkaufs-Maximierung!
MfG schief[/b]

kelpie

  • Gast
Ein deutscher Maler???
« Antwort #4 am: 04.10.2004 14:38 Uhr »
Hi schiefunspector,

was meinst Du mit "verseuchtes DNA-Labor"?  :?:  ?

Soweit ich mich erinnere, hat Cornwell doch (u.a.)die angeleckten Briefmarken als Basis genommen - da ist es doch egal, wieviele Leute den Brief seither in der Hand hatten, solange sie nicht die Briefmarken abgepult und an den Briefumschlägen rumgeknabbert haben. (Igitt!)

Die Problematik mit der mitochondrialen DNS mach ich mal knapp- da kenn ich mich nicht so gut aus. Aber es ist ein Unterschied, WIE und WELCHE DNA-Proben verglichen werden. DNA Analysen grundsätzlich in Frage zu stellen finde ich dadurch nicht begründet - nicht umsonst heißt es doch "genetischer Fingerabdruck". Das Alter der Proben war ein Problem - deswegen konnten ja keine genauen DNA-Ergebnisse ermittelt werden, sondern "nur" mitochondrialen DNS...

Das eigentliche Problem bei Cornwells Beweisführung  ist doch, daß selbst die DNA-Tests höchstens beweisen, dass Sickert die Briefe geschrieben hat. Na und? Die Briefe stammen unmöglich von nur einer Person. Sind dann alle Briefeschreiber Jack?

Und zu guter letzt ist dies alles schön ausführlich im Thread Verdächtige > Sickert nachzulesen...

Aber ich wüßte trotzdem gern, inwiefern das Labor verseucht ist...

Gruß kelpie

Colin Benson

  • Gast
Ein deutscher Maler???
« Antwort #5 am: 04.10.2004 19:44 Uhr »
Hi Duke

Patricia Cornwell hätte angeblich Dna auf den Bildern(wovon Sie um die 30 Stück gekauft!!!Woher hat die Frau das Geld  ) mit den Ripper-Briefen verglichen

Nun, Mrs. Cornwell hat sechs oder sieben Mal das immerselbe Buch unter wechselndem Titel an ein Millionenpublikum verkauft. Da ist der ein oder andere Dollar hängengeblieben.

Außerdem ist das eine gute Geldanlage - seit  der Veröffentlichung des gehefteten, bedruckten Papiers unter dem Titel Case Closed ("Buch" wäre etwas zuviel der Ehre) sind die Preise für Sickertwerke gestiegen.

Grüße

CB

Duke

  • Gast
Ein deutscher Maler???
« Antwort #6 am: 05.10.2004 20:03 Uhr »
Hi Colin,
da gebe ich dir recht,habe mal bei einigen Gallerien im Web angefragt die Sickert Gemälde verkaufen,also unter 2000 Pfund sieht es schlecht aus :?
Vielleicht kommt man mal an einem Schnäpchen dran.Habe das Buch von Cornwell hier liegen habe aber noch nicht die Zeit gefunden es zu lesen.
Gruß
Duke

Colin Benson

  • Gast
Ein deutscher Maler???
« Antwort #7 am: 06.10.2004 02:21 Uhr »
Hi Kelpie,

Sind dann alle Briefeschreiber Jack?

Nein - alle Briefeschreiber sind Sickert! Teuflisch raffinierte Beweisführung, aber irgendwo kommt mir das bekannt vor.... wo wohl Than bleibt.... wieder bei Maybrick versumpft.... HA!

Hi Duke,

nennst Du mir den Galeristen, der einen Sickert für 2000 Pfund verschleudert? Das ist ein Schnäppchen (für Ölbilder, seine Kreiden sind billiger)



Grüße

CB

Duke

  • Gast
Ein deutscher Maler???
« Antwort #8 am: 06.10.2004 15:52 Uhr »
Hi Collin,

hast schon recht,meinte mit Gemälde nicht "Öl"Gemälde :wink:
Hatte bei einem Engländer angefragt was eine Kohlezeichnug von Sickert kosten sollte, da lag der Preis bei 2750 engl. Pfund(fand ich ziemlich happig für eine Kohlezeichnung).
Falls du aber noch Adressen hast wo man "günstige" Sickert Zeichnungen bekommen kann oder ein Autogramm von Sickert, schicke mir eine PN.
Gruß
Duke

kelpie

  • Gast
Ein deutscher Maler???
« Antwort #9 am: 06.10.2004 18:20 Uhr »
Hi Colin,
Zitat
Teuflisch raffinierte Beweisführung, aber irgendwo kommt mir das bekannt vor....

das wird ja langsam ein Running Gag hier!  :D

Hi Duke,

frag doch auf dem Casebook nach dem angeblichen Sickert...der ist doch bestimmt billiger zu haben...

Grüße
Kelpie

Liston

  • Gast
Ein deutscher Maler???
« Antwort #10 am: 06.10.2004 19:40 Uhr »
Hallo zusammen,
bin gerade dabei den Cornwell Schinken zu lesen.
Was mir von Anfang an auffiehl ist das die Cornwell in meinen Augen schon fast fanatisch auf Walter Sickert einprügelt!
Ich weiß nicht wie man sich so sicher sein kann das Walter Sickert der Ripper war.
Die gute Frau Cornwell "fantasiert" sich in jedem Sickert Gemälde einen Ripper rein und in jedem Frauengemälde erkennt Sie die Opfer wieder.
Ich will die Cornwell nicht schlecht reden Sie liefert ja auch einige meiner Ansicht nach gute Argumente die Sickert in Frage kommen lassen,aber das Sie so energisch an Ihrer Version festhält, das absolut kein anderer Täter in Frage kommt,finde ich schon ein wenig fanatisch.Besonders wenn ich überlege,das damals doch auch wirklich Fachleute(Abberline etc.)vor Ort waren und es Ihnen schon nicht möglich war den Ripper zu fassen.
Und Frau Cornwell meint nach ein paar Jahren recherche den Mörder dingfest gemacht zu haben.
Naja aber jedem das seine :wink:
Gruß
Liston

Offline academyfightsong

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 509
  • Karma: +1/-0
Ein deutscher Maler???
« Antwort #11 am: 07.10.2004 10:37 Uhr »
Zitat von: "Liston"
Frau Cornwell meint nach ein paar Jahren recherche den Mörder dingfest gemacht zu haben.

schön wär's :!:  
nach eigenen angaben, hat patricia cornwell im mai 2001 angefangen, sich für jtr zu interessieren und anfang 2002 erschien dann ihr buch. nicht schlecht, oder...?

Colin Benson

  • Gast
Ein deutscher Maler???
« Antwort #12 am: 07.10.2004 18:54 Uhr »
Hi Kelpie

Aber ich wüßte trotzdem gern, inwiefern das Labor verseucht ist...

Spuren von DNA finden sich fast überall, und es ist notwendig, daß bei DNA-Tests unter absolut sterilen Überdruck-Bedingungen gearbeitet wird, um während des Prozesses der Extraktion - d.h. wenn also das vorhandene Material seine DNA-Spuren "hergibt" - eine Vermischung mit vor Ort vorhandenem Material (z.B. Hautschüppchen) ausgeschlossen wird. Einigen Labors wurde retrospekt nachgewiesen, diesem "Reinheitsgebot" nicht zu genügen. Ich glaube, darauf spielte "Schiefinspector" an.

Ich denke nicht, daß dieses Problem beim forensischen Team von Cornwell vorlag, dazu sind das zu hochkarätige Experten. Die Ergebnisse, die PC aus den Labors bekam, sind sicherlich zuverlässig, das Problem liegt in der Interpretation seitens der Autorin, deren Ergebnispräsentation eigentlich schon die Grenze vom Fahrlässigen zum Schwindel überschreitet:

Die getesten Dokumente sind über hundert Jahre alt gewesen. Die meisten, vielleicht sogar alle sind über die Jahre hinweg wieder und wieder mit der DNA von Familienmitgliedern "verunreinigt" worden, die diese Dokumente angefaßt haben. Diese Problem wird von PC in ihrem Buch so gut wie nicht erwähnt.

Zum zweiten liegt hier ein Vergleich mitochondrieller DNA vor, ein Unterschied zum Zellkern-DNA-Test, der z.B. bei Vaterschaftsklagen Verwendung findet. Mitochondrielle DNA ist nicht eindeutig. Robert und Horst können die selbe mitochondrielle DNA aufweisen, ohne miteinander verwandt zu sein. Das Verfahren ist eher analog zu einer Blutgruppenbestimmung. Nach Cornwell reduziert ihre DNA den Täter auf eine Gruppe von 1% der damaligen Bevölkerung Englands - das sind 400.000 (!!!!) Menschen. Einer aus dieser Gruppe hat also den sog. "Openshaw-Brief" geschrieben - außer Cornwell gibt es meines Wissens keinen Ripperologen, der diesen Brief als "authentisch" anerkennen würde.

PC's DNA-Beweis läßt sich wie folgt zusammenfassen: Wir konnten unter vollständiger Auslassung der Verunreinigunsproblematik von 100 Jahren beweisen, daß Sickert zu jenen 400.000 Verdächtigen gehört, die in Frage kommen, diesen bestimmten Hoax-Letter geschrieben zu haben.

Wenn daß die Grundlage dafür ist, daß nach Cornwell "dieser Mann von einer Jury aufgehängt worden wäre", kann man mein gewisses Widerstreben gegenüber der Todesstrafe - bei allem persönlichen Verständnis für Rachegelüste - vielleicht verstehen.

Ist lang geworden kelpie, aber dafür ist Deine Frage beantwortet, hoffe ich.

Grüße

CB

kelpie

  • Gast
Ein deutscher Maler???
« Antwort #13 am: 07.10.2004 20:23 Uhr »
Hi Colin!

 :D  Danke für Deine Antwort!  

Ich geb´s ja zu,  :oops:  ich wollte Schiefinspector da auch ein bischen aus der Reserve locken: Der Begriff "verseucht" erscheint mir irgendwie unpassend, vor allem für das ganze Labor...

"Verseucht" hat so was von "angesteckt und für immer infiziert". Es ist ein sprachlich und assoziativ eindeutig negativ belegter Begriff und ist daher nicht wirklich dasselbe wie "In diesem Labor wird unsauber gearbeitet, die Proben sind verunreinigt"... Da schiefinspector in seinem Post damit ja gleich die ganze DNA-Beweiskraft quasi als Kind mit dem Bade ausschüttet, hab ich halt ein bisserl nachgefragt.  :wink:

Bei den Ausführungen zu den Cornwell Proben (und insbesondere der Interpretation!) stimme ich Dir im Grossen und Ganzen voll zu.

Allerdings meine ich mich zu erinnern, dass sie irgendwo darüber philosophiert, wer die Briefmarke eines bestimmten Briefes angeleckt haben könnte. (Boah, 2 x gelesen und ich kann mich nichtmal an den genauen Kontext erinnern... => Gedächtnis-wie-Sieb-hab :oops: ). Ich bin da wahrlich kein Experte, aber wenn sie (zumindest für einige Proben) die Briefmarken unter Laborbedingungen angelöst hat, um aus dem Kleber Speichelproben zu nehmen, dann sehe ich nicht, wieso diese Proben verunreinigt sein sollen -  100 Jahre hin, 100 Jahre her. ( Wie schon gesagt: Ich glaub ja, daß die Briefe von vielen Leuten begrabbelt wurden, aber dass einer nachträglich die Briefe unter der Briefmarke  angesabbert hat, das kann ich mir nur schwer vorstellen... :shock: )

Schade eigentlich, dass das alles nichts beweist. Wäre doch spannend, wenn Cornwell erfolgreich gewesen wäre und noch brauchbar Zellkern-DNA gefunden hätte... z. B. in dem zerschnipselten Bild und ein paar Briefen. Dann hätten wir wenigstens EINEN eindeutig identifizierten Briefeschreiber...

Und obwohl ich ihre "Beweise" nicht schlagkräftig finde, sooo schlecht ist Sickert als Verdächtiger ja nun wirklich nicht. Sein ausgeprägtes Interesse an den Morden und manche seiner Bilder sind schon interessant...

Beste Grüße kelpie

Colin Benson

  • Gast
Ein deutscher Maler???
« Antwort #14 am: 07.10.2004 20:32 Uhr »
sooo schlecht ist Sickert als Verdächtiger ja nun wirklich nicht.

Durchaus nichts gegen einzuwenden, ich habe nur Bauchschmerzen bei dieser Art von Beweisführung in Verbindung mit der Art von Chuzpe, wie sie von Cornwell gezeigt wird. Ich empfehle daher auch nicht Jean Overton Fuller's Sickert and the Ripper Crimes von 1992 - wenig Beweise, viel Spekulation.

http://www.jacktheripper.de/forum/viewtopic.php?t=415 Vielleicht kommen wir ja dort einmal ohne Gift aus.