Hi,habe diese auf folgender Seite gesehen!
http://www.br-online.de/kultur-szene/capricci/report/thema021124_3.htmlLondon 1888 - Die Angst geht um: Der Ripper terrorisiert die Stadt. Mindestens fünf Frauen schlitzt er innerhalb weniger Wochen die Kehle durch, schneidet ihnen Herz und Gebärmutter heraus. Und verschwindet im Nebel. Theorien gibt es viele. Doch niemand konnte bislang beweisen, wer Jack, der Schlitzer aus dem East-End, wirklich gewesen ist.
Die Bestsellerautorin Patricia Cornwell glaubt nun, sie habe den Fall der Fälle gelöst. Cornwell recherchiert ihre Krimis in der Pathologie. Jetzt hat sie erstmals selbst die Hobbydetektivin mit dem forensischen Scharfblick gespielt. Vier Millionen Dollar hat sie dafür in aufwendige Gentests und den Kauf von vermeintlichen Beweisstücken investiert. Denn der Täter, der stand für Cornwell schon vorher fest: Der Maler Walter Richard Sickert. Eine fixe Idee, von der sie partout nicht abzubringen ist:
"Schon faszinierend, dass all die Jahre kein Mensch gemerkt hat, dass beispielsweise die Ripper-Briefe eindeutig von einem Künstler geschrieben worden sind." Behauptet Patricia Cornwell.
Doch beweisen kann sie Walter Sickert nichts. Trotzdem verfolgt sie ihn mit einem Furor, der selbst Rätsel aufgibt. Beschreibt seitenweise, was man längst weiß: dass er die Bühne liebte, den billigen Tingeltangel, die Gestalten der Nacht. Tagsüber gab er den charmanten Gentleman, nachts hat er in immer neuen Verkleidungen die dunklen, dreckigen Gassen des Londoner East-Ends durchstreift. Die Frauen haben ihn geliebt, er hat sie meist nur benutzt. Cornwell folgert, er habe sie auf bestialische Weise umgebracht.
Am lächerlichsten ist das Motiv, das Cornwell konstruiert. Hier, in München, kam Sickert zur Welt. Und hier in München, so Cornwell, hätten sie ihn zum Mörder gemacht. Zweimal wurde der Knabe wegen einer Fistel operiert. Am Penis, vermutet Cornwell, einfach so, weil das in diesen Zeiten eben oft so gewesen ist. Impotent sei Sickert also gewesen, dilettantisch verstümmelt.
Darum hat er Frauen umgebracht, so Patricia Cornwell: "Ich glaube, als ich begriff, dass er ein derart verheerendes physisches Problem hatte und dazu noch diese ganzen anderen Faktoren wie die unglückliche Kindheit, die er wohl hatte, entdeckte ich, dass da auch alle möglichen Hinweise darauf in seiner Kunst versteckt sind. Und von da an zeigte die Kompassnadel immer geradewegs Richtung Walter Sickert."
Schlimme Dinge glaubt Patricia Cornwell nun in Walter Sickerts diffusen Licht- und Schattengemälden zu sehen: nachgestellte Morde, statt schlafender Akte. Und sogar "Jack The Rippers Bedroom". Dabei hat der Künstler dieses Bild erst nachträglich - im Scherz - so genannt.
Der Sickert-Kenner Richard Shone: "Der Mann war witzig, brillant, großzügig und klug. Aber er war auch schwierig, wie Künstler und kreative Menschen oder die Menschen überhaupt eben so sind. Und er hatte eine Art theatrales Interesse an kriminellen und halbseidenen Dingen. Und all das benutzt sie nun, um zu behaupten, er habe überall Spuren verstreut, wenn er vom Ripper oder andere Londoner Morde wie beispielsweise den Camden Town Mord sprach - damit die Nachwelt irgendwann einmal herausfindet, dass er der Ripper gewesen ist."
Doch Patricia Cornwell ist sich sicher: "Ich habe eins seiner Selbstporträts an meiner Wand, um ihm immer wieder zu sagen: Du kommst mir nicht davon."
Ihr angeblich größter Trumpf: identische Dann-Spuren, die sie auf Sickert und Ripperbriefen gefunden zu haben glaubt. Sogenannte mitochondrielle Dann, die bei jedem Menschen aus mehr als 16 Tausend verschiedenen Abschnitten besteht. Gerade mal drei Übereinstimmungen beschreibt Cornwell in ihrem Buch:
Völlig unzureichend, erklärt die Genforscherin Dr. Hildegard Haas:"Aus wissenschaftlicher Sicht ist das viel zu wenig, es muss ein wesentlich größerer Bereich sein. Sie können so in einer Größendimension denken von 300 bis 500 solcher Abschnitte, nur um eine Größendimension zu nennen, und dann eben diesen entsprechenden Vergleich zu tätigen. Erst dann wäre ein sogenannter Identitätsnachweis gegeben."
Auf der verzweifelten Suche nach weiteren Dann-Spuren, soll Patricia Cornwell sogar eines ihrer 32 Sickert-Gemälde aufgeschlitzt haben. In England hat ihr das mittlerweile selbst den Spitznamen "Patricia, The Ripper" - die Bilderschlitzerin - eingebracht. Die Verlage kümmert diese schlampige, unseriöse Vorgehensweise nicht. Sie wittern das große Geschäft und preisen das sensationelle Knowhow, das die millionenschwere Pathologin aus Leidenschaft angeblich besitzt.
Dabei hat sie bis heute nicht einmal die allgemeine Auffassung widerlegen können, dass der Maler Walter Sickert zum Zeitpunkt der Morde überhaupt nicht in London gewesen ist.
Richard Shone: "Wie jedes Jahr war die Sickert-Familie zu dieser Zeit im Urlaub in Frankreich, in Dieppe. Ich habe mindestens acht Beweise dafür: Dokumente, Briefe und sogar ein Bild, das Sickert dort gemalt hat, im August und September 1888."
Schwimmen war er also der Meister, während in London die Frauen dem Ripper in die Falle gegangen sind. Sieht ganz so aus, als ob Patricia Cornwell sein sechstes Opfer ist. Der Maler Walter Richard Sickert jedenfalls hätte an dieser Geschichte bestimmt seinen Spaß gehabt.