Autor Thema: Miller´s Court 13, Leiche tatsächlich Mary Jane?  (Gelesen 83657 mal)

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Offline academyfightsong

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Miller´s Court 13, Leiche tatsächlich Mary Jane?
« Antwort #60 am: 24.09.2004 13:09 Uhr »
Zitat von: "Colin Benson"

Hutch weiß ich jetzt wirklich nicht, da wär ich für Näheres dankbar.


"hutchinson is at present in no regular employment, and he has promised to go with an officer tomorrow morning at 11.30.am to shoreditch mortuary to identify the deceased."

ref. MEPO 3/140, ff. 230-2

kelpie

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Miller´s Court 13, Leiche tatsächlich Mary Jane?
« Antwort #61 am: 24.09.2004 13:53 Uhr »
wieder wach, also:

Colin, du schreibst:

Wer Barnett akzeptiert, unterstellt Mrs. Maxwell Falschaussage.

Das sollte man in Anlehnung an die bisherige Diskussion verfeinern,  
OK: Mal ein Versuch, die Möglichkeiten den Persönlichkeitsaspekten zuzuordnen:

1) Barnett ist zu geschockt oder eingeschüchtert, um richtig hinzugucken: Versehentlich identifiziert er Kelly und liegt damit falsch. Mrs Maxwell hatte recht und Kelly lebt. (Die Aussage erscheint mir so ungewöhnlich, dass ich hier auch die Aussage des anderen Zeugen - als Verstärkung, nicht als alleinige Aussage - gelten lassen würde)
 :?:  Fragen: Was wurde aus Kelly? Warum hat sie sich nicht gemeldet? Wer war die Tote? Warum hörten die Morde jetzt auf?
Dazu fällt mir als Antwort nur die Royal Conspiracy ein....(leider)

2) Barnett ist zu geschockt oder eingeschüchtert, um richtig hinzugucken: Versehentlich identifiziert er Kelly und liegt damit trotzdem richtig! Mrs Maxwell hatte unrecht - Kelly ist tot!
 :?:  Fragen: Warum hat Mrs Maxwell so ausgesagt? (Wollte sie im Rampenlicht stehen? Schützt sie jemanden (s.o.), der für die tatsächliche Tatzeit kein Alibi hat, für später aber schon? Oder hat sie sich einfach geirrt, im Datum, in der Zeit oder in der Person, und war sie so wahrheitsliebend, daß sie ihre persönliche Wahrheit ("Ich habe Kelly gesehen!") verteidigte...? Und wenn sie jemanden gesehen hat, wer war das? Und wenn nicht, wen könnte sie schützen...?
 :D das ist mein gerade erwählter Favorit, deshalb nochmal die Frage: Sind jemandem dazu Theorien oder Ansätze irgendeiner Art bekannt?

3) Barnett hat hingeguckt, seine Identifizierung war richtig, Kelly ist tot  - Mrs Mawell hat nicht recht. Barnett Profil ist für diese Möglichkeit erstmal uninteressant (Das deckelt sowohl die Möglichkeit, daß Barnett MJK einfach erkannt hat, als auch die Version, daß er sie nicht erkennen mußte, weil er es als Täter einfach wußte), statt dessen rückt Mrs Maxwell wieder ins Interesse, nochmal die Frage "Warum?"

4) Barnett hat Kelly erkannt, seine Identifizierung war also richtig, Kelly ist tot - Mrs Maxwell hat aber auch recht und sie am Morgen noch gesehen.
 :?:  Hat sich der Arzt im Obduktionsbericht bezüglich des Todeszeitpunktes geirrt. Mir schwirrt da eine Aussage im Kopf rum (nein, es schwirrt keine Quelle hinterher), dass in der damaligen Zeit insbesondere bei ungewöhnlichen Toden die Todeszeitbestimmung sehr ungenau und nicht verläßlich war.( Und solche Fehlbestimmungen sollen heute genauso vorkommen...) Die Leichenstarre zum Beispiel setzt bei ausgebluteten Leichen (damit vermutlich auch bei zerschnittenen) schneller ein, der Körper kühlte sicherlich schneller aus (bitte um Korrektur, wenn das nicht so ist!!)...etc.
Wir wissen, daß der Ripper schnell war...warum hätte er seinen Modus Operandi geändert und am vormittag zugeschlagen??

5) Barnett hat hingeguckt, erkannt, daß es nicht Kelly ist und trotzdem ausgesagt, es sei Kelly. Mrs Maxwell hat wirklich Kelly gesehen.
 :?:  Fragen, wieder: Wer war die tote Frau? Und:Warum sollte Barnett falsch ausgesagt haben? Wo ist Kelly geblieben?

Und das sind bestimmt nicht alle Möglichkeiten...Also: Selbst wenn Barnett der Täter war beantwortet das immer noch nicht verläßlich die Frage, ob die Tote Kelly war.

Wild spekuliertes  MÖGLICHES Szenario:
Barnett ist der Täter (ausgelöst durch seine Kindheit und jetzt die Streitereien mit Kelly) und tötet die vier Canolial Victims. Danach ändert er seinen Modus Operandi: Am 9 Nov -eigentlich ja schon am 10 gabelt er wieder jemanden auf, schaut aber diesmal, ob das Zimmer frei ist und tötet die Frau in Kellys Zimmer. Als MJK nach Hause kommt - ich laß mal offen, wann genau das war - bestätigt sich ihr schon leise gehegter Verdacht und sie glaubt oder weiß jetzt, daß es Barnett war. Sie überlegt noch kurz (steht dabei vor der Tür rum) und taucht dann für immer unter - weg ist sie.
Barnett ist die Polizei zu dicht auf den Fersen - er hört auf zu morden.

ok - case closed. Nun mal alle hübsch zurück zu den Fakten... (Das macht aber Spaß mit dem wild spekulieren, das könnte ich mir angewöhnen... :D )

Scharfnase

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Maxwells Falschaussage
« Antwort #62 am: 24.09.2004 20:16 Uhr »
Hi Kelpie,

vergiss nicht, dass Barnett für die Todesnacht von Mary Kelly ein Alibi hatte. Er spielte Karten mit einigen Kumpels, was diese bestätigten. Das gilt natürlich auch für den Fall, dass die zerstückelte Leiche im Millers Court nicht Mary Kelly gewesen sein sollte...;-)

Zu Maxwells Falschaussage ist anzumerken, dass es doch klar ist, dass der Richter sie bei der gerichtlichen Untersuchung zu recht darauf hinweist, dass ihre Aussage von den anderen abweicht (vgl. http://www.casebook.org/official_documents/inquests/inquest_kelly.html). Er will sie ja nur davor bewahren, dass sie sich, wenn sie dabei bleibt, vielleicht einer uneidlichen Falschaussage strafbar macht. Das ist seine gesetzliche Pflicht als die Verhandlung leitender Richter. Dadurch bringt er nur zum Ausruck, dass er aufgrund der Gegebenheiten, den Aussagen von Barnett, Hutchinson und Mary Ann Cox sowie der ärztlichen Untersuchung davon ausgeht, dass es sich bei der Toten um Mary Kelly handelte. Dann aber ist es doch nur folgerichtig, die Zeugin auch darauf hinzuweisen.

Gott zum Gruße,
Scharfnase

kelpie

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Miller´s Court 13, Leiche tatsächlich Mary Jane?
« Antwort #63 am: 24.09.2004 20:53 Uhr »
Hi Scharfnase,

 :shock:  Alibi, stimmt...hatte ich völlig ignoriert. (Wahrscheinlich, weil ich von dem Alibi nicht so viel halte...). Haste aber natürlich völlig Recht. Barnett hatte ein Alibi.

Aber nicht für den Morgen im Falle 4...Nagut, wenn er mitten in der Nacht Karten gespielt hat, da wird die logische Folge gewesen sein, daß er dann lange gepennt hat, aber: das weiß man nicht sicher. Schade eigentlich, hätten wir einen Bericht, daß die Polizei ihn in seinem LH pennend gefunden hat, wäre das ja auch zu schön!

Bringt uns aber auch insgesamt nicht so recht weiter, was die Identität der Toten angeht...

Grüße Kelpie

kelpie

  • Gast
Miller´s Court 13, Leiche tatsächlich Mary Jane?
« Antwort #64 am: 24.09.2004 21:02 Uhr »
:oops:  WAS ICH noch vergessen hatte:

Klar weist der Richter die Zeugin darauf hin, dass es da ... gewisse unvereinbare Momente gibt. Aber die große, spannende und allseits beliebte Frage ist doch:

Warum macht Mrs Maywell diese Aussage - ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das keiner glaubt?

- Ist sie geltungssüchtig?
- Will sie bei (ihrer) Wahrheit bleiben?
- Deckt sie jemanden?
- Ist sie stur und an diesem Morgen mit dem falschen Fuß aufgestanden?

Warum ???

Colin Benson

  • Gast
Miller´s Court 13, Leiche tatsächlich Mary Jane?
« Antwort #65 am: 24.09.2004 22:20 Uhr »
Es gibt keinen Widerspruch von Maxwell zu existenten Zeugenaussagen. Cox Aussage kollidiert in keiner Weise mit Maxwell. Die Existenz eines Zeugen Hutchinson war während des Inquests noch nicht bekannt. Bond und Phillips differierten bei der Feststellung des Todeszeitpunktes in erheblichem Maße.

MacDonald hatte daher KEINEN Anlaß, derartiges einschüchternd gegenüber der Zeugin Maxwell zu sein. Lediglich seine vorgefaßte Meinung, die nicht aus Zeugenaussagen resultierte, konstruierte einen möglichen Widerspruch.

Bis heute ist dier einzige Widerspruch zu Mrs. Maxwell Barnett's ID.

Colin Benson

  • Gast
Miller´s Court 13, Leiche tatsächlich Mary Jane?
« Antwort #66 am: 24.09.2004 22:30 Uhr »
Zu dumm, wenn man vom rechner wegrennen muß. Also:

Scharfnase

Dadurch bringt er nur zum Ausruck, dass er aufgrund der Gegebenheiten, den Aussagen von Barnett, Hutchinson und Mary Ann Cox sowie der ärztlichen Untersuchung davon ausgeht, dass es sich bei der Toten um Mary Kelly handelte. Dann aber ist es doch nur folgerichtig, die Zeugin auch darauf hinzuweisen

Wo ist der Widerspruch zwischen Cox und Maxwell?
Wo ist der Widerspruch zwischen Hutch und Maxwell? (Mal abgesehen davon, daß seine Aussage noch gar nicht existierte)
Established TOD ist irrelevant - wir können abschätzen wann eine Frau gestorben ist. Wir wissen erst einmal nicht, wer es war.

Bleibt Barnett. Als einziger Widerspruch gegen Maxwell. Warum ist er eigetnlich nicht ermahnt worden? Im gesamten Inquest ist es allein Barnett's Aussage (Und MacCarthy's "Ich erkenne problemlos eine zur Unkenntlichkeit verstümmelte Leiche"), die Mrs. Maxwell zuwiderläuft.

Kelpie:

Warum macht Mrs Maywell diese Aussage - ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das keiner glaubt?

Weil Sie einfach nur das aussagt, was sie für die Wahrheit hält. Genau wie Barnett.

Grüße CB

Scharfnase

  • Gast
Sogar Meineid
« Antwort #67 am: 25.09.2004 10:03 Uhr »
Hi Colin,

bei Cox Aussage geht es nur darum, dass sie bezeugt, dass Mary Kelly den Raum am Vorabend betreten hat. Ein eindeutiges Indiz dafür, dass die am anderen Morgen gefundene Leiche von ihr stammt. Das bezeugen übrigens noch andere Zeigen, die sie singen hörten.

Dann sind da Barnett und Hutchinson, die Mary Kelly eindeutig identifiziert haben. Zudem war es ihr Zimmer, in dem die Leiche gefunden wurde. Sie trug außerdem ihre Wäsche und hatte ihre körperlichen Merkmale.

Dann kommt Maxwell daher, die zugibt, dass sie Mary ohnehin nur zweimal flüchtig getroffen hat, und behauptet, dass sie sie noch lebend gesehen hat. Wem würdet ihr als Richter glauben? Sagen wir es mal so, ein Richter in der Realität geht davon aus, dass Mary Kelly leider tot ist. Lediglich in einem Roman oder einer Columbo-Folge würde es noch weiter gehen...;-)

Maxwell hat sich einfach verrannt. Sie steht sogar unter Eid, als sie die Aussage macht:  

Witness: I am sure it was the deceased. I am willing to swear it.
The Coroner: You are sworn now...


Das heißt nichts anderes, als das sie vereidigt wurde. Sie bringt sich also sogar in die Gefahr eines Meineids.

Gott zum Gruße,
Scharfnase

Colin Benson

  • Gast
Re: Sogar Meineid
« Antwort #68 am: 25.09.2004 18:54 Uhr »
Hi Scharfnase

bei Cox Aussage geht es nur darum, dass sie bezeugt, dass Mary Kelly den Raum am Vorabend betreten hat. Ein eindeutiges Indiz dafür, dass die am anderen Morgen gefundene Leiche von ihr stammt.

Cox sah sie um 23:45, das Singen ist um 1:20 nicht mehr zu hören (Prater's Aussage). Für den Inquest zwar irrelevant, aber im Kontext interessant: Hutchinson hat sie um 2:00 wieder auf der Straße gesehen.

Was sagt uns das? Sie hat nur etwas 40 Minuten gebraucht, um aus ihrem Zimmer wieder herauszufinden. Verdammt clever, diese Iren! Sogar heute noch sind wir kaum in der Lage, das zu verstehen, um wieviel mehr muß es einem englischen "Gentleman" des Jahres 1888 verblüfft haben. Gut, daß Hutchinson nach dem Inquest doch noch ausgesagt hat, sonst würden wir nicht einmal ahnen, daß sowas möglich ist. Schafft diese irische Houdini es, in 40 Minuten wieder herauszukommen. Gott, wie absolut... teuflisch.  :twisted:  

Es sei denn natürlich, Hutchinson hat gelogen. So wie Mrs. Maxwell. Und Mr. Lewis. Sind das nicht ein bißchen viele Lügner?

Sie trug außerdem ihre Wäsche und hatte ihre körperlichen Merkmale.

Sie trug eine Art Nachtgewand (Chemise auf deutsch? EDIT: "Unterkleid" sagt meine Herzallerliebste), das als ihr zugehörig identifiziert wurde. Die gefalteten und sonstigen Klamotten können wir ihr nicht zuordnen, eine dergestalte Überprüfung ist nicht belegt oder auch nur überliefert. Und welche der körperlichen Merkmale hat der arme Barnett nun identifizieren müssen - die auf dem Bett verstreuten, die auf dem Nachttisch liegenden, die (laut Melvin Harris) an die Haken gehängten, oder die, die der Killer mitgenommen hat? ("Was habe ich in meiner Tasche?" (Bilbo, Der kleine Hobbit)

Ich bin keineswegs zynisch. Ich versuche mir nur vorzustellen, wie das mit dem Identifizieren unter diesen Umständen vor sich geht. "Hier, falls das die linke Brust ist, dann stimmt das mit dem Leberfleck, dann wars sie. Aber die Brust kommt mir irgendwie leichter vor. Und das Stück da unten, das sieht auch bekannt aus. Aber ganz sicher bin ich mir bei dem Femur, Mr. Abberline, Sir."

Dann kommt Maxwell daher, die zugibt, dass sie Mary ohnehin nur zweimal flüchtig getroffen hat, und behauptet, dass sie sie noch lebend gesehen hat.

"Flüchtig" hat sie nicht gesagt. Sie waren immerhin "on speaking terms". Und sie war sich sicher. Wollen mal nicht vergessen, daß Mary eine sehr auffällige Person gewesen zu sein scheint und Maxwell etwas mehr hatte, sie zu erkennen, als halb zerfetzte Ohren und Augen ohne Lider.

Sie [Maxwell] steht sogar unter Eid, als sie die Aussage macht.

Eben.

Grüße CB

Scharfnase

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Ungläubwürdige Aussagen
« Antwort #69 am: 26.09.2004 11:49 Uhr »
Hi Colin,

zum Zeugen Mr. Lewis ist zu sagen, dass ihn die Polizei wegen Ungläubwürdigkeit gleich gar nicht zum Prozess geladen hat. Er will Mary Kelly am nächsten Morgen um 10 Uhr ebenfalls noch quicklebendig gesehen haben. Seine Aussage ist allerdings nicht protokolliert, da sie nur in der Zeitung erschien.

Beide Zeugen, auf die sich Deine These stützt, sind also mehr als fragwürdig, nicht wegen ihres Leumunds, sondern weil sie in keiner rechten Beziehung zu dem Opfer standen. Mrs. Maxwell gab ja selbst zu, dass sie Mary nicht gut kannte. Mr. Lewis kann gleich gar nicht sagen, woher er Mary denn überhaupt kannte. Wieso sollte das Gericht ihnen glauben, wo es doch hier auf das Erkennen und die genau zeitliche Einordnung der Sichtung geht?

Ich weiß also nicht, was Du mir Deiner Theorie bezweckst. Du bist allerdings ganz schön hartnäckig beim Vertreten.;-)

Gott zum Gruße,
Scharfnase

Colin Benson

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Miller´s Court 13, Leiche tatsächlich Mary Jane?
« Antwort #70 am: 26.09.2004 15:43 Uhr »
Hi,

daß in der Voruntersuchung eine Festlegung bzgl. der Identität getroffen wurde, steht außer Frage. Nur - müssen wir dieser Festlegung, die einer  skandalösen Voruntersuchung mit dem starken Geruch der Vertuschung entsprang, auch folgen? Sollten wir das?

MacDonald hat seine Befugnisse überschritten, als er Zeugen nicht zuließ, anwesende Zeugen und die Jury einzuschüchtern versuchte, und er ist seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen, als den Inquest vor der kompletten Beweiserhebung quasi abbrach. MacDonald war kein Richter, sondern ein Coroner, dessen Funktion selbst mit "Laie (er war Arzt und MP) im Amt eines Untersuchungsrichters" zu groß beschrieben wäre. Kein Wunder, daß viele diesen Inquest - und nur diesen - öffentlich als illegal anprangerten und neu eröffnen lassen wollten (was recht ungewöhnlich war).

Es wurde festgestellt, daß ein Coroner verpflichtet ist, alle gegebenen Beweise zuzulassen und die grundsätzlichen Teile davon schriftlich festzuhalten.[....] Es liegt in der Macht des Generalstaatsanwalts (Attorney-General), das höchste Gericht (High Court of Justice) um eine neue Voruntersuchung zu bitten, wenn er davon überzeugt ist, daß Ablehnung von Beweisen, irreguläre Vorgehensweise oder eine unzureichende Untersuchung vorliegen. (Daily Telegraph 14.11.88 )

MacDonald war überhaupt nicht berechtigt, irgendeinen Zeugen, z.B. Mr. Lewis, zurückzuweisen. Er hätte, wie seinerzeit Baxter, die volle Aussage von Doktor Phillips ggf. erzwingen müssen, statt seine Jury in den Glauben zu versetzen, dies geschehe an einem anderen Untersuchungstag, der dann nie eröffnet wurde etc. etc. etc.

Einschüchterung, Selektion der Zeugen, Tricks und Täuschungsmanöver während des Inquest. Hallo? Warum sollte irgendjemand sich die Rückschlüsse eines so hoffnungslos inädaquaten Procederes zu eigen machen? Also ist eine Neubewertung zwingend.

Dann sind wir wieder beim abwägen, und Mrs. Maxwell schneidet als zuverlässiger ab, die
a) keinen Gewinn von einer Falschaussage hatte
b) trotz massiver Einschüchterung bei ihrer Aussage blieb
c) sogar Gefängnis riskierte,
d) in allen Aspekten ihrer Aussage, die überprüfbar waren, von Abberline bestätigt wurde,
e) bereits zweimal mit MJK gesprochen hatte und eine so ungewöhnliche Frau wohl wiedererkannt hätte
f) ein unzerstörtes Gesicht zum Erkennen hatte
g) Abberline hat auch niemanden gefunden, mit der Maxwell ANSTATT mit MJK gesprochen haben könnte.

Demgegenüber Barnett - wir konnten feststellen, daß er in einer Ausnahmesituation war (FAKT), die ihn stark verängstigt und verschüchtert hatte (SPEKULATION), so stark, daß es ihn noch Tage später mitnahm (FAKT):

„Der Zeuge sprach mit einem Stottern (oder Stocken)(1), und kämpfte offenkundig gegen seine starken Emotionen an.“ (IPN, 17.11.1888 )

Klar gibt es keine Sicherheit in dieser Frage, aber ich wüßte, wem ich glaube.

Grüße CB


___________________________________________

(1) Barnett's vorgebliche Sprachbehinderung: Hinweise auf "Stottern" bzw. "Stammeln" habe ich in verschiedenen Presseberichten zum Inquest gefunden - die meisten mit Hinweis auf die offenkundige Erregtheit des Mannes, der angespannt war (unter Verdacht) und emotional schwer verletzt war (der grausame Tod von Mary). Ein Stammeln oder Stocken ist da nichts ungewöhnliches. Zumal sich die meisten Quellen in der genauen Darstellung des Stockens dann auch widersprachen.
Auf Echolalie habe ich genau einen Hinweis gefunden: In der Cardiff Times & South Wales Weekly News vom 13.11.1888. Ein sehr kleines Provinzblatt, daß vermutlich, wie die meisten Provinzblätter, keinen eigenen Mann vor Ort hatte, sondern sich auf Agenturmeldungen verließ. Da ich sonst keinen Hinweis gefunden habe (mein Pressearchiv ist allerdings nicht vollständig, und auch die Casebook-Sammlung nicht), gehe ich hier von einem Mißverständnis eines Redakteurs aus. Die angebliche Sprachbehinderung Barnetts wurde auch erst "entdeckt", als Bruce Paley begann mit Ingwerbierflaschen auf ihn einzuprügeln und Barnett ja irgendwie dem "Profil" angepaßt werden mußte. Seitdem wurde die Echolalie als "sicheres Indiz" für so unterschiedliche Störungsbilder wie frühkindlicher Autismus, Schizphrenie etc. gewertet. Beweise dafür? Aber ach iwo denn.

Rolf

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Miller´s Court 13, Leiche tatsächlich Mary Jane?
« Antwort #71 am: 27.09.2004 14:20 Uhr »
Also ich als Coroner hätte Mrs. Maxwell die Überreste der Leiche gezeigt und nachgefragt, ob sie sicher sei, dass sie diese Frau am Morgen noch gesehen habe (in der Hoffnung, dass sie etwas erkennen könnte).

Rolf

Eastsidemags

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Miller´s Court 13, Leiche tatsächlich Mary Jane?
« Antwort #72 am: 06.10.2004 10:08 Uhr »
Zitat von: "Colin Benson"
Je mehr Gegenargumente, desto besser. Falls dieses kleine Gedankenspiel hier nach ordentlichem Feuersturm durch euch immer noch schwimmfähig ist, dann ist wohl was dran.


Also ich sehe dein "Gedankenspiel" schon längst als "versenkt" an. Kelly ist von diversen Leute identifiziert worden, und damit ist das Schnitzel paniert  :wink:
Da hilft es auch nicht viel, wortreich über den Gemütszustand von Barnett zu spekulieren... sorry.

Hologramm

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Miller´s Court 13, Leiche tatsächlich Mary Jane?
« Antwort #73 am: 24.10.2004 01:13 Uhr »
Also ich sehe dein "Gedankenspiel" schon längst als "versenkt" an. Kelly ist von diversen Leute identifiziert worden, und damit ist das Schnitzel paniert  :wink:

also find ich jetz nmed. der hutchinson über den sagt ein
polizist er will aber haters auch gemacht? wenn ers gemacht
hat was hat er gesagt? der hausbesitzer sagt mal so mal so.
und colin hat barnet schon ziemlich gut beschrieben.

da is noch gar nix paniert überhaupt net.

Colin Benson

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Miller´s Court 13, Leiche tatsächlich Mary Jane?
« Antwort #74 am: 25.10.2004 01:45 Uhr »
Hi

Danke für den Zuspruch. Ich fühle mich auch noch nicht besonders paniert. Ein bißchen Ei und Senf abbekommen, aber die Semmelbrösel gingen daneben...

Ich habe übrigens einen dieser tollen "Wo-hat-er-das-denn-jetzt-her" Artikel gefunden, den ich nicht vorenthalten möchte:

"Es war Joe Barnett, der sagte, sie [die Leiche] sei Mary Jane Kelly, aber das nur aufgrund eines gequälten Blicks durch das Fenster. [...] Er erkannte ihre Kleidung, sauber gefaltet." Natürlich gibt Des McKenna dafür keine Quellen an. Weiter unten im Text schreibt er dann (wieder ohne Quellen): "Es gab das hartnäckige Gerücht, Mary sei schwanger gewesen, im dritten Monat, und dich erwähnten die Ärzte nichts dergleichen während der Voruntersuchung."

Did Mary Kelly Survive?
by Des McKenna

http://www.casebook.org/dissertations/dst-desmary.html

Hat zu den angeschnittenen Punkten irgendjemand etwas mehr als Des McKenna's Hörensagen? Oder zumindest die Ursprünge dieses Hörensagens? Mich wundert, daß er nicht den Star-Artikel zitiert, in dem Barnett angeblich behauptet, MJK hätte einen Sohn gehabt. (EDIT: Doch, den erwähnt er auch..... :roll: )

Grüße

CB