Autor Thema: kritische Bemerkungen zu Patricia Cornwells "Case Closed"  (Gelesen 97979 mal)

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Floh82

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Re: kritische Bemerkungen zu Patricia Cornwells "Case Close
« Antwort #120 am: 03.02.2007 11:14 Uhr »
Fangen wir mal mit ein paar Gegenargumenten an ;)

Cornwell benutzt keine DNA, wie wir sie kennen, für ihre Theorie, sondern lediglich eine andere Art DNA (Name fällt mir gerade nicht ein) die nicht speziell auf eine Person deutet. In diesem Fall lässt die DNA nur eins aussagen: Sickert hat eine Chance von ca. 1:400.000 das er einen Brief geschrieben hat, der vom Ripper stammen SOLL (nicht muss).

Cornwell sagt Sickert hätte Studios im East End gehabt....was sie nicht beweisen kann. Allerdings hatte Sickert tatsächlich Studios in London...allerdings am anderen Ende der Stadt.

Sickert war mindestens zu einer Tatzeit nicht in England, sondern nachweislich (durch bestätigten Briefverkehr) in Frankreich.

Naja und das mit den Bildern wurde ja schon gesagt...im übrigen hat, soweit ich weiß, Sickert Jahre später ein Bild von einem Mord in seiner Nachbarschaft gemalt....ein Expressionist halt....er malt die Dinge die in seiner Zeit passieren, ihn beschäftigen, ihm auffallen.

Das Motiv: Er hätte durch eine organische Krankheit (Pustel oder so) am Penis psychisch leiden müssen, weil er keine Kinder zeugen konnte und dadurch aus Hass auf Frauen bekommen, ist fraglich. Sickert wurde zweimal Vater und war mehrmal verheiratet bzw. mit einer Frau zusammen. Und es gibt keinerlei Beweise dass es diese Krankheit, auf die Cornwell deutet, je bei Sickert gegeben hat.

Für mich persönlich ist Sickert nur ein weiterer Verdächtiger....und die Argumente für oder gegen ihn sind zu unsicher dass man sagen könnte er war es ;)  :icon_exclaim:

Alexander-JJ

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Re: kritische Bemerkungen zu Patricia Cornwells "Case Close
« Antwort #121 am: 03.02.2007 13:16 Uhr »
Cornwells Wissenschaftlern gelang es nur mitrochondriale DNA (mtDNA) zu extrahieren. Diese DNA ist keineswegs einmalig. Nur Zell-DNA ist einmalig und kann einem einzelnen Menschen zugeordnet werden.

Als Kind wurde Sickert wegen einer Fistel operiert. Aber niemand hat gesagt das diese Fistel am Penis war. Die kann sonstwo gewesen sein. Cornwell behauptet diese Fistel wäre am Penis gewesen, hat dafür aber keinen Beweis erbracht.


 :)

Offline nicjack01301

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Re: kritische Bemerkungen zu Patricia Cornwells "Case Close
« Antwort #122 am: 03.02.2007 13:24 Uhr »
Alles in alem kann man sagen das Cornwells Argumentation genauso holprig und hergezogen ist wie die im Tagebuch, nur mit dem Unterschied, dass sich das Tagebuch noch angenehmer liest.
@Keule Du solltest mal ein "neutrales Buch" zum Thema lesen, damit du dir ertsmal ein eigens Bild machen kannst. Und wie immer kann hier das unseres Forumpapas empfohlen werden ;) Und bitte bitte fass mir vorher auf keinen Fall das von John Wilding an, sonst ist man hier vollkommen überfordert ;) LG Nicky  :icon_aetsch:
Denken ist eine Arbeit, die innerhalb der geistigen Grenzen des Einzelnen Geduld erfordert oder, um genauer zu sein, dem Geist Geduld mit den Begrenzungen des Gehirns abverlangt.

Offline Claudia

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Re: kritische Bemerkungen zu Patricia Cornwells "Case Close
« Antwort #123 am: 03.02.2007 13:46 Uhr »
Noch kurz was zu dieser Fistel (vermutlich in Sickerts Fall ohnehin eher ein Abszess ):

So große Fisteln, daß sie operativ geöffnet werden müssen, finden sich kaum am Penis. Sehr häufig sind sie jedoch zB im Gesässbereich und am Steißbein. Die Operation an einer solchen ist mit Sicherheit sehr schmerzhaft (damals sowieso ) und die Genesung schreitet oft recht langsam voran (auch heute noch) , für ein kleines Kind mit Sicherheit traumatisch. Wenn man aber davon ausgeht (was sehr wahrscheinlich ist) daß sich diese Fistel dort befand und nicht an den Geschlechtsorganen, dann führt eine solche OP natürlich weder zu Unfruchtbarkeit noch zu anderen Einschränkungen in sexueller Hinsicht.

Grüße, Claudia
« Letzte Änderung: 03.02.2007 14:05 Uhr von Claudia »

keule

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Re: kritische Bemerkungen zu Patricia Cornwells "Case Close
« Antwort #124 am: 03.02.2007 15:58 Uhr »
Zu der Geschichte mit der DNA kann ich nur sagen, dass sie sich dessen schon bewusst ist. Sickert gehört eben in diesen übereinstimmenden Personenkreis, was ein Zufall sein kann, was aber gerade auch keiner sein kann. Sie schreibt selbst, sie müsse schon ein Haar oder etwas anderes von ihm bekommen, um absolute Gewissheit zu erhalten.  Mir fällt auch auf, dass das Buch immer auch aus dem Blickwinkel Sickerts geschrieben ist, vielleicht ist das bei ihr als Krimiautorin auch eine Gewohnheit, also eine Eigenheit, derartige Abläufe zu verflogen. Ich habe ansonsten kein Buch von ihr gelesen, aber da die gute Frau hier so ihr Fett wegbekommt, würde mich mal interssieren, ob jemand von euch ihre Bücher gelesen hat, und ob die genauso untauglich sind, oder ob es sich nur um das Ripperbuch handelt, und sie sich vielleicht eurer Meinung nach nur im Thema vergriffen hat.

Offline Isdrasil

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Re: kritische Bemerkungen zu Patricia Cornwells "Case Close
« Antwort #125 am: 03.02.2007 16:21 Uhr »
Nun, um das mit der DNS noch einmal zu relativieren:

Die betreffende mitochondriale DNS kann nicht mal auf einen Personenkreis beschränkt werden, sondern wird völlig unüberschaubar auf die nächste Generation übertragen, nämlich immer von der Mutter auf ihre Kinder. Das heißt, eine Tochter und ein Sohn haben dieselbe mitochondriale DNS wie ihre gemeinsame Mutter. Der Sohn wird diesen Stamm nicht mehr weitergeben, die Tochter an ihre eigenen Kinder schon. Das heißt, die Kinder der Tochter haben dieselbe mitochondriale DNS wie ihre Großmutter, wie deren Urgroßmutter, deren Ururgroßmutter und und und...
Cornwell hat also lediglich bewiesen, das die weibliche Ahnenreihe von Sickert und einem der Briefschreiber irgendwann einmal eine gemeinsame Ahnin besitzen.
Die Angabe, dass Sickert zu einem in Frage kommenden Personenkreis von etwa zehntausend gehört, ist ein rein statistischer Mittelwert, der die Abstammungen der Einwohner absolut nicht mit ein bezieht. De Facto kann dieser Personenkreis auch nur zehn Personen betragen - allerdings auch eine Million. Die genaue Zahl kann keiner sagen und theoretisch könnte auch jeder dritte Einwohner Londons in Frage kommen...
Genausogut könnte einer von uns dieselbe mitochondriale DNS besitzen wie ein Ureinwohner am Kongo oder ein Aktienbroker am Big Apple. Daher: Das sagt alles absolut gar nix aus und hört sich eben verdammt reißerisch an...

Ich habe ansonsten kein Buch von ihr gelesen, aber da die gute Frau hier so ihr Fett wegbekommt, würde mich mal interssieren, ob jemand von euch ihre Bücher gelesen hat, und ob die genauso untauglich sind, oder ob es sich nur um das Ripperbuch handelt, und sie sich vielleicht eurer Meinung nach nur im Thema vergriffen hat.

Nun, die anderen Bücher von Cornwell sind auch keine Tatsachenberichte, sondern echte Kriminalromane. Meine Lebensgefährtin verschlingt die Romane zur Zeit am Fliessband, sind also bestimmt sehr gut. Aber wie gesagt: Das Ripperbuch ist das einzige Buch von Cornwell, das auf wahren (?) Begebenheiten basiert - daher kann man das eh nicht vergleichen.

Grüße, Isdrasil

Offline Claudia

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Re: kritische Bemerkungen zu Patricia Cornwells "Case Close
« Antwort #126 am: 03.02.2007 16:44 Uhr »
Ich hab auch kein anderes Buch von Cornwell gelesen, da sich die Bücher aber sehr gut verkaufen scheint sie ein gewisses Talent als Krimiautorin zu besitzen.
Und das ist das Problem. Ihr Buch über Sickert liest sich wie ein Krimi, nicht unspannend, wenn man die Tatsachen nicht kennt. Irgendwo ist ihr aber verlorengegangen, daß es sich bei Sickert nicht um eine ihrer fiktiven Figuren handelt und das merkt man ganz deutlich. Für mich wurde das im Verlauf des Buches immer deutlicher, es ging nicht mehr darum, was tatsächlich bewiesen ist, sondern darum, was möglicherweise hätte sein können (immer zu lasten Sickerts natürlich ), Teilweise wird das dann so abstrus, daß man buchstäblich spürt wie die Autorin mit jedem weiteren Satz die Bodenhaftung verliert.
Teilweise wird das regelrecht lächerlich. Irgendwann argumentiert sie in dem Sinne : "es gibt zwar keinen Anhaltspunkt für dies und das, aber es gibt auch keinen dafür, daß es nicht so war, deshalb darf man es ruhig annehmen". Und dann ist es eben nur noch Fiktion, nicht mehr und nicht weniger...

Grüße, Claudia

Floh82

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Re: kritische Bemerkungen zu Patricia Cornwells "Case Close
« Antwort #127 am: 03.02.2007 18:32 Uhr »
Ich habe noch nie ein Buch von ihr gelesen, werde ich wohl auch nicht....mir ist die Frau unsymphatisch ;)

Die hat sich mit ihrer abstrusen Theorie jeglichen Kredit bei mir verspielt ;)

Im Ernst: Diese Theorie ist nicht mehr als eine Krimigeschichte, die sich gut lesen lässt. Ein berühmter Maler der in seinen Kunstwerken von ihm ausgeführte Morde malt und keiner merkt es. Das ist Hollywood....aber der Ripper war keine Romanfigur.

JohnEvans

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Re: kritische Bemerkungen zu Patricia Cornwells "Case Close
« Antwort #128 am: 04.02.2007 12:52 Uhr »
@Alexander,

Zell-DNA????? Meinst du die KERN-DNA?? Denn auch die mitrochondriale kommt IN der Zelle vor – wo denn sonst?

@Floh,

wenn du noch KEIN Buch von der Cornwell gelesen hast, woher nimmst du dann die Kenntnisse über ihr Ripper Buch?

Alexander-JJ

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Re: kritische Bemerkungen zu Patricia Cornwells "Case Close
« Antwort #129 am: 04.02.2007 14:57 Uhr »
@Alexander,

Zell-DNA????? Meinst du die KERN-DNA?? Denn auch die mitrochondriale kommt IN der Zelle vor – wo denn sonst?


Damit meine ich Kern-DNA und mtDNA. Nur die Analyse der kompletten Zell-DNA ergibt ein zweifelsfreies Ergebnis.

 :)

Offline Isdrasil

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Re: kritische Bemerkungen zu Patricia Cornwells "Case Close
« Antwort #130 am: 04.02.2007 15:54 Uhr »
Hi

mal ein wenig großspurig klingen:

Die mitochondriale DNS befindet sich in den Mitochondrien und damit im Zellplasma, völlig unabhängig von der Stamm-DNS. Sie wird wie schon erwähnt von der Mutter 1:1 an die nächste Generation weitergegeben, ist also nicht einmalig, sondern unter Umständen milliardenfach in der Bevölkerung vertreten.
Die Stamm-DNS befindet sich im Kern und ist sozusagen ein Mix aus Mutter und Vater - und somit annähernd beinahe fast unendlich an null ran einmalig.

Bei DNS-Tests werden meist beide DNS-Stränge miteinander verglichen, um wirklich jeden noch so winzigen Zweifel auszuschließen (siehe Alex). Lediglich bei der Aufklärung einer der größten Mordfälle der neuzeitlichen Geschichte kann man getrost darauf verzichten  :icon_wink:

So, das wars...

Grüße, Isdrasil

Floh82

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Re: kritische Bemerkungen zu Patricia Cornwells "Case Closed"
« Antwort #131 am: 06.02.2007 12:20 Uhr »
@JohnEvans:
Ich hab mal einen Fernsehbericht über das Buch bzw. ihre Theorie gesehen und ich lese hier schon einige Monate, wenn nicht Jahre mit...da schnappt man einiges auf. Und im Schachner-Buch wird ja auch über das Cornwell Buch berichtet. Daher mein "Wissen" und meine Argumentation darüber...

keule

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Re: kritische Bemerkungen zu Patricia Cornwells "Case Closed"
« Antwort #132 am: 02.04.2007 18:29 Uhr »
Mir ist da noch etwas zu eurem Lieblingsverdächtigen eingefallen: Es wird immer darüber gesprochen, dass  Sickert normalerweise zu der Zeit in Frankreich im Urlaub war, scheinbar wohl mit seiner ganzen Familie. Trotzdem könnte der besagte Urlaub auch das perfekte Alibi für ihn gewesen sein, so dass er sich nur scheinbar in Frankreich aufgehalten hatte. Wenn er alleine in Urlaub gewesen wäre, wäre dies zumindest vorstellbar. Aber ich könnte mir auch denken, dass ihn seine ganze Familie unwissentlich gedeckt hat. Er hätte ihnen ja irgendeine Geschichte erzählen können, die sie im Einlang dazu brachte, so zu tun, als sei er auch in Frankreich. Es gibt ja offensichtlich keinen bekannten Brief von Sickert selbst, der zu dieser Zeit aus Frankreich geschrieben wurde. Seine Mutter bestätigte mit ihrem Brief vom 6.September, dass sich Sickert in Frankreich aufhielt, aber ehrlich gesagt würde mir meine Mutter so einen Brief locker fälschlicherweise rausschreiben(in der Schule habe ich so etwas bei Krankmeldung sogar gelegentlich selbst getan).

Aeneas

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Re: kritische Bemerkungen zu Patricia Cornwells "Case Closed"
« Antwort #133 am: 27.02.2010 14:18 Uhr »
Ich hätt da mal noch ne frage zu dem Thema....

Es wird gesagt das nach der DNA-Analyse es noch weitere 400.000 mögliche Täter hätte gegeben können (hab ich glaub ich irgendwo mal aufgeschnappt) ist diese zahl auf London oder England bezogen, oder gar auf die ganze Welt ????????


Jack the Whopper

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Re: kritische Bemerkungen zu Patricia Cornwells "Case Closed"
« Antwort #134 am: 22.04.2010 15:51 Uhr »
@Aeneas: die Zahl bezieht sich auf England!

So, hab gerade einen neuen Sickert Thread gestartet. Würde mich freuen, wenn der eine oder andere mal vorbeischaut... :-)