Autor Thema: william henry bury  (Gelesen 107992 mal)

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Re: william henry bury
« Antwort #75 am: 28.05.2007 19:47 Uhr »

aber isdrasil, ts ts ts, es hat doch keiner behauptet, dass bury nicht jtr gewesen sein kann, da er evtl. alkoholiker war.
du musst schon richtig lesen (mit sonnenbrille natürlich schwer  :icon_mrgreen:).

also ich bin der meinung, dass man in einem vollrausch nicht so vorgeht. die morde waren irgendwie durchdacht, genauso wie die verletzungen und auch das graffito. ein betrunkener (vollrausch) kann meines erachtens nicht mehr so koordiniert vorgehen. wer von uns mannsbilder kennt dieses gefühl einens vollrausches nicht, bei denen man noch tage später hört, wie gut sich die anderen über einen amüsiert haben  :icon_redface:

wie gesagt, man weiss nicht, wie stark bury dem gerstensaft zugesprochen hat.
möchte jetzt hier auch keine diskussion entfachen, wie stark könnte jtr theoretisch betrunken gewesen sein, um noch solche taten zu vollbringen, dies würde zu nichts fürhren. ich habe mir lediglich nur ein paar gedanken darüber gemacht und bin zu dem schluss gekommen, dass ich nicht daran glauben würde, dass die morde im zustand eines stärkeren rausches begangen worden sind, nicht mehr und nicht weniger.


nur noch eine bemerkung. die taten lassen schon etwas an den geisteszustand des täters erkennen, normal war der geisteszustand keinesfalls, nur die ursache lässt sich nicht eindeutig darlegen.
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Offline Isdrasil

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Re: william henry bury
« Antwort #76 am: 28.05.2007 20:01 Uhr »
Hi PF

Ja, ich weiss, die Sonnebrille...wenn sie nicht angewachsen wäre, würde ich sie sogar mal absetzen  :icon_wink:

Du hattest ja gemeint, dass Bury als Alkoholiker zu den Tatzeiten wahrscheinlich schon einen Sitzen gehabt hätte, oder? Und das man die Taten wohl nicht im betrunkenen Zustand hätte begehen sollen. Also hast du indirekt und auf eine gewisse Art Bury ausgeschlossen. Habe es jedenfalls so verstanden...

Ich meinte nur, dass eine schliesst das andere nicht aus. Immerhin war Bury auch selbstständig und hätte sich morgens zulaufen lassen können - er wäre dann nachts wieder einigermassen fähig gewesen. Ich habe diesen Teufelskreis mal in einem kleinen Comic verdeutlicht:

 :sleep: ->  :SM068: ->  :SM069: ->  :SM044: -> :tombstone: ->  :police: :SM105:

Na, das war ja wieder lustig...

Grüße, Isdrasil

LondonFog

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Re: william henry bury
« Antwort #77 am: 28.05.2007 20:27 Uhr »
@ Isdrasil

Dein Comic find ich toll.  :SM009:


Deinen Ausführungen zum MO des Rippers stimme ich zu.
Allerdings sehe ich die Kehlschnitte nicht als Visitenkarte oder ähnliches.  :SM099:

Bei den Morden in Whitechapel mußte der Mörder sichergehen, dass seine Opfer nicht schreien konnten (Stichwort Entdeckungsgefahr).
Allein das Würgen war keine zuverlässige Methode dies sicherzustellen. Was wenn das Opfer nach kurzer Zeit wieder zu sich kommt? Der Kehlschnitt am wehrlosen Opfer ist die effektivste Möglichkeit sicherzustellen, dass dies nicht passiert.

Das legt es nahe die Kehlschnitte nicht als Visitenkarte oder Lustbefriedigung, sondern als eine an den Tatort angepaßte risikomindernde und effektive Vorgehensweise zu betrachten. :icon_idea:

In Whitechapel mußten die Kehlschnitte sein. Bei Ellen Bury macht der Tatort die Kehlschnitte eben nicht zwingend erforderlich.
Bury konnte getrost auf sie verzichten ohne dadurch ein besonderes Risiko einzugehen.

 :icon_arrow:Bleibt die Frage warum Ellen mit dem Strick erwürgt wurde und nicht mit den Händen.

Möglichkeit 1
Wenn es im voraus geplant war, das ganze als Selbstmord darzustellen macht der Strick durchaus Sinn.
Ob Ellen Bury sich damit selbst erwürgt haben könnte war ja auch zwischen den medizinischen Gutachtern im Prozess gegen
Bury umstritten.
 :icon_arrow:Hätte er sie erwürgt wäre die  Selbstmordtheorie wohl niemand zu verkaufen gewesen. :icon_mrgreen:

Möglichkeit 2
Wenn es nicht vorab geplant war die Ermordung als Selbstmord darzustellen kann man sich schon fragen warum
er extra einen Strick besorgt.
Dazu folgende Theorie (wie gesagt Theorie, ich weiß nicht ob das tatsächlich funktioniert - ausprobieren will ich es nicht :icon_mrgreen: - )
Indem der Strick um den Hals von Ellen zugezogen wird, wird ihr die Luft abgeschnitten. Das resultiert aus dem Druck auf die Luftröhre. Wenn es Bury nun gelingt durch einen Knoten oder ähnliches den Druck aufrechtzuerhalten muss er sich keine Gedanken mehr machen ob das Opfer nochmal zu sich kommt oder nicht.

 :SM032: Zugegeben, wenn das der grund war hätte er ihr auch die Kehle durchneiden können. Ich muss noch mal darüber nachdenken, vielleicht fällt mir noch was besseres ein.

Aber vielleicht steckt dahinter auch gar keine Logik, vielleicht war das eine spontane Entscheidung so nach dem Motto
" Ich könnte ja mal was neues ausprobieren". Mir fällt es jedenfalls schwer mich in Bury hineinzuverstzen.



 :icon_question: Verletzungen am nächsten Tag  :icon_question:

Wurden die Verletzungen des Unterleibs wirklich erst am nächsten Tag verursacht?
Gibt es dazu einen medizinischen Bericht (an den ich mich jetzt nicht erinnere) oder basiert diese Feststellung auf der Aussage Burys?
Sollte letzteres zutreffen ist jedenfalls Vorsicht geboten, was den Zeitpunkt angeht.





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Re: william henry bury
« Antwort #78 am: 28.05.2007 20:43 Uhr »
 :icon_lol: geiler comic  :icon_thumb:

natürlich schliesst das eine das andere nicht aus. wollte nur verdeutlichen, dass jemand im vollrausch nicht so rationell denken und handeln kann. natürlich kenne ich nicht den grad der trinksucht von bury, ob er täglich, wöchentlich oder nur quartalsmässig sich eine reingedonnert hat.

doch ich schliesse einen starken alkoholiker als täter aus. alkohol macht logisches und rationelles denken und handeln schwer.
der täter müsste zum zeitpunkt der morde in einer gewissen weise handlungsfähig sein und ob ein trinker dies so steuern kann bezweifel ich. er müsste dieses so steuern können, dass er bei steigender lust zu töten gleichzeitig seinen alkoholkonsum reduzieren muss. naja, es ist nicht ausgeschlossen, aber wieder ist alles nur spekulativ. doch es gibt anlass zur diskussion und deshalb sind wir ja auch hier.



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Offline Isdrasil

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Re: william henry bury
« Antwort #79 am: 28.05.2007 20:44 Uhr »
Hi LondonFog

So leid es mir tut: In der Sache mit den Kehlenschnitten kann ich dir leider auch nicht zustimmen.

Wenn der Ripper tatsächlich die Schnitte der Zweckmäßigkeit wegen angesetzt hätte, dann frage ich mich, weshalb er einem Schnitt durch die Kehle nicht einfach den Stich in das Herz vorzog.
Du sagst, der Ripper wolle sichergehen, dass sein Opfer nicht schreie. Man könne auch ganz einfach davon ausgehen, der Ripper wolle sein Opfer töten, dass es nicht schreien konnte. Hätte der Ripper eine Möglichkeit gesucht, dies zu bewerkstelligen, so hätte er seinem Opfer wohl eher in das Herz gestochen, als es bewusstlos am Boden lag. Rein zweckmässig wäre das Opfer ebenso ruhig und vor allem - der Ripper hätte noch weniger mit Blut zu kämpfen. Die Schnitte durch die Kehle waren keineswegs oberflächliche Schnitte, um den Kehlkopf zu durchtrennen und das Opfer zum Schweigen zu bringen. Die Schnitte gingen bis auf die Wirbelsäule und waren von äußerster Brutalität - da kann ich nicht glauben, dass sie einem Zweck dienten und dem Täter keine "Lust" bereiteten.

Ich sehe in den Schnitten zwar einen Zweck, aber ihren Ursprung nicht in der Zweckmäßigkeit, sondern in der Psyche und dem MO des Täters verankert. Daher würde ich auch bei anderen Morden des Rippers einen Kehlenschnitt erwarten.

Im Endeffekt ist das Töten eines Menschen eine Sache vom Sekunden, das Verstümmeln jedoch eine Sache von Minuten. Weshalb sollte er beim Töten bewusst auf Sicherheit bedacht sein, beim Verstümmeln jedoch etwas risikofreudig zur Sache gehen? Er holte sich die erforderliche Sicherheit bereits, indem er seine Opfer würgte. Den Rest kann ich persönlich getrost als seine ganz eigene Ripper-Art ansehen.

Bei der Sache mit den Verletzungen am nächsten Tag müsste ich selbst erst einmal nachschauen...

Grüße, Isdrasil

LondonFog

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Re: william henry bury
« Antwort #80 am: 29.05.2007 18:27 Uhr »
Man könne auch ganz einfach davon ausgehen, der Ripper wolle sein Opfer töten, dass es nicht schreien konnte.

So war das eigentlich auch gemeint.

Hätte der Ripper eine Möglichkeit gesucht, dies zu bewerkstelligen, so hätte er seinem Opfer wohl eher in das Herz gestochen, als es bewusstlos am Boden lag. Rein zweckmässig wäre das Opfer ebenso ruhig und vor allem - der Ripper hätte noch weniger mit Blut zu kämpfen.

Kommt auf die Art und Weise, wie er den Schnitt setzt an, würde ich sagen. Ich kenne mich nicht besonders gut mit dem Thema aus, wohin das Blut bei solchen Schnitten spritzt, aber ich glaube nicht, dass es in alle Richtungen spritzt.
(wenn z.B. das Blut eher nach links spritzt und der Ripper rechts steht kriegt er doch kaum was ab)

- Klar, ein Stich ins Herz ginge auch. Warum also der Hals?

 Ich weiß nicht, ob es dafür einen vernünftigen Grund gibt. Der Ripper muss ja nicht die objektiv effektivste Möglichkeit wählen.
 Es reicht ja aus, dass ihm dies  am effektivsten erschien.
Dazu folgende Überlegung:
Wenn man Tiere schlachtet tötet man sie ja auch auf ähnliche Weise. Bury hat doch soweit ich weiß  mal in einer cat-meat Fabrik gearbeitet. Da wurden ja wohl auch Tiere geschlachtet. Vielleicht hat er diese Tötungsmethode dort aufgeschnappt und das bei den
Whitechapelmorden im Hinterkopf gehabt.



Ich sehe in den Schnitten zwar einen Zweck, aber ihren Ursprung nicht in der Zweckmäßigkeit, ...

Seh ich nach wie vor anders, aber trotzdem ein sehr schöner Satz. :icon_mrgreen:


Bei der Sache mit den Verletzungen am nächsten Tag müsste ich selbst erst einmal nachschauen...

Tu das, ich schau auch nochmal nach. Aber ich glaube das ist wirklich nur auf Burys Aussage gestützt.


Offline Pathfinder

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Re: william henry bury
« Antwort #81 am: 29.05.2007 22:01 Uhr »

Ich sehe in den Schnitten zwar einen Zweck, aber ihren Ursprung nicht in der Zweckmäßigkeit, ...

Seh ich nach wie vor anders, aber trotzdem ein sehr schöner Satz. :icon_mrgreen:

der satz ist wirklich vom allerfeinsten, respekt und hut ab  :icon_thumb:
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Stordfield

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Re: william henry bury
« Antwort #82 am: 14.03.2008 21:34 Uhr »
Hallo !

Dies habe ich bei eastlondonhistory.com gefunden .



The poster here shows the curious footnote that William Henry Bury wrote in Scottish history. Bury was the last man to be hanged for murder in the city of Dundee, way back in 1889. But just months after his death, his name would be caught up in a much bigger story … and much closer to home.

Bury was born on 25 May, 1859 in Stourbridge, Workestershire, the son of a fishmonger. Bury inherited his father’s skills with a knife, taking up a trade as a horse butcher. But within months of his arrival in Whitechapel, in November 1887, he would be putting his aptitude with a blade to a far more sinister use.

Arriving in the East End, Bury found work as a sawdust collector for one James Martin. He moved in with the Martins, who also ran a brothel on Quickett Street. It was there he met Ellen Elliot, a prostitute there. The unlikely couple were soon married and, courtesy of a small inheritance from Ellen’s wife, they moved out into their own lodgings.

But if she thought she had escaped her squalid life, she was sadly mistaken. Bury was a drunkard and a thief, and his new bride’s money on alcohol and prostitutes. Bury became increasingly violent and in February 1888 he attacked Annie Millwood, in Spitalfields. Though the 38-year-old Annie suffered terrible wounds, with Bury slashing at her legs and genitals with a knife, she survived. Amazingly, so did his next victim. Ada Wilson was an elderly seamstress, and on 28 March, Bury attacked her in her home. Having robbed her, he then stabbed her twice in the throat.

Bury’s personality was disintegrating fast. On the night of 7 April, he attempted to cut the throat of his wife – she discovered that he had been sleeping with a knife under his pillow – but she somehow managed to fight him off.

Despite his swiftly escalating attacks, Bury remained at large in the East End. He was still visiting prostitutes and it was around this time that he realised that he had contracted syphilis, and in turn infected Ellen.

It was a miracle that Bury was not already a murderer, but now his rage and hatred spilled over into even more savage violence. On 20 December, 1888, Bury waylaid Rose Mylett on the street, strangling her and leaving her body in Clarke’s Yard.

Even the demented Bury realised that he had to get out of the East End. Though the dilatory Scotland Yard had shown no great urgency in apprehending him so far, he must be caught eventually. Bury chose the furthest spot he could think of, inventing a new job in Dundee. One can only wonder how Ellen thought he had secured a job hundreds of miles away, or why she would follow the man who had lied, cheated and drunk away her inheritance, as well as trying to slit her throat, but follow him she did. Within weeks, that decision would lead to her death.

In January 1889, the Burys travelled to Dundee on the London Packet Steamer Cambria. On 5 February, Bury strangled Ellen in their basement flat in the city. He then mutilated the body, slicing open her abdomen and removing her intestines. He then placed her body in a trunk.

But if Bury was violent, he wasn’t cunning. The best plan he could come up with was to go to the Dundee police and claim that his wife had been murdered by a burglar. The officers realised they had a far more likely suspect in front of them, and a quick call to Scotland Yard uncovered his history of violence. He was arrested by the police and charged with the murder of his wife.

On 24 April,1889, Bury was sentenced to death, and hanged a few days afterwards. Bury showed no contrition for his crimes. In perhaps the most feeble gallows speech on record, he eschewed the traditional plea for forgiveness or rant of defiant innocence, merely sneering at the hangman ‘I suppose you think you are clever to hang me.’

Belatedly Scotland Yard got to work on Bury’s London crimes, following up the theory that he was none other than the Ripper, responsible for the Whitechapel Murders. But though Ripper detective Inspector Abberline journeyed to Dundee, the police quickly dismissed the theory, though it’s impossible for us to know how thorough the investigation was.

Ohne Worte Stordfield


Offline Isdrasil

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Re: william henry bury
« Antwort #83 am: 10.06.2008 08:23 Uhr »
Mal so zwischen rein geschmissen:  :icon_mrgreen:

Die Suche nach der Princess Street

Der „Scone Palace“ nördlich von Perth – ein geschichtsträchtiger Ort, wie er im Buche steht. Hier wurden Macbeth und Robert the Bruce zu Königen gekrönt, hier steht der Schreibtisch, an dem Mary Antoinette kurz vor ihrer Hinrichtung ein paar letzte Briefe schrieb, hier schlief unsere Queen Victoria in den sanften Federn eines rot besamteten Himmelbettes – und hier sitze ich mit meiner Liebsten in einem schwarzen Fiat Punto und studiere mit ihr zusammen den ADAC-Strassenatlas. Mehr Geschichte an einem Ort geht einfach nicht mehr…
Hinter uns stolziert ein Albinopfau zwischen einer Reisegruppe verzückter Italo-Touristen, die sich anscheinend mehr für ihn interessieren als sich um die Legenden des berühmten „Stone of Destiny“ zu kümmern. Der Pfau versucht, den weiblichen Gegenstücken zu imponieren und stellt gelegentlich seine Federn auf, lässt sie wild vibrieren. Leider ignorieren ihn seine Artgenossinnen völlig. Die Menge der Touristen hingegen ist entzückt.
„Fabuloso“.
„Bellissima!“.
„Spectaculare!“.
Höchstwahrscheinlich ist er das meist fotografierte Motiv an diesem Ort. Ich muss es wissen – schließlich habe ich es auch getan.
Aber egal, hier dreht es sich eigentlich gerade um ganz andere Dinge.

Es geht um Dundee, nur wenige Meilen östlich von Perth gelegen.
Dundee. Der Ort, an dem vor gut 120 Jahren ein gewisser William Henry Bury von Deck des Dampfschiffes „Cambria“ ging und sich nieder ließ, nachdem er London mitsamt seiner Frau Ellen verlassen hatte. Der Ort, an dem dieser Herr Bury seine Frau Ellen kurz darauf tötete. Der Ort, zu dem auch Frederick Abberline reiste, um sich den Fall genauer anzusehen. Möglicherweise auch der Ort, an dem das Kapitel „Jack the Ripper“ sein Ende fand. Wer weiß das schon so genau?
Ich blicke meine Liebste an. Sie blickt mich an. Und dann rücke ich nochmals raus mit meiner kleinen Idee. Vielleicht könnte man ja noch einen Zwischenstopp einbauen…
Als Lockmittel müssen das um die Anfangjahre des 20. Jahrhunderts gebaute und von dem Geist eines ermordeten Matrosen heimgesuchte Segelschiff „RRS Discovery“, eine „sehr, sehr lange“ Massage, Schokolade, und die Tatsache dass es sich bei Dundee doch tatsächlich um die Partnerstadt von Würzburg handelt, herhalten. Es dauert nicht lange, und ich erhalte die Einwilligung meiner „Chefin“.
Unser nächstes Ziel lautet demnach: Princess Street, Dundee.
Der Fiat Punto jault, der Pfau posiert, die Italiener jubilieren. Das Wetter – naja, es ist durch und durch britisch (in diesem Zusammenhang muss ich an eine kleine Weisheit aus Edinburgh zurück denken: Wenn Du an der George Street stehst und das andere Ufer des Firth of Forth erkennen kannst, dann wird es bald regnen. Kannst du das Ufer nicht erkennen – dann regnet es schon!).

Die 30 Meilen vergehen jedenfalls äußerst schnell, befinden sich in diesem Teil des Landes doch wesentlich besser ausgebaute Strassen als in den Highlands. Ob dies zur sagenhaften Idylle des Landes beiträgt? Nicht wirklich…ich habe diese einspurigen, unförmigen Schaukelstrassen der Glens und der Mountains durchaus besser leiden können. Man fühlte sich wie in einem Segelschiff, gemächlich durch die Landschaft treibend. Abenteuer. Das ist es, was in der Zivilisation oftmals verloren geht. Man fühlt sich auf den Schnellstrassen einfach nicht einsam genug.

In Dundee angekommen, erst einmal ein wenig Enttäuschung. Auch hier wieder: Zivilisation und all ihre Krankheiten in hoher Konzentration. Baustellen, hässlich eckige, graue Gebäude. Hektisch dreinblickende Menschen rasen durch die Roundabouts. Nirgends die erhoffte und so geliebte Ausstrahlung schottischer Städte, keine roten Telefonzellen, kleine Tante Emma-Lädchen, Schilder, die vor streunenden Schafen warnen. Nichts davon. Wir kommen uns fast vor, als wären wir in Frankfurt. Und wer Frankfurt kennt, weiß, wovon ich rede.
Ich habe nichts gegen Großstädte - ganz im Gegenteil. Ich bin ein Mensch, der auf dem Land lebt, sich aber gerne in Städten aufhält. Der multikulturelle Flair vieler Metropolen hat mich schon oft in seinen Bann gezogen. Hamburg, London, Paris, Edinburgh…und etwas kleiner Nürnberg oder auch Würzburg. Dundee hingegen schlägt aus der Reihe. Diese Stadt hat keine Ausstrahlung, obwohl man sie erwartet. Diese Stadt ist einfach irgendwie „unsympathisch“. Ihr fehlt das Gesicht, der Geist, die Lebendigkeit.
Also: Einfach schnell die Princess Street suchen und dann wieder weg. Der Besuch des Segelschiffes „Discovery“ vergeht uns irgendwie wieder. Wir sehen es kurz einmal, als wir an der „Hafenpromenade“ (man kann es nicht wirklich so nennen) vorbeifahren. Das sollte genügen. Und die Suche nach einem Parkplatz im undurchschaubaren Richtungswust der Schilder macht es auch nicht besser…

Nachdem wir endlich eine Lücke gefunden haben, die Suche nach der Princess Street. Vorbei an Gerüsten, die an alte im viktorianischen Stil gebauten Häuser lehnen. Nicht, um diese zu renovieren – nein, sie werden reihenweise überputzt und aus dem charmanten Look schwarz gefärbter Sandsteine entsteht eine mattgraue Einheitsfassade. An anderen Ecken steht schon gar kein Gebäude mehr. Man hat sie einfach abgerissen. Und so laufen wir von einer Baustelle in die nächste. Zwischendurch blitzt mal ein schöner Flecken auf: Das alte Hauptgebäude des Hafens weiß immer noch zu beeindrucken. Einzelne schmale Gassen zeugen noch von vergangenen Tagen. Manches Haus steht noch so, wie es wohl schon ein oder zwei Jahrhunderte steht. Aber trotzdem, unser erster Eindruck bestätigt sich: Es mag nicht der Flair aufkommen, der in Städten wie Inverness oder Stirling zumindest im Stadtkern herrscht. Jedes Land braucht eben sein persönliches Frankfurt.
Aber ich merke – ich drifte wieder mal unheimlich ab.

Schließlich, nach einigem Hin und Her, erreichen wir endlich Hausnummer Eins der Princess Street in Dundee. Hier werde ich das ehemalige Wohnhaus Burys ausfindig machen, und hier werde ich ein paar Fotos für meine Kollegen im Forum knipsen. Auf der linken Seite gleich ein Gebäude, welches mich sofort an das Bild bei Bury auf der Homepage denken lässt. Digicam zücken und – knips! Die rechte Seite besteht aus ziemlich herabgekommenen Häusern, eines der ersten beherbergt ein reichlich unscheinbares Möbelgeschäft. Wir laufen weiter – Hausnummer 7, 13, 21…33, 45…..59….61…dann plötzlich – hört die Häuserzeile auf! Ein wenig verunsichert bin ich schon. War da nicht etwas mit Hausnummer 113 oder 119? Ich blicke die Strasse hinauf. Da, genau dort hinter der Wiese und dem Kreisverkehr scheint es weiterzugehen. Wir laufen also weiter.
Und so ist es auch: Als ich am ersten Haus nach der Unterbrechung schon das Strassenschild „Princess Street“ sehe, fasse ich neuen Mut. Bei den ersten Gebäuden sind keine Hausnummern zu erkennen…dann, endlich, die erste Hausnummer. Ich sehe sie mir an. Moment. Das kann nicht sein. Mir schwant Böses. Meine Lebensgefährtin verdreht die Augen. Ich sehe noch einmal hin. Tatsächlich. Wir stehen vor Hausnummer 163!

Nach einigen Sekunden dann ist es gewiss: Etliche Häuser der Princess Street wurden abgerissen, um der Moderne Platz zu machen. Und natürlich – wie sollte es auch anders sein – zählt Bury`s Haus anscheinend auch dazu.

Ich kann Euch sagen, ich war richtig geknickt. Ich hätte mich einfach mal gefreut, dass Haus ausfindig machen zu können. Ich hätte es hier gerne mit einem eigenen Foto präsentiert, wenn nicht eh schon irgendwo eines existiert. Aber es hat nicht sein sollen.
Der restliche Tag war wie verflucht: Wir wollten in einem Cafe noch einen Kaffee trinken, da ging die Maschine plötzlich nicht mehr. Wir liefen durch ein Gerüst an einem Haus durch, da bröckelten kurz hinter uns Steine auf den Boden. Ich hätte beim Ausparken beinahe einen Unfall gebaut. Ein Bus hätte mich beinahe von der Strasse gefegt. Es schien so, als würde uns diese Stadt einfach nicht wollen – und als hätte sie dies nie getan.

Meine Liebste bekam schließlich, was ich ihr versprochen hatte. Und ich kaufte mir zur Aufmunterung im Zavvi um die Ecke das neue Opeth-Album „Watershed“. Als wir schließlich die Stadt verließen, auf der Tay-Bridge die Bucht überquerten, auf der einst Bury und Abberline einsegelten, und dabei die ersten Klänge des neuen Meisterwerks meiner Lieblingsband ertönten, blickte ich kurz noch einmal zu dieser tollen Frau neben mir - und war mir wieder bewusst, weshalb ich sie so liebe. Die Schmach in Dundee war schnell vergessen, unser Weg zurück nach Pitlochry durch die Trossachs war eine Offenbarung – und es ist eigentlich auch nicht so wichtig, wie das Haus aussah.
Was würde es bringen? Es würde uns doch nur einen Teil unserer Fantasie nehmen…

Isdrasil

« Letzte Änderung: 10.06.2008 13:23 Uhr von Isdrasil »

Floh82

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Re: william henry bury
« Antwort #84 am: 10.06.2008 09:47 Uhr »
Hach eine schöne Liebeserklärung....
und danke für die Fotos ;)

Offline Isdrasil

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Re: william henry bury
« Antwort #85 am: 11.06.2008 20:05 Uhr »
Hi

@Floh
Danke und gerne geschehen  :icon_wink:

@Stordfield und Alle
Habe irgendwie deinen Artikel gerade erst so richtig wahrgenommen (sorry) und empfinde ihn als äußerst interessant - vor Allem in Bezug auf Annie Millwood und Ada Wilson. Weißt Du, woher diese Verdächtigungen stammen und ob es Hinweise auf Bury als Täter gibt?

Zusätzlich habe ich noch einen Artikel in der Times vom 13. Februar 1889 gefunden. Darin ist die Rede von einem ominösen Arbeitsvertrag zwischen einer Firma in Dundee und Bury, der gefälscht sein könnte. Die Firma jedenfalls stritt es ab, dass dieser Vertrag jemals abgeschlossen wurde. Könnte durchaus ein Hinweis darauf sein, dass Bury London schnellstmöglich verlassen wollte und gegenüber seiner Frau eine Begründung brauchte...

Grüße, Isdrasil

Stordfield

  • Gast
Re: william henry bury
« Antwort #86 am: 12.06.2008 09:04 Uhr »
Hallo !

Auch von mir ein Kompliment für die Fotos , Isdrasil !
Leider weiß ich in Bezug zu Millwood , Wilson und Bury auch nicht mehr , als was in dem Artikel steht . Zwar habe ich noch ein bischen rumgesucht , aber nichts mehr darüber gefunden . Um ehrlich zu sein , habe ich den starken Verdacht , daß der Verfasser da etliches verwechselt und ohne größere Recherche einfach etwas zusammengestümpert hat .

Gruß Stordfield

Offline Isdrasil

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Re: william henry bury
« Antwort #87 am: 17.10.2008 10:36 Uhr »
Hi

Ich habe gerade ein Foto vom Dampfschiff Cambria im Hafen Dundees gefunden - also, das Bild habe ich nicht im Hafen gefunden...ihr wisst schon.  :icon_wink:
Bury kam mit der Cambria von London nach Dundee. Ist nichts Großartiges, möchte es euch aber trotzdem nicht vorenthalten.

...kann aber nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass dies auch die eine Cambria ist. Jedenfalls ist es das Schiff links auf dem Bild.

Grüße, Isdrasil

Lestrat

  • Gast
Re: william henry bury
« Antwort #88 am: 01.01.2009 21:05 Uhr »
Hallo,
also ich weiß ich bin neu hier und will jetzt nicht als der große und allwissende Experte auftreten. Ihr anderen befasst euch schon viel länger mit JTR. Aber es geht mir wohl wie vielen von euch, ich mache mir so meine Gedanken und komme auch zu einer eigenen Meinung. Zuerst ist mir Bury als Verdächtiger so "nebenbei" aufgefallen, aber desto mehr ich mich mit ihm beschäftige, desto mehr rückt er für mich in den engsten Täterkreis. Also ich habe einige Fakten zu denen ich eine Theorie entwickelt habe (frei nach dem Motto. ALLES kann sein).

Was für Bury als Täter spricht:

1. Sein Vater starb als er 3 Monate alt war. Nach einem Täterprofiel des FBI wird davon ausgegangen das JTR ohne oder mit einem unterdrückten Vater aufgewachsen ist.

2. Seine Mutter erlitt als sie mit Bury im 3. Monat schwanger war einen Nervenzusammenbruch und wurde Geisteskrank. So etwas bekommt ein Ungeborenes Kind mit und kann ein Trauma verursachen. Geisteskrankheit kann sich vererben!

3. Er war als Gewalttätig gegenüber Frauen bekannt.

4. Er hat seine Frau ermordet und dieser Mord zeigt Ähnlichkeiten mit dem Mord an Mary Ann Nichols auf. Also hat er im Gegensatz zu vielen anderen Verdächtigen gezeigt das er zu solch einem Bestialischen Verbrechen fähig war.

5. Er wohnte zur Zeit der Ripper Morde in Whitechapel.

6. Er hatte für die Tatzeiten kein Alibi!

7. Er hasste speziell Prostituierte. Zum einen hatte er ständig Streit mit seiner Frau Ellen einer Ex-Prostituirten und zum anderen hatte er sich bei einer Prostituirten mit Syphilis angesteckt.

8. Als er aus London wegzog, war die Mordserie wohl beendet (außer seinem letzten Opfer, seiner Frau)!

Also fassen wir mal zusammen: Er kam aus einem zerütteten Elternhaus, ein Elternteil wurde Geisteskrank, er hatte ein Motiv (Haß auf Prostituirte),er hatte für die Tatzeiten kein Alibi und mit seinem Wegzug endete die Mordserie in London. Ich finde das sind recht gute Indizien. Jetzt haut Bitte nicht alle auf mich drauf, ich heiße nicht Cornwall und stelle mich jetzt hierhin und sage Bury war´s (huch, jetzt hab ich´s doch gesagt :icon_rolleyes:). Ich habe jetzt einfach mal ein paar Tatsachen aufgezählt und jetzt fange ich noch an ein bischen zu Spinnen:

Was wäre denn wenn der Ripper eine gespaltene Persönlichkeit gehabt hätte?
 Ich stelle mir das ungefähr so vor: In Wirklichkeit hatte Bury einen unsagbaren Haß seiner Frau gegenüber, aber er konnte sie einfach nicht töten (vielleicht weil er doch tiefe Gefühle für sie hatte (Haß und Liebe sind ja nicht so verschieden, also es sind beides sehr extreme Gefühle) oder er so etwas wie einen Mutterersatz in ihr sah (seine Frau war ja 4 Jahre älter als er, was damals nicht unbedingt üblich war). Einmal hat er`s wohl versucht aber nicht wirklich gewollt. Doch dann wurde seine Geisteskrankheit immer stärker (Uaah!)
 Vielleicht wurde seine "dunkle Seite" immer dann in ihm "wach" wenn er sich besondres heftig mit Ellen gestritten hat. Dann ist er einfach durch Whitechapel gestreift, wurde von einer Prostituirten angesprochen und das Ergebnis kennen wir ja.
Möglicherweise tötete er jedesmal seine Frau (in seiner Phantasie) was auch die schweren Verstümmelungen erklären würde da es ja jedesmal ein Mord aus Leidenschaft gewesen wäre. Doch im Jahr 1889 hat es ihm halt doch nicht mehr gereicht eine andere Frau zu töten also mußte diesmal seine wahre Frau sterben.
Als er aus seinem Wahn erwachte fehlte ihm natürlich der Grund um weiterzumorden und er stellte sich der Polizei. Da er Schizophren war konnte er sich bei den Verhören nicht mehr an seine anderen Taten erinnern (den Mord an seiner Frau wußte er vielleicht auch nicht mehr und hat möglicherweise deswegen seine Selbstmord Geschichte erzählt). Ich glaube nicht das die damaligen Ermittler einen Schizophrenen als solchen erkannt hätten, weswegen sie ihn bei Verhören auch nicht Verdächtigt hätten da er sich ja in diesen "normalen" Momenten nicht Verdächtig machen konnte da er sich ja keiner Schuld bewußt war.
Wie gesagt ist mal ein wenig unkonventionell Gedacht, aber ich denke der ganze Ripper Fall ist enbenso sehr unkonventionell.

Grüße

Lestrat



Offline Isdrasil

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Re: william henry bury
« Antwort #89 am: 02.01.2009 09:17 Uhr »
Hi Lestrat  :smiley5:

Bury ist schon ein guter Kanditat, finde ich - und dankeschön für die gelungene Aufzählung  :icon_wink:

Da gibt es auch nichts draufzuhauen, man muss eben auch mal die ganzen Pros erwähnen, die für Bury als Täter sprechen. Im Prinzip suchen wir ja immer im Leben eines Verdächtigen nach Querverweisen auf seine kranken Fantasien, aber Tatsache ist leider, dass wir auch bei den uns bekannten Serienmördern wie zum Beispiel Gust oder Anderen im Lebenslauf keine wirklichen Anhaltspunkte finden könnten. In die Köpfe der Menschen kann man nicht schauen - die Gedanken sind frei.
Ist vielleicht auch unser Dilemma - vielleicht hat Jack the Ripper tatsächlich schon einen Namen, aber man kann es nicht erkennen...

Aber diskutieren ist doch trotzdem ene schöne Sache  :icon_wink:

Grüße, Isdrasil