Habe mich hier angemeldet, um - unabhängig von der Beweiskraft dieser DNA-Untersuchung - ein paar von den Forumsteilnehmern angesprochene technische Details zu klären.
1. Herkunft des Tuchs: Laut Daily-Mail-Artikel weisen Gewebe, Farben und das Muster auf eine osteuropäische Herkunft und Herstellung um 1830 hin. (Dürfte bei der Masse von osteuropäischen Einwanderern auch nicht verwunderlich sein).
2. Warum mtDNA?
a) DNA reagiert empfindlich auf UV-Strahlung und Sauerstoff, will sagen, alte Spuren sind oft unvollständig bzw. so zersetzt, dass man mit den Resten nichts mehr anfangen kann. Jetzt ist es aber so, dass eine Zelle nur einen Zellkern hat, aber hunderte von Mitochondrien ("Kraftwerke" der Zelle), die jeweils ein kleines, eigenes ringförmiges Genom enthalten, ähnlich wie Bakterien (Biounterricht in der Schule- Endosymbiontenhypothese???). Also ist es viel einfacher, genügend mtDNA aus einer älteren Probe zu finden - und eventuell zerstörte Abschnitte im mt-Genom durch Teile aus anderen Mitochondrien in der Probe zu ergänzen.
b) Bei Verwandschaftsbestimmungen, die sich über mehrere Generationen erstrecken, gibt es im Prinzip nur zwei Möglichkeiten. Entweder eine rein männliche (Vater, Sohn, Enkel, Urenkel usw.) Linie, bei der das Y-Chromosom untersucht wird. Die ist schon aus dem Grund fehleranfällig, weil der offizielleVater nicht unbedingt der biologische ist (hab mal gelesen, dass etwa 8% aller Kinder "Kuckuckskinder" sind). Die andere Methode ist die Untersuchung der mtDNA über die rein weibliche Linie (Mutter, Tochter, Enkeltochter usw. bzw. Schwester, Nichte, Großnichte etc.). Andere DNA-Untersuchungen taugen nach ein oder zwei Generationen nicht mehr, weil jeder Mensch eine Hälfte seiner Chromosomen vom Vater, die andere Hälfte von der Mutter bekommt, diese sich bei der Entstehung der Ei-/Spermienzellen zufällig auf die Zellen verteilen - abgesehen vom Geschlechtschromosom Y, das nur vom Vater auf den Sohn vererbt wird (Töchter kriegen je ein X-Chromosom von beiden Eltern). Will sagen: Wenn meine Kern-DNA mit der meiner Ururgroßmutter mütterlicherseits verglichen würde, käme bestenfalls raus, dass wir irgendwie aus der selben Region (z.B. Nordwestdeutschland oder Bayern) stammen. Meine mtDNA habe ich aber - durch meine Urgroßmutter, Großmutter und Mutter - von meiner Ururgroßmutter erhalten, die ist identisch.
3. Weil die Mitochondrien eben die "Kraftwerke der Zelle" sind, mutiert ihre DNA extrem langsam (besser gesagt, jede Mutation, die die Arbeit der Mitochondrien - zentraler Teil der ATP-Synthese - beeinträchtigt, führt zum "Verhungern" der Zelle, wobei auch die Mutation verschwindet). Hat einerseits den Vorteil, dass eine Nachfahrin auch 500 Jahre später die selbe mtDNA hat (z.B. bei Richard III), aber den Nachteil, dass man nicht sagen kann, wann sich die Verwandschaftslinien getrennt haben. Also z.B. hatte Kosminskis Ururur...großmutter in weiblicher Linie zig Abkömmlinge mit der selben mtDNA, von denen theoretisch etliche 1888 in Whitechapel herumlaufen konnten. Mit Sicherheit kann man in dem Fall nur sagen, dass die Spermaspuren von einem Mann sind, dessen Mutter von osteuropäischen Juden abstammte.
(Diese mtDNA-Untersuchungen führen nebenbei auch den ganzen hitlerschen Rassenwahn ad absurdum, israelische Genetiker haben nämlich mal anhand von Stichproben unter den eingewanderten Israelis festgestellt, dass osteuropäische Juden einen mtDNA-Typ haben, der häufig im Kaukasus vorkommt, westeuropäische Juden teilen ihre mtDNA mit Westeuropäern und nordafrikanische mit Nordafrikanern. Da ist wohl fröhlich durcheinander geheiratet worden...)
Nichts für ungut, hoffentlich habe ich euch nicht gelangweilt.