Autor Thema: Elementare Fragen  (Gelesen 7746 mal)

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Offline Isdrasil

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Elementare Fragen
« am: 24.10.2012 19:57 Uhr »
Hi

Ich komme keinen Schritt weiter. Noch immer stelle ich mir dieselben Fragen wie am Anfang, und noch immer drehe ich mich ständig im Kreis.  :unknown:

Daher möchte ich Euch in diesem Beitrag an ein paar meiner Gedanken zum Thema „Jack the Ripper“ teilhaben lassen, insbesondere an jenen „elementaren Fragen“, die jeder von uns zu klären wünscht.
Ich frage mich insbesondere, wie diejenigen von Euch, die den Lebenslauf eines präferierten Verdächtigen  verfolgen, zu den altbekannten Fragen stehen: War Tabram ein Opfer des Rippers? Kelly? Stride? Wie tötete er seine Opfer, würgte er sie, schnitt er ihnen von hinten die Kehle durch? Sprach er sie an, sprachen sie ihn an, und so weiter und so fort.

Um mein Anliegen zu verdeutlichen, möchte ich (leider) kurz auf Kosminski eingehen. Ich tue dies nicht, um die hervorragende Arbeit und Zusammentragung der Fakten zu Kosminski herabzusetzen oder um die Verfolger dieser Theorie, Allen voran Lestrade, anzugreifen. Ich bewundere oftmals den Enthusiasmus, den ihr in die Sache steckt, und umso faszinierender finde ich, wieviele Fakten man auch heutzutage noch an die Oberfläche befördern kann. Wirklich, ich finde das gut. Auch wenn wir in jüngster Vergangenheit einen Disput diesbezüglich hatten. Ich wähle dieses Beispiel nur, da in letzter Zeit sowohl hier als auch im Casebook etliche neue Erkenntnisse bezüglich dieses Verdächtigen auftauchen. Das ist und bleibt der einzigste Grund ;-)

Aber (wer mich kennt, wusste, dass nun ein „aber“ kommt): Bei all diesen Recherchen bleibt ein wichtiger Teil auf der Strecke – wir kommen zwar der Person Kosminski näher, wissen immer mehr über seine Lebensumstände, Geschwister etc. Jedoch bringen wir ihn damit (leider) nicht oder selten näher an die Taten ran. Und so verhält es sich meistens bei den Verdächtigen. Wir bringen einerseits Licht in das Dunkel ihres Lebens, doch der Schleier über die wirklich von Anfang an vorhandenen Fragen wird sich dadurch nicht lichten. Was machen wir, wenn wir wirklich rausfinden würden, dass Kosminski der Ripper war? Wüssten wir dann, ob er Tabram tötete? Wüssten wir wie? Was würden euch diese Fragen noch bedeuten, wenn der Täter gefunden wäre? Hätten wir noch den Willen, all dies zu klären und zu diskutieren?
Natürlich könnte es sein, dass man plötzlich herausfindet, dass Kosminski zur Zeit des Tabram-Mordes in den George Yard Buildings lebte. Doch leider sind solche Funde eher die Ausnahme, man kann bis jetzt sämtliche Verdächtige lediglich in die Nähe der Tatorte rücken. Bei der Streuung der Tatorte im East End befürchte ich aber, dass ein beliebig geworfener Dartpfeil auf eine East End Karte genauso in der Nähe eines Tatortes landen würde...

Worauf ich eigentlich hinaus möchte: Wie seht ihr das? Beschäftigen Euch diese Fragen noch? Oder werden sie der großen Suche nach neuen Fakten über alte Namen untergeordnet? Und wenn er endlich gefunden wäre - wären manche ungelöste Fragen noch von Interesse von Euch? Und wenn ja, welche?
Ich frage das aus meinem persönlichen Anliegen heraus, da ich mich einfach nicht auf einen Verdächtigen festlegen kann. Ich würde ständig denken, dass ich etwas verpassen würde, was nebenan liegt, und ständig würden mich diese ungelösten, elementaren Fragen wurmen…

Oder ist die Sache ganz banal und wir teilen uns am Ende einfach nur in „Researcher“ und „Profiler“ auf?

Grüße, Isdrasil

Und bitte - keine Kosminskidiskussion, das war ein Beispiel von etlichen, nur eben aktuell  :flag_of_truce:

Offline Lestrade

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Re: Elementare Fragen
« Antwort #1 am: 24.10.2012 23:01 Uhr »
Ich komme keinen Schritt weiter. Noch immer stelle ich mir dieselben Fragen wie am Anfang, und noch immer drehe ich mich ständig im Kreis.  :unknown:
Ich frage das aus meinem persönlichen Anliegen heraus, da ich mich einfach nicht auf einen Verdächtigen festlegen kann
Ich würde ständig denken, dass ich etwas verpassen würde, was nebenan liegt, und ständig würden mich diese ungelösten, elementaren Fragen wurmen…

Hallo Isdrasil!

-keinen Schritt weiter
-immer dieselben Fragen
-im Kreis drehen
-nicht festlegen können
-etwas nebenan verpassen
-Fragen die wurmen

Das muss doch unheimlich belastend sein. Wie gehst Du damit um?

Mich interessiert das einfach, fernab aller Fall-Details, von Mensch zu Mensch.

Grüße, Lestrade.
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Offline Isdrasil

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Re: Elementare Fragen
« Antwort #2 am: 25.10.2012 08:07 Uhr »
Hi Lestrade

Belastend ist dies nicht, ich würde es eher als nervtötend bezeichnen. In etwa wie das Lösen eines Kreuzworträtsels, bei dem man partou nicht die entscheidenden Worte findet.
In bin in Gedanken lange nicht mehr so im Thema verankert, wie es noch vor einigen Jahren war, daher spüre ich keine Auswirkungen dieser unbeantworteten und nervenden Fragen, keine Sorge  ;)
In dem Wort "belastend" steckt Last, und ich habe mich selten so frei gefühlt wie derzeit. Dadurch, dass ich hier irgendwann kürzer getreten bin, habe ich den nötigen Abstand gewonnen und mich nicht mehr über solche Dinge verrückt gemacht. Das habe ich wohl gebraucht.
Ebenso spüre ich keinen Zwang mehr, denn der war tatsächlich vorhanden - Zwang, meine Ideen voranzutreiben, Zwang, hier im Forum aufregende Thesen vorzustellen, Zwang, möglichst professionell zu wirken, Zwang, diese Fragen zu klären. Man merkt es erst später, aber das Thema "Jack the Ripper" hatte viel zu viel Zeit in meinem Leben eingenommen, ich saß oft umrahmt von 10 Büchern am PC, hatte das Internet an, Word, Excel, klickte hin und her.
Davon habe ich mich gelöst und es geht mir sehr gut dabei. Der Wille ist noch da, aber ich sehe alles freier. Das Internet und speziell dieses Forum ist für mich nur noch ein kleiner Teil der Beschäftigung mit dem Thema, während es früher der Hauptbestandtteil war.

Inwzischen denk ich mir: Who cares, gibt Wichtigeres!  ;)

Also danke der Nachfrage.

Grüße, Isdrasil

Offline Lestrade

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Re: Elementare Fragen
« Antwort #3 am: 25.10.2012 10:38 Uhr »
Hallo Isdrasil!

Aber was tötet denn deine Nerven?

Deine Fragen werden doch nach wie vor diskutiert. Teilweise liegen doch deine erwähnten Fragen mit dazugehörigen Meinungen und Diskussionen nur kurzzeitig, auch hier, zurück.

Du hast ja schon öfter über dieses Thema gesprochen und auch unter deinem anderen Namen hier, u.a. im Faden "Belastet euch das Thema". Andere äußerten sich da auch noch, teilweise mit bestimmten Symptomen und Belastungen.

Mich interessiert das Thema JtR, für jeden sichtbar, natürlich auch sehr. Aber mir macht die ganze Sache eine unheimliche Freude. Ich habe natürlich einen Vorteil, ich habe einen roten Faden. Und dieser Faden wird halt immer dicker. Andere hängen in der Luft. Ist das für Dich das nervtötende? "...da ich mich einfach nicht auf einen Verdächtigen festlegen kann." schreibst du selber.

Jeder der sich mit Jack the Ripper beschäftigt bringt, wie sollte es anders sein, von vornherein bestimmte Sicht- und Betrachtungsweisen mit. Es ist nahezu für jeden schwierig, wirklich objektiv an solche Dinge heranzugehen. Wir bringen u n s ganz unbemerkt mit hinein. Wir, wir als Persönlichkeit, werden ein Teil solchen Falles und wir merken es gar nicht. John Douglas hat mal gesagt, die Leute, welche sich mit Jack the Ripper befassen, sagen mehr über sich aus, als über den Fall Jack the Ripper selbst. Oder auch sein “Verhalten spiegelt Persönlichkeit“, es gilt nicht nur für Täter, es gilt auch für uns.

Aber hinter jeder Sicht- und Betrachtungsweise steckt eben auch etwas ganz persönliches.

Ich skizziere das einmal anhand einiger Typen:

Typ A: bevorzugt die romantische Figur ala Sickert
Typ B: gefallen Verschwörungstheorien im Falle JtR (wie auch zu den Anschlägen am 11.9. oder Kennedy)
Typ C: hält an “einfachen, unauffälligen“ Typen fest (siehe mich)
Typ D: Doktorenbewunderer
Typ E: sucht den Über-Ripper. Was den “Entdecker“ und “Fall-Löser“ auf eine unheimliche Höhe hieven würde. Der “einfache, unauffällige“ Typ ist seiner nicht würdig.


Usw. usf.

Typ C, also ein Typ wie ich, der hat seinen Hintergrund.

Ich bin da hineingewachsen, ob ich wollte oder nicht.

Dazu gewähre ich Dir einen kurzen Einblick in meinen Hintergrund:

Ich komme aus eher bescheidenen Verhältnissen. Das alles was ich kann, habe ich mir fast alles selber beigebracht. So wuchs ich auf und so begleitet es mich durch mein Leben. Was ich hier im Forum erlebe, kenne ich gut aus meiner Familie. Ich bekam und bekomme, kaum bis keine Hilfe, Unterstützung, Zuspruch oder Anerkennung. Dinge, nach denen ich mich sehnte. Dafür tat ich alles, auch alles Unsinnige. Aber natürlich wusste ich auch, dass ich es hier nicht erwarten darf. Es war mein Wunsch, klar, aber ich habe gelernt woanders danach zu suchen und ich habe es gefunden. Aber ich habe mich auch nie irgendwo klein kriegen lassen. Gelernt mit alle dem umzugehen, mir Alternativen zu schaffen, von Vorstellungen loszulassen. Ich kenne es nur zu gut, mich und meine Meinung verleugnen zu lassen, Wahrheiten verleugnen zu lassen. Dinge verleugnen zu lassen, die tatsächlich passiert sind. Aber genau dies konnte ich im Laufe der Jahre widerlegen und meine Trefferquote, war und ist immens hoch dabei. Deshalb bin ich beim Thema Jack the Ripper auch sehr entspannt und gehe meinen Weg. Sollte er am Ende nicht richtig sein, bleibt jedoch eine riesige Erfahrung zurück. Alles was auf mich zukam, dem war ich bereits gewachsen. Aber was ich eigentlich sagen will, aus meiner Sicht passt mein Leben, meine Herkunft, meine Erfahrungen des Lebens , wie eine Hand in einen Handschuh zu den Lebensumständen eines bestimmten Hauptverdächtigen. Ich sympathisiere damit in keinster Weise mit ihm aber mit seinem Umfeld. Weil ich das am besten verstehen kann. Dabei muss er noch lange nicht Jack the Ripper gewesen sein. Dennoch sollte der Ripper ihm sehr ähnlich gewesen sein.

Was soll eine Persönlichkeit wie ich, anfangen mit Tätern aus einer besseren Gesellschaftsschicht? Einem wirklichen Doktor, einer Verschwörungstheorie oder romantischen Figuren?

Ich suchte jemanden, den ich aus der Hecke ziehen konnte oder kann. Nichts Aufregendes. So´nen Penner, der sich am Wochenende besser anzog. Dazu  kam meine Vorstellung, die ich schon als Kind über Jack the Ripper hatte, nämlich das er jung gewesen sein muss und nur drei Straßen brauchte um wieder in seiner Bude zu sein. Ob richtig oder nicht, dass hatte sich schlicht und einfach bei mir alles so manifestiert. Später kamen die Tatorte dazu wo ich dachte, so etwas kann nur ein Geisteskranker hinterlassen.

Aber all diese weiter oben beschriebenen Typen stehen im Konflikt miteinander. Wie könnte es auch anders sein? Ich möchte damit umgehen können und befasse mich deshalb damit.

Das Idol meiner Kinder- und Jugendtage war die Kunstfigur Sherlock Holmes. Das beobachten von Menschen und ihrem Verhalten blieb bei mir immer, bis zum heutigen Tag, sehr ausgeprägt. Neulich las ich über jemanden, der ganz offensichtlich betrogen wurde. Er bat um Hilfe. Ich analysierte kurzerhand seine Informationen und Beschreibungen. Ich wies darauf hin, dass hier zwei unterschiedliche Handschriften zu erkennen seien, eine wies auf einen Mann hin, die andere auf eine Frau. Mittlerweile wird ein Ehepaar verdächtigt, sie machten auch sehr schnell unterschiedliche bis gegensätzliche Angaben…

Ein gewisses Faible für diesen Bereich des Lebens, darf ich mir bei aller Bescheidenheit eben selber nicht absprechen. Aber eigentlich haben wir das doch alle und vielleicht auch an dieser Stelle, einen gemeinsamen Grund dafür.

Ich selber halte Dich für einen hochintelligenten Typen. Jemanden der erwartet, dass ihm der Ripper auf gleicher Augenhöhe begegnet. Den wirst Du in Jack the Ripper nicht finden. Von deiner Evolutionsstufe, war der Ripper so weit entfernt, wie die Erde vom Mond.

In meinen Augen suchst Du etwas im Fall Jack the Ripper. Etwas ganz persönliches für deine Seele.

Was mir allerdings wichtig ist: Was kann(können) ich, wir, hier für Dich tun? Hast Du einen Wunsch oder mehrere denen ich (wir) nachkommen kann (können)? Wie kann ich etwas für dich tun?

Sollte dir dieses Posting zu persönlich sein oder deine Gefühle verletzen, gebe mir bitte einen Wink und ich editiere diesen Beitrag gerne für dich.

Alles Gute für dich,

Lestrade.
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Offline Isdrasil

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Re: Elementare Fragen
« Antwort #4 am: 26.10.2012 09:32 Uhr »
Hi Lestrade

Tatsächlich wirst Du hier sehr persönlich. Wenn es um mich geht, musst Du hier gewiss nichts editieren etc., aber ich werde mich nicht in aller Form hier preisgeben. Das ist nicht mehr meine Art.
Ebenso brauche ich auch keine Hilfe, warum denn auch? Ich denke, Du nimmst dies hier etwas zu ernst. Wir sind hier immerhin nur im Netz, ich sage nur, dass ich das Thema langsam als nervtötend empfinde, aber dafür gibt es eine ganz einfache Hilfe - einfach mal links liegen lassen.

Ich bin ein Typ, der nach einer gewissen Zeit Ergebnisse sehen will, und zwar eindeutige. Ich arbeite in der Konstruktion, ich überlege und berechne Dinge, danach bringe ich sie auf Papier, und dann werden sie gefertigt. Sie werden eingebaut, funktionieren oder auch nicht, werden dann entsprechend angepasst. Aber am Ende steht ein Produkt.
Genauso ging es mir mit allen anderen Dingen in meinem Leben. So wie Dir hat mir auch nie jemand geholfen, ich sehe das aber nicht so persönlich wie Du, sondern denke mir einfach, dass die Welt eben so gestrickt ist. Da steckt meist nichts böswilliges dahinter, die Menschen leben ihr Leben und dabei bleiben oftmals die Bedürfnisse anderer auf der Strecke. Ich möchte gar nicht wissen, wieviele Gelegenheiten der Hilfe ich verpasst habe. Dennoch versuche ich, anderen natürlich auch so oft es geht aus der Patsche zu helfen oder einfach nur im Alltag nett zu sein, und sei es nur, wenn ich in`s Büro mal ein paar Kaffeeteilchen (so sagt man hier bei uns) vom Bäcker mitnehme und verteile. Der Egoismus der Menschen lässt mich also nicht verbittern.
Und so ging es mir schon immer: Ich war immer anders als die Anderen, und ebenso habe ich immer Dinge durchgezogen, von denen man mir abriet. Jüngstes großes Beispiel waren ein halbes Jahr Auszeit in den USA oder ein Carport, den ich derzeit ohne fremde Hilfe aufbaue. Ich bin meinen Weg gegangen und am Ende immer am Ziel angekommen, aus eigener Kraft. Ich habe stets andere Musik gehört als der Rest und mich dabei nicht anders gefühlt, bin anders rumgerannt (war in der Gruftieszene), sonderte mich aber nicht ab.
Und das ist, wie ich die Gesellschaft kennengelernt habe: Solange Du stark bist, kannst Du auch sein wer Du bist, und wenn Du ein Ziel hast, dann verfolge es mit allen Mitteln und Konsequenzen.
Ich weiß, dass man mir da gerne widersprechen kann, aber eine gesellschaftliche Diskussion passt nun nicht hier her...

Und das ist eben das, was ich als "nervtötend" empfinde: Ich habe natürlich bevorzugte Meinungen. Tabram ist für mich ein Ripperopfer. Der Täter kommt nicht aus dem East End. Er war in einer Beziehung. All das bevorzuge ich, ich kann es aber nicht zu 100% behaupten. Meine Weltoffenheit sagt mir stets: Sei nicht so felsenfest überzeugt, es kann auch anders sein. Und das bin ich nicht gewohnt. Anfangs hatte ich noch den Willen, den Fall tatsächlich zu lösen, träumerisch und hochgreifend wie ich nun mal bin. Dies ist nun aber weg, und ich kann nicht anders als tausendfach gefasste Gedanken immer und immer wieder zu durchkauen. Am Ende fehlt mir immer mein Produkt, welches funktioniert.
Für Researcharbeiten fehlen mir einfach auch die Mittel, finanzieller Natur zum Beispiel, aber auch die Zeit und Muse.

Wenn Du mich also fragst, was so nervtötend ist, dann hängt dies unmittelbar mit meiner Suche nach Ergebnissen zusammen. Und ich glaube auch nicht, dass irgendeiner hier felsenfest eine Meinung vertreten kann. Am Ende muss sich jeder eingestehen, dass es auch ganz anders sein kann...

Aber das belastet mich nicht. So wie jetzt in diesem Moment schreibe ich schnell meine Gedanken auf und gehe in den Alltag über, da schwappt nichts in mein Gemüt.  ;)

Beste Grüße zurück,
Isdrasil

Offline Isdrasil

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Re: Elementare Fragen
« Antwort #5 am: 26.10.2012 09:46 Uhr »
...achja: Natürlich könnte ich Researcharbeit betreiben. Ich glaube, da würde ich ein "Produkt" erhalten, da man hier die eindeutigsten Ergebnisse erzielt. Deswegen "beneide" ich dich zum Beispiel oft um deine Beschäftigung mit Kosminski, weil Du eben ständig neue Dinge erfährst, die dich interessieren und dein Bild ergänzen. Aber das habe ich nicht. Ich habe keinen Verdächtigen, der auch nur annähernd in mein Bild passt. Das ist wie bei Dir mit dem Ripper aus guten Hause: Du beschäftigst dich nicht mit ihm. Und so ist es bei mir mit Kosminski: Der wohnte im East End, der lebte mir zu lange danach, der passt mir psychisch nicht, die Polizei hat ihn zwar im Visier gehabt, aber hat ehrlich gesagt den Fall auch nicht gelöst - also war es vielleicht auch der falsche Weg, den sie einschlug?
Deswegen ist das nicht mein Ding, aber ebenso weiß ich deine Arbeit zu würdigen. Ich beziehe das nicht auf deine Person, wenn ich Dinge sage wie: Das ist zuviel Kosminski hier.
Ich kann damit eben nichts anfangen und werde es auch nie tun können. Ist halt jetzt so, dass auf diesem Gebiet derzeit die meisten Fortschritte gemacht werden.

Da muss ich durch  ;)

Offline Lestrade

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Re: Elementare Fragen
« Antwort #6 am: 26.10.2012 11:49 Uhr »
Hallo Isdrasil,

Danke für deine Antwort, die ich sehr spannend aber auch sehr sympathisch finde.

Tabram ist für mich ein Ripperopfer.

Im Laufe der Zeit und der Erfahrungen, veränderte sich von mir das Bild der möglichen Ripper- Opfer weg von den K5 (Stride und Kelly gehören definitiv für mich dazu), hin zu weiteren Opfern, zu denen meiner Meinung nach auch Tabram eines sein könnte und zwar mit der größten Wahrscheinlichkeit von allen. Spannend bleibt aufgrund ihrer Verletzung auch Emma Smith, was gleichzeitig für mich besonders interessant klingt, da in der gleichen Nacht noch Malvina Haynes angegriffen wurde. Wir kennen ja schon das DoubleEvent Stride/Eddowes. Die Verletzungen bei Smith/Haynes waren nicht nur unterschiedlich zu Stride/Eddowes sondern auch untereinander. Millwood und Wilson sollten auch noch erwähnt werden. Deren Attacken mit Messern wurden bereits im Februar und März ausgeführt, Smith und Haynes folgten im April ohne dieses Tatwerkzeug. Wobei wir ja nicht wissen, ob mit einem Messer bedroht wurde. Profiler sprechen davon, dass ein solcher Täter erst sein Handwerk “erlernen“ müsse. Eine Kombination, wie z.B.Pistole/Messer, finden wir auch bei anderen Serienkillern. Schauen wir uns die “erste Serie“ Februar-April an, so erkennen wir auch ein Messer und ein DoubleEvent. Auch hier ist die Geographie sehr interessant. Nach einer Pause ging es dann Ende August weiter. Kennen wir alle sehr gut. Millwood, Wilson, Smith und Haynes überlebten (zunächst) die Attacken. Millwood starb kurze Zeit später eines natürlichen Todes, Smith erlag ihren Verletzungen dann leider doch noch. Tabram wurde quasi zerstochen und war die erste, die direkt am Tatort starb. Die folgenden K5 wiesen alle einen tiefen Kehlschnitt auf. Mackenzie und Coles sollen auch Erwähnung finden.

Sieht man es noch differenzierter, sieht es so aus:

Millwood

Wilson (etwas “außerhalb“)

Smith
Haynes

Tabram

Nichols
Chapman
Stride
Eddowes
Kelly

Mackenzie

Coles

Tabram ist da zeitlich und geographisch sehr dicht dran und es war Feiertag! Der Unterschied waren die Art der Verletzungen, klar. Aber ich denke wenn, dann muss man Tabram als mögliches Ripper- Opfer an erster Stelle einsetzen.

Wie sieht dein aktueller Stand aus, Tabram als Ripper- Opfer zu sehen?

Grüße, Lestrade.
 
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Chriswald

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Re: Elementare Fragen
« Antwort #7 am: 28.10.2012 14:30 Uhr »
Hallo zusammen,

wenn es zu Martha Tabram kommt, bin ich immer ganz Ohr, denn ich halte ich es für sehr, sehr wahrscheinlich, dass sie ebenfalls ein Ripper-Opfer war. Eigentlich finde ich es eher merkwürdig, dass sie nachträglich ausgeklammert wurde. Viele Umstände sprechen ja für sie als Ripper-Opfer:

- sie wurde quasi im Nachbarblock zum Nichols-Mord getötet
- die Mordwaffe(n) war(en) Stichwaffe(n)
- sie wurde an einem Feiertag ermordet

Seinerzeit ging man ja davon aus, dass sie ein Ripper-Opfer war, bis sie ein Arzt, der erst viel später hinzugezogen wurde, ausgeschlossen hat. Zugegeben: Ihr wurde nicht die Kehle durchgeschnitten, aber da sie vor den kanonischen Fünf getötet wurde, ist eine Änderung des Modus Operandi vorstellbar. Ich könnte mir gut vorstellen, dass JtR  feststellen musste, dass das Erstechen vielleicht die weniger effektivere Methode war, um das Opfer schnell auszusschalten (zu viel Blut, zuviel Gegenwehr) um die Verstümmelungen vornehmen zu können. Vielleicht ist dieser Mord auch eher noch aus einem Effekt heraus passiert, während er sich bei den folgenden schon planvoller vorging.

Viele Grüße

Christian


Chriswald

  • Gast
Re: Elementare Fragen
« Antwort #8 am: 28.10.2012 22:24 Uhr »

- sie wurde quasi im Nachbarblock zum Nichols-Mord getötet


Lestrade hat mich netterweise auf ein Versehen von mir hingewiesen. Martha Tabram wurde im Nachbarblock zu Emma Smith ermordet und nicht zu Nichols. Danke für den Hinweis  ;)

Was ich vorhin vergaß zu erwähnen, warum ich Martha Tabram für ein sehr wahrscheinliches Ripper-Opfer halte ist der zeitliche Abstand zwischen dem Tabram- und dem Nichols-Mord. Gerade mal zweieinhalb Wochen.

Offline Isdrasil

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Re: Elementare Fragen
« Antwort #9 am: 28.10.2012 22:46 Uhr »
Hi

Viele Umstände sprechen ja für sie als Ripper-Opfer:

- sie wurde quasi im Nachbarblock zum Nichols-Mord [Edit: Smith-Mord] getötet
- die Mordwaffe(n) war(en) Stichwaffe(n)
- sie wurde an einem Feiertag ermordet

...Vielleicht ist dieser Mord auch eher noch aus einem Effekt heraus passiert, während er sich bei den folgenden schon planvoller vorging.

Ja, so sehe ich das auch. Und das wäre auch meine Antwort an Lestrade:
Tabram sehe ich als äußerst geeignetes Erstopfer des Rippers. Smith ordne ich nicht "unserem" Täter zu, dennoch spielt der Tabram-Mord als Tat im Zentrum der Folgetaten eine wichtige Rolle für mich. Wie Chris sehe ich auch die Möglichkeit einer Affekttat. Ab und an erkennt man bei den Ersttaten noch nicht die eigentlich Signatur eines Täters, da manche Serientäter die Schwelle des Tötens erst durch einen außerplanmäßigen Mord überschreiten müssen, um danach den nächsten Mord planmäßig durchführen zu können und für die passende Erfüllung ihrer Fantasien zu sorgen. Man kann es in diesem Zusammenhang gerne mit sexuellen Mechanismen vergleichen - wobei hier natürlich wieder eine Diskussion über die Motivation des Rippers entstehen kann.

Tabram passt einfach zu gut, um sie zu ignorieren, und die abweichenden Verletzungen lassen sich durchaus mit der Annahme der ersten Tat erklären. Schwer wird es bei der Deutung der ZWEI unterschiedlichen Waffen, das gebe ich zu. Und das ist auch die Nuss, an der ich bei diesem Mord am Meisten zu knabbern habe...wobei ich inzwischen die - wenn auch einfache - Variante bevorzuge, dass sich Killeen schlichtweg geirrt hat. Immerhin erkannte er auch nicht, dass Tabram schonmal entbunden hatte und war gerade erst mit der Ausbildung fertig.

Grüße, Isdrasil

...ich muss noch zufügen, dass die ungeheure Anzahl an Messerstichen nicht mit einer "normal motivierten" Tat (ihr wisst schon, wie ich das meine) zu erklären ist. Ich habe das zuhause mal an einem Kissen ausprobiert - das war kein Mord, sondern ein OVERKILL. Entweder da hatte jemand immense persönliche Wut auf Tabram oder in ihm brodelte ein Vulkan der Gewalt, der zum ersten Mal oder seit langer Zeit ausbrach. Selbst ein Streit mit einem Freier scheint mir keine ausreichende Erklärung, wenn man sich nicht näher gekannt haben sollte. Versucht es mal: Haut 39 Mal auf ein Kissen ein. Und dann überlegt, wie so Jemand ticken muss.
« Letzte Änderung: 28.10.2012 22:57 Uhr von Isdrasil »

Offline Lestrade

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Re: Elementare Fragen
« Antwort #10 am: 29.10.2012 13:29 Uhr »
Ich stimme euch in vielerlei Hinsicht zu.

Illustrated Police News:

Tabram was “throttled while held down, and the face and head so swollen and distorted in consequence that her real features are not discernible“

Es könnte in der Tat so gewesen sein, dass Tabram zuerst gewürgt wurde, dann den Stich in das Herz bekam und danach alle weiteren Wunden zugefügt worden sind.

Wie bei Millwood, “numerous stabs in the legs and lower part of the body“, finden wir auch bei Tabram eine ähnliche bzw. gleiche Beschreibung (und auch Emma Smith hatte schwerste Verletzungen im Unterleib).

East London Observer:

“The lower portion of the body was penetrated in one place, the wound being three inches in length and one in depth”

Swanson:

“39 wounds on the body, and neck, and private part”

“ lower portion of the body” und “private part” sollten für “genitalia” stehen, also den Genitalien.

Crow stolperte um 3.30 Uhr noch über Tabram, ehe Reeves um 4.45 Uhr wirklich bemerkte, was da passiert war. PC Barrett fand Tabram so:

“with her arms at her sides with her fists clenched, her legs spread open, and her clothes pulled up, exposing her abdomen and genitals.”

Sollte uns bekannt vorkommen.

Das war damals wieder eine typische, unruhige Nacht in dieser Gegend. Sehr laut und voller Streitigkeiten und Schlägereien. Bank Holiday war und einen ersten größeren Ärger gab es an den Leterworth Buildings um ca. 23.30 Uhr in der George Street, einer Nebenstraße der Wentworth Street. Um 00.20 Uhr wieder Schreie nach Polizei und Hilferufe. Nach 01.00 Uhr wurde es noch lauter und nach 02.00 Uhr verabschiedeten sich die Geschehnisse in Richtung naheliegenden George Yard, ebenfalls an der Wentworth Street. Millwood wurde im Februar attackiert, Smith im April, und das alles passierte in einem Abstand zum Tabram- Tatort, innerhalb von 100-250m. Schaut man sich die Geographie noch genauer an, so sieht es für mich so aus, dass Nichols ein wenig “außerhalb“ der üblichen Zone liegt. Man könnte vermuten, der Ripper zog sich das erste Mal aus einer, mittlerweile sensibilisierten, Gegend zurück. Sollte nicht so untypisch für Serienkiller sein.

Alles in allem, neben den K5, stimme ich mit euch absolut überein, Tabram als nächstmöglichstes, potentielles Ripper- Opfer zu betrachten. Egal was man über Millwood, Wilson, Smith, Haynes oder auch zu Mackenzie und Coles denkt oder aber auch über Farmer oder Mylett. Tabram macht den meisten Sinn.

Grüße, Lestrade.
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Offline Anirahtak

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Re: Elementare Fragen
« Antwort #11 am: 21.11.2012 21:01 Uhr »
...

Worauf ich eigentlich hinaus möchte: Wie seht ihr das? Beschäftigen Euch diese Fragen noch? Oder werden sie der großen Suche nach neuen Fakten über alte Namen untergeordnet? Und wenn er endlich gefunden wäre - wären manche ungelöste Fragen noch von Interesse von Euch? Und wenn ja, welche?
Oh ja, haufenweise.

Ich würde seine genaue Biographie erfahren wollen, aus welchen Verhältnissen kam er, wie wuchs er auf, Schul-/Berufsbildung, zwischenmenschliche Beziehungen, einschneidende/traumatische Erlebnisse usw. usf., alles eben.

Weiterhin würde ich natürlich wissen wollen, ob und welche weiteren Opfer es gab und auch solche Details wie das mit dem verschwundenen Schlüssel von Mary Kelly. Außerdem, wie er während der Tatphasen lebte, auch hier die genauen Umstände. Was war Auslöser, versuchte er zwischendurch, den Drang zu unterdrücken oder kam es spontan dazu? Wie genau ging er unmittelbar vor der Tat vor? Was tat er danach?

Soweit meine Fragen, könnten auch noch mehr werden. Einfach nur ein Name wäre mir jedenfalls zu wenig.

Zitat
Ich frage das aus meinem persönlichen Anliegen heraus, da ich mich einfach nicht auf einen Verdächtigen festlegen kann. ...
Ich ebenso nicht bzw. es gibt keinen Verdächtigen, der mir so schlüssig erscheint, dass ich mich auf ihn festlegen wollte.