Lloyd's Weekly Newspaper
Sonntag, 14.Dezember 1884
DIE AUFFINDUNG MENSCHLICHER ÜBERRESTE
Die Inquest über den Leichnam einer Frau, deren verstümmelte Überreste in Alfred-Mews, Bedford-Square und Fitzroy-Square aufgelesen wurden, am Montag fortgesetzt, nachdem sie am 10.November vertagt wurde, um der Polizei die Möglichkeit zu geben, weitere Informationen zu sammeln, und um insbesondere beim Innenministerium einen Antrag auf Genehmigung der Exhumierung einiger anderer Überreste zu stellen, die einige Wochen früher in Mornington-crecent, St.Pancras. Dr Jankins, der diese Überreste sah, drückte seine Überzeugung aus, dass sie für anatomische Zwecke gebraucht und anschließend weggeworfen wurden. Eine Inquest wurde für unnötig gehalten, und es wurde angeordnet, sie zu beerdigen. Diese Überreste bestanden aus einem Arm und einem Fuß, sowie anderen Teilen der Leiche, die in etwas eingewickelt waren, das wie ein altes Handtuch schien. Anstatt sie in einem eigenen kleinen Sarg zu beerdigen, wurde die Überreste zu den Füßen eines anderen Sargs gelegt, der den Leichnam eines Armen enthielt, der im Arbeitshaus verstorben war. Soweit es nachverfolgt werden kann, handelte es sich um den Leichnam eines alten Mannes, von dem keine Freunde bekannt waren, und der Sarg wurde zusammen mit anderen Armen im September auf dem Friedhof von St.Pancras, Funchlay, begraben. Seit damals wurden mehr als 50 Arme in Schichten zwei bis drei Fuß tief begraben, und es wurde letztlich entschieden, die Überreste nicht zu exhumieren, da sonst eine Anzahl von Särgen hätte geöffnet werden müssen, bis der richtige gefunden worden wäre.
Die medizinischen Beweise des ersten Tages der Inquest hatten ergeben, dass die verschiedenen Teile zum Körper einer Frau gehörten, deren Alter wahrscheinlich 25 oder mehr betrug. Die Teile wurden mit einem stumpfen Instrument abgetrennt, und nicht zum Zwecke der Sezierung. Der Coroner sagte, dass sich die Doktoren Jakins und Lloyd nach ihrem letzten Treffen berieten, mit dem Ergebnis, dass die beiden Sätze von Überresten nichts miteinander zu tun haben.
Inspector John Langrish, Criminal Investigation Department, Bow-Street, gab an, das er für den Fall verantwortlich ist, und Untersuchungen geleitet hat, aber keine weiteren Informationen gewinnen konnte. Mehrere Personen waren als vermisst gemeldet, aber sie konnten alle lebendig aufgespürt werden. Bis zum jetzigen Zeitpunkt konnte er die Identität der Leiche nicht klären. Es wurden Männer an verschiedenen Orten des Bezirks zur Observierung postiert, aber es wurden keine weiteren Überreste entdeckt.
Dr Winter Blyth, Stabsarzt vom Marylebone, sagte, dass er eine Teile des Leichnams, die ihm übergeben wurden, untersucht hat, und feststellte, dass sie mit Chlorkalk oder gewöhnlichem Bleichpulver, bedeckt waren. Dies würde einen geruchsüberdeckenden Effekt haben, und ebenso der Präservierung dienen. Es wurden keine Untersuchungen gemacht, um Gift festzustellen. Er erachtete den Wert einer solchen Analyse als sehr gering, aber mineralische Gifte wie Arsenik könnten im Muskelgewebe nachgewiesen werden. Alkaloide dagegen könnten nur in den inneren Organen, die jedoch fehlen, gefunden werden.
Dr Samuel Lloyd, Polizeiarzt des Bezirks, sagte, dass er weitere Untersuchungen der Überreste durchführte, und feststellte, dass die Ohren Löcher für Ohrringe hatten. Er hatte sich mit Dr Jakins konsultiert, der die Überreste , die im September in Mornington-crescent gefunden wurden, untersucht hatte, und kam zu dem Schluss, dass die Überreste zu zwei unterschiedlichen Körpern gehören müssen. In den Leichenteilen, über die die Inquest gehalten wurde, konnten Zeichen von Fertigkeit im Zerteilen der Gelenke, dem Entfernen der inneren Organe und im Abtrennen des unteren Teils des Körpers festgestellt werden. Eine Theorie zur Entfernung der inneren Organe besagt, dass dies geschah, um entweder das Geschlecht oder die Todesursache zu verbergen. Es war unmöglich die eigentliche Todesursache festzustellen.
Dr Jakins, Osnaburg-Street, sagte, dass er am 25. September zur Albvany-Street Polizeistation geschickt wurde, um einige Überreste zu untersuchen, die sich als linken Arm, Unterarm und Hand, sowie beide Füße herausstellten, die allesamt ordentlich abgetrennt waren. Sie wurden ohne Zweifel für anatomische Zwecke benutzt. Auf ihnen befand sich kein Chlorkalk.
Der Coroner sagt, dass er selbst die Überreste sah, und dass er, nachdem er festgestellt hatte, dass sie für anatomische Zwecke benutzt worden waren, Anweisungen zur Beerdigung gab.
Dr Lloyd, wieder aufgerufen, antwortete der Jury, dass es für ihn unmöglich war, von der Erscheinung der Überreste auf die Todesursache zu schließen. Die Art, in der die Gelenke durchtrennt waren, zeigte, dass wer immer es tat, wußte, wo er sie zu finden hatte. Er glaubte nicht, dass sie von Medizinstudenten ausgelegt wurden, um Panik zu schüren.
Der Coroner hob hervor, dass unter den gegebenen Regulierungen an Krankenhäusern und anderen öffentlichen Einrichtungen es für Studenten praktisch unmöglich ist, Leichenteile zu entnehmen und unerkannt in dieser Art zu verteilen.
Es gab keine weiteren Beweise, die Jury beriet sich hinter verschlossenen Türen für eine halbe Stunde und sprach schließlich folgendes Urteil: "Die Jury hat die Überreste, die an verschiedenen Orten der Gemeinden St.Giles und St.Pancras gefunden wurden, einer Frau, deren Alter zwischen 25 und 40 Jahren vermutet wird, gesehen und ist der festen Überzeugung, dass, obwohl die Mediziner aufgrund des Zustandes fortgeschrittener Verwesung und der Abwesenheit der Innereien keine Todesursache feststellen konnten, der Tod keine natürlichen Ursachen hat. Vielmehr glaubt sie, dass vor dem Tod eine versuchte oder vollendete Abtreibung stattgefunden hat, und dass eine oder mehrere unbekannte Personen dabei für den Tod verantwortlich sind. Desweiteren richtet die Jury die besondere Aufmerksamkeit des Innenministeriums auf diesen Fall und schlägt vor, dass eine beträchtliche Belohnung ausgesetzt wird in der Aussicht Beweise für die Identität der Verstorbenen und der Umstände ihres Todes zu erhalten