Autor Thema: Der Mann mit dem fleckigen Gesicht und die singende MJK  (Gelesen 49149 mal)

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Offline panopticon

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Re: Der Mann mit dem fleckigen Gesicht und die singende MJK
« Antwort #15 am: 08.01.2010 22:59 Uhr »
Also ich finde die Überlegung mit Syphilis schon hochinteressant! Vielen Dank, Stordfield!  :icon_thumb:

Wenn ich bei NetDoktor jetzt richtig gelesen habe, greift die Krankheit ja in späterem Verlauf auch richtig die inneren Organe an, also das, was auch der Ripper als primäres Ziel bei seinen Opfern gehabt zu haben scheint. (Ist zwar wahrscheinlich jetzt kompletter, überzogener Quatsch, aber irgendwie hat auch der Ripper im Laufe der Mordserie immer mehr Körperteile befallen - wie eine sich ausbreitende Krankheit. Vermutlich war der Auslöser dafür aber wohl in erster Linie eine zunehmende psychische Erkrankung...) Ein zumindest denkbarer Grund für die Mordserie und deren abruptes Ende wäre Syphilis aber schon, und wurde auch schon mehrfach (wenn auch in Verbindung mit ganz konkreten, namentlich nennbaren Verdächtigen) angedacht, aber der Mann mit dem fleckigen Gesicht ist, soweit ich weiß, die einzige mit einem Opfer beobachtete Person, die auch tatsächlich irgendeine Art von äußerlichen Merkmalen aufweist, die als Syphilissymptome interpretiert werden könnten.


@ Shadow Ghost: Klingt jetzt zwar in Anbetracht der tragischen Ereignisse danach vielleicht ein wenig ungewollt komisch, aber vielleicht  hat Kelly den Unterschied auch erkannt, nur leider ist ihr im Endeffekt nichts besseres mehr eingefallen, als daheim so lange zu singen, bis der ´Syphilitiker´ unverrichteter Dinge wieder abzog. (Nicht ganz wie bei  Aeneas, aber zumindest ähnlich, wenn ich ihn richtig verstanden habe?)


@ Lestrade:
Holland hat sich noch am selben Nachmittag offiziell über das geringe Polizeiaufgebot und die fixen Standpunkte der Polizei beschwert - ob der Täter so etwas machen würde? Kent stellte fest, dass es so aussah, als hätte Chapman mit dem Täter gekämpft, wobei mir einfällt: Sieh Dir mal diesen Kerl hier an. Haarfarbe und Mantel könnten passen, Hang zu Bier ebenfalls vorhanden. Zeit: etwa 1 - 1 1/2 Stunden nach dem Mord an Annie Chapman, man beachte den Ort!,  Gang: ´rapidly´, zudem: ´He had a nervous and frightened way about him´,..... trotzdem eine Menge Details (40-50, ´rather thin´,...), die leider nicht zu unserem ´Blotchy´ hier bzw Galloways Verdächtigen passen, dennoch in Bezug dazu nicht uninteressant. Vorweg: Das Wort , das den Bart im englischen Originaltext beschreibt, lautet ´ginger-coloured´, die Frisur wird ebendort mit ´short, sandy hair´ beschrieben:

http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,924.0.html


Grüße,
panopticon

Larkin

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Re: Der Mann mit dem fleckigen Gesicht und die singende MJK
« Antwort #16 am: 08.01.2010 23:01 Uhr »
Hallo!
Wenn Blotchy wirklich die Syphilis gehabt hätte, dann muss das nicht bedeuten, dass er dann in den nächsten drei Monaten hops gegangen wäre. Er hätte noch Jahre weiter leben können. Außerdem haben vorallem Rothaarige sensible Haut, die sofort mit Rötungen auf Reize von Außen reagiert. Auch Alkohol und Rauch dürften ihren Teil dazu beigetragen haben um Blotchy in Blotchy zu verwandeln. Aber ob er Syphilis hatte bleibt wohl für immer ein Geheimnis. Trotzdem sehr guter Gedanke, Stordfield! :icon_thumb:
Dass Blotchy irgendwann zu Mary zurückkam um sie zu töten, finde ich weit hergeholt. Meiner Meinung nach war er ein ganz normaler Freier, den Mary wohl in irgendeinen Pub aufgabelte. Er hatte ja sogar noch seinen Bierkrug dabei, als er mit Mary an Mrs. Cox vorbei stiefelte. Geht ein Mörder wirklich so auf Opferfang? Es lässt sich daraus doch eher schließen, dass er Mary in irgendeinem Pub traf und die beiden dort beschlossen ins Geschäft zu kommen. Da merkte Blotchy wohl noch nicht wie bedüdelt Mary eigentlich war. Im Miller´s Court 13 begann sie dann aber zu singen. Der Freier Blotchy hat irgendwann die Nase gestrichen voll und haut ab. Und kommt nicht wieder zurück. Er hat nämlich keine Lust weiter im Regen herumzurennen und gibt viel lieber seinen Bierkrug wieder im Pub ab und sucht sich vielleicht noch eine andere Prostituierte, die keine irischen Lieder für ihn singt.
Das war die Geschichte von Blotchy Face, dem unheimlichen Freier. Mehr gibts da (meiner Meinung nach :)) nicht zu erzählen.
Und jetzt schlaft schön!

Liebe Grüße
Larkin ;)

Stordfield

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Re: Der Mann mit dem fleckigen Gesicht und die singende MJK
« Antwort #17 am: 09.01.2010 19:56 Uhr »
Hallo !

Das war die Geschichte von Blotchy Face, dem unheimlichen Freier. Mehr gibts da (meiner Meinung nach :)) nicht zu erzählen.

Du kannst einem aber auch jeden Spaß verderben. :icon_wink: :icon_smile:
Ein totkranker Freier, der vielleicht wegen seiner Flecken von einer Prostituierten abgewiesen, vielleicht sogar beleidigt oder ausgelacht wird, macht doch `ne Menge her.

Gruß Stordfield

Offline panopticon

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Re: Der Mann mit dem fleckigen Gesicht und die singende MJK
« Antwort #18 am: 09.01.2010 23:31 Uhr »
Also zu erzählen gäbe es da zumindest noch die Geschichte von einem, der diese Geschichte anders erzählt / interpretiert / gewertet hat:

´Blotchy Face´ aus der Sicht von Detective Constable Walter Dew, auch bekannt als "The man who caught Crippen" (wenn auch vielleicht für den falschen Mord ;) ) oder "the policeman who knew Mary Jane Kelly quite well by sight".

Ich nehme an, dass einige oder sogar viele den Text ohnedies kennen, aber 1938 veröffentlichte Dew jedenfalls "The Hunt for Jack the Ripper". 

Darin erinnert sich Dew an den Fall zurück, auch wenn er eingesteht, dass nach fünfzig Jahren wohl auch einige Fehler enthalten sein könnten. Es ist das Buch, in dem er eben nicht nur erzählt, dass er Mary Jane Kelly vom Sehen her kannte, sondern in dem er den gesamten Fall Revue passieren lässt – aus seiner Betrachtungsweise von Emma Smith bis Frances Coles. (Dennoch war Kelly für ihn wohl das letzte Opfer.) Auch das Dew-Zitat, dass seiner Meinung nach irgendjemand irgendwo das Geheimnis des Rippers mit diesem teilte, stammt daraus. (Ebenso wie die Geschichte, dass Mary Janes Augen mehrfach fotografiert wurden.)

Nun aber zu seinen Äußerungen über den Mann, den Cox in Begleitung von Kelly und einem ´pot of ale´ im Miller´s Court gesehen haben will:
Um es kurz zu machen: Laut seinen Ausführungen glaubt Dew, dass sich nicht nur Mrs. Maxwell, sondern auch George Hutchinson im Tag geirrt hat. (Interessante Theorie, Hutchinson meldete sich ja eigentlich auch wirklich recht spät....) Warum er der Aussage von Mary Cox wohl so viel Beachtung schenkt, ist die Tatsache, dass sich ihre Aussage über Marys Gesang mit den Aussagen anderer Zeugen definitiv deckt. Sie hat sich also scheinbar auf gar keinen Fall im Tag geirrt. (Man könnte ihm jetzt entgegenhalten, dass die Aussage von Sarah Lewis  auch so interpretierbar ist, dass sie die von Hutchinson deckt – Bewiesen ist das aber natürlich nicht.) Fazit: Vorausgesetzt, die Aussage von Cox ist korrekt, wie Dew betont, ist er der Auffassung, dass unser ´Blotchy´ hier in jener Nacht der letzte war, der Kelly´s Zimmer betreten hat, dass er ihr Mörder war, und: Jack the Ripper!


Hier die diesbezüglichen Passagen:

"Was the man in the billycock hat Jack the Ripper? In spite of contradictory evidence which came to light later, and in spite of a departure from his method of swift and sudden attack, I think he was, always providing Mary Cox was correct in what she said. A little later, more than one neighbour heard Marie singing blithely, if a little unsteadily. The singing continued for fully an hour.
Then came silence, a silence which synchronized, if my theory is correct, with the transformation of the quiet-looking bearded man who had mysteriously won the girl's confidence, into the inhuman devil his previous deeds had shown him to be. Marie Kelly died swiftly then, but not, if the story of terror in her eyes is accepted, before she had realized who her visitor was.
"

"I believe that the man of the billycock hat and beard was the last person to enter Marie Kelly's room that night and was her killer. Always assuming that Mrs. Cox ever had seen her with a man."


Dew spekuliert zwar noch weiter, aber für ihn hat das Monster im Miller´s Court seinen Morddurst letztendlich befriedigt.
Wer den englischen Originaltext nicht kennt und Lust und Laune hat, ihn gesamt zu lesen, hier der Link :
http://www.casebook.org/ripper_media/rps.walterdew.html


Kurz noch was zu Kellys Familie:
Im Penny Illustrated Paper vom 17 November 1888 wird Barnett folgendermaßen zitiert (Anm.: Es geht hier nicht um Kellys Zeit mit Barnett, sondern um ihre Zeit mit Morganstone, laut diesem Artikel in der Pennington Street): ´Her father came from Wales and tried to find her there, but, hearing from her companions that he was looking for her, Marie kept out of the way. A brother in the 2nd Battalion Scots Guards came to see her once, but beyond that she saw none of her relations, nor did she correspond with them.´



Und jetzt noch eine Frage am Rande:
In den Zeitungen wurde damals mehrfach von einer ´Mrs. Kennedy´ berichtet, die in jener Nacht bei ihren Eltern im Miller´s Court übernachtet haben soll, zwei Männer und eine Frau davor gesehen haben will, und die eine halbe Stunde später einen „Murder!“-Schrei aus der Richtung von Kellys Zimmer gehört hat. Klingt eigentlich wie die Aussage von Sarah Lewis, nur dass diese nicht bei ihren Eltern war... Auch beim Inquest taucht keine ´Mrs. Kennedy´ auf – Haben sich die Zeitungen wieder einmal vertan und sind Lewis und Kennedy ein und dieselbe Person? Weiß das vielleicht jemand?



Er hat nämlich keine Lust weiter im Regen herumzurennen und gibt viel lieber seinen Bierkrug wieder im Pub ab und sucht sich vielleicht noch eine andere Prostituierte, die keine irischen Lieder für ihn singt.

Sollte Dew, was ich ja eigentlich auch bezweifle, recht haben, glaube ich nicht, dass der Bierkrug leer war, als ´Blotchy´wieder am Pub vorbeilief.... ;)


Grüße,
panopticon

P.S.: Ich weiß, wie man "Mary" schreibt, in beiden Texten ist aber merkwürdigerweise quasi die deutsche Fassung des Namens zu finden.
« Letzte Änderung: 09.01.2010 23:42 Uhr von panopticon »

Offline Shadow Ghost

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Re: Der Mann mit dem fleckigen Gesicht und die singende MJK
« Antwort #19 am: 10.01.2010 01:18 Uhr »
Hallo panopticon,

wie Du es selber schon schreibst, stimmen ja auch die Aussagen von Hutchinson und Lewis gut überein. Wie jedoch aus Zeugenaussagen klar wurde hat Mary Kelly wohl öfters gesungen (daher auch mein Gedanke, dass sie bei der Berufsausübung gerne mal sang), weshalb Zeugenaussagen über deren Dauer und Ende für verschiedene Tage übereinstimmend sein könnten. Hutchinson dürfte aber nicht allzu oft Wache gehalten haben. Deshalb sollte man seine Aussage doch in Betracht ziehen.

Desweiteren befürchte ich, dass Mrs Kennedy und Sarah Lewis entweder ein und dieselbe Person sind, oder dass Mrs Kennedy sich einfach nur wichtig machen wollte, indem sie Lewis Geschichte als die ihre ausgab. Ausschlaggebend für meine Meinung ist, dass beide Damen am Mittwoch vor dem Mord in der Bethnal Green Road von einem Mann geängstigt worden sein wollen. Es mag vielleicht noch durchaus möglich sein, dass beiden Frauen wirklich diese Episode passiert ist, aber dass dann beide Frauen MJK in der Nacht vor ihrem Mord noch gesehen haben wollen und dass beide Frauen dabei gerade auf dem Weg zu Verwandten/Freunden im Miller's Court waren, das scheint mir die Koinzidenzen dann doch zu weit zu treiben.
Sollte sich jedoch herausstellen, dass die beiden wirklich verschiedene Personen sind und ihre Geschichten stimmen, wäre Mrs Kennedy auf jeden Fall eine wichtige Zeugin. Das wäre zum Beispiel möglich, wenn die beiden Schwestern oder so waren und gemeinsam in der Bethnal Green Road belästigt wurden, und sich vielleicht im Miller's Court treffen wollten, sei es nun bei den Keylers oder bei Mrs Kennedys 'parents'. Szenario: Sarah Lewis hatte Streit mit ihrem Mann und will bei Mrs Keyler im Miller's Court übernachten; ihre Schwester Mrs Kennedy erfährt von dem Streit und sucht ihre Schwester, um ihr beizustehen. Aber genug der Spekulation; vielleicht sollte man sich mal durch die census returns wühlen, um festzustellen, ob die vielleicht verwandt (oder ein und dieselbe) waren; dafür aber vielleicht einen eigenen Thread.

Viele Grüße,
Shadow Ghost

Larkin

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Re: Der Mann mit dem fleckigen Gesicht und die singende MJK
« Antwort #20 am: 10.01.2010 12:21 Uhr »
Hallo!
Zitat
Du kannst einem aber auch jeden Spaß verderben. icon_wink icon_smile
Ja, ich bin Larkin- die große Spielverderberin! Muhahaha!!! :D
Der Gedanke mit dem totkranken, von allen abgewiesenen Freier ist aber wirklich nicht schlecht.  :)

Und jetzt zur Frage am Rande.
Ich hab auch erst gedacht, dass beide, Mrs. Sarah Lewis und Mrs. Kennedy ein und die selbe Person sind. Aber zwischen den Aussagen der beiden gibt es einige, mehr oder weniger gravierende, Unterschiede.
Unterschied Nummer 1: Sarah Lewis gibt an, einen vor dem Miller´s Court Mann gesehen zu haben (Hutch). Mrs. Kennedy sah keinen Mann irgendwo wartend rumstehen.
Unterschied Nummer 2: Sarah Lewis war in dieser Nacht auf dem Weg zu den Keylers; Mrs. Kennedy wollte zu ihren Eltern, die im Miller´s Court wohnten.
Unterschied Nummer 3: Mrs. Kennedy beobachtete das Gespräch einer Frau (vermutlich Kelly) mit einem Mann und einer weiteren Person. Sarah Lewis berichtete so einen Vorfall nie.

Wenn Sarah Lewis und Mrs. Kennedy nicht ein und die selbe Person sind, dann sah Mrs. Kennedy eine Frau ohne Hut/Häupchen (Mary war dafür bekannt, dass sie immer "oben ohne" ging) auf der Straße, nachdem Hutchinson gegangen war, also so zwischen 3.00 Uhr und 3.30 Uhr.
Das bedeutet, dass der Freier, den Hutchinson gesehen hatte (und ich glaube ihm, dass er einen gesehen hat) und der ja auf keinen Fall Blotchy war, auch nicht Marys Mörder gewesen sein kann. Mary wurde ja, von Mrs. Kennedy nach 3.00 Uhr nochmals auf der Straße gesehen. Lebendig versteht sich. Sie suchte sich nach 3 Uhr einen neuen Freier oder besser gesagt, sie fand ihren Mörder. Und der war nicht Blotchy. Wie sollte das den ausgesehen haben? Dass Mary ihn zufällig auf der Straße trifft und so was sagt wie: "Hach du bist´s! Sorry, dass es vorhin net geklappt hat - woll mer´s vielleicht nochmal versuchen?" Blotchy hatte sehr wahrscheinlich die Nase voll von Mary. Er hatte einen Dirnendienst von ihr gewollt, war durch den strömenden Regen mit zu ihr nach Hause gelatscht - und was hat er gekriegt? Ein irisches Volkslied in einer unerträglich hohen Tonlage. Ich hätte da auch die Nase voll gehabt. Er verließ Kellys Zimmer wieder und bis 3.00 Uhr hatte er ja wohl mehr als genügend Zeit eine andere Prostituierte zu finden, wenn er denn unbedingt eine haben wollte.
Dass Mary ihn um 3.00 Uhr nachts nochmal auf der Straße aufgabelte (sofern Mrs. Kennedys Aussagen stimmen) und ihn nochmal mit nach Hause nahm, halte ich für sehr unwahrscheinlich.
Blotchy war nicht Marys Mörder. Ich beantrage den Angeklagten unschuldig zu sprechen.

Liebe Grüße
Larkin ;)

Offline panopticon

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Re: Der Mann mit dem fleckigen Gesicht und die singende MJK
« Antwort #21 am: 11.01.2010 01:35 Uhr »
Hallo Shadow Ghost, Hallo Larkin!

Danke für Eure Erläuterungen zu ´Mrs. Kennedy´!
Sehr merkwürdig, das Ganze... Schade, dass wir uns da wohl weiterhin auf Vermutungen stützen müssen.


Dass Mary ihn um 3.00 Uhr nachts nochmal auf der Straße aufgabelte (sofern Mrs. Kennedys Aussagen stimmen) und ihn nochmal mit nach Hause nahm, halte ich für sehr unwahrscheinlich.

Ich glaube auch, dass wir ziemlich sicher ausschließen können, dass Mary ihn nochmals aufgabelte (zumindest, wenn er tatsächlich ein Freier war). Umgekehrt ist es aber meines Erachtens etwas anders zu werten:
Aufgrund der Tatortfotos und mehrerer Berichte/Aussagen gehe ich persönlich momentan (!) ja eigentlich eher weniger davon aus, dass Mary Jane Kelly, wenn sie denn nicht ermordet worden wäre, in dieser Nacht (nach dem TZP, wann immer der auch war) nochmals vorhatte, auf die Straße zu gehen. Das würde dann bedeuten, dass sie entweder extremes Vertrauen in ihren irgendwann irgendwo aufgegabelten Mörder setzte, oder dass Kelly und ihr Mörder den Raum Nr. 13 im Miller´s Court gar nicht gemeinsam betraten. In beiden Fällen käme Blotchy, nach wie vor als Täter in Frage, im zweiten sogar, wenn man die Voraussetzungen für Deine Argumentation (Blotchy, der verhinderte Freier) beibehält. (Im ersten hätte Kelly wohl, wie oben bereits erwähnt, irgendein anderes, vertrauensvolleres Verhältnis zu ihm haben müssen, und dass Hutchinson sich im Tag irrte, steht diesbezüglich auch noch im Raum – sehr unwahrscheinlich, diese Variante, aber nicht völlig ausschließbar.) Bei zweiterem bleibt noch festzuhalten, dass er eine der wenigen Personen war, von denen wir definitiv wissen, dass Kelly in ihrer Gegenwart die Tür von außen geöffnet hat, und das, sehr wahrscheinlich durchs kaputte Fenster (das sich übrigens ja eventuell auch durch sich selbst öffnen ließ). Dennoch kann ich mir auch nicht wirklich vorstellen, dass gerade Blotchy der Mörder war.


Blotchy war nicht Marys Mörder. Ich beantrage den Angeklagten unschuldig zu sprechen.

Mir wäre es ja auch recht, eine weitere Person zweifelsfrei für unschuldig erklären zu können, aber wenn wir hier auf ´im Zweifel für den Angeklagten´ plädieren, müssten wir das wohl bei allen anderen Zeitgenossen der Opfer nach momentanem Wissensstand auch tun, und dann wäre ja mit einem Schlag keiner mehr übrig (und irgendwer muss es ja getan haben)! Außerdem wäre es generell interessant zu wissen, in welchem Verhältnis er nun wirklich zu Kelly stand! Insofern beantrage ich zumindest vorläufig die Beibehaltung der Untersuchungshaft.   :icon_aetsch: ;)


Liebe Grüße,
panopticon

Offline Lestrade

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Re: Der Mann mit dem fleckigen Gesicht und die singende MJK
« Antwort #22 am: 11.01.2010 11:50 Uhr »
Ja, Zweifel bleiben, wie immer in diesem Falle...

Guten Tag,

man kann Blotchy ja einfach im Auge behalten ohne ihn gleich anzuklagen. Es wird ihm eh egal sein, da seine Flecken mittlerweile restlos verschwunden sein dürften...

Aber all die Meinungen und Informationen, die hier in den Thread geworfen werden, helfen uns am Ende ja doch weiter.

Finde ich jedenfalls.

Gruße, Lestrade.
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

JohnEvans

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Re: Der Mann mit dem fleckigen Gesicht und die singende MJK
« Antwort #23 am: 14.01.2010 14:31 Uhr »
Hallo,

@panopticon,
Vielleicht wurde der Mörder ja auch immer erst dann zu einem solchen, nachdem er, aus welchen Gründen auch immer, "nicht zum Zug gekommen" war. (Spontan fällt mir hier ein: "No!" im Hinterhof der Hanbury Street, "No, not tonight, some other night." in der Burner Street.)
Eine faszinierende Überlegung, die allerdings zur Frage führt: warum ließen die Opfer den Täter dann später doch so nahe an sich heran, daß es ihm möglich wurde, sie offenbar sehr schnell (siehe: Cachous) und ohne offensichtliche Gegenwehr (siehe polizeiliche Beschreibung „keine Kampfspuren“) zu töten?

Ad „fleckige“ Gesichter: können etliche andere Ursachen haben: Akne- Schafblattern- oder Pockennarben, Bluthochdruck. Allergien, Verbrennungen, falsche Ernährung - oder einfach ein allgemein schlechtes Hautbild.

...  Kent stellte fest, dass es so aussah, als hätte Chapman mit dem Täter gekämpft,
Kent sah jeglich einen leicht angewinkelten Arm. Rigor Mortis oder Kälte können das bewirken, hingegen bleiben in einem eventuellen Kampf erhobene Gliedmaßen nach dem Tode nicht mehr in dieser Position, da die Muskeln sofort ihre Spannungen verlieren. Kent war nur ein medizinisch ungebildeter Zeuge, der etwas sah, daß er als Kampf interpretierte. Da halte ich mich doch lieber an Dr Phillips, der als Arzt immerhin medizinische und somit im weitesten heutigem Sinne so etwas wie forensische Ahnung hatte, und der sprach von "keinen Kampfspuren".

Was Dew´s Überlegungen anbelangt, so glaube ich nicht, daß sich Mrs Maxwell im Tag irrte – schließlich wurde sie noch am selben Tag von der Polizei befragt. UND sie konnte sogar Kelly´s Kleidung exakt beschreiben!

Obowhl mir der Gedanke, daß sich Hutchinson im Tag geirrt haben könnte, sehr gut gefällt, sehe ich einen Wermutstropfen: Hutch kam, laut seiner eigenen Aussage, gerade aus einem Ort namens Rochford (oder so - bin im Moment zu faul, um nach zu sehen :icon_mrgreen: - Korrektur erwünscht) zurück. So eine Zeitangabe läßt einen Irrtum ziemlich unwahrscheinlich anmuten.

Selbst falls Blotchy Face Kelly tötete, so heißt das nicht, daß er deshalb schon der Ripper war. Es sei denn, wir unterstellen ihm als Tatmotiv eben, wie schon von dir vermutet, daß er jedesmal nach einer Zurückweisung zuschlug. Und genau diese Situation könnte natürlich vorgelegen haben.


@Shadow Ghost,
... stimmen ja auch die Aussagen von Hutchinson und Lewis gut überein.
Bedaure, so optimistisch sehe ich das nicht. Im Gegenteil: Hutchinson hat Nichts gesagt oder gesehen, daß Mrs Lewis sah oder sagte! Weder sah er Widewake noch hörte er Mary singen – wo bitte, siehst du hier eine Übereinstimmung? Ganz abgesehen davon, daß er ja noch nicht Mrs Lewis selbst sah!!! Und das hätte er tun müssen, wenn er zum gleichen Zeitpunkt vor Ort gewesen sein wollte.

Und daß der Mann („Wideawake“), den Mrs Lewis sah, Hutch war, ist eine Interpretation unsererseits, keineswegs etwa eine Tatsache.


@Larkin,
Wenn Sarah Lewis und Mrs. Kennedy nicht ein und die selbe Person sind, dann sah Mrs. Kennedy eine Frau ohne Hut/Häupchen (Mary war dafür bekannt, dass sie immer "oben ohne" ging) auf der Straße, nachdem Hutchinson gegangen war, also so zwischen 3.00 Uhr und 3.30 Uhr.
Hilf mir mal – ich bin hier überfragt. WO kann ich nachlesen, daß Mrs Lewis zwischen 3:00 und 3:30 noch auf der Straße war? Laut meiner Quelle (wie immer: Evans & Skinner: The Ultimate Coursebook) besuchte Mrs Lewis die Keylers um 2:30am und blieb dort die Nacht über. Sie ging nicht mehr raus und konnte Mary daher später gar nicht mehr gesehen haben.

Im übrigen fällt mir auf, daß Mary, selbst wenn in dieser Nacht die Freier Schlange gestanden hätten, niemals das Geld für die Miete zusammen gebracht hätte! Die Schulden waren einfach zu hoch. Und somit frage ich mich, ob sie sich darüber wirklich Gedanken machte, noch dazu betrunken. Es gab daher für Mary keinen dringenden Grund, mitten in der Nacht, noch dazu in einer regnerischen, noch dazu in erbärmlicher Verfassung, nach dem Ende ihrer Gesangseinlage noch mal raus zu gehen. Okay, sie hatte die Miete nicht, aber was soll´s? Sie hatte sie wochenlang nicht! Und, wie gesagt, selbst eine durcharbeitete Nacht hätte ihr nicht mehr geholfen.

Somit fällt eigentlich ihr, von uns postuliertes, Hauptmotiv, noch mal raus und anschaffen zu gehen, einfach weg.

Meiner Meinung nach ging sie alleine nach oder gemeinsam mit Blotchy einfach Heia machen.


JE

Larkin

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Re: Der Mann mit dem fleckigen Gesicht und die singende MJK
« Antwort #24 am: 14.01.2010 18:03 Uhr »
Hallo John!
Zitat
Hilf mir mal
Ich helfe dir doch gerne, wenn du schon so nett darum bittest. Ich würde dir raten meinen Beitrag einfach mal genauer durchzulesen.
Wenn du das gemacht hast, dann fällt dir (hoffentlich) auf, dass ich geschrieben habe:
"Wenn Sarah Lewis und Mrs. Kennedy nicht ein und dieselbe Person sind..."
Es gibt also eine Sarah Lewis und eine Mrs. Kennedy. Und diese Mrs. Kennedy berichtet, eine Frau, deren Beschreibung auf Mary Jane passt, nach 3 Uhr noch auf der Straße gesehen zu haben.
Ich habe von Mrs. Kennedy geredet - nicht von Sarah Lewis.
Zitat
Im übrigen fällt mir auf, daß Mary, selbst wenn in dieser Nacht die Freier Schlange gestanden hätten, niemals das Geld für die Miete zusammen gebracht hätte!
Aber sie hätte Bowyer am nächsten Tag wenigstens einen kleinen Teil der Miete bezahlen können - besser als gar nichts. Vielleicht hofft Mary so McCarthy beschwichtigen zu können.
Zitat
Meiner Meinung nach ging sie alleine nach oder gemeinsam mit Blotchy einfach Heia machen.
Jetzt musst du mir aber weiterhelfen. Sie trifft also Blotchy in einem Pub und er geht mit zu ihr nach Hause. Und da legen sich beide dann nebeneinander ins Bett und machen Heia??? Und nachn paar Stündchen wacht Blotchy dann frisch und munter wieder auf und geht nach Hause. Ist das deine Theorie?

Liebe Grüße
Larkin ;)

Offline Isdrasil

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Re: Der Mann mit dem fleckigen Gesicht und die singende MJK
« Antwort #25 am: 14.01.2010 18:23 Uhr »
Hi John  

Im übrigen fällt mir auf, daß Mary, selbst wenn in dieser Nacht die Freier Schlange gestanden hätten, niemals das Geld für die Miete zusammen gebracht hätte! Die Schulden waren einfach zu hoch...Es gab daher für Mary keinen dringenden Grund, mitten in der Nacht, noch dazu in einer regnerischen, noch dazu in erbärmlicher Verfassung, nach dem Ende ihrer Gesangseinlage noch mal raus zu gehen. Okay, sie hatte die Miete nicht, aber was soll´s? Sie hatte sie wochenlang nicht! Und, wie gesagt, selbst eine durcharbeitete Nacht hätte ihr nicht mehr geholfen.

Somit fällt eigentlich ihr, von uns postuliertes, Hauptmotiv, noch mal raus und anschaffen zu gehen, einfach weg.

Deinen Gedankengang finde ich sehr interessant. Aber ich muss trotzdem mal wieder deine Opposition spielen und Larkin zustimmen: Ich denke, Mary war wohl nicht so naiv zu glauben, das Geld in einer Nacht auftreiben zu können. Jedoch muss sie wohl irgendwann mal damit anfangen, und eine Anzahlung dürfte McCarthy gnädig stimmen - gerade auch in Hinblick auf seine bisherige Rücksicht (diese Frage finde ich eigentlich spannender - weshalb duldete er diesen Rückstand überhaupt?).
Und: Gerade weil es draußen regnete und gerade weil Kelly einen Raum hatte kann es sein, dass sie ihre bzw. einen Freier auch genau dort empfing. Möglicherweise hatte sie den Täter sogar direkt zu sich eingeladen.

Ich weiß schon, worum es dir geht - um den Aspekt, dass sie eigentlich zu Hause war, besoffen und möglicherweise satt und in einem überdachten Heim, und nochmal rausging. Aber ich sehe auch hier keinen Grund, dies wirklich auszuschließen.

Grüße, Isdrasil
« Letzte Änderung: 14.01.2010 19:16 Uhr von Isdrasil »

Offline panopticon

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Re: Der Mann mit dem fleckigen Gesicht und die singende MJK
« Antwort #26 am: 15.01.2010 15:15 Uhr »
Hallo John!

Eine faszinierende Überlegung, die allerdings zur Frage führt: warum ließen die Opfer den Täter dann später doch so nahe an sich heran, daß es ihm möglich wurde, sie offenbar sehr schnell (siehe: Cachous) und ohne offensichtliche Gegenwehr (siehe polizeiliche Beschreibung „keine Kampfspuren“) zu töten?

Gute Frage. Denkbare Möglichkeiten dafür gäbe es aber zumindest (nicht um zu sagen, dass ich das glaube, rein um zu sehen, ob es sich überhaupt schlüssig konstruieren ließe):
Chapman war dem Täter im Hinterhof der Hanbury Street eigentlich ziemlich ausgeliefert, zumindest unter der Möglichkeit, dass sie mit dem Rücken zur Mauer oder zum Zaun stand. Vielleicht hat sich seine Verhaltensweise ihr gegenüber im Hof ja auch derartig verändert, dass ihr sie den Versuch unternahm, sich aus dem Geschäft wieder zurückzuziehen, ohne gleich ihr damit verbundenes Todesurteil zu erahnen. (Die Mordserientheorie war ja auch erst frisch, und vielleicht handelte es sich bis dahin ja noch um gar keine.) Oder der Täter hat überhaupt erst dort im Hof etwas Bestimmtes gefordert, das sie ablehnte. Er hatte sein Messer vielleicht schon wegen der Möglichkeit eines "No!" verdeckterweise griffbereit...
Bei Stride tue ich mir da jetzt ein wenig schwerer, zumal ich persönlich sie eigentlich nur unter ´mögliche weitere Opfer´einsortiere. Der Mann, zu dem Stride laut Brown "No, not tonight, some other night." sagte, hatte seine Hand an die Wand gestützt, an der Stride lehnte. Im Prinzip war er ihr also schon sehr nahe, und bloß, weil sie irgendetwas ablehnte, was dieser Mann wohl von ihr verlangte, heißt das ja nicht, dass sie prinzipiell auch für andere nicht mehr zur Verfügung stand, und schon mal vorsorglich beabsichtigte, sich dafür Cachous einzuwerfen. Gerade die Cachous könnten ja eigentlich ein Hinweis darauf sein, dass es dieser spezielle Mann war, dem sie irgendetwas abschlug. Das Gesicht des Mannes hat Brown nicht gesehen, es könnte also durchaus der Grund gewesen sein. Bleibt nach wie vor die Frage, wie sie schließlich in den Dutfield´s Yard in der Berner Street kam...? Der (1.) Mann, den Schwartz wiederum mit Stride gesehen haben will, war ihr scheinbar ganz offensichtlich alles andere als gut gesinnt. Wenn er der Täter war, hat hier wohl zumindest eine Art von Gegenwehr stattgefunden. Diesbezüglich sind die Cachous natürlich noch ein wenig mysteriöser...
Bei Kelly besteht ja eben schon mal die gar nicht so geringe Möglichkeit, dass sie der Täter für sie selbst überraschend daheim aufsuchte / überfiel


Kent sah jeglich einen leicht angewinkelten Arm. Rigor Mortis oder Kälte können das bewirken, hingegen bleiben in einem eventuellen Kampf erhobene Gliedmaßen nach dem Tode nicht mehr in dieser Position, da die Muskeln sofort ihre Spannungen verlieren. Kent war nur ein medizinisch ungebildeter Zeuge, der etwas sah, daß er als Kampf interpretierte. Da halte ich mich doch lieber an Dr Phillips, der als Arzt immerhin medizinische und somit im weitesten heutigem Sinne so etwas wie forensische Ahnung hatte, und der sprach von "keinen Kampfspuren".

Genau das meinte ich eigentlich hinsichtlich des Vergleichs von Lestrade. Schon allein deshalb, weil Kent dieses auch ganz anders argumentierbare Detail zu einer ziemlich unwahrscheinlichen Situation interpretierte, ist er für mich alles andere als verdächtig, ganz egal, wie er ausgesehen hat.  Das Aussehen allein macht ja auch Blotchy nicht verdächtig.

Was Dew anbelangt: Ja, diese Tagesverwechslungsgeschichte hinkt ziemlich.


Selbst falls Blotchy Face Kelly tötete, so heißt das nicht, daß er deshalb schon der Ripper war.

Stimmt natürlich. Die Chance, dass wir es hier bei Kelly nicht zumindest auch mit dem Mörder von Eddowes zu tun haben, würde ich persönlich jedoch als ziemlich gering einstufen.


Sie trifft also Blotchy in einem Pub und er geht mit zu ihr nach Hause. Und da legen sich beide dann nebeneinander ins Bett und machen Heia???

Es gibt doch eine ganze Menge Hinweise, die man so interpretieren kann, dass zumindest Kelly nicht mehr auf die Straße wollte, als sie ermordet wurde.
Bezüglich dazu:


@all:
Ich bereite gerade ein langes Posting vor (dauert daher vermutlich noch ein wenig), das die Theorie natürlich zwar nicht bestätigen kann, dass Kelly im Begriff war, sich schlafen zu legen oder bereits schlief, als sie ermordet wurde, das aber aufzeigt, dass diese  Annahme alles andere als unwahrscheinlich ist. Wie gesagt, mehr dazu demnächst.


Best regards,
panopticon
« Letzte Änderung: 15.01.2010 15:28 Uhr von panopticon »

Aeneas

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Re: Der Mann mit dem fleckigen Gesicht und die singende MJK
« Antwort #27 am: 16.01.2010 23:04 Uhr »
Nochmal zu unserem Blotchy, ich hab mir da mal Gedanken gemacht und weiß aber nicht ob ich richtig liegen könnte.

Folgendes:

Mary und Blotchy wurden von Mrs. Cox gesehen wie sie in marys Zimmer gingen, das war gegen 23:45 Uhr. Blotchy hat einen Eimer Bier (ich vermute mal einen Krug oder ähnliches) dabei, und Mrs. Cox sagt das Ginger meinte sie würde jetzt ein Lied singen. Ich halte es eigentlich nicht für möglich das sie während des Dirnendienstes ein Lied sang, mal ehrlich, wer möchte einen Akt mit einem Lied??
Wäre es nicht eher möglich das beide etwas gegessen haben?? Im Tathergang auf unserer seite wird erwähnt das Mary gegen 0:00 Uhr und 0:30 Uhr eine Mahlzeit aus Fisch und Kartoffeln zu sich nimmt. Das würde doch passen, er bringt Bier mit zum Essen und sie bereitet einen kleinen Imbiss zu, wobei sie während der zubereitung ihr kleines Liedchen trällert. Vieleicht war Blotchy dieser Ominöse Joe, an den sie ihr Herz verloren hat oder haben soll. Wahrscheinlich bekommt sie von ihm auch noch ein paar Pence für die Rückständige Miete.
Gegen 0:30 fühlt sich Catherine Picket von ihrem Gesang gestört, geht aber nicht hinunter weil sie von ihrem Mann abgehalten wird. Ich denke das sie sich gestört fühlte als Mary nach dem Essen wieder anfing zu singen. Während des Essens hat sie sicher nicht gesungen, ich könnte mir aber gut vorstellen das Catherine der Kragen platzte als sie plötzlich wieder anfing (geht uns auch manchmal so, da nervt irgendwas und bringt uns fast zur verzweiflung, bis es aufhört, wenn es dann kurz danach wieder anfängt, ist plötzlich das Maas voll). Cathrine platzte da auch der Kragen, aber sie wurde ja, wie erwähnt, davon abgehalten sich zu beschweren.
Gegen 1:00 uhr kam dann Mrs. Cox wieder und Mary sang und es brannte Licht, ebenso als sie kurz nach 1:00 uhr wieder ging. Soviel zu Blotchy, der meiner Meinung nach nichts anderes ist als ihr neuer, Joe. Sicher hatte sie auch mit ihm geschlafen (macht man ja mit seinem liebsten) aber das es ein Dirnendienst war, das denke ich nicht, dagegen spricht das singen und das Essen zur angegebenen Zeit. Für mich ist offensichtlich das es sich hier nur um einen sehr guten bekannten gehandelt hat, mit dem sie eine mahlzeit zu sich nahm und den sie sehr gut kannte (man singt nicht vor jedermann, auch nicht wenn man angetrunken ist).

Ich bitte um kritiken, sicher hab ich das ein oder andere übersehen oder weiß das ein oder andere nicht (wie gesagt, bin maximal 3 Monate am Thema Jack dran)


viele grüße und viel spaß noch

Aeneas

Larkin

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Re: Der Mann mit dem fleckigen Gesicht und die singende MJK
« Antwort #28 am: 16.01.2010 23:40 Uhr »
Hallo Aeneas!
Ich tendiere da ja eher zu der Blotchy-der-Freier-der-irgendwann-von-Mary-genervt-ist-Theorie. Trotzdem ist deine Theorie auch möglich und genauso gut wie meine und jede andere auch. Wir wissen´s ja nicht und können daher auch nur spekulieren. Wir beide scheinen aber auf jeden Fall der gleichen Meinung zu sein: Blotchy hat nix böses gemacht. Er ist nicht Marys Mörder. Willkommen im Club!  :D

Du musst dir einfach mehr zutrauen! Das was du geschreiben hast, das hat doch alles gepasst. Ich muss die meisten Fakten,Daten und Aussagen auch alle aus Büchern raussuchen, weil ich sie mir net merken kann. Desswegen dauert das Verfassen der meisten meiner Beiträge auch immer gefühlte 4 Stunden :D.  Du kannst doch gar nix falsches schreiben, da wir über die meisten Sachen ja eh nur spekulieren können und jeder seine eigene Meinung hat. Und wenn doch mal was falsch sein sollte - na und? Ist doch nicht schlimm - hier irrt sich doch jeder mal. War ja schließlich keiner von uns damals dabei ;).

Liebe Grüße
Larkin ;)

Offline Shadow Ghost

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Re: Der Mann mit dem fleckigen Gesicht und die singende MJK
« Antwort #29 am: 17.01.2010 00:12 Uhr »
Da wir den Todeszeitpunkt nicht mit absoluter Sicherheit wissen, ist es natürlich auch schwer zu sagen, wann und mit wem MJK ihre letzte Mahlzeit zu sich nahm. Ich glaube gelesen zu haben, dass ihre letzte Mahlzeit 3-4 Stunden vor ihrem Tod stattfand (Dr Bonds Bericht vom 10.11.1888).
Geht man jetzt davon aus, dass der 'Oh murder'-Ruf zeitlich mit dem Mord zusammen hängt, so kann man sagen, dass sie zwischen 0 und 1 Uhr gegessen hat. Sollte die Aussage von Mrs Kennedy stimmen, um 3 Uhr eine Frau gesehen zu haben, deren Beschreibung zu MJK passen würde, so kann man vermuten, dass sie nach ihrem Dienst am Astrakhan-Mann noch einmal raus ist. Das würde auch erklären, warum Mrs Cox als sie um 3 Uhr nach Hause kam, weder ein Licht noch Geräusche aus Kellys Zimmer vernahm.
Elizabeth Prater stand nach eigener Aussage zwischen 1 Uhr und 1:30 Uhr vor dem Zugang zum Miller's Court und wartete auf jemanden. Dabei hörte sie allerdings kein Singen. Mrs Cox, die auch um 1 Uhr mal kurz nach Hause kam, um sich aufzuwärmen, wollte dagegen ihr Singen vernommen haben.
Natürlich sind diese Zeitangaben wie immer mit Vorsicht zu genießen, sowohl in den Aussagen von Cox und Prater, als auch im Bericht von Dr Bond. Es ist also durchaus vorstellbar, dass Kelly bis kurz vor 1 Uhr mit Blotchy beschäftigt war, und dieser noch vor eins wieder ging. Kelly sang noch immer, fing aber bereits an, sich ihr Essen zuzubereiten. Noch bevor Kelly mit dem Kochen fertig war, ging Cox auch schon wieder auf die Straße. Nachdem Kelly nun mit dem Essen angefangen hatte, erschien Elizabeth Prater vor dem Eingang zum Miller's Court. Sie hört Kelly nicht singen, weil diese gerade am Essen ist. Prater berichtete ebenso, dass in der Zeit, in der sie vor dem Eingang stand, niemand den Miller's Court verlassen oder betreten hat. Kelly wäre demnach erst wieder nach 1:30 Uhr losgezogen, um schließlich um 2:00 Astrakhan-Mann zu treffen.
Es ist natürlich genauso gut möglich, dass Kelly gemeinsam mit Blotchy um kurz nach 1 Uhr (kurz nachdem Cox gegangen und kurz bevor Prater erschienen war) ihr Zimmer verließ, irgendwo etwas gegessen hat, und dann wieder auf die Straße ging.
Genauso gut könnte es so gewesen sein, wie Aeneas es beschreibt. Wobei ich dennoch mehr dazu tendiere Blotchy als Freier anzusehen. Wäre er ihr neues Herzblatt gewesen, hätte sie doch den Rest der Nacht mit ihm verbracht und wäre nicht noch einmal raus auf die Straße. Oder anders: Hätte er sie dann noch einmal gehen lassen? Der andere Joe, dürfte wohl Joseph Fleming gewesen sein, der Vorgänger von Joe Barnett. Aber vielleicht hat sie ja auch mit ihrem Freier etwas gegessen? Er bringt das Bier, sie den Fisch und die Kartoffeln?

Ich habe es jetzt nicht im Kopf, aber gibt es Berichte, dass in Kellys Zimmer in der Nacht des Mordes noch gekocht/gegessen wurde? Also frisch benutztes Geschirr, einen Topf mit Essensresten? Fischreste? Kartoffelschalen?

Zum Singen während der Berufsausübung: Die meisten Prostituierten haben damals ihren Beruf in irgendwelchen verschmutzen Straßen und düsteren, feuchten Ecken ausgeübt. Ich weiß jetzt nicht, ob das soviel angenehmer ist, als die singende Kelly. Vielleicht hat sie Blotchy auch nur mit der Hand bedient und dabei gesungen. Ich glaube, letztlich ist das auch nicht wichtig. Entscheidend ist vielmehr, dass uns ihr Gesinge verrät, wann sie zuhause war, und wann nicht.

Viele Grüße,
Shadow Ghost