Hi.
Ich habe mir mal diverse Fakten zu der Möglichkeit (!) angesehen, dass der Täter deshalb ausgerastet ist, weil Tabram ihn irgendwie beklauen / berauben wollte.
(Vorläufig recht überblicksartig, hab leider grad nicht die Zeit, den Quellen so nachzugehen, wie sonst – Ergänzungen und Korrekturen daher ausdrücklich erwünscht!)
Vorweg: Ich will hier nicht primär das spätere Opfer zu einer eventuell ursprünglichen ´Täterin´ machen – Es geht mir nur darum, auch die Möglichkeit eines solchen Szenarios zu hinterfragen. Für Tabram gilt klarerweise die Unschuldsvermutung. Es liegt mir zudem fern, Dinge zu 100% zu vertreten, die sich nicht halten lassen. Dies ist keine Beweisführung für eine Behauptung von mir, sondern vielmehr ein Versuch, eine Hypothese eventuell so gut wie möglich mit der Faktenlage und der Tatsache, dass wir vieles ohnedies nicht mehr überprüfen können, in Einklang zu bringen, bzw der Versuch, daraus überhaupt eine These zu entwickeln. Dass eine solche These Schwachstellen aufweist, ist mir natürlich durchaus bewusst – siehe
Punkt 5: Probleme mit dieser Konstruktion -
so treat me gently, please! Es geht darum, diese Hypothese mit konstruktiven Beiträgen zu untermauern oder in Zweifel zu ziehen – beides sollten wir tun. Vielleicht lässt sich ja ein Trend erkennen, was uns letztendlich weiterführt!
Gehen wir also mal davon aus, dass Martha Tabram tatsächlich vorhatte, den Soldaten zu beklauen oder auszurauben, oder dies aufgrund der vorhandenen Gegebenheiten spontan beschloss: Welche Aspekte wären entscheidend? 1. Das Messer:Wenn man davon ausgeht, dass Tabram und Connelly unter Umständen sicherheitshalber oder mit Vorsatz ein Messer bei sich hatten, wäre die primäre Frage gewesen, wo Tabram überhaupt ein entsprechendes Messer hätte unterbringen können. Bekleidung von Tabram: Schwarze Haube, schwarzer Mantel, dunkelgrüner Rock, brauner Unterrock, braune Strümpfe, sehr alte Stiefel mit seitlichem Federverschluss. Sieht nicht gerade danach aus, als hätte sie ein sonderlich großes Messer versteckt unterbringen können, aber wenn wir davon ausgehen, dass Tabram eventuell (nach einer entsprechenden Entwaffnung), ursprünglich mit ihrem eigenen Messer im Affekt attackiert wurde – mit welcher Art Messer haben wir es dann eigentlich zu tun? Laut Dr. Killeen könnten alle Wunden mit Ausnahme von der durch das Brustbein, durchaus mit einem ´
ordinary Penknife´, also einem gewöhnlichen Taschenmesser zugefügt worden sein. Ein solches ist eher handlich, etwas in dieser Art könnte sie durchaus bei sich getragen haben. Abgesehen davon, könnte aber natürlich auch der ´Soldat´ neben einer anderen Waffe ein solches bei sich gehabt haben. Die Chance, dass Tabram einen Soldaten, der ein Bayonett oder ähnliches bei sich trug, mit einem Taschenmesser bedroht haben könnte, mutet merkwürdig an, ist aber unter bestimmten situationsabhängigen Voraussetzungen dennoch vorstellbar.
2. Der Schauplatz - George Yard Buildings: Wie hätte ein geeigneter Ort für einen versuchten Raub aussehen können?
Ein solcher musste wohl gewährleisten, dass das Opfer (der Mann) komplett überrascht wurde und einer Täterin danach nicht so leicht folgen konnte. Wären die George Yard Buildings dafür geeignet gewesen?
Soweit ich informiert bin, hat noch niemand Baupläne oder auch nur einen Grundriss davon ausfindig machen können,....allerdings gibt es wohl etwas
Vergleichbares für das
St. George House (!) nebenan, von dem wohl auch die Fotos mit dem Kind stammen, die dafür sorgten, dass man annahm, Marthas Leiche wäre ´
indoors´ gefunden worden: Darauf zu sehen ist ein Treppenabsatz (zwischen Parterre und der Balkongalerie im 1. Stock) im Inneren.
Es ist allerdings nicht nur ein Treppenabsatz, sondern er weist auch einen, durch eine Türöffnung begehbaren Gang mit kleinen Kabinen, vermutlich (zumindest später) Klosetts auf.
Ein Ort, um jemanden zu berauben, eventuell einzusperren und abzuhauen? Was wäre denn, wenn die George Yard Buildings im Inneren äußerst ähnlich aufgebaut waren? Und was wäre, wenn bei einem (gemutmaßten) Diebstahls- /Raubplan des späteren Opfers etwas schief läuft –
Wo wäre die Stelle, an welcher der Beraubte die fliehende Täterin am ehesten einholte, bevor diese ihn eventuell ´einsperren´ konnte – etwa die Tür (-öffnung) vom ´Toilettengang´ hinaus zum Landing? Wenn man sich einerseits die Illustrationen von der Toten in den George Yard Buildings (!) und andererseits die Fotos (mit dem Kind) und den Grundriss des St. George Houses (!) ansieht, könnte man schon den Eindruck haben, dass die beiden Gebäude eventuell doch ähnlich aufgebaut waren. Auf Casebook hat das schon mal jemand (allerdings ohne der Frage nach einem eventuellen Raubversuch miteinzubeziehen) gegenübergestellt, deshalb erspare ich mir die Mühe. Zu beachten ist auch der Zeitungsartikel, den die Person darüber angebracht hat, und der ebenfalls auf einen Tatort im Inneren des Gebäudes schließen ließe, zumal danach der Tatort, ´
in the wide part of the stairs´, wohl ´
quite in the dark.´ (´ziemlich im Dunkeln´) lag:
http://forum.casebook.org/showpost.php?p=121255&postcount=82Schauen wir mal wieder auf die Fakten des Falles:
Alfred George Crow sagte aus, dass er etwas oder vielmehr jemanden am Boden liegen sah, als er heimkam und den Treppenabsatz passierte, was ihn nicht weiter verwunderte, da dort wohl öfter jemand schlief. Damit er das am Boden liegende Individuum aber passieren konnte, ohne es zugleich als Tote zu identifizieren, brauchte er also entweder genügend Abstand, ziemliche Dunkelheit, oder eben beides. Beides wäre bei einem Tatort im Inneren mit angrenzendem ´Gang´ zumindest irgendwie möglich gewesen, vor allem unter der Voraussetzung, dass sich Crow prinzipiell überhaupt nicht für das Individuum am Boden interessierte und vielleicht sogar darüber hinwegstieg.
Ich habe mir die Treppen und ihren Winkel auf dem bekannten Bild der George Yard Buildings von außen (http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1021.0.html) jedenfalls nochmals angesehen, und glaube persönlich zumindest nicht, dass es nur das ´Landing´ (den Treppenabsatz) auf der jeweiligen Balkongalerie gab. 3. Das Gewand: Irgendwo erinnere ich mich gelesen zu haben (fand das jetzt allerdings nicht mehr – weiß jemand, wo das gestanden haben könnte?), dass auch Tabrams Gewand irgendwie ´
unordentlich´ war, als man sie fand. Wenn dem so war, könnte es dafür jedenfalls verschiedene Gründe geben: Entweder das stammte noch vom ´Appetitmachen´ in Zusammenhang mit einem späteren Raubversuch, oder der Täter hat es nach der Tötung (warum auch immer) verursacht, oder aber Martha zog sich ihren Rock selbst hoch, um schneller laufen / fliehen zu können. Geschlechtsverkehr wurde jedenfalls ja wohl keiner ´diagnostiziert´...
4. ´Pearly Poll´ Mary Ann Connelly: Was ist eigentlich mit ´Pearly Poll´ - vor allem unter der Annahme, sie kannte diese (gemutmaßt) übliche Vorgehensweise von sich und Tabram? Pearly Poll meldete sich scheinbar erst bei der Polizei, als sie erfahren hatte, dass bereits nach ihr gesucht wurde. Zu diesem Zeitpunkt hätte sie vielleicht nie mit einer Gegenüberstellung gerechnet, und konnte daher durchaus von dem Abend mit den Soldaten berichten. Eine zweite Möglichkeit wäre, dass sie und Martha an jenem Abend gar nicht mit Soldaten unterwegs waren, sondern mit irgendwelchen anderen Männern, und sie generell ein Märchen erzählte. Als Pearly Poll jedenfalls die Soldaten im Tower identifizieren sollte, verschwand sie für mehrere Tage, und als sie schließlich wieder gefunden und zur Gegenüberstellung gebracht wurde, fiel ihr ganz plötzlich ein, dass die Soldaten von der Mordnacht wohl weiße Schleifen an den Mützen hatten - vielleicht um einer genaueren Gegenüberstellung mit diesen Soldaten zu entgehen?
5. Probleme mit einer solchen Konstruktion:Die prinzipiellen Probleme einer solchen Hypothese liegen vor allem in der Zeitdifferenz und im entstandenen Lärm. (Was aber generelle Probleme sind, auch bei ´Konstruktionen´mit anders angenommenen Voraussetzungen.)
Zum ersten: Polly und Tabram trennten sich gegen 23.45 Uhr. Als Elisabeth Mahoney gegen 1.50 Uhr heimkam, lag, ihrer Angabe nach, noch niemand auf dem landing. Alfred Crow sah um 3.30 Uhr jemanden daliegen, kümmerte sich aber nicht darum. Gegen 4.45 Uhr findet schließlich John Reeves die Tote und schlägt Alarm...
Zum zweiten: Zwei Tumulte wurden von den Anwohnern in jener Nacht bemerkt, wieso dieser im Treppenhaus nicht? Oder gingen diesen die Tumulte bereits so auf die Nerven, dass sie nicht mehr reagierten? Oder war der Mord gar nicht so ´laut´ (vielleicht auch aus baulichen Gründen), zumindest nicht so, dass er den Bewohnern (die wohl einiges gewohnt waren) im Verhältnis zu anderen Ereignissen sonderlich aufgefallen wäre?
6. Fazit: Vorstellbar wäre ein solches Szenario meines Erachtens nach jedenfalls irgendwie – Die eigentliche Frage ist aber vielleicht:
Würde ein solches Tabram auch als Opfer von JtR ausschließen?@ Isdrasil:
Aber ein Täter, der nach dem "Cool Down" zuhause Unsicherheit verspürte und aus diesem Grund nochmals an den Tatort zurückkehrte, ist meiner Meinung nach schon wahrscheinlicher, da dies durchaus der Logik einer ungeplanten Affekttat entspricht.
Kommt eben auch darauf an, wo er daheim war.
Ausschließen würde ich es natürlich nicht, aber für sonderlich wahrscheinlich halte ich es auch nicht.
Best regards,
panopticon