Nabend,
ich hab mal alle Zeitungsartikel, die ich auf dem PC abgespeichert habe, gezielt nach dem Namen Esther Hall durchsucht und bin fünfmal fündig geworden. Zudem stieß ich auf ein paar Aussagen in den Artikeln, die den Vorfall und seine Hintergründe eventuell ganz gut erahnen lassen. ich nehme an, man findet all diese Artikel auch auf Casebook.org, lege dafür aber meine Hand nicht ins Feuer. Ich fass mal zusammen, was sich in den Artikeln nachlesen lässt.
St. James Gazette vom 21. November 1888: Gegen 4 Uhr im Morgen desselben Tages soll eine Frau, deren Alter hier mit etwa 28 angegeben wird, in Begleitung eines Mannes in das Lodging House in der 19 George Street gekommen sein und dort ein Bett gemietet haben. Laut Phillip Harris, der ebenfalls in dem Haus nächtigte, soll die Frau bis etwa 8 Uhr morgens gesungen haben (erinnert ein bisschen an Kelly
), dann soll es still geworden sein. Gegen halb 10 soll dann ein Mann aus dem Zimmer gekommen und in Eile auf die Straße hinausgerannt sein. Gleich danach stürzte eine Frau, die als "Dark Sarah" bekannt war, aus dem Zimmer und Harris bemerkte, dass ich Hals durchschnitten war und sehr stark blutete. In einem Interview mit der Press Association sagte Harris dann folgendes:
"Ich sah, was los war, worauf Einige von uns auf die Straße rannten und die Verfolgung des Mannes aufnahmen, der, wie uns gesagt wurde, die Thrawl Street hinaufgerannt war. Wir sahen den Mann vor uns; doch als wir die Ecke der Brick Lane erreichten, verloren wir ihn aus den Augen. Er war etwa 5´6´´ groß und hatte einen dicken schwarzen Schnurrbart. Ich bemerkte, dass er einen Übermantel mit einem Cape daran trug, aber ich sah nichts in seiner Hand."Weiter geht es mit John Arundell, der in der 15 Wood Street, Spitalfields, lebte und angab, er sei am Morgen des besagten Tages in die 19 George Street gegangen, wo er die Frau auf einem Bett sitzend vorfand, während Dr. Phillips gerade ihre Halswunde versorgte. Als das erledigt war, stand die Frau auf und ging die Treppe hinunter. Danach wurde sie in eine Ambulanz verfrachtet und zur Commercial Street Police Station gebracht. Ab hier ist nicht mehr ganz klar, ob die folgenden Angaben noch auf Arundell zurückgehen oder sich schon den Einschätzungen der Polizei widmen. Da es im selben Absatz wie Arundells Aussage steht, könnte man vermuten, es würde wiedergegeben, was dieser am Tatort an Polizeimeinung aufgeschnappt hat, aber das ohne Gewähr. Erwähnt wird jedenfalls, dass die starke Meinung vorherrsche, bei dem Täter hier handle es sich nicht um Jack the Ripper. Und es wird erwähnt, dass den Verletzungen der Frau ein ernsthafter Streit voranging und das Gesicht des Übeltäters ernsthaft zerkratzt ist.
Dann ein eindeutiges Polizei-Statement: Der Superintendent der Commericial Street Police Station gibt an, die Halswunde der Frau sei nur oberflächlich und es habe zu keiner Zeit Lebensgefahr bestanden. Sie wurde inzwischen als eine gewisse Annie Farmer identifiziert.
Auftritt Esther Hall:
"Ich habe im Keller des Hauses in der George Street übernachtet und wurde an diesem Morgen von einem Mann geweckt, der sagte, es sei ein Mord verübt worden. Ich lief die Treppe nach oben und fand dort eine liegende Frau vor, die mit Blut bedeckt war. Der Deputy legte ein Stück Stoff um ihren Hals. Ich fragte sie: "Können Sie sich selbst anziehen?", worauf sie antwortete, dass sie das nicht könne, worauf ich ihr dabei half. Dann habe ich gefragt: "Kannten Sie den Mann?". Sie antwortete: "Ja, ich war vor zwölf Monaten mit ihm zusammen und er hatte die Angewohnheit, mich sehr schlecht zu behandeln." Sie fügte hinzu, dass er einen schwarzen Schnurrbart und dunkle Kleider trug, so wie einen Filzhut und dass sie glaube, er wäre ein Saddler von Beruf. Farmer erwähnte zudem, der Mann habe sie betrunken gemacht, bevor er sie in dieses Haus brachte. Fraglich ist hier, was sie mit "vor zwölf Monaten mit ihm zusammen" meinte. Entweder war er damals mal ein Kunde von ihr, oder sie hatte eine Beziehung mit ihm. Ersteres ist natürlich wahrscheinlicher, ansonsten ist kaum nachzuvollziehen, dass sie keinen Namen nennen konnte. Eventuell hat sie es Hall gegenüber so formuliert, um ihren zumindest "Nebenjob" als Prostituierte zu verschleiern.
Es schließt sich eine von der Polizei an alle Stationen telegraphierte Suchmeldung an: Gesucht für versuchten Mord verübt am 21. dieses Monats wird ein Mann, 36 Jahre alt (merkwürdig, die genaue Festlegung ohne schätzendes "etwa" davor), 5 Fuß 6 Inches groß, dunkle Gesichtsfarbe, keine Koteletten, dunkler Schnurrbart. Kleidung: Schwarze Jacke, Weste und Hose, runder schwarzer Filzhut. Respektable Erscheinung. Kann identifiziert werden.
Der Artikel schließt mit dem Hinweis darauf, dass das Opfer aus dem George Yard Mord (Tabram) in der Geroge Street 19 lebte, während das Opfer aus der Osborn Street (Emma Smith vermutlich), nebenan in Nummer 18 lebte. Dann wird noch erwähnt, dass Kellys Vermieter McCarthy eine Postkarte erhalten hätte, in der es hieß, es würde am Mittwoch ein weiteres Opfer geben, und zwar nicht mehr als 100 Yards von der Dorset Street entfernt. Die George Street liegt zur Dorset Street etwa in dieser Entfernung.
Kann man ernst nehmen, muss man wohl aber nicht.
Die anderen Zeitungen, in denen ich noch was über die Hall Aussage gefunden habe, sind der
Morning Advertiser (zweimal: Einmal die Ausgabe vom 22. November und dann noch einmal in der Ausgabe vom 31. Dezember), die
Irish Times vom 22. November und dann noch der
Daily Telegraph, ebenfalls vom 22. November.
Auf Wunsch seh ich die noch durch und schau mal, ob sie irgendwelche Unterschiede in den Kernaussagen enthalten. Vorher koch ich mir aber mal was.