Hallo !
Was haltet ihr denn von dem hier ?
Feigenbaum ist zwar nicht gerade ein Hauptverdächtiger , aber immerhin trotzdem ganz interessant , wie ich fand .
Das Folgende habe ich selbst übersetzt und daher sind einige Fehler nicht auszuschließen . Auch habe ich mir bei einigen Passagen , der Verständlichkeit wegen , einige kleinere " künstlerische Freiheiten" erlaubt . Bitte seht mir das nach .
Carl Ferdinand Feigenbaum
von Wolf Vanderlinden
Seinen letzten Abend auf Erden verbrachte Feigenbaum zusammen mit dem Gefängnispfarrer von Sing Sing , Father Creeden und Father Bruder von der katholischen Kirche in Poughkeepsie . Sie erörterten , wo er begraben werden sollte . Feigenbaum äußerte in seinem letzten Willen , daß sein Eigentum in Cincinnati , angeblich ein Haus und andere Dinge , verkauft , der Erlös in einer deutschen Bank in New York eingezahlt und dann an seine Schwester Magdalena Strohband , einer Witwe , die in Ganbickelheim , Hessen , Deutschland lebte , überwiesen werden sollte . Eine Ausnahme betraf 90 Dollar , die man für sein Begräbnis verwenden sollte . Sein Vormund Omar Van Leuven Sage wurde zum Verwalter bestimmt .
Am Morgen des 27. April 1896 , einem Montag , wurde Feigenbaum um 11 Uhr mitgeteilt , daß seine Zeit gekommen sei . Die zwei ehrwürdigen Väter begleiteten ihn von seiner Zelle zur Todeskammer . Bevor er auf dem unbequemen hölzernen Stuhl Platz nahm , küßte er noch einmal sein Kruzifix . Dann setzte er sich , nahm seine Brille ab , reichte sie Father Bruder und fragte , ob sie mit ihm beerdigt werden könnte . Während die Riemen befestigt wurden , küßte er die Hand von Sage und schüttelte anschließend die Hände von Creeden , Bruder und dem Mann , der ihn töten würde , dem staatlichen Henker , Davis .
Dem Gefangenen wurden die Elektroden umgegürtet , die an der Basis zu seinem Gehirn und einem Bein angeschlossen wurden , und nachdem der Gefängnisarzt Dr. R. T. Irvine sein Okay gegeben hatte , signalisierte man Davis den Strom einzuschalten . Der erste Schock von 1820 Volt wurde um 11.16 Uhr gegeben und dauerte 30 Sekunden , bevor man die Stärke allmählich auf 300 Volt reduzierte , die für 40 Sekunden gehalten wurde . Die Strömung wurde dann für ein paar Sekunden ausgesetzt , eher ein zweiter Schock von 1820 Volt eine Minute lang gehalten wurde . Dr. Irvine und John Wilson Gibbs untersuchten den Körper und erklärten Feigenbaum um 11.18 Uhr für tot . In wenigstens einer Zeitung wird berichtet , daß die zwei Ärzte ihre anwesenden Kollegen zu einer weiteren Untersuchung einluden , um noch unabhängige Meinungen zu erhalten . Dies war nach einigen furchtbar gepfuschten Hinrichtungen und der ziemlich neuen Hinrichtungsart auch zu begrüßen . Tatsächlich meldete einer der Doktoren seine Zweifel an . Um diese übergenaue Minderheit zu befriedigen , schaltete man um 21.25 Uhr noch einmal für drei Sekunden die volle Stärke ein . Jetzt konnte man den Tod von Feigenbaum mit gutem Gewissen aussprechen .
Dies wäre wahrscheinlich das Letzte gewesen , das man von Carl Feigenbaum gehört hätte , wenn nicht sein Anwalt William Sanford Lawton dem New York Advertiser ein Interview gegeben hätte , in dem er behauptete , sein ehemaliger Klient sei Jack the Ripper gewesen . Diese Aussage wurde dann auf einer Pressekonferenz geschickt hochgejubelt . In ganz Amerika wurde davon berichtet . Doch schon bald geriet die ganze Geschichte in Vergessenheit .
Erst mit der Herausgabe von Trevor Marriotts Taschenbuch „The 21st Century Investigation“, in dem er seine Untersuchungen mit all dem Wissen und know – how des 21. Jahrhunderts darlegt , wird Lawtons Glaube , daß Feigenbaum tatsächlich der Mann war , der 1888 durch die Straßen von Whitechapel gepirscht war , gestärkt .
Wer war Carl Feigenbaum ? Warum glaubte Lawson , daß sein Mandant ein bösartiger Serienmörder war ? Welcher Beweis überzeugte Marriott , daß er die Wahrheit hinter dem größten Mordgeheimnis aller Zeiten gefunden hat ? War Feigenbaum wirklich Jack the Ripper ? Schauen wir uns die Sache an und versuchen einige der Fragen zu beantworten .
Carl Ferdinand Feigenbaum
Vernon M. Davis , der Assistenzstaatsanwalt , der Feigenbaum strafrechtlich verfolgt hatte , sagte über diesen aus : „ Ich sah ihn immer als listigen Gesellen , von vielen Geheimnissen umgeben und stets darauf bedacht , daß sie auch gewahrt wurden .“ Diese Aussage trifft die Sache genau : Es gibt nicht viel Bekanntes aus dem Leben von Feigenbaum und was wir wissen , birgt Unstimmigkeiten . Das beginnt schon mit seinem Namen . Obwohl er wahrscheinlich etliche Pseudonyme verwendete , war sein richtiger Name eventuell Zahn ( oder Zahm , laut Marriott vielleicht Strohband ) . Warum er ihn in Feigenbaum änderte, ist unklar .
Das Aufnahme – Formular in Sing Sing von 1894 beschreibt ihn als Mann von 54 Jahren , fünf Fuß 4 Zoll groß , 126 Pfund schwer , mit mittelmäßigem Teint , dunkelbraunem , oben lichtem Haar , kleinen grauen , tiefliegenden Augen , einer hohen , stark gewölbten Stirn und einer großen , roten Nase mit Pickeln . Obwohl es hier nicht erwähnt wurde , erkennt man auf einer Zeichnung , daß er einen Schnurrbart getragen hat . Von einer Zeitung wird er als „ kleines , altes , verrunzeltes , schlecht gekleidetes Männchen“ bezeichnet .
Er wurde 1840 geboren , wahrscheinlich in Karlsruhe , Süddeutschland , nahe der französischen Grenze . Marriott weißt auf einen Zeugen hin , dem Feigenbaum Capitolheim als seine Geburtsstadt genannt hat ; doch dieser Ort läßt sich nicht ermitteln . Feigenbaum gab auch an , daß er zwei Schwestern und einen Bruder hatte , die in Deutschland lebten . Doch es gibt nur einen Bruder , genannt John , der in Brooklyn , New York wohnte . Dieser sprach auch noch kurz vor der Hinrichtung mit der Presse .
Feigenbaum dürfte nicht verheiratet gewesen sein und keine Kinder gehabt haben . Jedenfalls wird von Zeugen nichts Gegenteiliges berichtet . Für eine unbestimmte Zeit war er Matrose . Sein Anwalt meinte , daß sein Ex – Klient als Feuerwehrmann auf verschiedenen atlantischen Routen gearbeitet habe . Er war unter anderm auf der „ Bremen“ und auf der „ White Star“. Im Frühjahr 1892 gab er , den Angaben seines Bruders zur Folge , die Seefahrt auf . Ob dies der Beginn seines neuen Lebens in Amerika war , ist ungewiß , denn sein Anwalt erklärte , daß Feigenbaum schon um 1890 den Weltmeeren den Rücken kehrte . Offiziell , nach den Informationen , die von Polizei und Strafverfolgung gesammelt wurden , scheint er allerdings 1891 von Bord gegangen zu sein . Es gibt aber keine genauen Aufzeichnungen über einen Zahn oder Feigenbaum . Wahrscheinlich ist er einfach im Hafen geblieben , als sein Schiff New York verließ .
Was Feigenbaum in der Zeit seiner Ankunft in den USA bis zum Mord an Juliana Hoffman am 1. September 1894 machte , ist unklar . Nach seiner Verhaftung gab er als Beruf Gärtner an , den er auch in Deutschland ausgeübt haben will , was aber nicht wahr sein dürfte . In den Gefängnisakten steht Florist . Diese Bezeichnung benutzte er auch Frau Hoffman gegenüber, als er behauptete , eine Stelle auf Long Island verloren , aber eine neue in New York gefunden zu haben . Dies war aber eine Lüge . Dennoch scheint er in dieser Richtung gearbeitet zu haben , auf umherziehende Weise . Sein Bruder meinte , daß er ihn nicht gut genug kannte , um sagen zu können , was er tatsächlich gemacht hat , wußte aber , daß Feigenbaum im Gartenbaugeschäft tätig war und überall im Westen , aber auch in Illinois und Wisconsin umhergereist war . Die Bewegungen von Feigenbaum werden erst nach dem Mord an Frau Hoffman klarer .
Der Mord an Juliana Hoffman
Juliana Hoffman war eine 54jährige Witwe , die mit ihrem 16jährigen Sohn Michael in zwei miserablen Zimmern lebte . Die Wohnung befand sich in New York City , 6. Straße Ost , über einem Geschäft . Aus einem Fenster sah man auf die Straße , aus dem anderen auf einen Hof . Die Zwei kamen 1892 aus Budapest , Ungarn , in die USA . Sie lebten von dem niedrigen Lohn des Sohnes . Arm , wie sie waren , beschlossen sie , etwas zusätzliches Geld durch Mieten aus ihrem Hinterzimmer zu verdienen . Ihr erster Mieter war leider Carl Feigenbaum . Er war auch ihr letzter Mieter . Bei seiner Vorstellung erzählte er der Frau , daß er gerade seinen Job auf Long Island verloren hätte , über Land getrampt sei , sich von Gelegenheits –
arbeit ernährte und zur Zeit im Tompkins Park , nur einen Block von ihrer Wohnung entfernt , auf einer Bank schlafe . Er sagte weiter , daß er im Laden eines Floristen eine neue Stelle in Aussicht hätte und er die Miete von 1 Dollar und 8 Cents ( für Logis und Frühstück ) am 1. 9. bezahlen würde . Frau Hoffman vertraute ihm und ließ ihn einziehen .
Am Freitagabend des 31. August 1894 saßen die Hoffmans und Feigenbaum im vorderen Zimmer zusammen . Irgendwann nahm Frau Hoffman eine kleine Handtasche aus einem Wandschrank und ging , um Brot für das Abendessen einzukaufen . Als sie wiederkam , legte sie die Tasche zurück an ihren Platz . Gegen zehn Uhr verabschiedete sich Feigenbaum in sein Zimmer . Die Hoffmans legten sich ebenfalls schlafen ; die Frau auf einer Liege , nahe der vorderen Fenster und der Junge , im rechten Winkel zu ihr , auf der Couch . Irgendwann nach Mitternacht wurde Michael Hoffman von einem Schrei geweckt . Als er zu seiner Mutter schaute , sah er sie halb aus dem Bett erhoben , während Feigenbaum über ihr stand , mit einem langen Tranchiermesser in der Hand . Der Junge sprang aus seinem Bett und griff Feigenbaum von hinten an . Der Ältere trat erst nach Michael , bevor er ihm das Messer entgegen hielt . Michael erkannte , daß er keine Chance gegen den Mieter hatte , und um sein Leben zu retten , kletterte er aus dem Fenster auf den schmalen Sims über der Schaufenster –
fassade . Von dieser gefährlichen Position aus , schrie er um Hilfe . Feigenbaum wandte sich wieder der Frau zu . Er stach ihr in die linke Seite des Halses und zog dann das Messer etwa 6 Zoll nach rechts . Sie kämpfte noch verzweifelt , brach dann aber zusammen . Der Mörder lief dann in sein Zimmer , von wo aus er durch das Fenster auf ein Schuppendach stieg und von dort aus in den Hof sprang . Im Hof gab es eine Pumpe , wo Feigenbaum kurz anhielt und sich die Hände wusch . Inzwischen hatten Michaels Schreie die Polizei und mehrere Nachbarn alamiert , die alle zusammengelaufen kamen . Auch Feigenbaum tauchte aus einer Gasse auf , ohne Hut , Jacke und Schuhe . Er sah sich einer aufgebrachten Menschenmenge gegenüber und begann zu laufen , aber er wurde schnell gefangen genommen . Nach einer kurzen Suche fand man auch in einem Durchgang ein blutiges Messer .
Feigenbaum wurde noch am gleichen Tag Richter Simms im Polizeigericht vorgeführt . Auch Michael war anwesend und wollte dem Gefangenen an die Gurgel gehen , was aber durch die schnelle Reaktion der Gerichtsdiener verhindert wurde . Der Angeklagte erklärte sich nicht schuldig . Seine Verteidigung war kindisch einfach : Er erzählte von einem Jacob Weibel , den er beim Trampen kennen gelernt und mit dem er sich schnell angefreundet hatte . Da Feigenbaum sich sicher war , daß Frau Hoffman zwei Männer in einem Zimmer nicht billigen würde , sei Weibel angeblich heimlich ins Zimmer geschlüpft . Der Mörder müsse Weibel gewesen sein . Er hatte die Tat begangen , als er , Feigenbaum , schlief . Was war mit diesem Mann geschehen ? Der sei , als er Michaels Hilfeschreie hörte „ verschwunden wie der Blitz“. Und was machten Sie in der Gasse ? Er wollte nach Weibel suchen . „ Mein Gott“, rief Feigenbaum aus , „ hätte ich gewußt , was der für ein Schuft war , hätte ich keinen Moment zugelassen , daß er mir so nahe gekommen wäre .“
Niemanden überzeugte diese Geschichte und Feigenbaum wurde am 3. September in Untersuchungshaft gesteckt . Am 26. Oktober 1894 begann der Prozeß gegen Carl Feigen –
baum , vor Richter Frederick Smyth , der auch schon 1891 den Vorsitz im Fall Ameer Ben Ali geführt hatte . Die Verteidigung wurde von den Rechtsanwälten Lawton und Hugh O. Pentecost übernommen , während die Strafverfolgung aus den Assistenzstaatsanwälten Davis und Stephen J. O´Hare bestand . Der Angeklagte blieb hartnäckig bei seiner Geschichte , daß nämlich nicht er , sondern Weibel Juliana Hoffman ermordet habe . Gegen diese Version sprach , daß die gefundene Mordwaffe ihm gehörte und Blut an seinen Händen gesehen wurde, als er aus der Gasse trat . Außerdem wurde erwähnt , daß er ein Dieb und Schwindler mit vielen Decknamen war . Dies war allerdings alles sekundär , entscheidend war die Zeugenaussage von Michael Hoffman , der Feigenbaum als den Mann identifizierte , der seine Mutter getötet hatte . Feigenbaum wurde schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt . Lawson und Pentecost führten ihren Kampf um das Leben ihres Mandanten weiter . Sie beantragten einen zweiten Prozeß , der wurde aber von Richter Smyth verworfen . Dann reichten sie einen Antrag für ein Wiederaufnahmeverfahren beim Berufungsgericht ein , aber dort war man der Meinung , daß eine Grundlage dafür fehlte . Ihr nächster Schritt war , daß sie das Todesurteil auf Grund von Wahnsinn kippen wollten . Diese Taktik schien Erfolg zu haben , die Anwälte wurden schließlich belohnt . Am 5. März 1896 wurde Dr. Carlos F. Macdonald vom Gouverneur angewiesen , den geistigen Gesundheitszustand von Carl Feigenbaum zu untersuchen . Am 19. März beendete Macdonald seine Untersuchung und erklärte in seinem Bericht , daß Feigenbaum geistig gesund sei . Nun waren für den Mann , der im Sing Sing – Gefängnis saß , alle gesetzlichen Optionen erschöpft .
Feigenbaum wurde am 27. April 1896 hingerichtet .
Die Theorie von William S. Lawton
William Sanford Lawton erklärte , daß „ ich glaube , daß der Mann , der auf dem elektrischen Stuhl starb , leicht mit den Ripper – Morden in Whitechapel , London , in Verbindung gebracht werden kann .“ Er fügte hinzu : „ Ich setze meinen guten Ruf aufs Spiel , aber ich wette , wenn die Polizei die letzten Jahre von Feigenbaum untersuchen würde , würde sie das geradeaus nach London führen .“ Lawton meinte , er sei der einzigste Mensch gewesen , dem Feigenbaum vertraut hätte und deshalb hätte dieser ihm eines Nachts auch ein Geständnis gemacht . Angeblich litt sein Ex – Klient an einer einzigartigen Krankheit , die eine packende Leidenschaft hervorruft . Diese Leidenschaft manifestiert sich in dem Wunsch jede Frau zu töten . „ Bei solchen Gelegenheiten kann ich mich nicht kontrollieren .“ Der Anwalt war bei diesen Worten sehr erschrocken und wußte nicht , was er tun sollte . Langes Nachdenken über das Geständnis führte dazu , daß er sich fragte , ob eine Verbindung zwischen Feigenbaum und Jack the Ripper bestehen könnte . Er schlug schließlich alle Daten über die Whitechapel – Morde nach und erkundigte sich bei Feigenbaum : „ Carl , waren Sie an diesen Tagen in London ?“ Hier zählte er die Mordzeiten auf . „ Ja .“, antwortete Feigenbaum , bevor er in Schweigen verfiel .
Der Anwalt entschied sich tiefer in der Angelegenheit zu graben . Dabei stellte er fest , daß Feigenbaum überall in den USA und Europa umhergereist war und es überall dort auch Morde gegeben hat ; in Wisconsin hielt er sich auf , als dort eine Serie von Verstümmelungsmorden verübt wurde . Lawton sagte aus , daß er mit London kommuniziert hätte und nun beweisen könnte , daß Feigenbaum zur Zeit der Whitechapel – Morde dort war . Schließlich fragte Lawson Feigenbaum direkt , ob er für die Eastend – Taten verantwortlich sei und bekam zur Antwort : „ Nur dem Herren kann ich gestehen .“
Lawton hat Beweise für eine Theorie angeboten , daß sich Feigenbaum einfältig und sogar schwachsinnig stellte . Zum Beispiel hat er sich bei der Gerichtsverhandlung andauernd an Kopf und Brust gekratzt und fortwährend ausgerufen : „ Wie unklug von mir , einem Fremden zu vertrauen . Wie unklug von mir , einem Fremden zu vertrauen .“ In Wirklichkeit , sagte Lawson , war sein Klient gerissen und sehr intelligent . Er wies darauf hin , daß Feigenbaum sich als mittelloser Landstreicher ausgab , aber für sein eigenes Begräbnis 90 Dollar bezahlte . Auch konnte er sich kenntnisreich über Themen wie Chirurgie und Zergliederung unterhalten. Feigenbaum würde aber darüber schweigen , ob er auch praktische Fähigkeiten auf diesen Gebieten besaß . Lawton glaubte , daß der Mord an Frau Hoffman ein verpfuschter Ripper – Angriff und kein versuchter Raubüberfall war und daß sein Mandant den Körper nur wegen Michaels Hilfeschreie nicht zerstören konnte . Weiter wies Lawton auf einen Fachmann hin , der ihm von altem Blut auf dem Messer berichtete , offenbar ein Beweis für einen früheren Mord . Außerdem paßte Feigenbaum auf die Beschreibung des Mörders von Carrie Brown , genannt „ Shakespeare“, die 1891 in der Lower East Side von New York unter ähnlichen Bedingungen ums Leben kam , wie Frau Hoffman . Bestätigung für seinen Verdacht erhielt Lawton von Vernon M. Davis , der erklärte , daß es ihn nicht verwundern würde , wenn man beweisen könnte , daß Feigenbaum JtR war . Am Ende faßte Lawton seine Theorie in einem Satz zusammen : „ Der Mann war ein Teufel . Das Motiv für seine Tat war sein schrecklicher Wunsch nach Verstümmelung .“
Die Theorie von Trevor Marriott
Um die Theorie von Trevor Marriott zu verstehen , ist es wichtig , sich zuerst einmal seinem Buch von 2005 zu widmen . Darin hat er elf Ripper – Kandidaten untersucht , sie aber alle abgelehnt . Er meinte : „ Ich habe immer daran geglaubt , sollte die Identität von JtR jemals aufgedeckt werden , es jemand ist , der nie in Verdacht geriet und auch noch von keinem Forscher genannt wurde .“ Er erklärte weiter : „ Meine Vermutung war immer , daß der Ripper ein kaufmännischer Seemann gewesen ist .“ Dies ist auch die Grundlage seiner neusten Theorie . Nachdem der Mörder seine Untaten begangen hatte , ging er wieder an Bord und während er davon segelte , tappte die Polizei in den Straßen von Whitechapel umher und suchte nach jemandem , der viele Meilen weit fort war . Die Nähe von den Docks zu Whitechapel und Spitalfields war von Vorteil : Ein als Matrose gekleideter Mann würde in den Straßen nicht auffallen und er könnte schnell zurück zum Schiff , wo er sicher eine Waschgelegenheit besaß . Marriott erwähnte auch einen Artikel vom 6. Februar 1896 in der New York Sun , die von einer Mordserie in Managua , der Hauptstadt von Nicaragua , berichtete . Dies könnte damit erklärt werden , daß der Ripper eine geänderte Route segelte , von Europa nach Amerika . Marriott hat seine Aufmerksamkeit auf alle Schiffe gerichtet , die während der Morddaten in den London Docks angelegt hatten und dann schoß er sich aus Gründen , die nicht ganz klar sind , auf eine Gruppe von Hamburger und Bremer Seeleuten ein . Er fand heraus , daß die Schiffe der Norddeutschen Lloyd Linie , die aus Bremen kamen, die ganze Zeit , in der die Morde geschahen , im Hafen waren . Auch Segler aus Hamburg legten während dieser Zeit hier an und sogar am Mordtag von Francis Coles am 13.2.1891 . Er hat auch einen ripperähnlichen Fall in Flensburg , einer Stadt nahe der dänischen Grenze , ausgegraben . Marriott erklärte , daß die Schiffe aus Bremen hier ebenfalls angedockt haben . Leider gab es Probleme mit unvollständigen Aufzeichnungen und so konnte Marriott den Ripper nicht identifizieren und auch keinen plausiblen Verdächtigen nennen , weshalb sein Buch auch mit einem Fragezeichen endete . Allerdings hatte er die Art Mann im Hinterkopf : Es war ein deutscher Seemann auf einem Kauffahrteischiff , wahrscheinlich unverheiratet und ohne Verpflichtungen . Nach den Whitechapel – Morden wurde er wegen eines anderen Verbrechens verhaftet und zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilt . Carl Feigenbaum war ein perfekter Typ für diesen unbekannten Verdächtigen . Marriotts Theorie stützt sich sehr auf die Aussage von Lawton . Er gibt sich aber nicht mit dem Hinweis zufrieden , daß Feigen –baum durch Europa und Amerika reiste , sondern fügte eine Liste von Morddaten hinzu , an denen der Deutsche unterwegs war :
• Januar 1889 , Managua – Ermordung und Verstümmelung von 6 Prostituierten
• Oktober 1889 , Flensburg – Ermordung und Verstümmelung einer Prostituierten
• 11.4.1890 , Hurley , Wisconsin – Ermordung der Prostituierten Lottie Morgan
• 28.4.1890 , Benthen , Deutschland – Ermordung und Verstümmelung einer Frau
• 4.12.1890 , Bern , Schweiz – Ermordung und Verstümmelung eines Bauernmädchen
• 24.4.1891 , Jersey City – Ermordung und Verstümmelung von Carrie Brown
• 25.10.1891 , Berlin – Ermordung und Verstümmelung der Prostituierten Hedwig Nitsche
• 31.1.1892 , New Jersey – Ermordung von Elizabeth Senior
• 3.4.1892 , Berlin – Mord an einer Prostituierten
• 31.8.1894 , New York City – Mord an Juliana Hoffman
Marriott fügt seiner Liste noch hinzu , daß die ripperähnlichen Morde rund um die Welt aufhörten , nachdem Feigenbaum hingerichtet wurde . Er beendete seine Theorie mit den Worten : „ Ich bin fest davon überzeugt , daß Feigenbaum Jack the Ripper war und das sein Name in die Geschichte eingehen wird , als der berüchtigste Serienmörder der Welt . Dieser Mann war verantwortlich für eine Serie furchtbarer Morde an armen , unglücklichen , hilflosen Frauen auf drei Kontinenten über einen Zeitraum von sechs Jahren .“
Ein kritischer Blick auf Carl Feigenbaum
Er schreibt auch : „ Es wird weiter Ripper – Enthusiasten geben , die noch nicht überzeugt worden sind , daß das Geheimnis gelüftet wurde .“ Wäre Lawtons Aussage nicht gewesen , gebe es keinen Fall Feigenbaum ; niemand würde sich heute noch an diesen Mann erinnern . Schaut man sich die Worte von Lawson genauer an , dann treten einige Ungereimtheiten auf . Er sagte , daß Feigenbaum von der merkwürdigen Krankheit in der Todeszelle sprach , vor dem 26.10.1894, also schon sehr früh in einem langen Rechtsweg , der sich bis April 1896 hinstreckte . Der Anwalt hat die Idee der Unzurechnungsfähigkeit zur Verteidigung nicht benutzt , obwohl die Beweise im Mordfall Hoffman sehr schwerwiegend waren . Er brachte sie nicht zur Sprache während der Voruntersuchung , nicht während der Hauptverhandlung , sondern erst , als es um das Leben des Angeklagten ging . Lawson hat auch seinem Kollegen Pentecost nichts erzählt , weder von dem Geständnis , noch von seinem Verdacht bezüglich JtR und auch nicht von seinen transatlantischen Nachforschungen . Er offenbarte sich erst nach der Hinrichtung Feigenbaums und dann auch noch den Reportern . Das alles läßt schon die Grenze der Gutgläubigkeit brechen .
In einem Artikel , der in der New York Times erschien , kam auch der zweite Anwalt , Hugh Pentecost zu Wort . Er meinte : „ Ich mag meinem Kollegen die Geschichte nicht verderben , habe aber keine Aktien in der Angelegenheit . Mir ist nie etwas aufgefallen , das Feigenbaum mit Jack the Ripper in Verbindung bringen könnte . Aber Lawson kannte unseren Klienten besser als ich , kann also auch mehr über ihn erzählen . Ich habe sowieso nur durch einen Dolmetscher mit Feigenbaum gesprochen .“ Letzteres ist ein anderer interessanter Punkt . Das Englisch von Feigenbaum war sehr schlecht bis nicht existent . Nicht nur im Gespräch mit Pentecost , sondern auch bei der Gerichtsverhandlung mußte Feigenbaum einen Übersetzer in Anspruch nehmen . Dies wurde auch vom Ann Arbor Register bemerkt . „ Herr Lawson hat sich viel auf englisch mit Feigenbaum unterhalten , als dieser im Gefängnis saß , aber jedes Mal , wenn jemand anderes anwesend war , verlangte er nach einem Dolmetscher .“ Hat Feigenbaum wirklich englisch mit Lawton gesprochen , oder war dies nur eine Ausrede , um Lawtons Aussage glaubhaft zu machen , wie der Register vermutete ? Sprach Lawton etwa deutsch ? Wenn er es nicht tat , ist es schwer zu verstehen , wie Feigenbaum seinem Anwalt diese „ packende Leidenschaft“ in gebrochenem Englisch begreiflich machen konnte . Pentecost jedenfalls beharrt darauf , niemals mit Feigenbaum englisch gesprochen zu haben . Und es fällt schwer , sich einen nicht englisch sprechenden Ripper vorzustellen .
Obwohl von Lawson und von Marriott behauptet wurde , daß Feigenbaum überall in Amerika und Europa umhergereist war , wo Morde geschahen , können sie doch keine Beweise liefern.
Dies traf außerdem auch auf eine Menge anderer Matrosen zu . Von einiger Wichtigkeit ist die Aussage von Lawton , daß sich Feigenbaum zur Zeit einer Serie von Morden in Wisconsin aufgehalten haben soll . Dies ist offenbar eine Lüge . Zwar war Feigenbaum dort , das hatte ja auch sein Bruder berichtet , aber es gab dort nie irgendeine Serie von Verstümmelungs – morden . Auch was den Fall Lottie Morgan betrifft , sind Zweifel angebracht . Es kann nicht bewiesen werden , daß Feigenbaum am Morgen des 11. April 1890 in der Nähe von Hurley war . Marriott weist darauf hin , daß Schiffe der Norddeutschen Lloyd Linie am 9. 4. im Hafen von New York geankert haben und daß , sollte Feigenbaum auf einem von ihnen gewesen sein , er genug Zeit gehabt hätte , von New York nach Wisconsin zu kommen . Dies ist eindeutig lächerlich , denn es gab 1890 keine Möglichkeit in zwei Tagen von einem Ort zum anderen zu gelangen . Wahrscheinlicher ist es , daß Lottie Morgan von zwei Bankräubern mit einer Axt erschlagen wurde , weil sie zu viel wußte . Lawton hat alles Feigenbaum in die Schuhe geschoben , damit es besser zu seiner Theorie paßte .Warum sollte er Feigenbaums Geständnis mit Lügen aufpolstern , wenn es stimmte ? Auch muß Lawtons Aussage in Zweifel gezogen werden , daß ein vagabundierender Gärtnergehilfe und Matrose Ahnung von Chirurgie gehabt haben soll . Er konnte dafür keine Quelle angeben , aber es paßte eben besser zu der Geschichte , daß Feigenbaum JtR war . Allgemein wird vermutet , daß der Ripper ein Doktor oder Chirurg war . Diese Ansicht äußerte auch Dr. Forbes Winslow auf einem Ärztekongreß in New York . Er meinte : „ Die Whitechapel – Morde wurden von einem Medizinstudenten guter Familie verübt , dessen Gemüt vom Studium zerstört wurde . Sein Wahnsinn hat die Form religiöser Leidenschaft mit mörderischen Impulsen angenom –
men . Er wurde gefunden und in einem Straflager eingesperrt . Seit dem hat kein ähnlicher Mord mehr stattgefunden .“ Feigenbaum , so viel ist gewiß , hatte keine medizinische oder anatomische Ausbildung gehabt , wenn Anwalt Pentecost auch meinte : „ Seine Handschrift war viel besser , als man es bei einem Gärtner erwarten würde .“ Dies beweist zwar eine gute Erziehung , aber keine medizinische Ausbildung .
Der Glaube von Lawton , daß der Angriff auf Frau Hoffman ein Ripper – Mord war , ist schwer nach zu vollziehen . Sie wurde in ihrer eigenen Wohnung , in einem Zimmer , in dem auch ihr 16jähriger Sohn schlief , mit einem Messer getötet . Sie war keine Prostituierte , die er an der Straßenecke aufgegabelt , sondern eine Witwe , bei der er drei Tage gewohnt hatte . Raub scheint das offensichtliche Motiv gewesen zu sein , auch wenn Lawton etwas anderes behauptet . Die Tür zum Wandschrank , in dem sie ihr Geld aufbewahrte , stand offen , als sie ihre Handtasche dort herausnahm . Feigenbaum , der am nächsten Tag seine Miete bezahlen sollte und dies nicht konnte , hat wahrscheinlich , als die Hoffmans schliefen , den Schrank durchsucht . Eventuell wurde die Frau wach und hat ihn dabei erwischt . Es scheint fast unmöglich , sich ein anderes Szenario vorzustellen .
Und was ist mit der Verbindung zwischen Feigenbaum und Carrie Brown ? Kam der Ripper nach New York , um seine Überlegenheit gegenüber der dortigen Polizei zu beweisen ? Brown wurde in einem Hotel erdrosselt und verstümmelt , von einem Mann , der im Gäste –
buch als „ C. Kniclo“ eingeschrieben war und von dessen starkem Akzent man annahm , daß er deutsch gewesen sein könnte . War das Feigenbaum ? Der Mörder von Carrie Brown wird beschrieben : 5 Fuß 4 Zoll groß , dünn , 32 bis 35 Jahre alt , dünnes , blondes Haar , blonder Schnurrbart . Marriot erklärt , daß die Täterbeschreibung fragwürdig sei , da die Polizei nicht sicher war , ob er der Mörder war . Das ist falsch . In Wirklichkeit hat das NYPD die Daten an alle Polizeidienststellen , einschließlich an die in anderen Ländern geschickt . Es ist auch bekannt , daß sich eine Reihe großer , dünner und blonder Männer im Schleppnetz der Polizei verfingen . Mindestens eine Zeitung berichtete von dieser Verhaftungswelle .
Marriott wirft ein , daß „ Mr. Kniclo“ vielleicht nur ein ganz normaler Freier war und Brown den wahren Mörder erst später mit aufs Zimmer genommen hat . Dies scheint unmöglich , da das Hotel sehr bemüht war , nicht in den Ruf eines Bordells zu kommen . Daher durften eigentlich nur verheiratete Paare , oder solche , die sich dafür ausgaben , dort übernachten . Es ist Brown also nicht möglich gewesen , sich einen zweiten Kunden von der Straße zu holen .
Die Theorie von Marriott baut sehr auf Lawton auf . Der Anwalt meinte , Feigenbaum habe den Idioten nur gespielt und eine Armut nur vorgetäuscht . Schon möglich , aber das macht ihn noch lange nicht zum Serienmörder . Marriott bringt aber auch seine eigenen Beweise bei. Sein Vorschlag , daß der Ripper ein Matrose auf einem Handelsschiff sein könnte , ist aller –
dings nicht neu . Zur Zeit der Whitechapel – Morde hat schon Edward Larkin , Protokoll –
führer im Statistischen Zollamt , nach Schiffen im Londoner Hafen gesucht , die an den Mordtagen dort lagen . Er nannte drei Schiffe , die ihm besonders verdächtig vorkamen : „ City of Oporto“, „ City of Cork“, und „ City of Malaga“. Dazu lieferte er auch gleich noch einige Namen : Manuel Crux Javier , Jose Laurenco , Joao de Souza Machado und J. Da Rocha . Auch Dr.Winslow tippte auf einen Matrosen als Ripper . Ein anderer Mann , Charles Barber , fand heraus , daß die S.S. Alaska jedes Mal , wenn in Whitechapel ein Mord geschah, im Hafen von Liverpool lag . An Bord dieses Schiffes segelte Frederick Deeming , den Barber verdächtigte , der Ripper zu sein . Kürzlich erklärte mir Michael Conlon , daß Schiffe der Nationalen Linie an jedem Tag der Morde in den Docks waren . Diese Spur führt zu seinem Verdächtigen , Arbie La Bruckman , der für diese Linie arbeitete .
Das Problem ist , daß man die Idee mit einem Matrosen als Ripper durchaus glauben kann , es aber keinen Weg gibt , irgendeinen Seemann mit den Ripper – Morden in Verbindung zu bringen . Marriott legt sich aber auf die Norddeutsche Lloyd Linie fest , wenn er auch nicht sagen kann warum . Die NLL war eine riesige Reederei , mit hunderten Schiffen und tausenden Matrosen . Er kam aber auf Feigenbaum . Zusätzlich fuhr Feigenbaum aber nicht nur für dieser Linie . Er hätte daher zur Zeit der Whitechapel – Morde überall in der Welt sein können .
Nachdem die Morde aufgehört hatten , meinten einige Zeitungen , daß der Ripper sich in andere Gefilde begeben hat . Morde in Japan , Chile , Jamaika , Nicaragua , Mexiko , den USA , Frankreich , Italien , Österreich , Deutschland und Britannien wurden dem Ripper zugesprochen , oder zumindest als ripperähnlich bezeichnet . Es schien fast so , als hätte JtR jede Frau und jeden Mann , die mit einem Messer ermordet wurden , getötet . Wenn das Opfer auch noch eine Prostituierte war , dann hatte es sowieso der Ripper getan .
Auch Marriott ist der Meinung , daß einige dieser , von der Presse genannter Verbrechen , vom Ripper begangen wurden . Allerdings konnte er dafür keinerlei Beweise finden . Bis zu diesem Schreiben hat überhaupt niemand irgendwelche Serienmorde nachweisen können , die angeblich der Ripper verübt hat . Im Gegenteil : Viele dieser Verbrechen sind gar nicht geschehen . Zum Beispiel gab es in Jamaika keine Serie . Steven Ryder fand heraus , daß es sich hierbei um einen einzelnen Mord handelte , der zudem auch noch schnell aufgeklärt wurde . Ein anderer Mord an einer Prostituierten paßte gut zu der Tatsache , daß Feigenbaum ein Deutscher war . In Flensburg , einer nördlichen Hafenstadt , nahe Dänemark , wurde im Oktober 1889 eine Prostituierte umgebracht und verstümmelt . Marriott meinte , daß hier auch Schiffe der NLL angedockt haben . Zeitungen berichteten , daß dem Opfer ein Kehlschnitt zugefügt und ihr Unterleib geöffnet worden sei . Dieser vermutete Lustmord erwies sich als Schwindel . Das Opfer war ein junges Mädchen und keine Prostituierte und der angebliche Mord ein Unfall . Es war , wohlbemerkt , die New Yorker Presse , die die ganze Geschichte verdrehte und deutsche Journalisten zurückließ , die sich verwundert am Kopf kratzten . Es bestand definitiv keine Verbindung zu Jack the Ripper oder Carl Feigenbaum .
Am 4. Dezember 1890 wurde in einem Waldstück nahe Bern der leblose Körper eines Bauernmädchens gefunden . Auch hier deutet nichts auf Feigenbaum hin .
Der Mord an einer Frau in Beuthen ( an der Oder ? ) birgt einige Probleme für Marriotts Theorie . Die Tote war keine Prostituierte , sondern die Ehefrau eines Schneiders . Sie hatte ein Verhältnis mit einem Chirurgen namens Dr. Kudelko . Zuerst wurde ihr Mann verhaftet , aber als er ein Alibi nachweisen konnte , wurde er wieder entlassen . Während ihrer Ermittlungen stieß die Polizei auch auf den Arzt . Auch er wurde festgenommen . Die Tatsache , daß ihr Gesicht angegriffen wurde , weist darauf hin , daß sie den Täter eventuell gekannt hat . Die Verletzungen an ihrem Körper scheinen von jemandem „ geschickt ausgeführt“ worden zu sein . Auch der Umstand , daß die Leiche direkt hinter dem Kranken –
haus gefunden wurde , an dem Dr. Kudelko arbeitete , weist auf eine tragische Dreiecks –
beziehung hin . Marriotts Problem ist jetzt , daß diese Frau erst drei Tage nach Brown getötet wurde .Lawton hat den Mord an Brown als Beweis gegen Feigenbaum angeführt , daß dieser der Ripper ist . Nun muß Marriott diese Tat zugunsten des Beuthen - Falls fallen lassen . Wenn dieses Verbrechen aber eine Beziehungstat war , dann gibt es keine Verbindung zu Feigenbaum . Also ändert er das Datum vom 27.4.1891 auf den 28.4.1890 .
Am 25. Oktober 1891 wurde die Prostituierte Hedwig Nitsche in der Holzmarktgasse im nördlichen Teil von Berlin ermordet . Sie betrat gerade mit einem Freier ihre kleine Keller –
wohnung , als der Mann sie mit einem Messer angriff . Zur gleichen Zeit kam die ebenfalls als Prostituierte arbeitende und das gleiche Zimmer benutzende Frau Mueller mit einem Kunden nach Hause und öffnete die Tür . Der Mörder konnte die Mueller , den Kunden und die Haus- wirtin , eine Frau namens Poetsch , zur Seite stoßen und davonlaufen . Eine Weile verfolgten sie ihn noch , dann entkam er leider . Hedwig Nitsche lag indessen mit einem Kehlschnitt in ihrem eigenen Blut am Boden . Der Täter wurde beschrieben , als etwa 20 Jahre alt , von mittlerer Größe , mit blondem Haar und Schnurrbart . Dies war offensichtlich nicht Feigen –
baum . Marriott erklärte zuerst , daß es keine Beschreibung gegeben hätte , meinte aber später, daß zwar eine existierte , diese aber nicht mit Feigenbaum übereinstimmte . Allerdings sei der ganze Ripper – Fall voller ungenauer und irreführender Beschreibungen . Da es mehrere Augenzeugen gab , finde ich , sollte man die Fakten nicht so leichtfertig abtun , nur weil sie ein Loch in die eigene Theorie reißen .
Weil Feigenbaum viel durch die USA gereist ist und Marriott glaubt , daß dieser überall dort getötet hat , wo er gerade hinkam , sind die Morde in Amerika ein wichtiger Punkt in Marriotts Darstellung von dem deutschen Seemann . Leider kann er sie in keinster Weise mit dem Deutschen in Verbindung bringen . Die Liste von Morden , die Feigenbaum laut Marriott begangen haben soll , umfaßt nicht nur Prostituierte , sondern auch Hausfrauen und junge Mädchen . Die Tatwerkzeuge waren zwar überwiegend Messer , aber auch eine Axt und die bloßen Hände . Einige Verbrechen sind nie geschehen , nur in den Köpfen von Zeitungs –
reportern . Einem einzelnen Mann alle diese Taten anzudichten , schlägt fehl . Es gibt außer –
dem andere Verdächtige für diese genannten Fälle , die weit mehr passen als Feigenbaum und von denen tatsächlich auch einige zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt wurden . Marriott erklärt , daß es nach der Verhaftung Feigenbaums 1894 keine weiteren Ripper – Morde mehr gegeben hat . Dies ist einfach nicht wahr . Morde , die JtR zugeschrieben wurden und die seinen Namen zurück in Erinnerung riefen , gab es rund um die Welt bis ins nächste Jahrhundert hinein . Ein Beispiel dafür ist die Ermordung und Verstümmelung der Prostituier-
ten Sarah Martin 1903 in New York , wobei dieser Fall später gelöst wurde .
Fazit
War Carl Feigenbaum der Ripper ? Es scheint unwahrscheinlich . Dem Wort von William Lawton , auf dem der ganze Fall beruht , ist nicht zu vertrauen . Ein eventuelles Geständnis hat , außer ihm niemand gehört . Der Beichtvater lehnte einen Kommentar dazu ab . Eine Verbindung nach Whitechapel konnte nicht geknüpft werden . Einige Taten erwiesen sich als Zeitungsenten .
Marriott argumentiert , daß es für Lawton keinen Sinn macht , sich die Geschichte auszudenken . Was hätte er damit gewonnen ? Das sind Fragen , die wir nicht beantworten können .
Trevor Marriott hat zuerst einen Fall um einen Seemann konstruiert , der dann später ein Deutscher wurde . Schließlich entdeckte er in Feigenbaum den idealen Mann für seine Theorie . Hätte es ein deutscher Matrose sein können , oder ein amerikanischer , oder ein portugiesischer , oder ein malaiischer ? Selbstverständlich ! Hätte es ein Metzger , Bäcker , Kesselflicker , Schneider , Bettler oder Dieb sein können ? Selbstverständlich ! Hätte es Carl Feigenbaum sein können ? Nicht mit diesem völligen Mangel an Beweisen !
Wunschdenken löst dieses Rätsel nicht .