Autor Thema: Arbeitshaus  (Gelesen 29388 mal)

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Stordfield

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Arbeitshaus
« am: 03.07.2008 10:53 Uhr »
Hallo !

Was ein Armenhaus ist , kann man hier im Forum an vielen Stellen nachlesen . Was aber versteht man unter einem Arbeitshaus ? Ist das soetwas wie ein Gefängnis , eine Art Arrest für " kleine Fische " ? Man ging dort ja nicht einfach hin , sondern wurde wohl eingewiesen , so wie das auch bei A. Kosminski der Fall war .
Ich würde mich über nähere Informationen sehr freuen .

Gruß Stordfield

Offline Isdrasil

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Re: Arbeitshaus
« Antwort #1 am: 03.07.2008 11:43 Uhr »
Hi Stordfield

Stimmt, das ist eine gute Frage. Habe mir auch noch nie Gedanken darüber gemacht…ich stelle mir das immer wie Sozialstunden hierzulande vor…also, nicht, dass ich darin Erfahrung hätte…ähem… :icon_rolleyes:

Würde mich jedenfalls auch interessieren.

Grüße, Isdrasil

Stordfield

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Re: Arbeitshaus
« Antwort #2 am: 03.07.2008 12:04 Uhr »
Hallo !

Ich habe selbst mal nachgeschaut , ob ich etwas finde und - voila !
Vielleicht interessiert es ja jemanden .
Arbeitshaus
aus Krimpedia, der freien Wissensdatenbank

Ein Arbeitshaus ist eine Einrichtung des rechtsförmigen Freiheitsentzugs. Wer in ein Arbeitshaus kommt, bestimmen Polizei und/oder Justiz. In der Praxis sind die Insassen von Arbeitshäusern so gut wie immer Arme: einfache Arme, arme Bettler, arme Landstreicher, arme Prostituierte, arme Haftentlassene oder andere Angehörige der einkommensschwächsten sozialen Schichten. Der Aufenthalt in einem Arbeitshaus dauert normalerweise einige Monate oder (wenige) Jahre und dient einerseits (offiziell) der Einübung von Arbeitstugenden, andererseits (de facto) vor allem der Abschreckung und Disziplinierung derjenigen Populationen außerhalb der Arbeitshäuser, die angesichts der Drohung mit dem Arbeitshaus zu allerlei Dingen zu bewegen sind, die sie sonst nicht (freiwillig) täten.

Der Ursprung der Einrichtung wird weniger im Londoner "Bridewell" (ca. 1555) als vielmehr in den Zucht- (und Arbeits-) Häusern des ausgehenden 16. Jahrhunderts in Amsterdam gesehen (Tuchthuis; Rasphuis). Die in Deutschland seit dem Ende des 18. Jahrhunderts (Allgemeines Preußisches Landrecht von 1794) existierende Möglichkeit der strafrichterlichen Einweisung in ein Arbeitshaus wurde 1969 abgeschafft - zu einer Zeit, in der diese Institution auch anderswo in Europa aus den Gesetzen gestrichen wurde. Zu untersuchen bleibt, wo das Arbeitshaus unter diesem oder einem anderen Namen womöglich noch heute - jenseits der Metapher oder Analogie ("die heutigen Arbeitshäuser heißen Burger King und McDonald's") existiert.

Der Weg in das Arbeitshaus verlief grundsätzlich nach dem Schema: Armut und Abweichung (Bettelei, Landstreicherei, Prostitution, Diebstahl), Aufgreifen durch die Polizei; danach entweder direkte Einweisung durch die Polizei oder aber eine richterliche Verurteilung wegen kleiner Delinquenz zu einer verhältnismäßig geringen Sanktion (einige Tage oder höchstens sechs Wochen Haft), gefolgt von einer (bis zu zwei Jahre andauernden) sog. korrektionellen Nachhaft in einem Arbeitshaus. Nach dem deutschen Strafgesetzbuch reichte eine Nacht im Polizeigefängnis wegen einer Übertretung (nach § 361 des Reichs-Strafgesetzbuchs) - oder auch eine Haft von bis zu sechs Wochen wegen einer Übertretung - um sodann bis zu zwei Jahre Arbeitshaus zu bekommen, also zusammen 772 Tage in Haft zu verbringen (vgl. Ayass 1993).

Stordfield

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Re: Arbeitshaus
« Antwort #3 am: 03.07.2008 12:10 Uhr »
Hallo !

Und hier noch ein sehr interessanter Beitrag von Friedrich Engels :

( Teil 1 )

Im Arbeitshause zu Greenwich wurde im Sommer 1843 ein fünfjähriger Knabe drei Nächte zur Strafe in die Totenkammer gesperrt, wo er auf den Deckeln der Särge schlafen mußte. - Im Arbeitshause zu Herne geschah dasselbe mit einem kleinen Mädchen, das während der Nacht das Bett nicht trocken hielt; diese Art Strafe scheint überhaupt sehr beliebt zu sein. Dies Arbeitshaus, das in einer der schönsten Gegenden von Kent liegt, zeichnet sich auch dadurch aus, daß alle Fenster nach innen, nach dem Hofe zu gehen und bloß zwei neugebrochene den Bewohnern desselben einen Blick in die Außenwelt gestatten. Der Schriftsteller, der dies im "Illuminated Magazine" erzählt, schließt seine Schilderung mit den Worten:

"Wenn Gott den Menschen für Verbrechen so bestraft, wie der Mensch den Menschen straft für die Armut, dann wehe den Söhnen Adams!"

Im November 1843 starb zu Leicester ein Mann, der zwei Tage vorher aus dem Arbeitshause zu Coventry entlassen worden war. Die Details über die Behandlung der Armen in dieser Anstalt sind empörend. Der Mann, George Robson, hatte eine Wunde an der Schulter, deren Kur gänzlich vernachlässigt wurde; er wurde an die Pumpe gestellt, um sie mit dem gesunden Arm in Bewegung zu setzen; dabei bekam er nur die gewöhnliche Armenhauskost, die er wegen der Schwächung seines Körpers durch die unbeachtete Wunde nicht verdauen konnte; er wurde notwendig schwächer, und je mehr er klagte, desto brutaler wurde die Behandlung. - Wenn seine Frau, die auch im Arbeitshause war, ihm ihr bißchen Bier bringen wollte, so wurde sie gescholten und mußte es in Gegenwart der Aufseherin austrinken. Er wurde krank, aber auch dann keine bessere Behandlung. Zuletzt wurde er auf sein Begehren mit seiner Frau unter dem Geleite der beleidigendsten Ausdrücke entlassen. Zwei Tage darauf starb er in Leicester, wie der bei der Totenschau gegenwärtige Arzt erklärte, infolge der vernachlässigten Wunde und der für seinen Zustand schlechterdings unverdaulichen Kost. Bei seiner Entlassung wurden ihm Briefe eingehändigt, in denen Geld für ihn war, die sechs Wochen lang zurückgehalten und nach einer Regel des Etablissements vom Vorsteher eröffnet worden waren! - Im Arbeitshause zu Birmingham fielen so schändliche Dinge vor, daß endlich im Dezember 1843 ein Beamter abgeschickt wurde, um die Sache zu untersuchen. Er fand, daß vier Trampers (wir haben oben eine Erklärung dieses Ausdrucks gehabt) in ein Hundeloch (black-hole) unter der Treppe nackend eingesperrt und 8 bis 10 Tage in diesem Zustande gehalten worden waren, oft hungrig, ohne vor Mittag etwas zu essen zu erhalten, und in der strengsten Jahreszeit. Ein kleiner Junge war durch sämtliche Strafgefängnisse der Anstalt geschickt worden, zuerst in eine feuchte, gewölbte, enge Rumpelkammer, dann zweimal ins Hundeloch, das zweite Mal drei Tage und drei Nächte, dann ebensolange ins alte Hundeloch, was noch schlechter war, dann ins Trampzimmer, ein stinkendes, ekelhaft schmutziges, enges Loch mit hölzernen Schlafpritschen, wo der Beamte bei seiner Revision noch zwei zerlumpte, vor Kälte zusammengekrochene Knaben fand, die bereits vier Tage dort gesessen hatten. Im Hundeloch saßen oft sieben und im Trampzimmer oft zwanzig Trampers zusammengepfropft.. Auch Weiber waren zur Strafe, weil sie nicht in die Kirche gehen wollten, ins Hundeloch gesteckt, und eine war sogar vier Tage ins Trampzimmer gesperrt worden, wo sie Gott weiß was für Gesellschaft fand, und alles das, während sie krank war und Medizin einnahm! Ein anderes Weib war zur Strafe ins Tollhaus geschickt worden, obwohl sie vollkommen bei Verstande war. - Im Arbeitshause zu Bacton in Suffolk war im Januar 1844 eine ähnliche Untersuchung, woraus hervorging, daß hier eine Blödsinnige als Krankenwärterin angestellt war und allerlei verkehrtes Zeug mit den Kranken trieb, und daß Kranke, die nachts oft unruhig waren oder aufstanden, mit über dem Bettzeug und unter dem Bette her geführten Stricken festgebunden. wurden, um den Wärterinnen die Mühe des Aufbleibens zu ersparen - ein Kranker wurde in diesem Zustande tot gefunden. Im Armenhause von St. Pancras, London, wo die billigen Hemden verfertigt werden, erstickte ein Epileptischer während eines Anfalls im Bette, ohne daß ihm jemand zu Hülfe gekommen wäre. In demselben Hause schlafen vier bis sechs, ja zuweilen acht Kinder in einem Bette. - Im Shoreditch-Arbeitshause in London wurde ein Mann eine Nacht mit einem Kranken, der im heftigsten Fieber lag, in ein Bett gesteckt, und das Bett war noch dazu voll Ungeziefer. - Im Arbeitshause zu Bethnal Green, London, wurde eine im sechsten Monat schwangere Frau mit ihrem noch nicht zweijährigen Kinde vom 28. Februar bis 20. März 1844 im Empfangszimmer eingeschlossen, ohne ins Arbeitshaus selbst aufgenommen. zu werden - von Betten und Orten der Befriedigung der natürlichsten Bedürfnisse keine Spur. Ihr Mann wurde ins Arbeitshaus gebracht, und als er bat, man möge seine Frau aus ihrer Einsperrung befreien, erhielt er für diese Insolenz vierundzwanzig Stunden Arrest bei Wasser und Brot. - Im Arbeitshause zu Slough bei Windsor lag im September 1844 ein Mann am Tode; seine Frau reiste hin, kam nachts zwölf Uhr an, eilte zum Arbeitshause und wurde nicht zugelassen; am nächsten Morgen erst erhielt sie Erlaubnis, ihn zu sehen, und auch dann nur für eine halbe Stunde und in Gegenwart der Aufseherin, die bei jedem folgenden Besuch der Frau sich zudrängte und ihr nach einer halben Stunde sagte, jetzt müsse sie gehen. - Im Arbeitshause zu Middleton in Lancashire waren zwölf, zuzeiten achtzehn Paupers beiderlei Geschlechts, die in einem Zimmer schliefen. Diese Anstalt steht nicht unter dem neuen, sondern einem frühern, exzeptionellen Armengesetz (Gilbert's Act). Der Inspektor hatte eine Brauerei für seine Rechnung im Arbeitshause angelegt. - In Stockport wurde am 31. Juli 1844 ein 72jähriger Greis aus dem Armenhause vor den Friedensrichter geschleppt, weil er sich weigerte, Steine zu klopfen, und vorgab, wegen seines Alters und eines steifen Knies könne er diese Arbeit nicht tun. Vergehens erbot er sich, irgendeine Arbeit zu übernehmen, die seiner Körperstärke angemessen sei - er wurde zu 14 Tagen Zwangsarbeit auf der Tretmühle verurteilt. - Im Arbeitshause zu Basford fand ein revidierender Beamter im Februar 1844, daß die Bettücher in dreizehn Wochen, die Hemden in vier Wochen, die Strümpfe in zwei bis zehn Monaten nicht gewechselt worden waren, so daß von fünfundvierzig Knaben nur drei noch Strümpfe hatten und die Hemden alle zerlumpt waren. Die Betten wimmelten von Ungeziefer, und die Eßnäpfe wurden aus den Urineimern gewaschen. - Im West-Londoner Armenhause war ein Portier, der syphilitisch war und seine Krankheit vier Mädchen mitgeteilt hatte, dennoch nicht entlassen worden, und ein andrer Portier nahm ein taubstummes Mädchen aus einem der Zimmer, verbarg sie vier Tage in seinem Bett und schlief bei ihr. Auch er wurde nicht weggeschickt.

 

Offline Isdrasil

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Re: Arbeitshaus
« Antwort #4 am: 03.07.2008 12:11 Uhr »
Also mich hat`s interessiert. Dankeschön!  :icon_thumb:

Oh...noch ein Beitrag...nur her damit...

Stordfield

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Re: Arbeitshaus
« Antwort #5 am: 03.07.2008 12:12 Uhr »
( Teil 2 )

Wie im Leben, so im Tode. Die Armen werden auf die rücksichtsloseste Weise, wie krepiertes Vieh, verscharrt. Der Armenkirchhof von St. Bride, London, ist ein nackter Morast, der seit Karl II. zum Kirchhof benutzt wird, voll Knochenhaufen; jeden Mittwoch werden die verstorbenen Paupers in ein 14 Fuß tiefes Loch geworfen, der Pfaff rasselt eiligst seine Litanei ab, das Loch wird lose verscharrt, um nächsten Mittwoch wieder geöffnet und solange mit Leichen gefüllt zu werden, bis keine mehr hineingeht. Der Verwesungsgeruch davon verpestet die ganze Nachbarschaft. - In Manchester liegt der Armenkirchhof der Altstadt gegenüber am Irk, ebenfalls ein wüster, unebener Platz,. Vor etwa zwei Jahren wurde eine Eisenbahn durchgeführt. Wäre es ein respektabler Kirchhof gewesen, wie würde die Bourgeoisie wie die Geistlichkeit Zeter über Entheiligung geschrien haben! Aber es war ein Armenkirchhof, es war die Ruhestätte von Paupers und Überflüssigen, und so genierte man sich durchaus nicht. Man nahm sich nicht einmal die Mühe, die noch nicht ganz verwesten Leichen auf die andere Seite des Kirchhofs zu bringen, man scharrte auf, wie es gerade diente, und schlug Pfähle in frische Gräber, so daß das mit verwesenden Stoffen geschwängerte Wasser des sumpfigen Bodens oben herausquoll und die Umgebung mit den widerlichsten und schädlichsten Gasen erfüllte. Ich mag die ekelhafte Roheit, die hier an den Tag kam, nicht weiter in ihren Details schildern.

Wird man sich noch wundern, daß die Armen sich noch weigern, die öffentliche Unterstützung unter diesen Bedingungen anzunehmen? daß sie lieber verhungern als in diese Bastillen gehen? Mir liegen fünf Fälle vor, wo die Leute wirklich und geradezu verhungerten und noch wenige Tage vor ihrem Tode, als ihnen die Armenverwaltung die Unterstützung außer dem Arbeitshause abschlug, lieber in ihre Not zurück als in diese Hölle gingen. Insofern haben die Armengesetzkommissäre ihren Zweck vollkommen erreicht. Aber zu gleicher Zeit haben die Arbeitshäuser auch die Erbitterung der arbeitenden Klasse gegen die besitzende, die zum größten Teil für das neue Armengesetz schwärmt, höher gesteigert als irgendeine Maßregel der machthabenden Partei. Von Newcastle bis Dover ist unter den Arbeitern nur eine Stimme der Empörung über das neue Gesetz. Die Bourgeoisie hat in ihm ihre Meinung über ihre Pflichten gegen das Proletariat so deutlich ausgesprochen, daß sie auch von den Dümmsten verstanden wurde. So geradezu, so unverhohlen war es noch nie behauptet worden, daß die Besitzlosen nur da sind, um sich von den Besitzenden ausbeuten zu lassen und um zu verhungern, wenn die Besitzenden von ihnen keinen Gebrauch machen können. Darum aber hat dies neue Armengesetz auch so wesentlich zur Beschleunigung der Arbeiterbewegung und namentlich zur Verbreitung des Chartismus beigetragen, und da es auf dem Lande am meisten in Ausführung gekommen ist, so erleichtert es die Entwicklung der proletarischen Bewegung, die den Landdistrikten bevorsteht.

Fügen wir noch hinzu, daß auch in Irland seit 1838 ein gleiches Armengesetz besteht, das für 80 000 Paupers dieselben Asyle vorbereitet. Auch hier hat es sich verhaßt gemacht und würde sich noch verhaßter gemacht haben, wenn es irgendwie zu der Wichtigkeit hätte kommen können, die es in England erreichte. Aber was bedeutet die schlechte Behandlung von 80 000 Proletariern in einem Lande, wo es ihrer dritthalb Millionen gibt! - In Schottland existieren, mit lokalen Ausnahmen, gar keine Armengesetze.

Ich hoffe, nach dieser Schilderung des neuen Armengesetzes und seiner Wirkungen wird man kein Wort zu hart finden, was ich von der englischen Bourgeoisie gesagt habe. In dieser öffentlichen Maßregel, wo sie in corpore als Macht auftritt, spricht sie es aus, was sie eigentlich will, was sie mit all den kleineren, dem Scheine nach nur auf einzelne Tadel werfenden Handlungen gegen das Proletariat meint. Und daß diese Maßregel nicht nur von einer Sektion der Bourgeoisie ausging, sondern den Beifall der ganzen Klasse genießt, das beweisen unter andern die Parlamentsdebatten von 1844. Die liberale Partei hatte das neue Armengesetz erlassen, die konservative, ihren Minister Peel an der Spitze, verteidigt sie und ändert nur einige Lumpereien daran in der Poor-Law-Amendment-Bill von 1844. Eine liberale Majorität gab, eine konservative bestätigte das Gesetz, und die edlen Lords gaben ihr "Content" beide Male. So ist die Ausstoßung des Proletariats aus Staat und Gesellschaft ausgesprochen; so ist es offen erklärt, daß die Proletarier keine Menschen sind und nicht als Menschen behandelt zu werden verdienen. Überlassen wir es ruhig den Proletariern des britischen Reichs, sich ihre Menschenrechte wiederzuerobern.3)

JohnEvans

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Re: Arbeitshaus
« Antwort #6 am: 04.07.2008 18:47 Uhr »
Soweit ich über die Institution des ViIktorianischen Arbeitshauses informiert bin, war es eigentlich KEIN Gefängnis, scheint aber wohl hie und da in dieser Funktion benutzt worden zu sein, bzw wurde einige von ihnen von skrupellosen Verwaltern mißbräuchlich geführt.

Aber abgesehen davon, gingen die Ärmsten der Ärmsten irgendwie "freiwillig" hin, um wenigstens eine zeitlang Essen und Unterkunft zu haben. Gezwungen dazu wurden sie nicht, es war eben der letzte Ausweg - entweder das oder Verhungern.

http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitshaus

JE

Stordfield

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Re: Arbeitshaus
« Antwort #7 am: 05.07.2008 15:09 Uhr »
Hallo !

Was für ein besch... Leben muß das gewesen sein , wo man nur diese Wahl hat .

Gruß Stordfield

Offline Isdrasil

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Re: Arbeitshaus
« Antwort #8 am: 05.07.2008 15:24 Uhr »
Hi

Wenn du mich fragst, ein mehr als besch.....!

Aber Johnny ( :icon_wink:) hat recht - habe ganz vergessen, dass auch Joseph Merrick eine zeitlang freiwillig in ein Arbeitshaus in Leicester ging, um ein Beispiel zu nennen. Ist also so ein Mittelding zwischen freiwilliger und gezwungener Erniedrigung...

Grüße, Isdrasil

Stordfield

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Re: Arbeitshaus
« Antwort #9 am: 02.03.2013 12:06 Uhr »
Hallo!

Was ist ein workhouse infirmary? Ein kombiniertes Arbeits- Krankenhaus? Ein Arbeitshaus mit angeschlossener Krankenstation? Was machte ein erwiesenermaßen Wahnsinniger (D.Cohen) hier? Wohl kaum arbeiten, oder? :scratch_one-s_head:

Gruß Stordfield

Offline Lestrade

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Re: Arbeitshaus
« Antwort #10 am: 02.03.2013 13:16 Uhr »
Hi,

Workhouse Infirmary bedeutet eine Kombination von Krankenhaus/Krankenstation und einem Armenhaus. Kurz gesagt, Arme, Mittellose, Bettler wurden dort kostenlos, ohne Gebühr, behandelt und versorgt. Kein Wunder, denn im East End war das wirklich nötig. Die hatten natürlich auch ihre “Insane wards“, ihre Abteilungen für Irre.

Gruß.
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Offline Isdrasil

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Re: Arbeitshaus
« Antwort #11 am: 02.03.2013 18:53 Uhr »
Hi Stordfield,

da kann ich mal auf die Schnelle mit zwei sehr informativen Links dienen (beide auf Englisch).
Zuerst ein Link zu einer umfangreichen Seite über das Leben im viktorianischen London:
http://www.victorianlondon.org/index-2012.htm
Und noch ein Link zu einer Seite speziell über Workhouses:
http://www.workhouses.org.uk/

Ein Workhouse in seiner Grundform bietet Armen eine Unterkunft, die im Gegenzug ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen (unentgeltlich). Alles in allem eine zwiespältige und keineswegs soziale Institution, allerdings per Gesetz freiwillig. Wer gehen wollte, konnte gehen, auch wenn die wartende Obdachlosigkeit natürlich einen gewissen Druck zum Bleiben ausübte.
"Virtually all workhouses had a small infirmary room or block for the care of sick inmates."
Die Arbeitshäuser hatten also ebenso eine Pflegeabteilung, auch wenn bis zum Jahre 1863 keine einzigste gelernte Krankenschwester in den Workhouses außerhalb Londons arbeitete. Die meisten konnten nicht lesen, was zu Problemen mit den Etiketten der Medikamente führte, und ebenso darf man nicht vergessen, dass die Pflege der Insassen auch die Pflege von Arbeitskräften bedeutete und - unter vorgehaltener Hand - zahlreiche menschliche "Versuchstiere" für neue medizinische Produkte vorhanden waren.
Unterm Strich also ganz üble Zustände, die später sogar dazu führten, dass die Workhouse-Krankenstationen per Gesetz von den anderen Abteilungen getrennt existieren mussten:
"As a result of such reports, the government was forced into action and in 1867 the Metropolitan Poor Act was passed, requiring London workhouses to locate their hospital facilities on separate sites from the workhouse."
Dadurch erhoffte man sich natürlich größere Transparenz, ebenso qualifiziertes, da spezialisierteres Personal.

Ein Workhouse ist per se nicht dazu da, um die Armen zu pflegen. Das sagt der Name schon. Man kannte die üblen Zustände, war allerdings mit sozialen Problemen derart überfordert, dass man keine andere Lösung finden konnte. Auch wenn mit der Zeit die Institution der Arbeitshäuser ausgereifter wurde, bleibt ein fader Beigeschmack.
Wenn Du mich also fragst, waren Arbeitshäuser zwar ein Versuch, aber ein äußerst missglückter und fragwürdiger, Arme in ein gesellschaftliches Leben zu resozialisieren. Dazu gab es aber - wie in jeder Gesellschaft zu jeder Zeit - viel zu viele schlechte Charaktere auf entsprechenden Hierarchieebenen, und zudem waren die Zeit und die Kenntnisse der Menschen noch nicht ausgereift genug.

Grüße, Isdrasil
« Letzte Änderung: 02.03.2013 19:16 Uhr von Isdrasil »

Offline Lestrade

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Re: Arbeitshaus
« Antwort #12 am: 02.03.2013 19:35 Uhr »
Wie so etwas aufgebaut war, findest Du auch hier in einem Übersichtsplan:

http://www.workhouses.org.uk/CityOfLondon/
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Andromeda1933

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Re: Arbeitshaus
« Antwort #13 am: 03.03.2013 14:43 Uhr »
Wenn Du mich also fragst, waren Arbeitshäuser zwar ein Versuch, aber ein äußerst missglückter und fragwürdiger, Arme in ein gesellschaftliches Leben zu resozialisieren. Dazu gab es aber - wie in jeder Gesellschaft zu jeder Zeit - viel zu viele schlechte Charaktere auf entsprechenden Hierarchieebenen, und zudem waren die Zeit und die Kenntnisse der Menschen noch nicht ausgereift genug.


Ich erinnere mich an einen uralten Film mit Mickey Rooney, wo es um "Resozialisierung" obdachloser Jugendlicher in der 30er Jahren in den U.S.A. ging. Es erinnerte freilich mehr an einen Gulag. Zum Glück enden weltweit die Tage brutaler Behandlung in Heimen und anderen Einrichtungen endlich, aber zuvor war die Antwort des Staates auf "aus den Fugen geratenen Menschen" doch immer nur härtester Drill und Lieblosigkeit. Das kam doch einfacher und billiger, Menschen auf eine gesellschaftliche "Norm" zurecht zu drücken, als individueller auf sie ein zu gehen.
Andromeda

Offline Lestrade

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Re: Arbeitshaus
« Antwort #14 am: 03.03.2013 14:56 Uhr »
The Working Lads´ Institute Whitechapel, schaut euch auch das mal an. Es ist eben nicht alles Gold was glänzt:

http://www.nationalarchives.gov.uk/a2a/records.aspx?cat=074-acc1926&cid=3#3
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