Autor Thema: Würgemale  (Gelesen 38394 mal)

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Dronte

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Würgemale
« am: 09.04.2005 14:14 Uhr »
Hier sollen Zeichen des Erstickens/Erwürgens deutlich gemacht und diskutiert werden.

Dronte

  • Gast
Symptome der Asphyxie und arteriovenöser Kompression im Kopf
« Antwort #1 am: 09.04.2005 14:20 Uhr »
Würgemale frontal und dorsal, eigentlich DAS Zeichen einer Würgeattacke.

Bild Erwürgen dors2

Das alkoholisierte Opfer wurde vom Täter in Bauchlage erwürgt, wobei der Täter rittlings auf dem Rücken des Opfers saß. Nach der Tat drehte der Mörder das Opfer um und “richtete es her” für die Auffindung, ein sog “staged murder”.
Die weißen Punkte bezeichnen von unten nach oben:
Breite Würgemarke rings um den Hals, hervorgerufen durch die fest umschließenden Hände des Täters.
Blutaustritt aus dem Mund.
Blutaustritt aus der Nase
Zum Blutaustritt aus Mund und Nase kommt es, wenn die Luftröhre des Opfers durch den Druck der Hände so stark komprimiert wird, daß sie einreißt. Das einströmende Blut löst in den Bronchien einen Hustenreflex aus. Mit einem letzten, krampfhaften Husten, dessen Druck den der würgenden Hände übersteigt, wird Blut aus Mund und Nase befördert.

Bild Würgemale
Das echte frontale Erwürgen. Nur die Daumen des Täters üben festen Druck auf Halsgefäße und Luftröhre des Opfers aus, seine restlichen Finger umschließen den Hals und dienen als Gegenlager. Das Opfer wehrte sich, so mußte der Täter seine Daumen mehrfach ansetzen, wodurch mehrere Umpositionierungsabdrücke entstanden.
Zu obduzierende Leichen werden nach den Crime-Scene-shots und der in situ erfolgenden Spurensicherung (Haare, Fasern, Fremdkörper etc.) in das Schauhaus oder ein anderes forensisches Institut gebracht. Nach der dort nochmals stattfindenden äußeren Inspektion werden sie gewaschen, um bislang verdeckte Spuren zu finden. Was seht Ihr nun an dieser Leiche?
Richtig! Nasse Haare, das Relikt des Waschens, die Tücher sind nichts anderes als Trockentücher. Ihr habt Euch bestimmt schon mal gestoßen und Euch dabei ein saftiges Hämatom geholt. Zuerst ist der Fleck rot, dann tiefrot und wird innerhalb der nächsten 2 Tage schön blau-violett. Dann verblaßt er langsam und wird grünlich, zum Schluß aber gelb. Dies beruht auf dem Abbau des Porphyrin-Ringes in unserem roten Blutfarbstoff Hämoglobin im Gewebe zu Bilirubin (blau-rot), Biliverdin (grünlich) und Urobilin (gelblich). Unter Sauerstoffzufuhr, denn Ihr atmet ja weiter, dauert dieser Prozeß bis zu 3 Wochen, abhängig von der Größe der Gewebeschädigung. Leichen aber atmen nicht mehr, der Vorgang geschieht viel schneller und stoppt auf der Bilirubin-Stufe. In der Tat sind solche typischen Hämatome schon nach einem Tag fast schwarz-violett, da ohne Sauerstoff das Bilirubin nicht weiter katabolisiert werden kann.
Die kleinen Blutspuren auf den Tüchern mögen von kleinen Hautverletzungen herrühren. Ihr könnt Euch vorstellen, daß nicht jeder Täter sich vor der Tat die Fingernägel schneidet. Man findet dann am Rand der Würgemale kleine, sichelförmige Einrisse, die genau daher kommen.

Butcher

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Würgemale
« Antwort #2 am: 09.04.2005 14:57 Uhr »
FRAGE:
Wenn das Opfer sich verzweifelt wehrt, dann wäre es denkbar das es
den Täter kratzt, tritt, schlägt oder anderweitig verletzt.
Wenn man damals schon konkrete Verdächtige gehabt hat/hätte,
man hätte doch mit Leichtigkeit feststellen können, wer von denen
blaue Flecken oder vielleicht ein zerkratztes Gesicht hatte?
Ich weiss nicht ab wann konkrete Personen als verdächtig galten,
aber wenn ich als ermittelnder Inspektor jetzt wen verdächtigen würde,
ich würde ihn nach jedem neuen Mord von oben bis unten auf Anzeichen
eines Kampfes untersuchen.

Dronte

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Petechien
« Antwort #3 am: 09.04.2005 15:12 Uhr »
Bilderkomplex Petechien
In Halsbereich gabeln sich die großen, beidseitig verlaufenden Arterien, die Carotiden, in einen äußeren und einen inneren Zweig. Wenn man nun denkt, daß beim Würgen/Erwürgen Bewußtlosigkeit und Tod dadurch eintritt, daß die Luftzufuhr durch die Kompression der Luftröhre be- oder verhindert wird, so ist das nur die halbe Wahrheit. Die den Hals umschließenden Hände können zwar die Luftröhre, die äußeren Carotiden und die großen Halsvenen verschließen, nicht aber die inneren Carotiden. Durch diese wird weiter Blut in den Kopf und in das Gehirn gefördert,  welches aber wegen des Verschlusses der abführenden Venen nicht abfließen kann. Es kommt zum Blutstau. Dieser läßt oberflächliche, kleine Gefäße platzen, es kommt zu mehr oder weniger punktförmigen Blutungen in die Epidermis, den sog. Petechien. Sie machen sich hauptsächlich auf den Wangen, der Zunge und der Innenseite meist des unteren Augenlides bemerkbar und sind ein sehr sicheres und deutliches Anzeichen für Erwürgen. Das männliche Herz ist etwas stärker als das weibliche, so kommt es bei erwürgten Männern und athletischen oder übergewichtigen Frauen sehr oft dazu, daß der genannte Blutstau auch im Gehirn Gefäße platzen läßt. Bewußtlosigkeit und Tod kommen in diesem Fall schnell und “gnädig”.

Dronte

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Der "Schaumpilz"
« Antwort #4 am: 09.04.2005 15:24 Uhr »
Bei einer Würgeattacke holt das Opfer unwillkürlich noch einmal Luft und atmet tief ein. Die Lungen sind demnach meistens wohlgefüllt. Auch kommt es reflektorisch zu einer starken Speichelsekretion. Der Speichel sammelt sich bei dem nun toten Opfer im Mund- und Nasenraum an. Die ebenso reflektorische Verkrampfung des Thorax und des Zwerchfelles löst sich relativ schnell nach Eintritt des Todes, aber VOR dem Eintritt der Totenstarre. Die nun wieder austretende Residualluft "schlägt Schaum" und läßt diesen Schaum aus Mund und Nase quellen. Ein SEHR sicheres Zeichen für Erwürgen, welches aber nur relativ kurz sichtbar ist (2-6 h), da der ausgetretene Schaum eintrocknet. Auch dann aber hinterläßt er deutlich sichtbare, glänzende Spuren um Mund und Nase.

Jan_Schattling

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Würgemale
« Antwort #5 am: 09.04.2005 15:56 Uhr »
Zusätzlich sollte erwähnt werden das durch Würgen auch die kleinen Gefäße in den Augen platzen.
Ein simpler Blick in die Augen eines erwürgten Opfers reicht aus um das zu bestätigen.


Jan

Dronte

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Augen
« Antwort #6 am: 09.04.2005 16:02 Uhr »
Wie Ihr seht, platzen auch im Weißen der Augen, den sog. Skleren, die kleinen Gefäße. Kein Angst, der kleine Junge war Opfer eines "Schwitzkastens" auf dem Schulhof und hat ÜBERLEBT!

Dronte

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Strangulation
« Antwort #7 am: 09.04.2005 23:50 Uhr »
Der Druck, den die Hände beim manuellen Erwürgen auf den Hals des Opfers ausüben, verteilt sich nicht gleichmäßig um den Hals. Oft kommt es sogar dazu, wie in den vorherigen Bildern zu sehen, daß der Täter mehrfach ansetzen muß, bis die Gegenwehr des Opfers schließlich erlischt.
Streng unterschieden werden können Würgemale von den sog. Strangmarken bei der Strangulation. Hierbei wird ein Werkzeug (Seil, Damenstrumpf, Gürtel, Klaviersaite, etc.) benutzt, welches den genannten Druck auf das Halsgewebe gleichmäßig verteilt. Die Strangmarke stellt sich als mehr oder weniger tiefe, scharf abgrenzbare Furche dar, die in gleichmäßiger Ausprägung rund um den Hals verläuft. Zuweilen ist in der Marke sogar noch die Struktur des Werkzeuges erkennbar, z.B die Flechtwindungen eines Seiles.
Abhängig von der Stärke des Zuges an der Würgeschlinge wird das umliegende Gewebe ebenfalls eingeschnürt, es entsteht die typische Strangmarke mit zentraler Furche.
"Beliebte" Strangulationswerkzeuge wurden schon genannt, weniger beliebt sind gedrehte Tücher. Der Grund dafür ist, daß sich ein solcherart gedrehtes Tuch unter Zug entwindet und auslängt, somit kein zuverlässiges Strangulationswerkzeug mehr ist.
Ein sehr sicheres und deutliches Zeichen für den Tod durch Strangulation.

Dronte

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Hi Butcher
« Antwort #8 am: 10.04.2005 00:14 Uhr »
@ butcher
Wir können uns hier in den Konjunktiven "hätte", "könnte", "würde", "wäre" und "müßte" austoben, soviel wir wollen, müssen aber dennoch die wenigen harten Fakten sprechen lassen. Das ist die Intention der Photo-Threads, Ihr mögt bitte Vergleiche anstellen und noch einmal die Autopsieberichte, auf die ich noch ausführlich eingehen werde, gegenlesen, um eigene Interpretationen anzustellen und eigene Schlüsse zu ziehen.
Zum Thema: Wie ich bereits einmal einem geschätzten Forumsmitglied schrieb, ist gerade das FEHLEN bemerkenswerter Kampfesspuren an den Tatorten ein sehr bemerkenswerter Aspekt. Daher meine Überzeugung, daß es sehr schnell ging. Ausnahme MJK, da ist keine Aussage möglich, außer der, daß ein geübter Metzger so etwas in 5 Minuten schafft.
Du hast natürlich vollkommen recht. Heutzutage ist es die ERSTE Maßnahme, am Opfer Spuren des Täters zu sichern (abgekratzte Haut unter den Fingernägeln, Sperma, Haare etc.). Hat man dann einen potentiellen Verdächtigen, so wird er SOFORT auf Abwehrspuren hin untersucht.
Gruß Matthias