Autor Thema: Alice McKenzie  (Gelesen 25471 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline academyfightsong

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 509
  • Karma: +1/-0
Alice McKenzie
« am: 07.03.2004 14:38 Uhr »
Alice McKenzie (alias, „Clay Pipe“ Alice, Alice Bryant)

Geboren ca. 1849 und aufgewachsen in Peterborough.

Ab ca. 1874 lebt McKenzie im East End von London. 1883 lernt sie den Iren John McCormick kennen und lebt mit ihm für ein paar Jahre zusammen. Ihre letzte offizielle gemeinsame Adresse, ist im April 1889, das „Mr. Tenpenny’s Lodging House“ in der 52 Gun Street, Spitalfields.

Laut ihrer Vermieterin Mrs. Elizabeth Ryder, hat Alice McKenzie als Waschfrau für die überwiegend jüdische Nachbarschaft gearbeitet. Der Polizei hingegen war sie als Prostituierte aus den einschlägigen Gassen im East End bekannt. Sie war zu diesem Zeitpunkt ca. 40 Jahre alt, wurde oft als „sommersprossig“ beschrieben und hatte einen ausgeprägten Hang zum rauchen und trinken. Freunde und Bekannte gaben ihr aufgrund ihrer Vorliebe für das Pfeiferauchen, den Spitznamen „Clay Pipe Alice“.

Mittwoch, 17. Juli 1889:

0:50 Uhr. Police Constable Walter Andrews ist wie üblich auf Streifengang, als er in der Castle Alley, ca. eine halbe Stunde nachdem er das letzte mal dort entlang gelaufen ist, den leblosen Körper einer Frau entdeckt. Aus zwei Stichwunden am Hals lief Blut, ihr Rock war hochgeschoben und der Unterleib verstümmelt.
Der Asphalt unter Alice McKenzie’s Leiche war trocken. Die Todeszeit wurde zwischen 0:25 Uhr, als PC Andrews das letzte mal die Strecke abgelaufen ist,  und 0:45 Uhr, als es anfing zu regnen,  festgelegt.

Verletzungen:

-   Todesursache war die durchtrennung der linken Halsschlagader
-   Der Schnitt am Hals wurde von links nach rechts, während
                 McKenzie am Boden lag, ausgeführt.
-   Zwei zusätzliche Stichwunden an der linken Seite des Halses
-   Ein Bluterguss auf dem Brustkorb
-   Diverse Blutergüsse und Schnittwunden am Unterleib
-   Eine lange aber nicht sehr tiefe Schnittwunde, von der linken
                 Brust bis zum Bauchnabel.
-   Sieben oder acht Kratzer bzw. Schrammen zwischen
                 Bauchnabel und Genitalbereich.
-   Ein kleiner Schnitt durch die „Mons Veneris“ (Bereich
                 vermehrten Fettgewebes oberhalb der weiblichen
                 Geschlechtsorgane, der mit Schambehaarung bedeckt ist.)

Scharfnase

  • Gast
Ähnlichkeiten und Unterschiede
« Antwort #1 am: 08.03.2004 13:05 Uhr »
Hi Academyfightsong,

zugegebenermaßen klingt das beim flüchtigen Durchlesen nach dem Ripper und erinnert sehr stark an seine frühen Morde wie etwa bei Polly Nichols. Alter und Beruf des Opfers, Uhrzeit und Tatort - alles scheint wie bei den kanonischen Fünf zu sein.

Dennoch gibt es auch erhebliche Zweifel, da der zuständige Gerichtsmediziner Dr. Phillips Unterschiede zum Ripperfall feststellte. Insgesamt soll das Verletzungsmuster nämlich viel oberflächlicher gewesen sein, vor allem der Schnitt von der Brust bis zum Bauchnabel. Auch die Durchtrennung der Halsschlagader ist nicht identisch, da der Ripper immer beide Schlagadern plus Rückenmark durchtrennte. Außerdem soll der Täter laut Phillips Linkshänder gewesen sein. Hier gibt es ein Foto der toten "Clay Pipe Alice" (http://www.casebook.org/victims/mckenzie.html).

Ich möchte mich nicht festlegen, aber das alles klingt für mich eher nach einem Trittbrettfahrer, der seine Tat an den Zeitungsberichten über den Ripperfall ausgerichtet hat. Es könnte natürlich auch der Ripper selbst gewesen sein, der nach der langen Pause (mehrere Monate) vielleicht seine Begehungsweise (leicht) modifiziert hat. :wink:

Gott zum Gruße,
Scharfnase

Offline academyfightsong

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 509
  • Karma: +1/-0
Alice McKenzie
« Antwort #2 am: 08.03.2004 14:11 Uhr »
Hallo Scharfnase,
ich zähle mich eigentlich auch zu denen die der Meinung sind, das Mary Kelly das letzte Opfer des Rippers war, bzw. glaube ich an die kanonischen Fünf und schliesse auch Martha Tabram aus. Das gilt natürlich auch für alle anderen wie, Rose Mylett, Elizabeth Jackson, Francis Coles etc.
Hier etwas über Alice McKenzie zu schreiben, hat sich eher zufällig ergeben, als ich beim durchforsten des Forums bemerkt habe, das hier noch niemand seinen Senf dazu gegeben hat. Und, wie du ja bemerkt hast, oberflächlich gesehen weisen die Morde an McKenzie und Coles, gewisse ähnlichkeiten mit den "echten" Rippermorden auf.

Es könnte natürlich möglich sein das Jack eine kleine Pause eingelegt hat... und vielleicht hat er zu spät bemerkt, das sein Messer gar nicht mehr so scharf war wie früher. :wink:

Hmm... Linkshänder, Rechtshänder. Das verwirrt mich jedesmal auf's neue. Irgendwo hab ich doch mal gelesen, der Ripper soll beidhändig gewesen sein :!:  :?:

Offline thomas schachner

  • Administrator
  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 1330
  • Karma: +2/-0
    • http://www.jacktheripper.de
Alice McKenzie
« Antwort #3 am: 10.03.2004 23:19 Uhr »
hi academy,

herzlichen dank für diese zusammenfassung. wenn du nichts dagegen hast, würde ich sie demnächst (mit einigen kleinen korrekturen) online stellen?!?

gruss
thomas.
<~> any propaganda is good propaganda, as long as they spell your name right <~>

Offline academyfightsong

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 509
  • Karma: +1/-0
Alice McKenzie
« Antwort #4 am: 11.03.2004 12:42 Uhr »
oh... äh, ja gerne. Obwohl eigentlich noch ein paar wichtige Details fehlen. z.B. die gerichtliche Untersuchung, bei der Dr. Bond und Dr. Phillips, bezüglich einer Verbindung zu den Rippermorden, unterschiedlicher Ansicht waren.

Die Untersuchung förderte ausserdem noch einen weiteren verdächtigen Namens William Wallace Brodie zutage. Im Vollrausch gestand dieser nicht nur den Mord an Alice McKenzie, sondern auch alle anderen Morde gleich mit. Brodie war ein vorbestrafter Dieb und Scotland Yard stempelte ihn schlicht als "Verrückten" ab. Bei genaueren Recherchen stellte sich heraus, das er sich zwischen September 1888 und July 1889 in Südafrika aufgehalten hat.

Alle Details der gerichtlichen Untersuchung lassen sich hier nachlesen:
http://www.casebook.org/official_documents/inquests/inquest_mackenzie.html

allerteuerste

  • Gast
Re: Alice McKenzie
« Antwort #5 am: 05.02.2006 21:28 Uhr »
ich denke auch, dass mckenzie ein opfers eines trittbrettfahres wars. besonders, weil sie so getötet wurde, wie damals alle dachten, der ripper würde töten - mämlich seinen opfern die kehle durchschneiden, während sie am boden lagen.

mittlerweile bin ich aber überzeugt davon, dass er ihnen die kehle durchschnitt, während er hinter ihnen stand . das erklärt mir auch, wie es ihm - ohne verhältnismäßig viel kraft aufzuwenden - gelang, fast ihre köpfe abzutrennen.

Stordfield

  • Gast
Re: Alice McKenzie
« Antwort #6 am: 20.10.2008 23:46 Uhr »
Hallo !

Ich bin der Meinung , daß über die Morde , die nicht zu den " kanonischen Fünf " gezählt werden , einfach zu lax hinweg gesehen wird . Gerade der Fall McKenzie paßt doch viel besser in die Serie , als zum Beispiel Stride oder auch Kelly . Allein an Hand von minimalen Abweichungen bei den Verletzungen und recht schwammigen Äußerungen der beteiligten Ärzte ( die sich ja selbst uneins waren ) , auf keine Ripper - Tat zu schließen , halte ich beinahe für fahrlässig . Ich werde nicht müde , immer wieder zu betonen , daß die fünf anerkannten Morde unmöglich die einzigsten Bluttaten von JtR gewesen sein können . Jedenfalls nach meiner bescheidenen Auffassung .

Gruß Stordfield

Offline Isdrasil

  • Superintendent
  • *****
  • Beiträge: 2037
  • Karma: +2/-0
Re: Alice McKenzie
« Antwort #7 am: 21.10.2008 09:17 Uhr »
Hi Stordfield

Ich gebe Dir zu hundert Prozent Recht. Es herrscht leider noch weithin die Auffassung, dass ein Serientäter eine unveränderbare und eindeutig erkennbare Signatur besitzt – dabei muss auch er seine Performance „erlernen“, auch er sammelt Erfahrungen, auch er hat keine starre Fantasie, und auch er ist den äußeren Umständen (seine körperliche Verfassung, seine Psyche etc.) unterworfen. Ich meine natürlich eher den Sexualtäter, wohlgemerkt. War ja klar  :icon_wink:

Das „Pech“ beim Ripper ist wohl auch, dass die eindeutig zuordenbaren Opfer auch wirklich durch Ort und Zeit eindeutig zuordenbar sind – das erzeugt in meinen Augen eine Art Tunnelblick auf das East End und die kanonischen Fünf im Herbst des Jahres 1888.
Das schließt meiner Meinung nach aber absolut nicht die Möglichkeit eines oder mehrerer früheren oder späteren Opfern mit abweichenden Verletzungen aus, möglicherweise auch an einem völlig anderen Ort.

So „professionell“ der Ripper auch an sein Werk ging – auch er kann zum Beispiel einen Schlaganfall gehabt haben, danach halbseitig gelähmt gewesen sein und trotzdem noch den Drang zum Morden verspürt haben (nur so als spontanes Beispiel – und ich meine damit nicht Gull).
Und gerade diese "Professionalität" muss ja auch in irgendeiner Form erlernt werden.

Grüße, Isdrasil
« Letzte Änderung: 21.10.2008 09:44 Uhr von Isdrasil »

Stordfield

  • Gast
Re: Alice McKenzie
« Antwort #8 am: 21.10.2008 18:50 Uhr »
Hallo Isdrasil !

Wie schön , daß wir uns wieder einmal völlig einig sind .  :icon_wink:  :icon_smile:
Zitat
das erzeugt in meinen Augen eine Art Tunnelblick auf das East End und die kanonischen Fünf im Herbst des Jahres 1888.
Genauso sehe ich das auch . Ich habe schon oft davon gehört oder gelesen , daß der Ripper im Ausland weiter gemordet haben könnte ( was sich bisher in keinster Weise bestätigte ) , aber wie sieht es den eigentlich in anderen Londoner Stadtteilen aus ? Gab es im gesamten Großraum während dieser Serie keine vergleichbaren Handlungen ?

Gruß Stordfield