Autor Thema: "Rangliste"  (Gelesen 29754 mal)

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Offline Lestrade

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Re: "Rangliste"
« Antwort #30 am: 07.04.2020 18:28 Uhr »
Stordfield mein Lieber! Natürlich werde ich mich weiterhin "Kosminski" widmen. Gefühlsmäßig finde ich meine Situation diesbezüglich gar nicht so schlecht. Man versucht halt mal andere Wege. Übrigens bist Du mit deiner Torso Mörder Theorie nicht ganz alleine, das scheint einige zu interessieren.

Vor ein paar Tagen sah ich einen Sam Kosminski aus einem Pressebericht auf Karen Trenouth´s Seite:

https://victorianripper.forumotion.com/t2540-sam-kosminski#6304

Im Old Bailey war dieser allerdings nicht leicht zu finden, da man unter Sam Kosminski nichts finden konnte. Der Zufall glaube ich war es, der ihn mir unter Sam Kominski finden ließ:

https://www.oldbaileyonline.org/search.jsp?form=searchHomePage&_divs_fulltext=Kominski&kwparse=and&_persNames_surname=&_persNames_given=&_persNames_alias=&_offences_offenceCategory_offenceSubcategory=&_verdicts_verdictCategory_verdictSubcategory=&_punishments_punishmentCategory_punishmentSubcategory=&_divs_div0Type_div1Type=&fromMonth=01&fromYear=1888&toMonth=12&toYear=1897&ref=&submit.x=0&submit.y=0

Dies ist der dritte Eintrag ganz unten, er war 24 Jahre alt in 1896 und wahrscheinlich der gleiche Mann wie ein Jahr zuvor (zweiter Eintrag). Der erste Eintrag zeigt einen 45 jährigen Samuel Kominski im Jahre 1894. Es ist interessant, dass ein Pressebericht "Sam" als Kosminski bezeichnete, der offizielle Bericht aber Kominski erwähnt. Das nur mal so wegen dem Namen an sich. Aaron Kozminski wurde ja auch mal als Kosorimski bezeichnet. Theoretisch hätten wir mit "David Cohen" einen (verkappten) "Kosminski" im Angebot und dann nur zufälligerweise einen weiteren, echten "Kosminski" mit Aaron. Warum also nicht einen weiteren davon, vielleicht nicht offiziell geführt oder unter einem Synonym wie "Thomas Miller" weggesperrt? Das Wort "Zufall" nimmt für mich momentan eine neue Bedeutung an. Aber sei´s drum, es muss ja weiter gehen...
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Offline Stordfield

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Re: "Rangliste"
« Antwort #31 am: 07.04.2020 20:58 Uhr »
Hallo Lestrade!

Dies wußtest du sicher, oder?

The Jewish surname Kozminski, in which the Polish suffix "-ski" means "of/from", is associated with the town of Kozmin/Koschmin near Poznan/Posen, Poland, where Jews lived since 1500. Other Jewish family names linked to the town are Kotzminski, Kozninski and Kosminski. In the 20th century Kozminski is recorded as a Jewish surname with Else Kozminski of Berlin, Germany, who disappeared in the German death camp at Auschwitz during World War II.

(The Museum of The Jewish People at Beit Hatfutso)

Gruß Stordfield
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Offline Lestrade

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Re: "Rangliste"
« Antwort #32 am: 07.04.2020 23:14 Uhr »
Ja aber dennoch Dankeschön!
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Offline Arthur Dent 2

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Re: "Rangliste"
« Antwort #33 am: 07.04.2020 23:16 Uhr »
Hi Stordfield!

Zitat
Um Arthurs Frage zuerst zu beantworten, wie der Torso- Killer in meine Rangliste geriet: Aus Mangel an für mich interessanten und auch nach verfolgbaren Spuren, habe ich mir einige ziemlich unwahrscheinliche Theorien gebastelt. Dabei kam ich auf die Idee, dass der TK der wahre JtR gewesen sein könnte. Auf Grund seines MO benötigte er ja unbedingt einen geschützten und für ihn sicheren Raum. Was aber, wenn ihm dieses Versteck einmal nicht zur Verfügung stand? Könnte er dann nicht seine Frustration darüber auf der Straße ausgelebt haben? Frust und Wut glaube ich schon bei den kanonischen Morden erkennen zu können. Zugegeben, meine Annahme steht auf äußerst wackligen Füßen, aber wo soll ich sonst weiter ansetzen?

Nun ja, angesichts der Tatsache, dass die Quellenlage über den Torso-Mörder noch schlechter zu sein scheint als die über JTR, weiß ich jetzt nicht, wie diese These irgendwie weiterhelfen könnte. Wenn man einen Täter finden will, benötigt man ja irgendwelche Ansatzpunkte - und selbst wenn der unwahrscheinliche Fall zutreffen würde, dass TM und JTR ein und dieselbe Person gewesen wären, wären wir damit ja noch keinen Schritt weiter.

MfG, Ijon Tichy

Offline Arthur Dent 2

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Re: "Rangliste"
« Antwort #34 am: 07.04.2020 23:40 Uhr »
Hi Lestrade!

Zitat
Eine andere Sache die bei mir immer mehr Gestalt annahm, ist die Arbeit der Polizei. In einem Pressebericht (Anderson) wird erwähnt, dass einflussreiche, jüdische Geldgeber, die Überführung des Verdächtigen verhinderten. Vielleicht gab es einen “inoffiziellen Wettbewerb“ zwischen ihnen und den führenden Köpfen der Kriminalpolizei, der, wenn auch nicht ganz legal, ausgefochten werden musste. Vorstellbar wäre das, mit dem Ergebnis, dass “Kosminski“ ohne offizielle Aufnahmen nach Stepney und dann nach Colney Hatch kam und dort verstarb. Möglicherweise war sogar seine Akte bei der Polizei woanders zu finden und nicht an den offiziellen Orten. Das wäre so eine “Idee“…

Diese Überlegungen kann ich gut nachvollziehen. Wir hatten ja schon früher darüber gesprochen, dass "Kosminski" auch einfach ein Codename gewesen sein könnte, weil er nur ohne Vornamen bei Macnaghten und Swanson auftauchte.

Wie du dich bestimmt erinnerst, hatte ich schon relativ früh die These aufgestellt, dass die Polizei zwar möglicherweise einen Hauptverdächtigen hatte, jedoch nicht genug Beweise gegen ihn, um auch eine Verurteilung zu erreichen. Da gab es ja entsprechende Bemerkungen, dass man ihn schon "red handed" hätte erwischen müssen.
Und als dieser Verdächtige - fatalerweise ein verrückt gewordener Jude aus dem Viertel - dann von seinen Angehörigen aufgrund seiner Krankheit in eine Anstalt eingewiesen wurde, da entschied man sich vielleicht, den Fall einfach stillschweigend zu beerdigen: Weil man kein Urteil gegen ihn hätte erwirken können und weil die Bekanntgabe angesichts der aufgeheizten antisemitischen Stimmung zu einem fürchterlichen Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung hätte führen können, was man unbedingt verhindern wollte.
Vielleicht gab es da eine heimliche Übereinkunft einer kleinen Gruppe von Wissenden in der Polizei mit seinen Angehörigen, seinem Arzt und der Anstalt: Der Verdächtige kommt nie wieder raus, alle hüllen sich in Schweigen, Dokumente werden wo notwendig frisiert und eventuell notwendige Kommunikation über ihn darf nur unter seinem Codenamen "Kosminski" erfolgen.
In diesem Zusammenhang könnte übrigens auch die Abschiedsfeier für Inspector Abberline stehen, der wegen seiner guten Kontakte im East End das Verbindungsglied dieser Vertuschungsaktion gewesen sein könnte.

MfG, Arthur Dent



Offline Lestrade

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Re: "Rangliste"
« Antwort #35 am: 08.04.2020 01:08 Uhr »
Hallo Arthur!

Was es mit "Kosminski" ohne Vornamen auf sich hat, da kann man in jede Richtung spekulieren. Falls dieser Brief aus dem Sommer 1889 echt sein sollte, bezeichneten möglicherweise außerhalb der Polizei die Menschen jemanden nur als "Kosminski". Macnaghten bekam möglicherweise die "Kosminski" Info von Swanson, der schlicht und einfach selbst in privaten Aufzeichnungen diese kurze Bezeichnung wählte, obwohl Anderson andeutete den Namen zu wissen, was auf einen komplette Namensbezeichnung samt Adresse hinweisen könnte. Man könnte nun meinen, diese Sache wurde wirklich geheim und niemand sollte den mutmaßlichen Mörder im Nachhinein nachverfolgen können. Vielleicht war es selbst für jemanden wie Macnaghten nicht möglich, Einsicht in Akten von Verdächtigen zu nehmen und dies schon recht früh. Sicherlich wusste Swanson, genau wie Anderson und ein handvoll anderer Beamten, wer sich hinter "Kosminski" verbarg. Vielleicht auch Polizeibeamte wie Cox und Sagar.

"Curiously enough", said Sir Robert Anderson, "there was, so far as we know, only one man who was able to identify Jack the Ripper- to point him out and say, "That´s the murderer, I recognise him as the man. "This man, when he found out that the murderer was a Jew, immediately went back on what he had said- he refused to stand to the identification- and so nothing more could be done in the matter."

... und so konnte nichts weiter in dieser Angelegenheit unternommen werden... vielleicht sollte das aber auch nur wie ein offizielles Ende klingen (was es im Prinzip auch war) und davon ablenken, wie es der Polizei gelang, den verdächtigen Mann spurlos verschwinden zu lassen... Macnaghten dann nur den Namen "Kosminski" hinzuwerfen, hätte jemanden wie ihn, ohne Zusatzinfos, wohlmöglich niemals weitergeholfen. "Auf der Straße", hätte sich dann Jahre später ohnehin kaum jemand an jenen "Kosminski" erinnert, selbst wenn dieser in der Zeit zuvor ein bekannter Charakter in eben jenen Straßen gewesen wäre. Er hätte dann schon die Menschen aus dem Kosminski Brief treffen müssen, um vielleicht eine kleine Spur aufnehmen zu können. Falls dieser natürlich echt ist und die Leute tatsächlich mehr Wissen über diese Person hatten.

Ob es nun ein gebürtiger Kosminski war (siehe David Cohen oder Aaron Kozminski/ Abrahams), der sich in London vielleicht Moses Cohen nannte oder ob er nur für jemanden gearbeitet hatte, der Kosminski hieß oder noch sonstige anderer Konstellationen in Frage kämen, man weiß es nicht. Ich fand tatsächlich mal den Namen Kos Minski, als Vor- und Zunamen, so etwas gab es also auch.

Ich bevorzuge nach wie vor jemanden, der im Bereich der Morde gut bekannt war und zwar unter der Bezeichnung Kosminski. Nenne es eine Art Nickname wie Leather Apron, Mickeldy Joe oder The Crazy Jew, selbst wenn es in Wahrheit gar kein Spitzname gewesen war. Bekannt dafür, nicht ganz rund zu laufen aber nicht jemand, den nun alle auf den Schirm hatten und als mutmaßlichen Mörder ansahen. Solche Menschen mit derartigen Verdächtigungen gegen ihn, gab es vielleicht nicht viele, sondern nur näherstehende Personen.

Aber nun gut, viel Gelaber wie immer, mal sehen, wie es weitergeht.

Gruß, Lestrade.
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