Autor Thema: Die Hellfire Clubs der vorviktorianischen Zeit  (Gelesen 10683 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Andromeda1933

  • Gast
Die Hellfire Clubs der vorviktorianischen Zeit
« am: 18.05.2013 17:43 Uhr »
Die viktorianische Gesellschaft und die Jahrzehnte davor waren bekanntlich sehr bedrückend und repressiv. Wirklich schön nur für „Romantiker“ unserer Zeit. Um dieser stets einengenden Gesellschaft gelegentlich entkommen zu können, kreierten sich insbesondere Mitglieder der wohlhabenden Schichten Freiräume, die durchaus bis hin zur Perversion ausuferten. Zu diesen Freiräumen gehörten auch die „Hellfire Clubs“.  Unter den beiden links findet man, allerdings in Englisch, noch mehr Informationen.

http://www.aquiziam.com/hellfire-club-caves.html
http://freemasonry.bcy.ca/history/hellfire/hellfire.html

Die Hölle auf Erden - Der Hellfire Club
14.04.2012 Stefan Schäfer

Exzesse, Blasphemie, die Demütigung des einfachen Menschen und pure Zügellosigkeit bildeten den Fokus der verruchten Hellfire Clubs.

Absurdität und Irrsinn als Vorlage

Vorläufer der eher »verhaltenen« Hellfire Clubs waren gewaltbereite aristokratische Zirkel wie die »Man-Killers« oder die »Mohocks« im London des frühen 18. Jahrhunderts. In diesen exklusiven Gangs war es an der Tagesordnung, sich bis zur Besinnungslosigkeit zu betrinken und dann durch die dunklen Straßen Londons zu ziehen um üble Schandtaten zu verüben. Die »feinen« Herren verprügelten wehrlose Passanten, schlugen ihnen Zähne aus und zertrümmerten in internen Wettkämpfen deren Nasenbeine. Dabei waltete ein derartiger Hass, dass einige Opfer sogar totgeschlagen wurden. Ferner verübten sie Vandalismus, Vergewaltigungen und Sodomie in der Öffentlichkeit. Alles geschah in solch einer Intensität, als ob die Apokalypse unmittelbar bevorstehen würde.

Die Hellfire Clubs distanzierten sich von diesem mörderischen Treiben. Die neuen Verbände konzentrierten sich auf die wahren Freuden des Lebens: Reichlich Wein und käufliche Liebe.
Der Sinn des Ganzen
Im 18. Jahrhundert bestanden in England mehrere Hellfire Clubs. Aber auch in Schottland und Irland waren die exklusiven Zirkel vertreten. Die außerordentlichen Hellfire Clubs bestanden meist aus Aristokraten, Politikern und dem Auswurf der High Society. Die edlen und in der Gesellschaft geachteten Gentleman hatten allesamt ein Problem: Zu viel Langeweile. Ferner sollten noch mangelndes Mitgefühl, absolute Verachtung des Lebens und absurde Hirngespinste genannt sein. Die Club-Mitglieder – die Wüstlinge – wollten nur ihren Spaß und der grauen und pfaden Welt der staubigen Monarchie für ein paar Stunden entkommen und sich mit allem, was ihnen zur Verfügung stand, zudröhnen. Viel Wein, noch mehr Huren und noch einmal soviel Gelächter. Das Motto war: »Fais ce que tu voudras«, was soviel wie »Tu was du willst« bedeutet.
Der Teufel und sein Gefolge
Es existierten diverse Hellfire Clubs. Parallel zu diesen »Gentleman-Clubs« schossen auch unzählige Freimauerlogen aus dem englischen Boden. Der erste Hellfire Club wurde vom Duke of Wharton und dem Earl of Lichtfield 1719 in London, Westminster gegründet. Der gebildete Lord Wharton war dafür bekannt, ein Trinker, Aufrührer und Ungläubiger zu sein. Die von ihm begründete Gesellschaft sollte eher als ein Scherz, denn als eine seriös gemeinte Angelegenheit betrachtet werden. In der Forschung geht man davon aus, dass der Duke of Wharton wohl mehr die unterkühlte englische Welt schockieren wollte. Der Präsident des ersten Hellfire Clubs war somit der Teufel persönlich, dem sich mehrere – anonym gebliebene – »Dämonen« anschlossen. Die Treffen fanden allesamt in der »Greyhound Taverne« in London statt.
Eine Besonderheit des ersten Hellfire Clubs war unter anderem, dass Frauen und Männer gleich behandelt wurden. Dies war für dieses Zeitalter – trotz der aufkommenden Aufklärung – nicht selbstverständlich. Nachdem Lord Wharton’s Hellfire Club aufgelöst wurde, trat er den Freimaurern bei und wurde im Jahre 1722 »Großmeister« von England.
Die frivolen Aktivitäten der Clubs
Im Gegensatz zu den Freimaurern, die Mäßigung und Toleranz als oberste Priorität verfochten, stand bei den Hellfire Clubs das genaue Gegenteil auf dem Programm: »Es wurde gehurt, gesoffen und viel gescherzt«, so ein Zeitzeuge. Obwohl viele Gerüchte besagen, dass in den Hellfire Clubs Satanismus betrieben und Schwarze Messen abgehalten wurden, ist das faktisch nicht belegt. Orgien, die Alkoholkonsum en masse und unverfänglichen Gruppensex zum Gegenstand hatten, wurden von mehr als einem Zeugen wiedergegeben.
Die Sitzungen wurden zweimal im Monat von Ende Juni bis September abgehalten. Die Mitglieder redeten sich untereinander mit »Bruder« an und der Vorsitzende wurde mit »Abt« angesprochen. Die Gefährten trugen während der Zusammenkünfte weiße, rituelle Kleidung. Dem Abt war es vorbehalten, analog dazu rote Kleidung zu tragen. Die weiblichen Gäste, die gewöhnlich Zwangsprostituierte waren, wurden als »Nonnen« bezeichnet.
Der berühmteste Hellfire Club in England
Der am meisten in Verruf stehende Hellfire Club wurde 1750 von Sir Francis Dashwood und Lord John Montagu, dem 4. Earl of Sandwich (nach dem tatsächlich das belegte Brot benannt wurde) unter dem ansehnlichen Namen »Order of the Friars of St. Francis of Wycombe« zum Leben erweckt. In der breiten Öffentlichkeit wurde dieser vornehme Zirkel jedoch nie als Hellfire Club bezeichnet.
Zunächst traf sich die Vereinigung in der Taverne »George and Vulture« in London. Die Mitgliederzahl wurde von Sir Francis auf zwölf beschränkt. Einige Club-Mitglieder sind bekannt und hierbei sei am ehesten der prominente Benjamin Franklin genannt. Der amerikanische Staatsmann nahm an mehreren Treffen des Hellfire Clubs im Jahre 1758 teil.
Im Jahr 1752 zog der Orden in die »Medmenham Abbey« in Buckinghamshire direkt an der Themse um. Sir Francis ließ das heruntergekommene Kloster auf eigene Kosten für seinen geliebten Club sanieren und etwas bizarr herrichten. Von nun an titulierte sich der Zirkel als »Monks of Friars of Medmenham«. Der inoffizielle Hellfire Club nistete sich in einem – eigens ausgegrabenen und sowohl mit mythischen als auch sexuellen Symbolen versehenen – Höhlenlabyrinth unterhalb der Abtei von Medmenham ein. Dort wurde das erste Treffen in der Walpurgisnacht 1752 abgehalten. Mancher Historiker geht jedoch davon aus, dass der Hellfire Club von Dashwood nicht untertage zechte.
1766 wurde die Abtei von dem letzen wahren Hellfire Club verlassen. Sir Francis Dashwood machte trotz seiner ehrlichen und spöttischen Haltung nun Karriere als Schatzmeister der Krone und zog in das »House of Lords« ein.
Der Niedergang der Clubs
Bereits zu Beginn der Hellfire-Phase setzte die Presse all ihre Macht ein und publizierte am 28. April 1721 folgende Proklamation des Königs:
»Seine Majestät wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass in und um die City of London einige skandalöse Clubs oder Vereinigungen von jungen Leuten gegründet wurden. Auf eine vollkommen gottlose und lästernde Art und Weise stellen diese Menschen die heiligen Prinzipien des Allmächtigen Gottes infrage. Zudem korrumpieren diese Personen gegenseitig ihre aufrichtigen Gedanken und Moralvorstellungen.«
Die Medien und der sich mehr und mehr ausbreitende negative Ruf der Clubs trug letztlich dazu bei, dass die meisten Mitglieder zur Freimaurerei konvertierten und ihre Sünden mit der Beilegung der Hellfire Clubs beerdigten.
Machen wir uns die Mühe und denken etwas länger über diese Sache nach, sollte uns bewusst werden, dass heutzutage weltweit wohl mehr Hellfire Clubs gegenwärtig sind, als in den alten Zeiten. Wie auch immer: »Fais ce que tu voudras«
Quelle:
Geoffrey Ashe: The Hell-Fire Clubs, A History of Anti-Morality, Gloucestershire, Sutton Publishing Limited, 2000



Hellfire Club
aus Wikipedia
Der Hellfire Club (dt.: Höllenfeuer-Klub) war die Bezeichnung für eine exklusive englische Vereinigung, die sich Knights of St. Francis (dt.: Ritter des Heiligen Franziskus) nannte. Die meist adeligen Mitglieder trafen sich unregelmäßig zwischen 1746 und 1763, um sexuelle Ausschweifungen zu begehen. Die Ritter gerieten bald in den Ruf, dass sie in der Abtei Medmenham neben der Themse Satanismus betrieben und schwarze Messen feierten.
Zunächst trafen sich die Mitglieder in einem früheren Club, der 1720 von Charles Edward gegründet wurde. Der Begründer des eigentlichen Hellfire Clubs war der Aristokrat Sir Francis Dashwood, 15. Baron le Despencer (1708–1781). Auf einer Reise durch Europa hatte Dashwood verschiedene Priesterseminare besucht und wurde von den religiösen Riten zur Nachahmung für seine Vereinigung inspiriert.
In dem 1779 von einem Mönch der Knights of St. Francis geschriebenem Buch Nocturnal Revels, das von der Prostitution in England handelt, steht: Seiner Meinung nach waren die religiösen Orden „im direkten Widerspruch zur Natur und der Vernunft gegründet; auf seiner Rückkehr nach England dachte [er], dass eine possenhafte Einrichtung im Namen des St. Francis die Absurdität solcher Gesellschaften kennzeichnen würde; und anstatt der Strenge und Abstinenz dort übte sie gesellige Fröhlichkeit, ungehemmtes Gelächter und soziale Glückseligkeit“.
Die frühen Mitglieder der Gruppe um Charles Edward trafen sich erstmals im Mai 1746 in der Lombard Street im Wirtshaus George and Vulture. Die Anzahl der Mitglieder wurde anfänglich auf zwölf beschränkt, aber sie nahm bald zu. Sieben dieser zwölf Mitglieder sind heute noch nachweisbar: Dashwood, Robert Vansittart, William Hogarth, Thomas Potter, Francis Duffield, Edward Thompson und Paul Whitehead. Benjamin Franklin wohnte mindestens einer Sitzung bei, ob er Mitglied war, ist umstritten. Spätere Mitglieder waren John Wilkes und John Montagu, 4. Earl of Sandwich.
Selbst nannten sich die Knights of St. Francis nie Hellfire Club, verwendeten aber mehrere spöttisch religiöse Titel wie Brotherhood of St. Francis of Wycombe, Order of Knights of West Wycombe oder Mönche von Medmenham. Die Mitglieder nannten sich untereinander Brüder und bezeichneten Dashwood als Abt. Die weiblichen Gäste wurden Nonnen genannt. Das Motto des Clubs stammte von François Rabelais: „Fay ce que vouldras“ – „Tu was du willst“, was später von Aleister Crowley verwendet wurde. Neben pseudosatanischen Riten waren vor allem auch Bacchus und Venus in ihren Feiern enthalten.
Als das Wirtshaus George and Vulture 1749 niederbrannte, erbaute Dashwood einen Tempel im Untergrund seines Hauses am West Wycombe. Es wurden regelrechte Katakomben ausgegraben. Die erste Sitzung wurde 1752 zur Walpurgisnacht gehalten. Eine weitere, viel größere Sitzung war ein Misserfolg und deshalb wurden nur noch kleinere Feiern abgehalten. 1755 erwarb Dashwood die Ruinen der Medmenham-Abtei, die vom Architekten Nicholas Revett im Stil der Neogotik wieder aufgebaut wurde. 1762 wurde der Club aufgelöst, da interne politische Konkurrenz und Streitigkeiten öffentlich und der Druck auf den Club vor allem durch die Kirche immer größer wurden.
Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden auch andere Vereinigungen unter dem Namen Hellfire Club gegründet.