Abend.
So ich denke hier passts am besten rein.
Im Zusammenhang mit der Diskussion hier ->
http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1381.msg21836/topicseen.html#msg21836und auch aus persönlichem Interesse, habe ich mal unsere Bibo durchstöbert und bin auf 2 Bücher gestossen, bzw in ersterem Fall über einen Abschnitt in einem Buch:
"Stephen Inwood"
"City of Cities" - "The Birth of modern London"
Kapitel: "The Jewish East End"
Auflage: Schlagt mich ich habs leider nicht notiert..
Mir ging es darum nochmal einen Eindruck vom East End und speziell den Juden im selbigen zu bekommen.
Der Abschnitt beschreibt facettenreich die Situation im East End - genau zur auschlaggebenden Zeit: 1870/80-1900
Ich gebe einen kurzen Abriß, auch um mich eventuell en anderer Stelle darauf berufen zu können.
Grundlegend muss man wissen das in England quasi keine Handels und Einwanderungsbeschränkungen galten zu dieser Zeit. "Free trade and free immigration"
1881 gab es etwa eine Anzahl von 45000 bereits ansässigen Juden in London.
Diese galten als etabliert und auch bereits in gewisser Hinsicht angepasst an die Englische Bevölkerung.
Zudem waren diese in der Regel gut konstituiert, tätig im Handel / bei Banken. 3/4 dieser Juden hatten ein Einkommen von über 100 Pfund im Jahr was ein gutes Auskommen war.
Einflußreiche Familien / Einrichtungen und deshalb erwähnenswert waren:
Familie Rothschild
Familie Montefiores
Das sogenannte "Jewisch Borad of Guardians"
der Jewish Chronicle
"United Synagoge" (Vereingung der Rabbis, wenn ich das richtig interpretiert habe)
Diese etablierten Juden waren sehr auf Ihren Ruf bedacht, und im allgemeinen war die Stimmung in der englischen Bevölkerung auch zunächst nicht antisemitisch.
ab 1881 setzte eine Welle von jüdischen Einwanderungen nach London ein.
Hintergrund (und den meisten hier sicher bekannt): Ermordung des Zaren in Russland, anschliessende beginnende Verfolgungen der Juden / Einschneidung Ihrer Rechte.
Dies bewog die Russischen und polnischen Juden zur Auswanderung nach London (Kosminiski..). Mit Abstrichen traf dies auch auf Preussische und Österreich-Ungarische Juden zu weshalb auch daher Juden einwanderten (Israel Schwartz).
Die Neuankömmlinge siedelten sich natuerlich vornehmlich da an wo bereits "Landsleute" wohnten - im East End - und verdraengten hier auch zusehends die Engländer.
Zwischen 1880 und 1890 siedelten sich im East End 100.000 Juden an. Vile von den Neuankömmlingenn waren ungelernt, bereit für geringen Lohn zu arbeiten was wiederum die Arbeitslöhne sinken lies.
Gleichzeitig wohnten diese auf engstem Raum - auch Seite an Seite mit den verbliebenen und meist armen Engländern (wenn ich hier von Engländern spreche meine ich native Londoner).
Es entwickelte sich fast so etwas wie ein Sklavenmarkt im East End, ein "wöchentlicher Arbeitskräftemarkt" auf einem Platz in der Goulston Street (.. Graphito), heute würde man wohl eher von Tagelöhnern sprechen ("Greener").
Die Neuankömmlinge arbeiteten vornehmlich in Schneidereien (Isaac) / als Schuhmacher, kurz produzierendem Gewerbe.
Diese massive Einwanderung und die damit verbundenden Probleme führten im Laufe der Jahre zu eiinem steigenden Antisemitismus, auch zu Auseinandersetzungenn zwischen den etablierten und "neuen" Juden, da die Etablierten eben vor Judenverfolgungen etc.. Angst hatten.
Zeitweise regelten die Juden selbst die Einwanderung, erst ab 1905 wurde dann in England auch von Seiten des Staates eine Einwanderungsbegrenzung festgelegt.
Im Gegensatz zu den englischen "armen" Bewohnern werden die Juden allerdings als sehr sauber und die Muetter als fürsorglich gegenueber Ihren Kindern beschrieben (geringere Kindersterblicheit als bei denn Engländern) , alle ausgetattet mit dem festen Willen sich eine Existens aufzubauen.
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So das wars zum Ersten, anzumerken bleibt das tatsaechlich mit jedem Jahr bei der nativen Bevoelkerung das Misstrauen gegenueber den Juden stieg. Details dazzu vielleicht später.
Noch eine Zahl als Anmerkung: Es wanderten mehr jüd. Maenner als Frauen ein, zeitweise waren nur 42% de Juden Damen