Autor Thema: Das seltsame Sterben des Dr. Thomas Stowell (1MB Bilder)  (Gelesen 31978 mal)

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Frank

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« Antwort #15 am: 20.12.2005 12:55 Uhr »
Hallo Ihr beiden!

Nun, möglich ist sicherlich alles, auch, daß es sich dabei um besagte Ente handelt.
Ich persönlich tendiere jedoch nicht dazu, alles "Alte" gleich als veraltet abzutun. Sicherlich wurden erst 1987/1988 weitere Informationen bekannt, aber diese betrafen nicht alle Details, die seit jeher bekannt waren und sind. Ich weiss nicht.......aber ich sage mir immer wieder, je näher eine Information an den tatsächlichen Geschehnissen von damals zeitlich angrenzt, um für so authentischer halte ich sie. Wir alle kennen das Spielchen "Stille Post".......je entfernter man kommt, desto mehr verändert sich die Geschichte, desto unwahrer wird das Gesagte. Das ist sicherlich auch in manchen Bereichen dieses Falles so. Aber.......nichts genaues weiss man nicht!

Yours truly.

Frank

Offline Claudia

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Das seltsame Sterben des Dr. Thomas Stowell (1MB Bilder)
« Antwort #16 am: 20.12.2005 14:12 Uhr »
Hi Frank!

Nun,ich würde nicht unbedingt sagen,daß die Berichte besser sind,je älter sie sind.

Die Berichtenden sind auch immer Kinder ihrer Zeit und die ist uns oft um einiges unterlegen.
So gibt es sogar ein Buch aus der Nazizeit,indem ein Jude beschuldigt wird(wer hätte das gedacht?).
Harris und Cullen schrieben nach bestem Wissen,aber heute wissen wir einfach mehr.Ich kann nur von Harris genauer ausgehen,aber bei ihm finden sich zahlreiche Fehler und falsche Interpretationen,bei Cullen dürfte es nicht anders sein.

Grüße,Claudia

Frank

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Re
« Antwort #17 am: 20.12.2005 14:51 Uhr »
Hallo Claudia!

In manchem gebe ich Dir Recht, keine Frage. Nur sollten wir nicht vergessen, daß Sichtweisen und Ansichten sich in den vergangenen 117 Jahren doch so pöh a pöh verändert haben. Ich vermag nicht zu sagen, ob wir uns heute noch in die Lebensweise der Victorianer hineindenken und hineinversetzen können. Wohl eher nicht. Vieles, was damals (an Lebensweise und Lebensart) normal war, kommt uns heute suspekt vor. Umgekehrt wäre das sicher genauso. Um den Fall im richtigen Blickwinkel zu sehen, müssten wir ihn und alles drumherum mit den Augen der damaligen Menschen betrachten. Und das ist uns einfach nicht mehr möglich. Wir heute denken und fühlen ganz anders, unsere Wertvorstellungen haben sich grundlegend geändert wie auch das Leben an sich sich völlig geändert hat im Vergleich zu 1888. Hinzu kommt dann auch noch die unterschiedliche Mentalität von Briten und uns Deutschen. Ich bin selbst mit mehreren Briten hier in Deutschland und auch auf der Insel sehr gut befreundet und schon mehrmals in UK gewesen. Den Mentalitätsunterschied sollte man nicht unterschätzen.
Somit denke ich, daß uns gerade ältere Bücher, Zeitungsausschnitte und Berichte bezgl. Jack The Ripper zumindest ein wenig die damalige Zeit und Lebensweise näherbringen können.
Ohne Dich jetzt angreifen zu wollen, so ist das wirklich nicht gemeint, finde ich es anmassend von uns Menschen in dieser Zeit, wenn wir immer das Recht für uns in Anspruch nehmen, alles besser zu wissen, als Menschen, in deren Zeit gewisse Ereignisse stattfanden. So erinnere ich mich noch sehr lebhaft über die Schilderungen meiner Grosseltern bezgl. des WWII und vieles von dem, was ich von ihnen darüber hörte, findet sich in keinem Geschichtsbuch, in keiner Zeitung unnd in keiner Dokumentation. Aber das nur am Rande.

Yours truly.

Frank

Offline Claudia

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Das seltsame Sterben des Dr. Thomas Stowell (1MB Bilder)
« Antwort #18 am: 20.12.2005 16:09 Uhr »
Hi Frank!

Sorry,aber da kann ich Dir nicht zustimmen.Schau nur mal ,wie oft in diesen Zeugenberichten von "jüdischem" oder "ausländischem" Aussehen die Rede ist,einfach deshalb,weil man das einem Engländer nicht zutraute.

Von neuartigen Sichtweisen in anderer Hinsicht(zB durch die Studien anderer Serienkiller) mal ganz zu schweigen...

Das Beispiel des WW2 ist meines Erachtens auch nur bedingt anwendbar.
Damit habe ich mich wahrlich genug auseinandergesetzt,gerade in der eigenen Verwandtschaft.Ich glaube sagen zu können,keinen Nazi in der Familie gehabt zu haben,dennoch gab es Vorurteile zB gegen Juden oder Kommunisten,ist einfach so.Für eine Vernichtung hat niemand plädiert, sie behaupten auch,nicht gewusst zu haben,was da tatsächlich abging.
Heute sehen das meine Verwandten anders und würden hoffentlich auch anders reagieren.Warum?WEil sie mehr wissen als damals.Und auch wir alle wissen mehr als die damals Betroffenen.Und genau deshalb können wir uns ein richtigeres Urteil erlauben.
Ich will damit nicht sagen,daß vorige Generationen dumm waren,aber man kann doch nicht bestreiten,daß wir heute einiges anders beurteilen können,weil wir einfach mehr wissen...

Grüße,Claudia

Frank

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Re
« Antwort #19 am: 20.12.2005 17:11 Uhr »
Hallo Claudia!

Danke für Dein Statement.

Ich denke, genau das ist doch das Problem. Wir können und dürfen heutige Sichtweisen nicht auf alles Gewesene anwenden. Was für uns heute SO ist, war für Menschen damals halt anders. Und was heute richtig ist, muss füpr damalige Verhältnisse noch lange nicht richtig gewesen sein. Auch wäre ich vorsichtig, heutige Serienkiller unbedingt mit damaligen Serienmördern zu vergleichen. Im Groben mag das sicher gehen, aber doch eben nur im Groben. Die Feinheiten machen vieles aus, was wir heute vielleicht nicht mehr so nachvollziehen können, da wir einfach anders sind, anders denken und leben als die Menschen der Vergangeheit. Die Menschheit, das soziale Leben und der Alltag der Menschen verändert sich kontinuierlich. Heute ist vieles so, wie es z.B. den 1980-er Jahren noch nicht war u.s.w.
Wenn Menschen aus der Vergangenheit berichten, so berichten sie aus heutiger Sicht. Damals handelten sie aber aus der damaligen Sicht und diese Sicht war damals richtig und ist vielleicht heute überdacht und anders. Das ändert doch aber nichts daran, wie die Dinge abgelaufen sind. Man wusste und kannte es halt damals nicht anders, ob die Denkensweise nun falsch oder richtig war!
Auch wäre ich vorsichtig, die Täterprofile heutiger Straftäter auf die Damaligen anzuwenden, aus eben den o.g. Gründen.

Und zum letzten denke ich, daß man auch nicht so pauschal sagen kann, daß wir heute mehr wissen. Ich glaube nicht, daß wir heute über die Lebensweise des viktorianischen Londons oder überhaupt über das Leben in welcher Vergangenheit auch immer, mehr wissen, als die Menschen, die damals gelebt haben. Wir beleuchten es nur anders.....

Yours truly.

Frank

allerteuerste

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Das seltsame Sterben des Dr. Thomas Stowell (1MB Bilder)
« Antwort #20 am: 20.12.2005 19:49 Uhr »
Zitat von: "academyfightsong"
... Pall Mall Gazette 2/1889:

"He cut the skeleton so clean of flesh that when I got here I could hardly tell whether it was a man or a woman. He hung the different parts of the body on nails and over the backs of chairs." ... Zeitungsartikel eben... ich würde da nicht allzuviel drauf geben.


sehr richtig. zeitungsartikel sind keine zuverlässige quelle. allein im satz: " ... He hung the different parts of the body on nails and over the backs of chairs."  stört doch sehr der plural - es gab mEn nur einen sessel.

außerdem, wer bitte ist derjenige, der diese aussage machte?

Frank

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Re
« Antwort #21 am: 20.12.2005 20:39 Uhr »
Hallo Allerteuerste!

Ich will mich nicht einmischen, aber das mit dem Plural was "Stühle" angeht würde ich nicht überbewerten. Man sagt um zu verallgemeinern doch auch im Deutschen: "........waren auf Stühlen und Tischen verteilt", auch wenn nur ein Stuhl und ein Tisch vorhanden sind. Meines Wissens gab es neben dem Bett einen Tisch und einen Stuhl, da hast Du schon richtig.

Obwohl.......die London Times schreibt am 10. November 1888, also einen Tag nach dem Auffinden der Leiche von Mary J. Kelly:

"...........it was a very poorly funished apartment, about 12ft. square, there being only an old bedstead, TWO old tables, and a chair in it........"

Vielleicht waren es aber eher TWO old chairs and a table........???

Yours truly.

Frank

Trufania

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Das seltsame Sterben des Dr. Thomas Stowell (1MB Bilder)
« Antwort #22 am: 20.12.2005 23:03 Uhr »
das mit den stühlen stört mich eher weniger, bloß gibt es zwei punkte die mich gewaltig stören:

1. gab es in der damaligen zeit, nicht wenige die sich wichtig machen wollten (siehe die vielen briefe), aufgrund der brisanz des falles. mit anderen worten, es gab viele "zeugen" die gerne mal in der zeitung stehen wollten. inwiefern diese "zeugenaussagen" der wahrheit entsprechen, ist sowieso nicht wirklich klar, denn ein reporter der damaligen zeit wird diese "zeugenaussagen" nicht so geprüft haben, wie ein polizist, der sicherstellen muss das diese aussage, eventuell auch später vor einer gerichtlichen untersuchung standhalten muss.

2. bin ich der meinung, das schon immer zeitungen berichte etwas ausgeschmückt haben, um eine höhere auflage zu erzielen.

sicherlich steckt in den zeitungsartikeln etwas wahrheit drin, aber da stellt sich doch die frage wieviel und was wahr ist.

allerteuerste

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Das seltsame Sterben des Dr. Thomas Stowell (1MB Bilder)
« Antwort #23 am: 21.12.2005 15:08 Uhr »
@ frank

stimmt schon, könnte nur eine phrase gewesen sein, was allerdings erst recht unsere vermutung(en) untermauert, dass hier nicht akurate zeugenaussagen zitiert, sondern phrasen gedroschen wurden.

übrigens, das mit den ZWEI tischen und EINEM stuhl hat mich auch von anfang an irritiert, scheint aber so gewesen zu sein.

Frank

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Re
« Antwort #24 am: 21.12.2005 17:51 Uhr »
Hallo Allerteuerste!

Ist wohl leider so. Man kann nur noch schwer wenn nicht gar nicht mehr sagen, welche Aussagen nun authentisch sind und welche nicht. Leider......

Naja, so haben wir wenigsten Raum zur Spekulation. Und Spekulatius sind um die Jahreszeit ja auch ganz lecker ;-)

Yours truly.

Frank

kelpie

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Das seltsame Sterben des Dr. Thomas Stowell (1MB Bilder)
« Antwort #25 am: 30.12.2005 10:56 Uhr »
Nachdem das hier eh inzwischen hoffnungslos off-topic ist  :D   möchte ich auch nochmal eine Lanze für den Cullen als Quelle brechen. Das war das erste Ripper-Buch, das ich gelesen hab und ich war damals von der sehr dichten Athmosphäre wirklich gefesselt. Cullen´s Stärke ist  für mich eindeutig, dass er zeitlich dichter dran ist und einige seiner Augenzeugenberichte sind...ungewöhnlich? Auf jeden Fall hat er mit Leuten gesprochen, die noch dicht dran waren und das ist nicht zu verachten.

 Leider ist das auch seine Schwäche: Veraltet, lauter nicht belegbare Aussagen ohne prüfbare Quellen - und inzwischen neue Informationen, die Ungenauigkeiten oder Fehler enthüllen (sagt man so, ich erinnere mich da nicht im Detail). Trotzdem: Das Buch ist eindeutig mit Schuld an meinem bleibendem Interesse am Ripper. War einfach sehr nett zu lesen!  IMHO: Der Wert des Buches kommt ein bisschen drauf an, ob man "Hörensagen" bzw "oral tradition" als Quelle interessant findet.

Auf jeden Fall empfehle ich es immer noch gern allen, die sich mal so über den Ripper informieren wollen und des englischen nicht mächtig sind. Unter den deutschen Büchern kann man es eindeutig schlechter treffen. Aber da kommen ja hoffentlich goldene Zeiten auf uns zu mit den Neuerscheinungen im nächsten Jahr  :D