Autor Thema: Alois Szemeredy  (Gelesen 9675 mal)

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Stordfield

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Alois Szemeredy
« am: 21.01.2009 19:03 Uhr »
Hallo !

Wieder einmal habe ich mir die Zeit genommen und die Geschichte eines Verdächtigen aus dem casebook übersetzt. Nehmt meine Arbeit aber bloß nicht zu genau unter die Lupe, ihr werdet Fehler finden. Ganz grobe Schnitzer könnt ihr mir natürlich ankreiden, ich bin kritikfähig.
Erneut ging es nicht ganz ohne " Schummeln" ab. Vergebt mir das bitte. Vielleicht sollte man es eher unter grobem Überblick betrachten, denn als wissenschaftliche Angelegenheit.

Auf den Pfaden von Jack the Ripper : Szemeredy in Argentinien
( von Jose Luis Scarsi )

Er kam aus Europa , um im Krieg zu kämpfen . Er war ein Soldat , arbeitete als Metzger und war Frisör von Beruf . Er war ein Doktor , ein Grundbesitzer und politischer Flüchtling . Dies ist die Geschichte von einem geschickten Schwindler , einem Schmalspur – Ganoven und glattem Charakter , der viele Jahre die Aufmerksamkeit von Presse und Behörden auf sich zog. Er wurde beschuldigt , in Buenos Aires die gleichen Verbrechen begangen zu haben , wie der Ripper in London .
Szemeredy wurde gesucht . Zuletzt sah man ihn in einer Winternacht , wie er eilig sein Hotel in Buenos Aires verließ , nur notdürftig bekleidet und sein Gepäck zurücklassend . Die Polizei schickte ihre Leute durch die Stadt ; sie inspizierten Ginkneipen , Bahnstationen , unterirdische Treffpunkte und die Docks . Sie kontrollierten dutzendweise Städte und Dörfer in Argentinien und die Provinzen Buenos Aires , Santa Fe , Entre Rios und Cuyo . Sogar im angrenzenden , östlichen Uruguay durchkämmte man über zwanzig Orte . Die Aktivitäten der Behörden wirkten wie ein eiserner Ring , den man um den Flüchtling zog , aber dieser war scharfsinnig und fand immer eine Lücke , um hindurchzuschlüpfen .
Die brutalen Verbrechen , denen er beschuldigt wurde , waren noch in lebhafter Erinnerung , als ein Telegramm der Polizei in Bahia eintraf , in dem stand , daß man ihn in Brasilien verhaftet hatte . Es war der Morgen des 8. August 1877 , als das Schiff , das ihn zurück brachte , sich dem Catalina Dock näherte . Wie eine Metapher für eine entfernte Vergangenheit oder eine unsichere Zukunft , verschleierte der Nebel die Umrisse der Stadt . An den Kais hatte sich eine neugierige Menschenmenge versammelt , um einen Blick auf den bösartigen Mörder zu erhaschen .
Während der Reise hatte Szemeredy zweimal versucht Selbstmord zu begehen . Sgt. Antonio Augusto Almeida Navarro , der ihn von Rio de Janeiro abgeholt hatte , war der Meinung , daß der Gefangene vollkommen irrsinnig sei . Der Polizist war froh , ihn endlich den zuständigen Organen übergeben zu können .
Vielleicht durch Zufall , vielleicht durch eine makabre Idee des Fahrers , fuhr die Kutsche , die Szemeredy ins Gefängnis bringen sollte , durch die Corrientes Straße , wo er einen Mord begangen haben soll . Zeitungen berichteten , daß , als man ihm das Haus zeigte , in dem das Verbrechen geschah , er leugnete zur Tatzeit dort gewesen zu sein .

Der Anfang der Geschichte

Die Zeitung La Nacion aus Buenos Aires berichtete am 27. Juli 1876 :
„ Gestern Abend wurde gegen 10 Uhr eine junge Frau , die ihre Unterkunft mit einer anderen Frau teilte , in der Corrientes Street , zwischen Reconquista und de Mayo Street , auf schreckliche Weise ermordet . Ihr Name war Carolina Metz und sie war noch nicht 20 Jahre alt . Sie lebte mit einem Mann zusammen , mit dem sie nicht verheiratet war . Polizisten hörten ihre Hilferufe , fanden sie aber nur noch tot in ihrem Bett , zur Hälfte nackt , die Kehle von Ohr zu Ohr aufgeschlitzt . Neben dem Bett stand ihr Freund , der sofort verhaftet wurde . Er sagte folgendes aus : Während er sich in einem anderen Zimmer des Hauses aufhielt , kam ein Mann zu ihm , den er und Carolina kannten und fragte , ob er sie besuchen könnte . Nach einigen Momenten vernahm er Schreie und lief hinüber , wo er sie mit dem Kehlschnitt auf dem Bett fand . Neben ihr lag , mit Blut bedeckt , ein etwa 10 Zoll langes Messer , das ganz neu aussah .                                                                                                                               Über einem Stuhl hing ein Mantel , in dessen Taschen sich zwei Fotos befanden . Das eine war von Carolina , das andere von ihrem Besucher .“                                                                     Die Zeitung machte Andeutungen darüber , daß im Mordhaus ein , seit einem Jahrzehnt bekanntes Bordell betrieben wurde , in dem auch die Tote arbeitete . Allerdings lautete diese Adresse 35 Corrientes Street , während die Tat in Nr. 36 verübt wurde , wie die restliche Presse und die Polizei richtig mitteilte .
Carolina hatte den Mann und ihren Vermieter und Liebhaber , Baptiste Castagnet , die sich bei einer Seereise nach Montevideo kennengelernt hatten , 1874 auf der Überfahrt von Marseille getroffen .
In den Polizeiberichten sind mehr Informationen zu erfahren . Der für die Untersuchungen verantwortliche Offizier erklärte : „ Ich wurde darüber informiert , daß eine Frau in 36 Corrientes Street ermordet worden sei . Ich bin sofort hingegangen und habe im oben genannten Haus die Leiche von Frau Carolina Metz gefunden . Sofort prüfte ich das Zimmer und bemerkte eine große Menge Blut auf dem Bett , dessen Wäsche völlig zerwühlt war , sowie ein schwarzes Messer mit Blutflecken . Auf einem Sessel lagen Carolinas Sachen und darauf ein grauer Mantel , eine Weste in der gleichen Farbe , eine Uhr und eine offensichtlich goldene Kette . An der Kette waren zwei Ringe befestigt , die einen weißen und einen grünen Stein besaßen . Außerdem waren da noch ein Schirm mit stählernem Griff und ein schwarzer Biberhut . In den Taschen des Mantels steckten die Scheide für das Messer , zwei Porträts und ein weißes , blutbeschmiertes Taschentuch mit den geschmackvoll gestickten Initialen ALS .
Der Täter war Alejo ( Alois ) Szemeredy , ein Österreicher oder Ungar , 35 Jahre alt , groß , korpulent , olivfarbene Haut , glatte schwarze Haare . Er trägt einen dicken Schnurr – und Spitzbart , die zusammen gewachsen sind . Außerdem spricht er gut Spanisch und gibt vor ein Arzt zu sein . Dieser Mann war auf dem Polizeirevier bekannt , weil er sich dort beschwerte , daß man ihn im „Hotel de Provence“ Wertsachen im Wert von zehntausenden Pesos geraubt haben soll . Unter den angeblich gestohlenen Gegenständen waren auch die beiden Ringe , die er nun auf seiner Flucht zurück gelassen hatte . Es wurde bekannt , daß die Uhr und die Kette einem Col. Domingo Jerez gehörten , die ihm zusammen mit anderen Dingen im Hotel de Roma entwendet wurden .
Bis jetzt ist nicht bekannt , welches Motiv Szemeredy für diesen Mord hatte …“
Carolina Metz wurde von ihrem Geliebten Castagnet begraben .
Sie war elsässisch , aus Straßburg und 20 Jahre alt . Am 13.Oktober 1874 kam sie in Buenos Aires an , wo sie zuerst im genannten Bordell arbeitete , dann aber in Nr. 509 in der gleichen Straße zog , um mit Castagnet zusammen zu leben , mit dem sie seit dem Tag ihrer Reise ein Verhältnis hatte . Es gab noch einen Bruder von ihr in Digon .
Aber , sehen wir , wer Szemeredy war ( wenn das sein richtiger Name war ) , welche Gründe er für diese Reise hatte und welche Abenteuer er in Argentinien erlebte .
Er wurde am 7. Juli 1840 in Pest geboren , einem der beiden Städte links und rechts der Donau , die zu Budapest , der Hauptstadt von Ungarn , zusammengeschlossen wurden . In jungen Jahren bewarb er sich bei der österreichisch – ungarischen Armee . Er diente in Ancona , einer Stadt im Nordosten von Rom , an der Adria – Küste . Sein Verhalten war tadellos und so wurde er zum Obergefreiten befördert . Darüber erhielt er auch eine Bescheinigung , die ihn als Gerber auswies . Später gab er an Metzger zu sein . Am 29.6.1863 verschwand er aber plötzlich . Es war nicht das letzte Mal , daß er einfach untertauchte .
Zwei Jahre später meldete er sich beim argentinischen Konsulat in Genua und verpflichtete sich für vier Jahre in der Armee , um im Krieg der dreifachen Allianz ( meine Anmerkung : Brasililien – Argentinien – Uruguay gegen Paraguays General Lopez um die endgültigen Grenzen im Nordosten ) zu kämpfen . Am 17. März 1866 wurde er einem argentinischen Artillerieregiment zugeteilt . Im Mai des gleichen Jahres erklärte man ihn für irrsinnig und steckte ihn ins Hospicio de la Mercedes – Asyl , von wo er am 17. September entkam .
Im folgenden Jahr finden wir ihn in Buenos Aires wieder , wo er in der Victoria Straße in einem Friseurladen , nahe dem argentinischen Parlament , arbeitete . Einige Zeit später nutzte er das Vertrauen seines Arbeitgebers aus , stahl ihm Geld , Werkzeuge und ein Pferd und flüchtete nach Mercedes . Von dort schrieb er einen Brief , in dem er sich für sein Verhalten entschuldigte und sein Bedauern über die Tat ausdrückte . Weiter teilte er mit , daß er wieder zurück nach Europa wolle . Zwei Tage vor der geplanten Abreise des Schiffes stahl er der Ehefrau des Kapitäns Juwelen und verschwand damit . Bald darauf wurde er allerdings vom Besitzer des Pferdes wiedererkannt , verhaftet und für sechs Monate ins Gefängnis gesteckt .
Wieder frei , hat er in zwei verschiedenen Frisörläden in Saladillo gearbeitet . Aber lange hat dies nicht gedauert , schon bald beraubte er den Inhaber eines Juwelierladens .
Anfang der 1870er Jahre kam Szemeredy in der Provinz Sankt Luis an . Das militärische Oberhaupt der angrenzenden Provinz Cuyo war zu der Zeit General Arredondo . Es gab im gesamten Gebiet keinen Frisör , so ließ sich der General von dem Neuankömmling die Haare schneiden . Schließlich nutzte er seine Beziehungen , um die erforderliche Erlaubnis für Szemeredy zur Eröffnung eines Frisörladens zu beschaffen .
Szemeredy bewies beim Schneiden und Rasieren beachtliche Fähigkeiten . Bald vertraute sich die ganze Bevölkerung seinen Künsten an . Hierbei lernte er auch einen Landsmann kennen , der einen Fotoladen besaß . Dieser Mann beging den Fehler , seinem neuen Bekannten anzuvertrauen , daß er 1000 Pesos gespart hatte , um seine Hochzeit zu bezahlen . Eines Abends , als sie zusammen bei ein paar Bier saßen , nutzte Szemeredy die erste Gelegenheit , um eine Weile fern zu bleiben . Er stahl das ganze Geld aus dem Versteck des Fotografen und kehrte an den Kneipentisch zurück . Als der Bestohlene nach Hause kam und den Diebstahl bemerkte , schlug er sofort Alarm . Die Polizei startete zugleich eine Suchaktion , einschließlich zweier Fährtensucher , an der sich auch dreisterweise Szemeredy beteiligte . Dennoch verhaftete man ihn . Er wurde ins Gefängnis gebracht , aber am 19. April 1871 aus Mangel an Beweisen wieder freigelassen . Das Geld wurde nie gefunden . Er arbeitet noch eine Weile in Sankt Luis . Später wurde er in der angrenzenden Provinz Mendoza gesehen .
Anfang 1873 kam Szemeredy mittellos in Victoria , Provinz Entre Rios , an . Kurz darauf ging er eine Partnerschaft mit dem Frisör Jayme Bojorje ein . Als Letzterer einige Monate später das Land in Richtung Uruguay verließ , wurde Szemeredy alleiniger Besitzer des Ladens . Im August des gleichen Jahres verhaftete man ihn allerdings wegen des Mordversuchs an dem Italiener Guido Benonati . Sobald er seine Freiheit wiedererlangt hatte , schloß er sich der Armee von General Ricardo Lopez Jordan an , der einen Aufstand gegen die nationale Regierung Argentiniens führte . Obwohl er sich selbst als medizinischer Doktor bezeichnetete , war Szemeredy wenig mehr als ein Knochensäger .
Am 8. Dezember 1873 wurde er in der Schlacht von Talita gefangen genommen . Anfang des nächsten Jahres sollte er mit dem Kriegsschiff Pampa ins Militärgefängnis auf der Martin Garcia Insel gebracht werden , aber mit einem Sprung über Bord , kurz vor der Küste Uruguays , gelang ihm die Flucht . Nach einer Reise durch Uruguay traf er Jayme Bojorje wieder , mit dem er über eine Neueröffnung eines Frisörladens diskutierte . Als sie sich nicht einigen konnten , machte sich Szemeredy weiter auf den Weg nach Salto , wo er einige Juwelen und Geld stahl .
Am 28. Mai 1874 erhielt Szemeredy eine Einreisegenehmigung für Europa vom ungarisch – österreichischen Konsulat in Buenos Aires , aber er ging in Rio de Janeiro von Bord , wo er sich sofort bei der Botschaft meldete und angab , beraubt worden zu sein . Ihm wurde nicht geglaubt . Also machte er sich auf nach Bahia , in den Norden , wo er erneut die Geschichte von dem Überfall erzählte . Diesmal sollten es zwei Männer und eine Frau gewesen sein , die Polnisch sprachen . Er wies eine Wunde am linken Arm vor , von der der behandelnde Arzt Dr. Wissman vermutete , daß Szemeredy sie sich selbst beigebracht hatte , um Sympathie zu erheischen und so eine Entschädigung für die vorgeblich gestohlenen Sachen zu erhalten . Während die Polizei und österreichisch – ungarische Beamte unter den etwa 800 polnischen Einwanderern nach den angeblichen Dieben suchten , wurden gleichzeitig Ermittlungen gegen Szemeredy unternommen . Dabei wurde bekannt , daß ein Alejo Szemeredy eine junge Frau in Colonia de San Francisco , Provinz Santa Catalina , entführt hatte , um sie in die Prostitution zu verkaufen . Trotz dieser Nachricht und um den Schuft loszuwerden , erteilte das Konsulat ihm ein Visum nach Buenos Aires , wo er vorgab , Eigentum zu besitzen . Im Oktober bestieg er einen deutschen Dampfer und verließ Montevideo , doch an Land nahm man ihn wegen Diebstahls von Uhren und Juwelen fest .
Im Januar 1875 finden wir ihn in Junin , Medizin ausübend . Seine Visitenkarte trug den Namen Dr. Elois Szemeredy . Er war auch als Luis , Enrique und Alejo Szemeredy , als Julio Somegyi , Carlos Pinto und Carlos Temperley bekannt . Wie gewöhnlich ist er nur ein paar Tage im gleichen Ort geblieben . Hier entkam er mit dem Chirurgenbesteck eines Doktor Caballero und Geld , das einem Händler aus Bragado gehörte . Er setzte seine kriminelle Reise durch Rojas , Pergamino , Sankt Nicolas und Rosario fort . Laut Polizeiberichten war er im Mai 1875 auch in Mailand , wo er sich wieder bei der österreichisch – ungarischen Armee meldete , die er 12 Jahre zuvor verlassen hatte . Bald darauf floh er aber wieder nach Südamerika .
In Argentinien reiste er durch den Süden , durch die Provinzen Buenos Aires , Chascomus und Tuyu , wo er einen Friedensrichter bestahl . Er wanderte kreuz und quer durch Uruguay , wo er seine Eskapaden bis Mitte des Jahres fortsetzte . In Montevideo traf er Baptiste Castagnet , den er ein paar Wochen später in Buenos Aires wiedersehen würde . Nach seiner Ankunft in Buenos Aires logierte er im Hotel de Provence . Er verließ das Zimmer für ein paar Tage , um dann zurückzukehren . Am 18. Juli 1876 gab er an , daß er während seiner Abwesenheit bestohlen worden sei . Dies war eine Kriegslist , die er oft anwandte , um nicht die Hotelrechnung bezahlen zu müssen . Am 22. Juli zog er ins Hotel Roma , wo er bis zu seiner Flucht , die dem Mord an Carolina Metz folgte , wohnte .
Welche Einsichten haben wir bisher erhalten ?
Die Erzählung nahm uns mit an einige Orte , wo Szemeredy seine üblen Betrügereien und Diebstähle beging und offenbart uns einige seiner Charaktereigenschaften . Obwohl viele Ereignisse schwierig zu beweisen sind und andere von der Presse aufgebauscht wurden , bekommt man doch eine Idee von seiner Persönlichkeit .
Eine zeitgenössische Zeitung berichtete , daß man , als Szemeredy in Brasilien inhaftiert war , ein scharfes Messer , eine Flasche mit 18 Gramm Chloroform , einen kleinen Kasten mit 14 Gramm Opium in Pulverform , falsche Bärte und mehrere künstliche Juwelen in seinem Gepäck fand . Die Aufzeichnungen des Ersten Polizeireviers in Buenos Aires vom 15. Juli dokumentieren eine Diebstahlsanzeige gegen ihn . Ein Einwohner des Hotel de Provence hatte Szemeredy denunziert und behauptet , dieser hätte ein Band ( 21 Unzen Gold ) , zwei Ringe vom gleichen Material und eine silberne Uhr mit Kette gestohlen . Die Ringe fand man später in Carolina Metz` Zimmer . Szemeredy sagte aus , daß er wegen ihnen eine heftige Auseinandersetzung mit Castagnet hatte , den er auch als den wahren Mörder bezeichnete .
Der Ankläger , Dr. Pondal , brauchte mehrere Jahre , um den Fall gegen Szemeredy vorzubereiten . Gemäß einem Bericht , der in der Zeitung La Pampa am 27. Mai 1879 erschienen ist , beantragte er die Todesstrafe . La Pampa berichtet am 3. November 1880 weiter , daß Richter Insiarte den Angeklagten zu einer Gefängnisstrafe auf unbestimmte Zeit verurteilt hatte , der zweithöchsten Strafe des Landes . Kurz darauf informierte der Österreichisch – Ungarische Minister das Argentinische Außenministerium in einer Notiz darüber , daß der Verurteilte eine nicht unwesentliche Summe von einem Verwandten geerbt hätte .
Der Fall machte weiter Schlagzeilen , als er vor das Berufungsgericht ging , welches im alten Rathausgebäude abgehalten wurde . Um zwei Uhr nachmittags versammelten sich über 500 Leute , angezogen von der Berühmtheit des Individuums und der allgemeinen Bekanntheit des Falles . Lange vor Beginn der Sitzung füllte die Menschenmenge die Treppen und Flure .
Szemeredy , der wie ein etwa 40jähriger wirkte , war ganz in schwarz gekleidet , die Kleidung abgewetzt , aber sauber . Er benahm sich wie ein Mann im Vollbesitz seiner geistigen Sinne . Mit der linken Hand glättete er ab und zu seinen langen , schwarzen Spitzbart , der mit ein paar grauen Haaren gesprenkelt war , während er das gleiche mit der rechten Hand auf seinem Kopf tat . Oft fuhr er sich mit der Hand über das Gesicht , als wolle er einen bestimmten Ausdruck wegwischen .
Damaso Centeno , der als Verteidiger auftrat , benötigte nur zwei Tage , um dem Gericht aufzuzeigen , daß die gesamte Strafverfolgung ernsthaft fehlerhaft war . Er wälzte den ganzen Verdacht auf Castagnet ab und deckte Widersprüche bei der polizeilichen Ermittlung auf . Weiterhin wies er darauf hin , daß es keine ausreichenden Beweise gab , um seinen Mandanten wegen Mordes zu verurteilen . Zu Jedermanns Überraschung wurde Szemeredy am 12.9.1881 freigelassen .

Jack the Ripper

Ein Psychopath , bereit zur äußersten Gewaltanwendung , intrigant und mit der Fähigkeit ausgestattet , alle Institutionen zu überlisten – dies sind die Merkmale , die man Jack the Ripper zuschreibt . Diese Dinge sind es , die die Phantasie antreibt und den Nebel in der Einbildungskraft immer neu entstehen läßt , wie er London in den Nächten von 1888 eingehüllt hat .
In den frühen Stunden des 8. August wurde der leblose Körper von Martha Tabram , einer alternden Prostituierten , im George Yard , an der Whitechapel High Street gefunden . Auf sie wurde 39 Mal eingestochen . Wegen der hohen Kriminalität in diesem Gebiet , deren Einwohner der Arbeiterklasse angehörten , dem großen Anteil an Einwanderern und weil die Leiche nahe einer Kneipe gefunden wurde , wurde das Verbrechen nur oberflächlich untersucht .
Drei Wochen später , am frühen Morgen des 31. August , starb Mary Ann Nichols durch einen mysteriösen Mörder , der ihr mit großer Genauigkeit die Luftröhre bis auf die Wirbelsäule zertrennte und den Unterleib aufschnitt , so daß die inneren Organe und Eingeweide entblößt wurden . Nur eine Woche darauf fand man den Körper von Annie Chapman . Er wies die gleichen Verletzungen auf , wie das vorherige Opfer .
Alle drei Frauen waren arm , entwürdigte Alkoholikerinnen aus dem Elendsviertel in London.
Zahlreiche Verhaftungen wurden gemacht . Die wenigen zuverlässigen Zeugen , die hervortraten , haben einen Mann von etwa 40 Jahren erwähnt , der mit ausländischem Akzent sprach . Ende September hat der Täter sich durch einen Brief und eine Postkarte an eine Nachrichtenagentur selbst manifestiert . In diesen Schriften , in roter Tinte geschrieben und mit Jack the Ripper unterzeichnet , bekräftigte er seinen Haß auf Strichmädchen und kündigte weitere Verbrechen an . In der Hoffnung , daß jemand die Handschrift erkennen würde und man so den Verbrecher identifizieren könnte , fertigte die Polizei Tausende von Kopien an und verteilte sie in der Stadt . Aber anstatt den Mörder publik zu machen , verbreitete sie damit nur nochmehr Panik und sorgte dafür , daß das Psydonym des bekanntesten Serienmörders der Geschichte erst richtig populär wurde .
Am 29. September , vielleicht ermutigt durch stillschweigende Anerkennung , wählte er innerhalb von nur wenigen Minuten zwei neue Opfer für seine Grausamkeiten : Elizabeth Stride und Catherine Eddows . Der Ersten schlitzte er nur den Hals auf , da er nicht mehr die Zeit hatte , um sein übliches Werk zu vollenden . Ein paar Tage danach empfing George Lusk, Vorsitzender der Bürgerwehr , ein Paket , das eine halbe Niere beinhaltete und eine Notiz , in der der Ripper mitteilte , daß er die andere Hälfte gebraten und gegessen haben will.
Um seine grausame Liste zu vervollständigen , führte der Mörder neue Elemente in seine Handlungen ein . Das Opfer , Mary Kelly , war diesmal jung und schön und im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen wurde sie nicht auf der Straße , sondern in einem Zimmer im Miller`s Court 13 , wo sie auch ihre Kunden empfing , angegriffen . Mit der gleichen Straflosigkeit wie zuvor und im Schutze der schmutzigen , feuchtkalten Wände , nahm sich der krankhafte Mörder diesmal viel Zeit , um den Körper der Frau mit chirurgischer Präzision zu zerstören . Er verteilte überall ihre herausgetrennten Eingeweide und Organe , schnitt ihr Brüste , Nase und Ohren ab . Die Polizeiärzte benötigten einen ganzen Tag , um das makabere Puzzle zusammenzusetzen .
Und dann verschwand der Mörder so heimlich , wie er gekommen war .
Alle Anhaltspunkte und Verdächtigen wurden untersucht , von einem im East End lebenden Schuster , von Rechtsanwälten und Geschäftsmännern bis zum Enkel von Königin Elizabeth .
Noch wurde niemand formell dafür angeklagt , oder sogar verurteilt . Sein Geheimnis hat Jack the Ripper bis in sein verfluchtes Grab mitgenommen und es hält noch heute an , während seine Knochen längst zu Staub geworden sind .

In der Liste der Verdächtigen

Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis 1881 blieb Szemeredy noch eine kurze Zeit in Argentinien , bevor er endgültig nach Europa zurückkehrte . Am 30. März 1882 wurde er wegen Verlassens der Truppe verhaftet und in militärisches Gewahrsam genommen . 1885 erklärte man ihn für irrsinnig . Er kam zuerst in ein militärisches und später dann in ein staatliches Lager . Anschließend übergab man ihn der Obhut seiner Familie , woraufhin er für mehrere Jahre verschwand . Aus dieser Zeit ist nur bekannt , daß er eine Weile als Wurstverkäufer gearbeitet hat .
Im Jahre 1886 interviewte ihn Dr. Gotthelf – Meyer , ein Spezialist für südamerikanisches Recht , in Budapest . Szemeredy brachte einen großen Stapel Zeitungsausschnitte mit und erzählte , daß er seine Geschichte an die ungarische Zeitung Egystertes verkaufen wollte , die aber u. a. mit der Begründung ablehnte , weil die Story in ungarischem Dialekt geschrieben war. Szemeredy erklärte noch , daß er beabsichtigte , nach Amerika zu gehen und anschließend nach Carlistas in Spanien . Nichts ist davon bekannt und niemand kennt seinen Aufenthaltsort während der nächsten Jahre . Angeblich soll er im August 1889 in Wien angekommen sein , wo er im März des folgenden Jahres die Bekanntschaft der Witwe Julianne Karlovicz machte . Sie sollen später zusammen in Budapest gelebt haben , wo er in ihrem Metzgerladen arbeitete .
Die Rechercheure Adam Wood und Eduardo Zinna versuchten den Aufenthaltsort des glatten Ungarn während der Zeit der Whitechapel – Morde zu ermitteln . Zinna hat eine Theorie , die besagt , daß Szemeredy sich als Alonzo Maduro , einen argentinischen Geschäftsmann , der Englisch mit nur wenig spanischem Akzent sprach und vorgeblich lange in den Staaten gelebt hat , ausgab und 1888 in London gewesen sein dürfte .Während dieses Aufenthaltes wohnte er in einem Hotel im Osten von Finsbury Pavement , zehn Minuten von Whitechapel entfernt . Als Szemeredy/ Maduro versuchte Anteile einer Eisenbahngesellschaft durch Gresham House, eine Maklerfirma der Stadt, zu veräußern , traf er den jungen Angestellten Griffith. S. Salway und freundete sich mit diesem an. Eines Abends schlenderte Salway die Old Broad Street entlang, als er unerwartet auf Szemeredy traf. Dieser trug einen alten Hut und Mantel, ging langsam, mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern . Die Zwei liefen zusammen durch die Straßen von Spitalfields und Whitechapel und kamen gegen 10.30p.m. bei Szemeredeys Hotel an. Am folgenden Morgen brachten die Zeitungen Details zum ersten Whitechapel – Verbrechen: zum Mord an Martha Tabram. Als man Szemeredy , der zwei Stunden später als üblich im Büro eintraf , eine Ausgabe des Stern zeigte, explodierte er beinahe vor Wut. Salway sagte später aus, er hätte gehört, wie Szemeredy meinte, alle Prostituierten müßten getötet werden und bei einer Gelegenheit sah er ein chirurgisches Messer bei ihm.
Bald darauf verließ der angebliche Argentinier London und die Morde hörten auf.
Während des Februars 1892 war Szemeredy mitverantwortlich für den gewalttätigen Raubüberfall auf einen Schmuckladen in Wien, der den Tod des Geschäftsführers Andreas Schütz zur Folge hatte. Am 4. Juni beraubte er, ebenfalls in Wien, den Laden eines Uhrmachers und ließ dabei die Inhaberin Marie Sotolar mit gebrochenm Schädel zurück. Am 16. September überfiel er abermals in Wien einen Juwelierladen, schlug dem Besitzer mit einem stumpfen Instrument auf den Kopf und ließ ihn in einer Blutlache liegen. Doch dann war sein Glück ausgelaufen. Am 26. September wurde er in Pressburg, dem heutigen Bratislava, der Hauptstadt der Slowakei, verhaftet, nachdem ihn ein Mann erkannt hatte, dem er eine gestohlene Uhr und Kette verkauft hatte. Daraufhin wurde er zum Polizeirevier gebracht. Er beschloß, es diesmal nicht auf nervöse Störungen und andere Beschränkungen ankommen zu lassen und zu warten. Er nahm ein scharfes Messer aus seiner Tasche und schnitt sich die Kehle von Ohr zu Ohr auf. Sein Tod wäre unbemerkt und wenig mehr als ein Teil einer Statistik gewesen, wenn der Polizeibericht nicht erwähnt hätte, daß Szemeredy und Jack the Ripper ein und die selbe Person sei. Zeitungen auf der ganzen Welt verbreiteten die Nachricht, aber Scotland Yard nahm sich dieser Sache niemals entscheidend an.
Jedes Mal und über viele Jahre, wenn in Argentinien ein spektakulärer Mord verübt wurden war, haben die Zeitungen den Aufenthalt des berüchtigten Mörders zurückverfolgt und für ihre Leser vorteilhafte und immer neue Geschichten erzählt. 1898 erwähnte La Nacion ihn mit vollem Namen und Titel Count Luis Alejo Torsianj Szemeredy in einem Artikel über einen blutigen Mord in Rosario :
 
„ Szemeredy, der verdächtigt wurde, Jack the Ripper, der Dieb und Mörder von Wien und von Carolina Metz in Buenos Aires zu sein, saß nur fünf Jahre im Gefängnis und wurde ohne einen Fleck in seinem Charakter freigesprochen. Dies unterdrückte aber nicht den Glauben, daß er der Mörder von London war. Nach dem er in Wien Raubüberfälle auf Juweliergeschäfte beging und seiner Festnahme …hat man nichts mehr von Jack the Ripper gehört.“

Das Geheimnis, das die ganzen Ereignisse umgibt, ist noch ungelöst. Ab und zu tanken neu entdeckte Informationen die Diskussionen über neue und alte Verdächtige auf.
Dies ist eine wahre Geschichte, die Zeit hat sie in eine populäre Legende und unendliche Erzählung gedreht.


Offline Isdrasil

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Re: Alois Szemeredy
« Antwort #1 am: 21.01.2009 20:35 Uhr »
Stordfield - mal wieder ein herzliches Dankeschön für die Mühe. Habe gerade keine Zeit zu lesen, aber ich freu mich drauf  :icon_mrgreen: :icon_thumb:

Raison-d-eatre

  • Gast
Re: Alois Szemeredy
« Antwort #2 am: 21.01.2009 21:02 Uhr »
ehrlich gesagt habe ich bis jetzt nur den letzten Rest überflogen, aber ich persönlich halte es muss ich sagen für doch eher unwahrscheinlich, dass er erst meint er muss alle Prostituierten umbringen (mit kehlenschnitt wohlbemerkt) und dann - nach Ortswechsel - "nur" Juweliere überfällt.
Hätte er nicht eher weitergemacht wie bevor oder wenigstens in ähnlicher Weise?

Stordfield

  • Gast
Re: Alois Szemeredy
« Antwort #3 am: 22.01.2009 10:02 Uhr »
Hallo !

Ich muß sagen, daß ich nicht im Entferntesten daran glaube, daß Szemeredy der Ripper war. Hätte er sich bei den Whitechapel - Morden nur halb so stümperhaft benommen, wie bei seinen Überfällen, gäbe es dieses Forum hier wahrscheinlich gar nicht.
Wie bei den meisten Verdächtigen, kann man natürlich auch bei ihm einige Punkte finden, die zu seinen (Un)- Gunsten sprechen, wenn man will. Für mich sind dies allerdings nur ein paar, völlig unzusammenhängende Indizien, haltlos und stark rekonstruiert.

Gruß Stordfield

Lestrat

  • Gast
Re: Alois Szemeredy
« Antwort #4 am: 23.01.2009 10:09 Uhr »
Hallo mal wieder,

erst mal vielen Dank für deine Mühe Stordfield  :icon_thumb: hat bestimmt einige Zeit gekostet alles zu recherchieren und zu übersetzen! Mann erfährt sehr viel interessantes über diesen sehr seltsamem Zeitgenossen.

Aber auch ich kann mir nicht so recht vorstellen das Szemeredy der Ripper war. Denn bei allen seinen Taten (außer möhlicherweise dem Mord an der Prostituirten) ging es ihm um Materielle Dinge.

Der Ripper hingegen tötete ja aus reiner Lust am ausweiden seiner Opfer.

Aber trotzdem eine sehr gute Geschichte.


Grüße

Lestrat