Viele fühlen sich zugleich abgestoßen und fasziniert von den Darstellungen kaltblütiger, gewissenloser Mörder, die uns täglich in den Medien begegnen. Serienmörder sind aber nur die schockierendsten Beispiele von Psychopathen. Individuen mit dieser Persönlichkeitsstörung sind sich der Konsequenzen ihrer Handlungen vollauf bewusst – sie kennen den Unterschied zwischen Gut und Böse und sind doch erschreckend egozentrisch, erbarmungslos und völlig unfähig, auf die Gefühle ihrer Mitmenschen Rücksicht zu nehmen. Am erschreckendsten ist es, dass sie ihren arglosen Opfern oft als völlig normal erscheinen. Auf der Grundlage seiner Forschungen von 25 Jahren präsentiert Robert Hare ein fesselndes Porträt dieser bedrohlichen Individuen und zeigt eine Welt von Trickbetrügern, Schnorrern, Vergewaltigern und Räubern, die sich mit Charme, Lüge und Manipulation eine Schneise durch das Leben bahnen. Sind Psychopathen verrückt – oder einfach nur böse? Wie kann man sie erkennen? Und wie können wir uns vor ihnen schützen? “Der renommierteste Forscher zur Psychopathie hat präzise Erkenntnisse mit fesselnden Fallbeispielen verwoben. Ein beeindruckendes Buch: spannend zu lesen und doch wissenschaftlich fundiert.” J. Monahan, Univ. of VirginaWofür das Buch *Psychos* Hunderte von Seiten verschwendete, nämlich wie man sich vor Psychopathen schützt und wie man wenigstens grobe Warnsignale empfangen kann, hat Hare 12 Seiten über, auf denen mehr Informationen stehen. Das ganze Buch ist sehr komprimiert geschrieben, aber leicht zu verstehen und setzt im Gegensatz zu Duttons Buch *Psychopathen* nicht auf Entertainment. Hätte ich noch einmal die Wahl, in das Thema einzusteigen, würde ich erst Hare lesen und dann fürs Amüsement Dutton.
Ich hoffe nur, dass nie ein Psychopath Hares Buch in die Finger bekommt, obwohl dies sicher schon passiert sein mag. Seine Schilderungen der Fehler, die Psychopathen machen sind so präzise, dass man sie regelgerecht als Anleitung zur Fehlervermeidung lesen könnte (Sich widersprechende Aussagen, ausholende Gesten, intensive Blicke ect.). Nicht gerade ein beruhigender Gedanke, dass sie für seine Kollegen noch schlechter zu diagnostizieren sind; vor allem, weil ein durchschnittlicher Psychologe oder Psychiater ohnehin schon sehr schlechte Karten haben soll, einen Soziopathen zu erkennen. Oder wie ein Zitat sinngemäß lautet: *Wo haben die ihre Lizenz her, die könnten nicht einmal meinen Hund analysieren?*.
Fazit*Gewissenlos* ist mit Abstand das beste Buch zum Thema und erschlägt einen in Gegensatz zu Duttons *Psychopathen: Was man von Heiligen, Anwälten und Serienmördern lernen kann* nicht mit Anekdoten, sondern informiert sachlich mit Fallbeispielen. Im Gegensatz zu Duttons Buch, welches den Eindruck vermittelt, jeder könnte über die Psychopathen-Checkliste und Tests munter analysieren, weist Hare darauf hin, dass man für die Checkliste eine spezielle Ausbildung benötigt. Ein Manko ist, dass er ständig auf die Liste verweist und sie nirgendwo im Buch abgedruckt ist.
Robert D. Hare (* 1934 in Calgary, Alberta) ist ein kanadischer Kriminalpsychologe, der vor allem durch seine Checkliste zur Psychopathie bekannt wurde. Er ist emeritierter Professor der University of British Columbia.Materialsammlung zu Psychopathen:
http://nomasliteraturblog.wordpress.com/sachbucher/psychologie/materialsammlung-psychopathen/Originalrezension:
http://nomasliteraturblog.wordpress.com/2013/06/02/robert-d-hare-gewissenlos-die-psychopathen-unter-uns/Psychopathy Checklist (PCL) entwickelte Psychopathy Checklist Revised (PCL-R)
Faktor 1: Persönlichkeit „Aggressiver Narzissmus“
Oberflächlicher Charme, gute Konversation
Überhöhtes Selbstbild
Krankhaftes Lügen
Manipulativ
Unfähig Reue zu empfinden
Unfähig zu tiefen Gefühlen
Fehlende Empathie
Unfähig Verantwortung zu übernehmen
Faktor 2: Fallstudie „Sozial abweichender Lebensstil“
Schnell gelangweilt, stets auf der Suche nach einem ‚Kick‘
Lebt gern auf Kosten anderer Leute
Schlechte Selbstbeherrschung
Promiskes Sexualverhalten
Fehlen realistischer langfristiger Ziele
Impulsivität
Verantwortungslosigkeit
Jugendkriminalität
Frühe Verhaltensprobleme
Bewährungsversagen
Weitere Punkte (nicht einer der Subdimensionen zuzuordnen)
Promiskuität
viele kurzzeitige eheähnliche Beziehungen
polytrope (vielgestaltige) Kriminalität