Autor Thema: Ganovenvisage  (Gelesen 7848 mal)

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Andromeda1933

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Ganovenvisage
« am: 13.05.2013 15:13 Uhr »
Mir ist es neulich zum X-ten Male passiert, dass ich jemanden im Fernsehen sah und dachte, „der sieht wirklich aus wie ein Ganove“. Wenn der vorherige Abend zu lang war, passiert mir das gleiche morgens vor dem Spiegel, das muss ich einräumen.
Aber zurück zur Sache, der Wunsch der „anständigen“ Menschen, man könne eines Tages Kriminelle am Gesicht erkennen, ist vermutlich so alt wie die Zivilisation selbst – und wohl ein Ausdruck ihrer Ängste. Zu den schlimmsten wissenschaftlichen/gesellschaftlichen Fehlleistungen gehört es wohl, Menschen katalogisieren zu wollen.
Ihr Höhepunkt war sicher die „Forschungsarbeit“, die seinerzeit von Himmlers SS durchgeführt wurde, als man Straftäter Gesichter und Schädel vermaß und auch eine Reihe scheußliche Experimente mit ihnen durchführte. Hier im Forum schlagen wir uns ja auch mit diesem Problem, den „JTR“ tat niemanden den Gefallen, besonders aufzufallen. Wenn nicht die Mordlust in ihm brannte, sah man ihm seine Gefährlichkeit offenbar nicht an. Aber kann man einen Verbrecher nun an seinem Gesicht erkennen?
Renommierte Wissenschaftler wie Cesare Lombroso versuchten dies zu beweisen. Es ist ihm und seinen späteren Kollegen, nicht gelungen.




Der typische Verbrecher?   Aus der „B.Z.“ vom 11.04.2007

Wir sehen in das Gesicht eines Mannes mit Dreitagebart, dunklen Augen und dichten Augenbrauen. Es ist ein Gesicht, das es so nicht gibt. Denn was wir hier sehen, ist der Berliner Durchschnittskriminelle, gebaut am Computer anhand einer Vorlage von 20 echten Knacki-Gesichtern aus der JVA Tegel.
„Die Idee zu der Aktion hatten die Häftlinge selbst“, erklärt Projektleiter Wolfgang Wasow.
Er betreut die Internetseite www.planet-tegel.de, auf der Häftlinge der JVA Tegel über ihre Knasterlebnisse berichten „Sie wollten zeigen, dass es keinen klassischen Verbrecher gibt, sondern dass hinter jedem Gesicht Kriminelle stecken können.“
20 Häftlinge, unter ihnen verurteilte Mörder, Vergewaltiger und Drogendealer, standen für die Aktion Modell. Ihre Fotos wurden im Computer übereinander gelegt und gemorpht (vermischt). Daraus entstand der Standard-Knacki.
„Zusätzlich befragten wir alle Inhaftierten nach ihrem Werdegang“, erklärt Wolfgang Wasow. „Daraus entwarfen wir den Lebenslauf des Berliner Durchschnittsknackis.“ Hier seine typischsten Merkmale:
Er ist 35 Jahre alt, zu 50% von ausländischer Herkunft.
Zu 39% ist er verheiratet, jeder zweite hat 2,5 Kinder gezeugt.
27% haben einen Hauptschulabschluss, 22% haben Abitur, ein Viertel hat sogar studiert.
Mit 18,75 Jahren begeht er seine erste Straftat, 70% werden dabei inhaftiert, 30% sind Wiederholungstäter.
44% haben vor der Haft Drogen wie Hasch, Koks und Speed genommen. Im Knast konsumieren rund 33% Rauschgift.
Der Durchschnittsknacki hat 7 Jahre und 4 Monate zu verbüßen. Zu 22% macht er eine Therapie, wird zu 37% geheilt.
Die Fotomontage aus 20 Knacki-Gesichtern, erkennt man in diesem Bild das Kriminelle?
„Das Aussehen und die Handlungen eines Menschen sind grundlegend verschieden“, erklärt Diplom-Psychologe Thomas Abel. „Gesichtsform und Gesichtszüge sagen rein gar nichts über kriminelle Energien eines Menschen aus. Oft stecken hinter den unauffälligsten Gesichtern die grausamsten Verbrecher.“
 
Na, da sind wir ja schon ein Stück weiter, oder?






23.05.2001
Verbrecher am Gesicht erkennen?
Experimentelle Jura-Vorlesung an der Uni Bochum
"Was für eine Verbrechervisage; dem möchte ich nicht im Dunkeln begegnen..." - das hat sicherlich jeder schon über einen Mitmenschen gedacht, dessen Aussehen ihm suspekt erschien. Aber wie weit ist es her mit solchen Beurteilungen? Ein einfacher Test sollte es zeigen: In die Vorlesung "Kriminologie I" an der Ruhr-Universität Bochum hatte Professor Dr. Hans-Dieter Schwind heute Morgen sowohl Straftäter als auch Gesetzeshüter eingeladen. Die Studierenden sollten nun schätzen: Wer könnte wohl stehlen, betrügen oder zuschlagen? Wer kann kein Wässerchen trüben? 13 Männer, bekleidet mit Jeans und Pullover, trugen eine Nummer auf dem Pappkarton in der Hand. Darunter waren fünf Gefängnisinsassen und acht gesetzestreue Bürger: ein Staatsanwalt, ein Gefängnisleiter und der Kölner Regierungspräsident Jürgen Roters: "Dieses Experiment ist außerordentlich spannend und es zeigt, wie sehr sich die Hochschule und die Kriminologie öffnet. Dass sie nicht in einem Elfenbein agiert, sondern versucht reale Situationen nachzustellen."
Die Einschätzung der Studierenden: Jürgen Roters wurde angedichtet, er sei ein Betrüger oder möglicherweise ein Drogendealer. Das Ergebnis der Vorlesung war, dass von den sieben Männern, die am häufigsten als Verbrecher eingeschätzt wurden, fünf unbescholtene Bürger waren. Ein Bochumer Staatsanwalt war der Spitzenreiter. Professor Hans-Dieter Schwind: "Wir machen das Experiment, um den Studenten, die später mal Richter und Staatsanwalt werden wollen, zu zeigen, dass man vom Äußerlichen nicht auf Wesen, Charakter oder Straftat eines Menschen schließen kann. Dieses Experiment soll im Hinterkopf der Studenten bleiben. Ich hoffe, dass sie Sensibilität genug entwickeln, von selbst auf diesen Gedanken zu kommen. Aber das heutige Experiment untermauert dies zusätzlich." Seit 26 Jahren macht Hans-Dieter Schwind solche Untersuchungen. Mal geht er mit den Studenten ins Gefängnis, nimmt an Mahlzeiten teil, manche übernachten dort. Mal holt er Prostituierte in den Hörsaal, um den angehenden Juristen einen Bereich zu zeigen, den sie sonst nicht kennen lernen würden. Die Studierenden waren begeistert und überrascht über ihre Fehleinschätzungen. Ein Student: "Ich habe den Staatsanwalt für einen Drogendealer gehalten. Mit seinen schwarzen Klamotten sah er bleich und bekifft aus."


Phantomzeichner in Aktion - Die Kunst des Wiedererkennens
Aus der „Berliner Zeitung“ vom 07.09.2012

Berlin –Jürgen Kohlhase entlockt als Phantomzeichner der Berliner Polizei Zeugen Erinnerungen an Gesichter. Anhand der Beschreibung eines BLZ-Redakteurs fertigte der Kriminalist für uns ein Phantombild an. [mit Video]
Jeden Tag sehe ich ihn. Aber eigentlich weiß ich nicht, wie er genau aussieht. Er sitzt im Büro zwei Meter von mir weg, hat einen Schnurrbart und eine Brille und ist ziemlich dick: mein Kollege Lutz Schnedelbach.
Doch man kann auch die verschwommensten Erinnerungen an ein Gesicht wieder zurückrufen. Das beweisen Phantombildzeichner wie Jürgen Kohlhase . Der 63-Jährige ist einer von acht Mitarbeitern des Sachgebiets „Grafik, Vermessung, Phantombilderstellung“ der Kriminaltechnik des Berliner Landeskriminalamtes.
Seit rund 40 Jahren im Polizeidienst
1971 kam Jürgen Kohlhase zur damaligen West-Berliner Polizei. Der gelernte Grafiker wurde damals als Tatortzeichner angestellt. Maßband und Zeichenstift waren seine Werkzeuge, heute werden Tatorte auch mit Laserscannern vermessen.
Anfang der 70er-Jahre ging die Polizei immer mehr dazu über, mit Hilfe von Täterporträts nach Verbrechern zu fahnden. Und so zeichnete Kohlhase immer öfter Gesichter nach den Erinnerungen von Zeugen: zunächst mit Bleistift, dann mit Fotofit-Folien, mit denen man verschiedene Gesichtsmerkmale übereinander legte, später am Computer, in dem Hunderte Augenpaare, Nasen und Kinnpartien gespeichert sind.
Nun also der Lutz. Mein Kollege. „Hat er ein langes, ein schmales, ein kräftiges oder rundes Gesicht?“, fragt Jürgen Kohlhase.
„Na ja, eher rund.“
„Und die Augenbrauen? Sind sie dünn oder buschig, gerade oder gebogen?“
„Hm. Schwierig.“
Kohlhase zeigt mir am Computer verschiedene Augenbrauen-Paare. Ich entscheide mich für die gebogenen Brauen. „Wir würden nie ein perfektes Bild schaffen, weil es aus der Erinnerung ist“, sagt der Zeichner.
Jetzt die Nase. Eher knollenartig, würde ich sagen.
Der Zeichner macht Vorschläge für Nasenformen. Und da ist sie, die passende Nase. Die vorgeschlagenen Bilder sorgen dafür, dass die Erinnerungen zurückkommen. Das ist der Trick.
Besondere Merkmale
Viele Zeugen haben Zweifel, dass sie es schaffen, einen Täter, den sie nur flüchtig gesehen haben, zu beschreiben. Doch auch wenn die Porträts den wahren Tätern nur ähnlich sehen – manchmal nur wenig – sind die Bilder eine Hilfe für die Fahnder. Sie werden den Sachbearbeitern in den Dienststellen und den Polizisten gegeben, um bei Streifengängen nach den Verdächtigen Ausschau zu halten. Erst wenn die Fahndung nichts gebracht hat, werden die subjektiven Täterporträts, wie sie im Polizeideutsch heißen, mit richterlichem Beschluss in den Medien veröffentlicht. Das ist die letzte aber auch die aufwendigste aller Lösungen. Denn dann rufen immer wieder Leute bei der Polizei an, die ihren Nachbarn als Täter erkannt haben wollen.
Eine Frauenfrisur für den Kollegen
Kollege Lutz hat lange Haare. Allerdings sind die meisten Verbrecher männlich – und jung im Gegensatz zu meinem Kollegen. Entsprechend begrenzt ist im Computer die Auswahl der Haarschnitte, die meist kurz sind. Den passenden finde ich bei den Frauenfrisuren.
So gehen Jürgen Kohlhase und seine Kollegen immer vor, wenn sie mit Zeugen reden. Wie weit war der Täter weg, kann man überhaupt etwas wiedererkennen Welche Kopfform hatte er? Hatte er ein besonderes Merkmal, vielleicht eine Tätowierung, einen Bart, eine Brille? Wer neben Jürgen Kohlhase auf dem Stuhl sitzt, ist überfallen, ausgeraubt oder vergewaltigt worden, war Zeuge eines Mordes. In ihrem Kopf machen die Zeugen das Geschehen dann noch einmal durch. Nicht selten sind sie verstört von der Tat. Entsprechend behutsam und unaufdringlich müssen Kohlhase und seine Kollegen dann versuchen, die Erinnerungen der Überfallenen zu aktivieren.
Fingerspitzengefühl gefragt
Bis zu anderthalb Stunden kann es dauern, bis ein Bild fertig ist, mehr will Kohlhase den Zeugen und Opfern auch nicht zumuten. Am genauesten werden die Täterzeichnungen in den ersten Tagen nach dem Verbrechen, später verschwimmen die Erinnerungen. Frauen erinnern sich oft besser an Gesichter, besonders an die Augen und die Frisur. Vor allem Kinder im Alter von zehn, elf Jahren sind besser im Wiedererkennen. Sie haben einen feineren Blick fürs Detail als Erwachsene.
In Kohlhases Büro stehen mehrere Computer, auf denen Systeme wie Facette und auch Photoshop laufen. Hat Kohlhase die Gesichter gemeinsam mit den Zeugen am Bildschirm zusammengestellt, druckt er das Bild auf Zeichenkarton aus und greift zum Zeichenstift und zum Wischer, um Schattierungen, Haarlocken und Falten nachzuarbeiten.
Detailarbeit mit dem Zeichenstift
Auch Lutz sieht irgendwie noch zu jung aus. Mit Bleistift und Wischer verpasst ihm Kohlhase auf meine Bitte hin eine hübsche Stirnfalte und einige zusätzliche Schatten unter den Augen.
Jürgen Kohlhase hat in seinem Leben einiges gesehen. Für die Rekonstruktion von Tathergängen fertigte er schon Zeichnungen der grässlichsten Tatorte an. Er rekonstruierte mit dem Zeichenstift die Gesichter halbverwester Leichen, etwa jener unbekannten Frau, die im Juli in Charlottenburg aus dem Wasser gezogen wurde, und deren Fall noch nicht geklärt ist, obwohl die Zeichnung durch die Medien ging. Er zeichnete eines der Phantombilder von Dagobert.
Elf Bilder waren in den neunziger Jahren von dem jahrelang gesuchten Kaufhauserpresser erstellt worden. Mit Kohlhases Bildern wurde nach einem Mann gefahndet, der im Grunewald zwei Mädchen auf grausigste Art vergewaltigt hatte. Mit Hilfe des Zeichners wurde ein Mörder überführt, der vor einiger Zeit einen Pizza-Bäcker getötet hatte. Kohlhase zeichnete nach den Angaben von Zeugen auch jenen unbekannten Mann, der im vergangenen Winter Weihnachtsmarktbesuchern vergifteten Schnaps angeboten haben soll.
Trefferquote bei etwa 15 Prozent
Manchmal sind es nur vier, manchmal sind es mehr als 30 Phantombilder, die die acht Zeichner der Kriminaltechnik pro Monat erstellen. Die Trefferquote, dass anhand eines solchen Bildes ein Täter überführt wird, liegt bei etwa 15 Prozent. Nach Einschätzung der Experten ist das ein guter Wert, zumal Phantombilder nur den subjektiven Eindruck eines Zeugen wiedergeben und nur eines von mehreren Hilfsmitteln sind.
Im Fall meines Kollegen Lutz Schnedelbach würde es wohl klappen, auch wenn ich am Anschluss an die Zeichenstunde feststellen muss, dass das nach meinen Angaben erstellte Phantombild nur ein wenig dem Original ähnelt. Wie schwierig ist es dann wohl, wenn ein Zeuge oder ein Opfer einen Täter nur kurz gesehen hat.
Doch Jürgen Kohlhase sagt: „Wenn ich mit dem Bild in Ihrer Abteilung die Runde machen würde, würde man wahrscheinlich auf Ihren Kollegen kommen.“





Main-Echo-Onlinedienst vom 29.08.2012
Die Frau, die Verbrechern ein Gesicht gibt
Phantombildzeichnerin Waldy Benner Sie ist Schwerverbrechern in Bayern mit Bleistift und Computer auf der Spur: Phantombildzeichnerin Waldy Benner lässt sich von Zeugen die Täter beschreiben und macht sich so ein Bild. Das geht raus an die Öffentlichkeit. Jeder dritte Gesuchte wird daraufhin gefasst.

Schmale Lippen, volle Lippen, kleine oder große Augen, Tränensäcke oder eine krumme Nase – bei Waldy Benner bekommen Bayerns Schwerverbrecher ein Gesicht. Die 42-Jährige ist Phantombildzeichnerin beim Landeskriminalamt (LKA) in München. Fingerspitzengefühl braucht sie jedoch nicht nur, wenn sie am Computer Nasen, Augen und Münder zu Gesichtern zusammensetzt. Vielmehr ist Sensibilität im Umgang mit den oftmals traumatisierten Zeugen gefragt. »Viele fangen an zu zittern, wenn sie dem Täter hier auf dem Bildschirm wieder ins Gesicht sehen«, sagt Benner.
Phantombilder werden bei Kapitaldelikten erstellt. Mord, schwerer Raubüberfall, Vergewaltigung. Etwa 15 Mal im Jahr hat Waldy Benner einen Menschen neben sich sitzen, der vielleicht als einziger einem Verbrecher ins Gesicht gesehen hat. Oftmals nur für Sekundenbruchteile. Rund 34 Prozent der Phantombilder führen direkt zur Festnahme. Meist sind es Nachbarn, Arbeitskollegen oder Angehörige, die die Täter erkennen.
Viele Zeugen oder Opfer eines Verbrechens sind jedoch so belastet, dass sie es sich nicht trauen – oder nicht zutrauen – den Täter zu beschreiben. Deswegen will Benner eines besonders deutlich machen: »Zeugen und Opfer haben nichts zu befürchten, falls es mit der Täterbeschreibung nicht klappt. Wichtig ist aber, dass sie den Mut haben, es überhaupt zu versuchen.«
Phantombilder zu erstellen sei vor allem eine Frage der Psychologie, erklärt die Expertin. Seit knapp vier Jahren zeichnet sie Verbrecher. Einst hatte sie eine Ausbildung in einer Werbeagentur gemacht. Dann wechselte Benner zur Polizei, Abteilung Spurensicherung. Mit zwei weiteren Phantombildzeichnern in Nürnberg und Würzburg teilt sie sich die Fälle auf. Die Beobachtungsgabe eines Zeugen sei von größter Bedeutung für die polizeiliche Ermittlungsarbeit, erklärt LKA-Sprecherin Claudia Vodermaier. Bei der Fahndung nach Verbrechern sei das Phantombild ein wertvolles Instrument in der Öffentlichkeitsarbeit.
Mit der Hand zeichnet Waldy Benner nur noch selten, die meisten Gesichter entstehen am Computer. Künftig sollen die Täter in 3D dargestellt werden. Das sei aber noch Zukunftsmusik. Schwarz-Weiß werden die Bilder jedoch bleiben. Der Betrachter solle nicht den Eindruck eines Fotos haben. »Durch das skizzenhafte schwarz-weiß Bild wird deutlich, dass es sich nur um eine Typisierung, um eine Annäherung an den Täter handelt.«
Erstaunlich sei, wie exakt Zeugen einen Täter letztlich beschreiben können, auch wenn sie ihm nur einen kurzen Moment ins Gesicht geschaut haben, erzählt die 42-Jährige. Einen Passanten auf der Straße oder auch den eigenen Ehemann könne man nicht so gut beschreiben. »Aber wenn man in Todesangst war, brennt sich das Bild des Täters ins Gedächtnis ein.«
Hunderte Augenpaare, Brauen, Nasen, Münder, Frisuren, Haaransätze und Gesichtsformen hat sie im Computer gespeichert. Die kann sie beliebig zusammensetzen und mit wenigen Handbewegungen etwa den Hals schmäler oder ein Kinn breiter machen. »In der Regel probieren die Zeugen verschiedene Augen aus, kehren dann aber zu ihrer ersten Wahl zurück.« Augen, Nase und Mund seien entscheidend, weil die ein Täter auf die Schnelle nicht verändern kann. Bart oder Haare dagegen seien ruckzuck abrasiert.
Wenn Zeugen oder Opfer – meist sind es Frauen, die Männer beschreiben – beim Erstellen des Phantombildes nervös werden, zittrige Hände kriegen, vor Aufregung kaum noch ein Wort herausbringen, dann weiß Benner: »Ich hab' den Täter auf dem Bild gut getroffen«. Das sei zwar jedes Mal eine Bestätigung für sie selber, aber andererseits eine Belastung für die Zeugen. »Sie werden wieder mit dem Geschehen konfrontiert.« Viele seien jedoch auch erleichtert, weil sie so helfen können, den Täter zu schnappen. »Dann verlassen sie ganz glücklich mein Büro.«
Ute Wessels, dpa