Autor Thema: Zeitliche und räumliche Aspekte des GSG`s und der Nacht des Double-Events  (Gelesen 70346 mal)

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Offline Craddock

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Weshalb kann man annehmen, dass der Täter nach dem Mord an Stride bei der ersten Gelegenheit schnurrgerade die Whitechapelroad runter gerannt / gelatscht ist?


Da reicht der eine Thread wohl nicht. Das liegt wohl primär daran, dass Isdrasil auch gerne einen Täter von außerhalb in seine Überlegungen mit einbezieht. Davon ausgehend, dass der sich im Bezirk eben nicht so gut auskennt wie ein Einhimischer, ist eine Route entlang der Hauptverkehrsadern wahrscheinlicher als eine Umweg über die Seitenstraßen. Ansonsten hast du aber recht, wie ich ja in meinem Post mit der Alternativroute ja schon angedeutet habe. Isdrasil versucht aber auch gar nicht wirklich, dem Täter eine Route vorzuschreiben. Worum es primär geht, ist sein genereller Fluchtweg (oder was auch immer es war) in Richtung Südwesten in den City Police Bereich. Wobei ich bei genauerem Nachdenken auch sagen muss, dass ich den Stride Tatort aufgrund seiner Verortung im Verhältnis zu den anderen auch reichlich seltsam finde... Es ist ein Kreuz.

Offline Isdrasil

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Hi Direwolf

Craddock hat eigentlich schon meine Antwort vorweggenommen.  :good:

Klar, bin da auch ein wenig durch meine Annahme eines Täters außerhalb vorbelastet. Deswegen gehe ich gerne in der Annahme, er würde unauffällig in der Menge untertauchen wollen.
Ich denke, es kann auch ganz anders sein: An Punkt 1 zum Beispiel hätte er auch genausogut Richtung Osten gehen können. Was ich aber für nicht wahrscheinlich halte, da Diemschütz irgendwo daher kam, und bei einer Flucht zählt die Prämisse "nur schleunigst weg und am Besten in unauffällige Gebiete". Nicht zu vergessen: Bei einer eher südlicheren Route vor Punkt 1 käme er sehr nah an der Leman Street Police Station vorbei. Die hatte ich damals auch noch mit einbezogen, weiß aber gerade gar nicht mehr genau, wo die war. Leman Street jedenfalls, südlich. Ziemlich direkt unter dem westlich gelegenen Sackbahnhof in unmittelbarer Nähe der einzigen durch die Gleise verlaufenden Strasse (Durchgang).
Und natürlich kann der Täter auch ganz andere Gasse gegangen sein, andere Wege, mehr Geschnörksel.

Zum Zeitfaktor: Die Tatorte liegen bei meiner Route etwa 1 Kilometer voneinander entfernt, Luftlinie einiges weniger. Vielleicht kann Jemand was dazu sagen, der schonmal vor Ort war. Die Zeit zwischen den Taten betrug 35-40 Minuten. Da ist noch genug Zeit für Schnörksel, eine kleine Pause etc. Die Aussage über den Mann in der Church Street passt schon verdammt gut ins Bild - soll zwar gegen 01:30 gewesen sein, aber wir wissen ja, was man von Zeugen und Zeitangaben halten kann.

Was primär zählt ist diese Westtrichtung, und danach die Nordostrichtung zum GSG. Das ist es, worauf es ankommt. Nicht direkt, welchen Weg er nun genommen hat. ;)

Craddock hat das ja schonmal gesagt: Irgendwann kam der Punkt der Entscheidung für eine bestimmte Richtung.
Aber es gibt wirklich noch einige andere Möglichkeiten.

Grüße, Isdrasil
« Letzte Änderung: 25.01.2012 12:16 Uhr von Isdrasil »

Stordfield

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Hallo!

Was primär zählt ist diese Westtrichtung,

Es wäre doch möglich, dass der Ripper Catherine schon ein paar Stunden vorher in der Nähe von Punkt 2 gesehen hat (wo sie ja betrunken auffiel) und sich nun am Scheideweg an sie erinnerte.

Gruß Stordfield

Offline Craddock

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Es wäre doch möglich, dass der Ripper Catherine schon ein paar Stunden vorher in der Nähe von Punkt 2 gesehen hat (wo sie ja betrunken auffiel) und sich nun am Scheideweg an sie erinnerte.

Wäre möglich, wenn er etwas mit ihr abgesprochen gehabt hätte. Wobei dann der Mord an Stride ziemlich dämlich und ein unnötiges Risiko gewesen wäre. Ansonsten halte ich das eher für unwahrscheinlich. Schließlich hätte er sich nicht nur an sie erinnern müssen, sondern, nachdem nun schon einige Stunden nach der Begegnung vergangen sind, auch annehmen, dass sie sich immer noch dort herumtrieb. Ganz zu schweigen davon, dass er auch ihren weiteren Weg in Richtung Südwesten hätte vorausahnen müssen. Aber gerade nach dem missglückten Mord an Stride, der, von den vorangegangenen Tatorten her gesehen, auch etwas ab vom Schuss lag, würde ich bei dem Täter (so er denn vorhatte, ein zweites Mal zu morden) eher davon ausgehen, dass er in vertrautes Gebiet zurückkehrt, wo es schon mal gutgegangen ist. Außerdem, so rein praktisch überlegt: Ist es wahrscheinlich, dass er sich an eine Frau erinnert, die er Stunden zuvor gesehen hat und auf die Suche geht? Oder würde er eher irgendwo hingehen, wo er weiß, dass sich sehr wahrscheinlich ein paar mehr herumtreiben und er halbwegs sicher annehmen kann, dass er fündig wird?

Offline Isdrasil

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Hi Stordfield

Ich sehe das wie Craddock. Es hätte ein starker Zufall sein müssen, wenn er Eddowes nach dem Mord an Stride erneut traf, womöglich noch vorsätzlich. Und wenn die Beiden eine Art Treffen vereinbart hätten, wozu dann der Mord an Stride? Ich finde deinen Gedanken sehr interessant, aber irgendwie mag ich das auch nicht so Recht glauben.

Aber gerade nach dem missglückten Mord an Stride, der, von den vorangegangenen Tatorten her gesehen, auch etwas ab vom Schuss lag, würde ich bei dem Täter (so er denn vorhatte, ein zweites Mal zu morden) eher davon ausgehen, dass er in vertrautes Gebiet zurückkehrt, wo es schon mal gutgegangen ist.

Genau so sehe ich das auch - ich glaube, bei dem Vorsatz eines weiteren Mordes wäre er an Punkt 1 oder 2 oder irgendwann dazwischen wohl eher Richtung vorheriges Jagdgebiet gegangen, also eindeutig in den Norden. Eddowes liegt aber genau wie Stride etwas ab vom Schuss, um deine Worte zu verwenden. Für mich ein Indiz für einen nicht geplanten Mord. Und wo geht ein Täter hin, wenn die Nacht für ihn frustrierend gelaufen ist? Richtig: Richtung Heimat.
Interessant auch die Tatsache, dass man an Docks kommt, wenn man die Spur in den Südwesten weiter verfolgt. Würde man nun stark spekulieren, könnte man meinen, dass der Täter wirklich vom Bereich der City Police ablenken wollte, da er eine genauere Untersuchung der Docks befürchtete, die in ihrem Bereich lagen. Möglicherweise kann jemand mehr dazu sagen, inwiefern die Bereiche um den Hafen zur Zeit des Double-Events in die Ermittlungen einbezogen wurden.

Aber ich wiederhole mich und bleibe bei meiner Ansicht: Ripper-Wohnort = entweder Westen oder es handelt sich gleich um einen Matrosen etc.

Grüße, Isdrasil

Direwolf

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Hallo allerseits und schonmal Danke für die raschen Antworten  :good:

@Isdrasil in sachen Docks und polizeiliche Aktivitäten:

So auf die schnelle konnte ich nichts finden, dass die Docks polizeilich mit dem Double Event in Verbindung bringt. Generell habe ich - bis auf einen Artikel des East London Advertiser vom 1. September 1888, den es bei casebook zu finden gibt - nichts spektakuläres zu den Docks in Erfahrung bringen können, dass uns weiterhelfen könnte. Falls es wen interessiert: In dem Artikel ging es um ein Feuerchen, was wohl in einem der Lagerhäuser statt fand. Nachzulesen hier: http://www.casebook.org/press_reports/east_london_advertiser/ela880901.html

Aber da dies zeitlich etwas aus dem Rahmen fällt und - so fern ich das in dem Artikel richtig verstanden habe - es sich nicht um Brandstiftung handelte, wäre es zumindestens denkbar, dass sich die Polizei bei den Ermittlungen zum Zeitpunkt des double event gar nicht mehr für die Docks interessiert hat und diese links liegen ließ. Ist natürlich nur so eine Idee von mir, vielleicht kann ja noch jemand anderes mehr dazu auftreiben. Werde mich selbst aber morgen auch noch mal auf die Suche machen.

So long..
Direwolf

Offline Craddock

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Schönen Donnerstag!

Ich hab auch nichts Offizielles darüber, ob man sich nach dem Double Event speziell für die Docks interessiert hat. Aber immerhin haben wir Lawendes Aussage, festgehalten von  Swanson in seinem Bericht vom 19. Oktober:

"age 30 ht. 5 ft. 7 or 8 in. comp. fair fair moustache, medium built, dress pepper & salt colour loose jacket, grey cloth cap with peak of same colour, reddish handkerchief tied in a knot, round neck, appearance of a sailor."

Wenn jemand, der kurz vor der Tat mit dem späteren Opfer gesehen wird, wie ein Seemann aussieht, fände ich es schon arg fahrlässig, sich nicht für die Docks zu interessieren. Und die Seemannstheorie scheint ja auch unter einigen Polizeibeamten recht beliebt gewesen zu sein.

Aus dem Ripper-Wiki-Artikel zu City Police Inspector Henry Cox: Cox briefly suggests that the dates of the murders strengthen the theory that the murderer was a sailor who planned them to coincide with the times of departure of his vessel (an observation that he believed was original).

Ich könnte mir vorstellen, dass man die Docks schon im Auge hatte, auch wenn unklar ist, wieviel Wert man darauf gelegt hat.

Offline Isdrasil

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Danke für die Infos!  ;)

Ich habe hier einen Link gefunden, den ich auf diesem Wege einfach mal festhalten möchte. Es ist ein Link zum Research Service des Lloyds Register - einem Schiffsarchiv, welches seit dem 18. Jhd. betrieben wird und die Bewegung sowie die Geschichte verschiedenster Schiffe (vom Handels- zum Passagierschiff) festhält:

http://www.lr.org/about_us/shipping_information/Historical_research_service.aspx

Ich würde den Service gerne mal in Anspruch nehmen, wird jedoch wahrscheinlich an meinen finanziellen Mitteln scheitern. Ich stelle mir das so vor: Erstmal die Liste aller an den Mordtagen in den Docks gelegenen Schiffen besorgen lassen. Diese Listen abgleichen - "oh, da waren ja tatsächlich drei Schiffe immer genau an den Mordtagen in den Docks!". Also die Passagier- und Besatzungslisten dieser Schiffe auftreiben. Und zack! Dieser Matrose hier, Klaus Hansen aus Hamburg, war doch tatsächlich immer auf einem Schiff, welches an den Mordtagen in London war! Weiterschauen, diesmal in Hamburg..."Klaus Hansen, Sohn eines Schlachters, verstorben am 13. November 1888". Alles klar, case closed!
 8)

Grüße, Isdrasil