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« Letzter Beitrag von Lestrade am 10.11.2020 15:00 Uhr »
Hallo Stordfield! Danke.
Arthur und ich (vielleicht auch Du oder andere) haben darüber sicherlich auch in einem "Levy" oder "Kosminski" Faden diskutiert. Bin aber eben noch einmal in deinen geposteten Faden gegangen.
Arthur und meine Wenigkeit, um beim Thema "schlafende Frauen" zu bleiben, sind eher der Meinung, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass der Ripper schlafende Frauen bevorzugt hatte. Nicht, dass es nie passiert wäre aber so etwas war sicherlich nicht das, was er "wollte". Es wäre eine Ausnahme gewesen, wie vielleicht aber Anfang seiner Serie (Tabram) oder dann, wenn die Umstände nichts anderes zugelassen hätten (Kelly?). Typisch oder klassisch sind die Opfer Nichols, Chapman und (Stride) Eddowes, wenn man die Möglichkeiten für ihn "optimal" einschätzt, so wie wir das vermutlich alle immer bisher gemacht haben. Man lief sich über den Weg, sprach sich an und wenn der Ripper dachte, alles passt nun, schlug er zu. Mit Hallie Rubenhold kam nun eben jene Theorie auf aber ich denke, wenn man allein nur Arthur´s Kommentare dazu liest, ist alles erklärt. Wer´s glauben will, soll´s tun und nicht Wenige werden das auch. So dreht sich halt die Welt, zuckelt mal eine Millisekunde und die Sparkasse hat über Weihnachten zu.
Um noch einmal zu Tabram zurückzukehren, vielleicht spielte es sogar eine Rolle, falls sie geschlafen hat, dass es hier nicht zu ersteren, eindeutigeren Verstümmelungen kam, wie wir sie dann später sehen. Wobei natürlich unzählige Messerstiche ja auch eine Form von Verstümmelung bedeuten kann.
Wie nun wirklich die Kontaktaufnahme zwischen Opfer und Täter stattfand, da muss ich mich auch zurückhalten. Es hängt ja auch davon ab, welchen Tätertyp man erwarten kann bzw. man selber bevorzugt.
Für meinen Teil könnte ich folgendes schildern:
Der Mann, welcher der Ripper war, hatte Angst vor Frauen. Wie das auch immer entstanden sein mag. Sicherlich hat er versucht, diese Angst zu überwinden und vielleicht war eine Frau nicht gleich wie die andere für ihn. Mit seiner Lebensgeschichte fiel er sicherlich in die Kategorie "armes Schwein". Ihm wurde es sicherlich vom Leben verwehrt, aus dieser Problematik herauszukommen. Prostituierte waren für ihn bestimmt die unterste Kategorie einer Frau, im Prinzip Müll. Möglicherweise dachte er, dass diese Prostituierten noch eine Stufe unter ihm standen. Das könnte bedeuten, dass er sich emotional auch wie "der letzte Dreck" fühlte. Und wer weiß, vielleicht gab es dadurch auch eine "innere Verbindung" zwischen ihm und seinen potentiellen Opfern. Eine "normale Frau" könnte für ihn diesbezüglich so weit entfernt gewesen sein, wie die Erde vom Mond. Das könnte somit auch bedeuten, dass er sogar regelmäßig mit ihnen sexuelle Kontakte hatte. Diesen Müll, den er eigentlich auf´s Tiefste verabscheute, zog ihn auch gleichzeitig an. Nicht, um wirklich etwas "normales" mit ihnen zu erleben sondern um letztendlich seine perversen Fantasien auszuleben. Wann er "bereit" dazu war, ist wohl davon abhängig, wann was und mit welcher Dynamik in seinem Leben stattfand. Es kann viele Jahre gedauert haben, bis seine Fantasien reif genug waren. Ich frage mich neuerdings auch, ob es möglich war, dass dieser Mann sogar selbst im Voraus Hilfe gesucht hatte bzw. angebotene Hilfe bereit war anzunehmen. Am Ende war er sicherlich seiner Störung ausgeliefert. Ich denke auch, dass seine Persönlichkeit komplexer war, als ich das manchmal selbst annehme oder annehmen muss. Klar, für mich war er nicht der Hellste aber er könnte genauso gut, nicht völlig ungebildet gewesen sein. Vielleicht sogar ein Typ, der stets versuchte, aus seinen wenigen Möglichkeiten das Beste herauszuholen. Neben dem "armen Schwein", ist es noch ein zweiter Begriff, der mich immer wieder beschäftigt. Es ist die "Neugier". Vielleicht war das sogar eine Art Selbstversuch, seiner Problematik ein Stück näher zu kommen bzw. diese damit zu lösen. Diese Neugierde wären dann meines Erachtens gekoppelt gewesen mit seinen sexuellen Fantasien, die sich so bei ihm, unglücklicherweise, entwickelt hatten. So etwas ist natürlich normal betrachtet, ein vollkommen unverständliches Geschehen für unsereins. Ich verwende deshalb auch gerne den Begriff "Parallelwelt", in die wir gar nicht in der Lage sind einzutauchen, trotzdem hatte diese auch ihre eigenen Gesetze, eben nur außerhalb unserer gewohnten Normen. Auch frage ich mich neuerdings, ob er sich am Ende nicht vor sich selbst erschreckte, vor den furchtbaren Dingen, die er getan hatte. So etwas hängt natürlich auch davon ab, inwieweit jemand wirklich Gut und Böse, Richtig oder Falsch unterscheiden kann. Ein Psychopath ist vielleicht nicht gleich Psychopath. Am Ende bleibt auch die Frage, ob er zurechnungsfähig oder unzurechnungsfähig gewesen war. Ich tendiere eher zum Letzteren aber ich weiß nicht, wo man bei jemanden die Grenze zieht zwischen dem Einschätzen von Gut und Böse, Richtig oder Falsch. Wenn ein Mensch dermaßen von solch unbeschreiblichen sexuellen Neigungen geplagt wird, wie kann er sich davon lösen? Kann ein Mensch, der so etwas macht, noch ein Gewissen haben, sei es noch so klein? Einmal angefangen, konnte er nicht mehr aufhören, vielleicht berauscht davon, dass seine Vorstellungen tatsächlich realisierbar waren. Letzendlich muss ich aber jedoch zugeben, dass es ein Mensch war, der offenbar kein Gewissen besaß. Es ist wahrscheinlich richtig. Aber warum beginne ich dann anders zu denken? Liegt es daran, dass ich die Kenntnisse, die wir heute haben, zu sehr in das Jahr 1888 verlege? Ich glaube, es war Isdrasil, der einmal darauf hinwies, wie ungünstig es vielleicht sein könnte, solch einen Tätertyp aus den Jahren 1888 und 1988 miteinander zu vergleichen. Vielleicht hat er sogar recht und man sollte etwas offener bleiben.
Wurde der Ripper nun eher von den Opfern angesprochen oder sprach er sie eher an? Ich kann mir gut vorstellen, dass es ihm entgegenkam, wenn er angesprochen wurde. Es könnte ihn sogar "beruhigt" haben, wenn die Prostituierten, durch ihr Handeln, sich selbst als Opfer darboten. "Beruhigt" im Sinne von "Nicht verantwortlich sein", gleichzeitig könnte das Angesprochenwerden ordentlich bei ihm getriggert haben. Außerdem zähle ich den Ripper eher zu den schüchternen Vertretern "seiner Zunft", schon Aufgrund seiner Angst vor Frauen. Aber wer weiß, was ein paar Bier bei ihm veränderten. Ich glaube zwar nicht viel aber ausschließen kann ich das ja auch nicht.
Die Schrift am Hauseingang in der Goulston Street, falls vom Ripper verfasst:
War das wohlmöglich ein Hinweis auf frühere Hilferufe? Spekulation vom Feinsten, ich weiß. Aber einmal abgesehen von meinem Vorschlag, was sagt sie uns, falls sie wirklich vom Ripper geschrieben wurde? Welche Rückschlüsse auf seine Persönlichkeit könnten uns offenbart werden?