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Fachliche Themen => Allgemeine Diskussion => Thema gestartet von: Stordfield am 02.10.2007 10:40 Uhr

Titel: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Stordfield am 02.10.2007 10:40 Uhr
Hallo !

Beim Betrachten der näheren Tatumstände bin ich zu der Erkenntnis gekommen , daß der Ripper eine ungeheure Frechheit und Überheblichkeit an den Tag ( bzw. die Nacht ) gelegt hat . Er muß sich seiner selbst äußerst sicher gewesen sein oder total davon überzeugt , daß niemand ihm gefährlich werden konnte . Wie sonst ist zu erklären , daß er folgende Dinge einfach in Kauf nahm :
- in der Buck`Row konnte er nur in zwei Richtungen fliehen , ebentuelle Geräusche hätte man hören können
- der Hof in der Hanbury Street war ja beinahe wie eine Mausefalle
- Berner Street : zur Tatzeit herrschte regster Betrieb
- auf dem Mitre Square patrouillierten Bobbys , ringsum Gebäude
- im Miller`s Court lebten Menschen , nur von papierdünnen Wänden getrennt
Alles Orte , die sich ein " denkender " Mörder wahrscheinlich nicht ausgesucht , ja sogar tunlichst gemieden hätte . Wie ist also das Verhalten des Rippers zu deuten ? Und kann man davon auf seinen Charakter schließen ?

Gruß Stordfield
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Pathfinder am 02.10.2007 13:03 Uhr

eine gute frage, die du da stellst und wahrscheinlich nicht nur mich auch schon eine weile beschäftigt.
ich denke mal, das von allen etwas zutrifft. am meisten denke ich einmal, dass aber ein ganz dickes stück dreistigkeit dabei ist. woher kommt diese dreistigkeit, aus der von dir angesprochenen gleichgültigkeit oder war sich jtr nur allzu sicher, dass ihm nicht passieren kann, aus welchen grund auch immer. hatte er alles wirklich bis in kleinste detail geplant, kannte er die beats der polizeistreifen, die standorte oder gar die opfer ? wusste er, was er da tat, meine die art der verletzungen, die relativ schnell und im dunkeln den opfer zugefügt wurde (fachmann) ?

der aspekt glück ist wohl der kleinste teil des gesamtgeschehens. klar, er hätte überall von irgenjemnaden überrascht werden können, doch wenn fast alles von ihm durchdacht war und er schnell und gezielt seine tat vollbrachte, dann ist das risiko eher gering erwischt zu werden. vllt. war er sich auch sicher, dass er aufgrund seines standes von kleinen polizisten oder bürger unbehelligt bleiben würde.

Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: LondonFog am 02.10.2007 19:45 Uhr
der aspekt glück ist wohl der kleinste teil des gesamtgeschehens. klar, er hätte überall von irgenjemnaden überrascht werden können,
...


... in der eigentlich sogar müssen.
Ich meine, das war ja wirklich haarscharf. Ein par Sekunden bzw. Minuten hin oder her und wir hätten einen Augenzeugen, der den Ripper in Aktion erlebt hätte. dass man es kaum fassen kann,
Da galt wohl wirklich fors juvat audentes (Das Glück begünstigt den Wagenden)

Ich würde den Glücksaspekt durchaus höher einschätzen. Was soll der Ripper den groß planen oder berücksichtigen ???

Ich meine, darin dass er die Tatorte nicht im Voraus ausgesucht und alles minutiös geplant hat, sind wir glaube ich weitestgehend
einig,oder?
Was bleibt ist dann lediglich eine Risikoprognose bevor er sein Messer zückt.  Die ist dann recht subjektiv, daher können wir nur spekulieren ob:

a. der Ripper es gerne riskant hatte
b. Risikofaktoren nicht bemerkt
c. oder falsch bewertet hat

Jedenfalls war er in für ihn schwer abschätzbaren Situationen.
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Stordfield am 02.10.2007 20:09 Uhr
Hallo !

LondonFog schreibt : " Jedenfalls war er in für ihn unabschätzbaren Situationen ."
Genau das meine ich ja . Aber warum ging er so ein hohes Risiko ein ? War es ein zusätzlicher Thrill für ihn ? Und wenn ja , könnte man dann daraus schließen , daß er auch im sonstigen Leben ein Draufgänger , vielleicht ein Spieler war ?
Oder war es die pure Überheblichkeit , so nach dem Motto , ich töte wann und wo ich will und niemand wird mich deshalb zur Rechenschaft ziehen .
Hat er sich eventuell überhaupt " keinen Kopf gemacht " und seine Verbrechen blieben einfach nur durch bloßen Zufall ungesühnt ?

Gruß Stordfield
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Pathfinder am 02.10.2007 21:33 Uhr
 @londonfog

ich habe den aspekt "glück" ja nicht verneint. er hatte wahrscheinlich grosses glück, wie du schon selbst geschreiben hast, müsste er sogar erwischt werden - müsste, war aber nicht so.

aber ich möchte dich fragen, ob du wirklich glaubst, dass jtr., ob er seine tat minutiös geplant oder spontan begangen hat, sich eine sekunde lang mit der frage des glücks befasst hat ? so nach dem motto "und wenn ich glück habe, dann werde ich nicht erwischt", ich bezweifele dieses. daher denke ich, dass aus tätersicht der aspekt glück eine untergeordnete stelle eingenommen hat.

Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: nicjack01301 am 03.10.2007 09:04 Uhr
Mal ein ganz andererer Gedanke: Jede Verstümmelung wurde dem Opfer doch sehr rasch beigebracht-von daher müsste er es zumindest im Hinterkopf behalten haben....LG Nicky  :icon_aetsch:
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Stordfield am 03.10.2007 09:39 Uhr
Hallo !

Ich stehe jetzt gerade auf dem Schlauch . Was genau meinst Du , Nicky ?

Gruß Stordfield
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: LondonFog am 03.10.2007 11:20 Uhr
@ pathfinder

daher denke ich, dass aus tätersicht der aspekt glück eine untergeordnete stelle eingenommen hat.
Aus der Sicht des Täters selbstverständlich. Mir ging es oben auch mehr um eine Betrachtung des Faktors Glück aus
objektiver Perspektive.
Der Ripper wird sich wohl vor den Morden kaum gefragt haben "bin ich (heute) ein Glückspilz, oder nicht?" :icon_mrgreen:

Wobei,man kann nie wissen. Achtung, ich betrete jetzt ein psychologisch Gebiet, bei dem mir leider der notwendige Sachverstand fehlt. Was folgt ist reine Spekulation. Wenn es jemand besser weiß, nur zu!

Vielleicht hatte der Ripper in der Vergangenheit schon riskante Situationen (z.B. Diebstähle, Körperverletzungen, etc.) mit Glück irgendwie bewätigt. Es könnte doch sein, dass diese Erfahrung ihn stark geprägt hat. So eine Art Aberglaube, welcher die Rationalität
bei einer Risikobewertung überlagerte oder eine solche komplett ersetzte.
(Soll heißen: Er könnte durchaus davon ausgegeangen sein, dass es nicht möglich ist, gefasst zu werden. Aber nicht, weil er sich für besonders clever oder geschickt hielt, sondern allein deshalb weil es bisher auch immer gut gegangen ist.)

Ich breche diesen Gedanken hier mal ab.  Besonders überzeugend finde ich das selbst nicht.


@ Stordfield: Was im Kopf des Rippers vorging kann dir glaube ich niemand zu 100 % sagen. Dass er das Risiko erkannte und ihm das
                   einen Kick gegeben hat ist durchaus ein naheliegender Gedanke. Kann aber geauso gut sein, dass er sich seiner riskanten
                   Vorgehensweise gar nicht bewußt war.
  :icon_idea:  Vielleicht hat er sich einfach (ganz oder zumindest) überwiegend darauf verlassen, dass ihn die Prostituierten an einen Ort
                   führten, an dem keine größeren Störungen zu erwarten waren. Das halte ich für recht wahrscheinlich.
                 
                 
@ nicjack01301:  Ich stelle mich zu Stordfield auf den Schlauch. :SM032:

 
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Isdrasil am 03.10.2007 11:57 Uhr
Hi

Ich breche diesen Gedanken hier mal ab.  Besonders überzeugend finde ich das selbst nicht.

Wieso? Das erinnert mich an diese coolen Typen (natürlich Fahranfänger), die mit ihren BMW`s jeden Morgen und bei allen Wetterverhältnissen in meinem Kofferraum hängen und drängeln. Die denken auch, dass ihnen nichts passiert, nur weil sie eben bisher Glück hatten. Mit Können hat dieses riskante Fahrverhalten jedoch absolut nichts zu tun.

Ein etwas seltsamer Vergleich, aber bei näherer Überlegung doch passend. Ich verstehe schon, was Du meinst. Viele Menschen schließen sich von bestimmten Schicksalsschlägen oder Tatsachen aus, nur weil sie ihnen selbst noch nie passiert sind. Das kann ich mir beim Ripper gut vorstellen. Jeder weitere geglückte Mord muss ihn mehr bestätigt haben. Er wird sich mit jedem Mal unantastbarer gefühlt haben.
Das hängt natürlich ganz eng mit einem bestimmten Charaktertypus zusammen: Ein eher unsicherer Charaktertyp wird den Rückkehrschluss nicht ziehen, diese Art von "unantastbar" fühlen entspricht wohl eher einem von sich eingenommenen, egozentrischen Charakter. Da ich den Ripper als sehr egomanisch betrachte und ihm eine Art "Gottkomplex" andichte, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass er das Risiko ganz einfach ausblendete und aufgrund seiner bisher (für ihn) positiven Erfahrungen die Möglichkeit einer Entdeckung auf eine gewisse Art einfach nicht in Betracht zog. Er hat sich allmächtig gefühlt, seine Taten zeugen davon, und das Schicksal hat ihn leider auch noch darin bestätigt.

Er war wohl der Charaktertyp, der der Welt noch am Galgen hängend in`s Gesicht gelacht hätte.

Grüße, Isdrasil

PS: Sollte unter Euch ein junger 3er BMW-Fahrer sein - nein, du bist natürlich nicht gemeint. Du fährst immer ordnungsgemäß und umsichtig, dass weiss ich doch. Und die laute Musik ist nur zur Beruhigung, ich weiss...  :icon_wink: :icon_aetsch:
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Mort am 03.10.2007 12:33 Uhr
JTR hatte einfach nur wahnsinniges Glück denk ich mal. Oder es ist irgenetwas faul an der ganzen Sache.
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: nicjack01301 am 03.10.2007 13:11 Uhr
Ich meine damit, dass er sich ja nicht stundenlang an der Leiche zu schaffen gemacht hat. Ergo irgendwo im Hinterkopf muss ja schon der Gedanke des Erwischt werdens da gewesen sein. Schlauch weg? LG Nicky  :icon_aetsch:
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Stordfield am 03.10.2007 14:12 Uhr
Hallo Nicky !

Schlauch weg !
Danke .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: LondonFog am 03.10.2007 19:27 Uhr
dito.

Ich hatte mir schon gedacht, dass du etwas in dieser Richtung meintest.
An dieser Stelle ein  :icon_aetsch: zurück.  :icon_mrgreen:

Sehe ich ähnlich,
wenn ich diesen Gedanken mal weiterspinne, bringt mich das aber doch zu folgender Frage:

Betrachten wir den Ripper wirklich so, wie wir ihn betrachten sollten ?

Wir unterstellen ihm doch, so zumindest mein bisheriger Eindruck, immer wieder, dass er bestimmte Dinge bei seinem Vorgehen
berücksicht haben muss.
Warum wir das tun? Wir gehen von einem rationell denkenden Durchschnittsmenschen in der Situation des Rippers aus.

Genau das halte ich so für falsch.
(Mal ganz abgesehen davon, dass ein solcher "Durchschnitts-Rationaldenker" wohl gar nicht in diese Situation käme)
Denn wir unterstellen einfach etwas ohne sicher sein zu können, ob das nun so gewesen ist oder nicht.

Woher wissen wir, ob die Psyche des Rippers überhaupt fähig war, noch irgendwelche Vernünftigen Entscheidungen in dieser
Situation zu trefen. Vielleicht war die Kraft der Triebe schon so groß, dass sie alleine seine Gedanken steuerte?
Gebieten es die Verstümmelungen nicht sogar eher, dies anzunehmen als das Gegenteil?



Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Pathfinder am 04.10.2007 08:45 Uhr

also ich würde nicht gerade von unterstellung sprechen, man versucht ihn einzuschätzen.

meine meinung nach könnte der ripper schon rationell gedacht haben, überwiegend die gleiche vorgehensweise, die entnahme von organen, evtl. briefe, garffiti und andere eventualitäten (lederschürze, gespräch mit dem wachmann) und was weiss ich nicht noch alles.

klar können wir nicht wissen, was genau in jtr vorgegangen ist, wir können es nur vermuten. doch wenn er sich nur durch seinen trieb gedanklich treiben ließ oder gar lassen musste, dann ist es um so glücklicher für ihn gelaufen, dass er nicht in flagranti erwischt wurde.


meine meinung ist nach wie vor, dass jtr. kein durchschnittsmensch war, doch das ist aber eine andere geschichte.
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Stordfield am 04.10.2007 09:36 Uhr
Hallo !

Versetzen wir uns  mal in die Situation des Rippers : Seine Mordtriebe , seine unbändige Wut wird übermächtig . Er muß einfach töten , wie ein Alkoholiker seinen Schnaps braucht . Wie das geht , weiß er , denn das hat er vor den " kanonischen Fünf " schon mal getan ( kein Serientäter bringt seinem Opfer beim ersten Mal solche Verletzungen bei ). Er geht hinaus auf die Straße , ohne konkreten Plan . Der Ripper weiß , daß ihm in diesem Teil der Stadt die Opfer selbst entgegenkommen , er braucht sie nicht zu suchen . Um nicht erwischt zu werden , muß er nur schnell sein . Ein paar rasche , befriedigende Schnitte , ein kurzer Blick über die Schulter und ab über den nächsten Hinterhof . Das klappte prima . Keine Komplikationen . Bei den anderen  Morden das gleiche : Schnelle Tatausführung , schnelle Flucht .
Wenn es so war , dann brauchte er sich überhaupt keine Gedanken zu machen . Oder ?

Gruß Stordfield

 :SM003:
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Pathfinder am 04.10.2007 10:13 Uhr

in anbetracht dessen, was wir versuchen in die gedankengänge des jtr hinein zu interpretieren, ist diese wohl die plausibelste erklärung und somit miener ansicht nach auch die wahrscheinlichste, weil sie doch einfach und naheliegend ist, respekt stordfield  :icon_thumb:

Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: LondonFog am 04.10.2007 10:20 Uhr
(...) überwiegend die gleiche vorgehensweise, (...)
Schließt das meine These aus? Ich sehe das folgendermaßen
Wenn ich mir mit dem Hammer einfach mal auf den kopf haue :SM003:  ist das zweiflsohne irrational. Daran ändert sich doch nichts, wenn ich das fünf mal genau so wiederhole. Oder sieht das jemand anders?
(Achtung, das ist nur ein Bsp., also bitte nicht am eigenen Leib ausprobieren um zu sehen ob das wirlich so ist. :icon_mrgreen: )

die entnahme von Organen, evtl. briefe, garffiti und andere eventualitäten (lederschürze, gespräch mit dem wachmann) und was weiss ich nicht noch alles.

Oranentnahme: Oh ja, das spricht zweifelsfrei für die Rationalität des Rippers. :SM001:

Briefe u. Graffito (soweit ich weiß gab es nur eines): Wenn die denn vom Ripper sind. Aber das ist auch
                                                            wieder ein anderes Thema.

Wie kommst due auf die Eventualie "Gespräch mit dem Wachman" und was meinst du damit? Dass er von der Polizei möglicherweise vernommen wurde?


@stordfield: Sehe ich genau so.

Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Isdrasil am 04.10.2007 10:30 Uhr
Ein Alkoholiker trinkt, obwohl er die Gefahren kennt.
Ein Raucher raucht, obwohl er die Gefahren kennt.
Ein Ripper tötet, obwohl er die Gefahren kennt.

Und alle werden umso mehr bestätigt, je weniger das Schicksal sie erwischt.

 :icon_aetsch:

Bitte nicht persönlich nehmen... :icon_wink:
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Pathfinder am 04.10.2007 12:26 Uhr

@ londonfog

meinte damit die geschichte des zeugen patrick mulshaw.

war nur als beispiel gemeint (vieles ist ja auch unsicher).

@ isdrasil

finde ich gut, dass du die allgemeinheit angreifst und nicht einzelpersonen  :icon_wink:
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Isdrasil am 04.10.2007 12:34 Uhr
finde ich gut, dass du die allgemeinheit angreifst und nicht einzelpersonen  :icon_wink:

Hehehe  :icon_mrgreen: Nein, ich halte mich ja schon zurück. Zuerst die BMW-Fahrer, jetzt Raucher und Trinker...nicht, dass ich hier noch zum Forumsdeppen mutiere  :icon_wink: Einfach nicht so ernst nehmen.

Ich wollte eigentlich nur aussagen (und damit Stordfield ergänzen und ihm zustimmen): Der Ripper war ein Triebtäter, in gewisser Weise süchtig. Und da übersieht man manche Gefahren wissentlich oder unwissentlich ganz einfach. Aber es geht hier ja mehr um die Kenntnis der Gefahr...ach, ich glaube, ich habe irgendwie den Faden verloren... :icon_verwirrt:

Grüße, Isdrasil

Vielleicht hilft mir da ja LondonFogs Vorschlag weiter... :SM003: :SM003: :SM003: :SM003: :SM003:
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Chris Jd am 04.10.2007 12:58 Uhr
"( kein Serientäter bringt seinem Opfer beim ersten Mal solche Verletzungen bei )"

Echt?

C
 :icon_rolleyes:

Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Stordfield am 04.10.2007 14:15 Uhr
Hallo !

Echt , Chris .
Zumindest , wenn man anerkannten Profilern , wie John Douglas und Roy Hazelwood ,Glauben schenken darf . Und ich tue es .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Pathfinder am 04.10.2007 17:55 Uhr

profiling ist aber meiner meinung nach auch so eine art im trüben fischen, daher geniesse ich solche aussagen mit vorsicht.
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: LondonFog am 04.10.2007 18:19 Uhr

Vielleicht hilft mir da ja LondonFogs Vorschlag weiter... :SM003: :SM003: :SM003: :SM003: :SM003:


Nur um das nochmal klarzustellen: Das war kein Vorschlag. Ich habe ausdrücklich davon abgeraten. Ich hoffe
dir geht's gut.  :icon_mrgreen:
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Stordfield am 09.10.2007 08:06 Uhr
Hallo !

Profiling ist eine Methode , um eingefahrene Polizeiermittlungen in eine bestimmte Richtung zu lenken und den Täterkreis einzuengen . Außerdem schlagen die Fallanalytiker den Behörden oft auch sogenannte proaktive Maßnahmen vor , die nicht selten schon zum Erfolg geführt haben .
Nichts anderes machen wir in diesem Forum ja auch . Wir schließen von den Taten des Rippers auf seinen Charakter . Wenn ich jetzt sage , daß JtR äußerst risikovoll gehandelt hat , dann könnte man doch vermuten , daß er im " normalen " Leben gewohnt ist Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen durchzusetzen . Hat er allerdings nur Glück gehabt , verlief sein vorheriges Leben eventuell ohne große Rückschläge und vieles ist ihm einfach so in den Schoß gefallen .
Natürlich kann ein falsch erstelltes Profil ( so wie meines jetzt ) auch viel Schaden anrichten . Deshalb werden solche Sachen auch nur von sehr erfahrenen Leuten gemacht , die ihre Methoden immer mehr verfeinern und durch ihre Routine und unzählige Gesprächsstunden mit inhaftierten Gewaltverbrechern zu erstaunlichen Resultaten gelangen .
Was jetzt speziell den Ripper betrifft , bin ich persönlich der Ansicht , daß er ein sehr von sich eingenommenes Wesen war , dessen Verhalten auch in seinem privatem Umfeld nicht nur Kopfschütteln hervorrief , sondern auch manchmal Grund zur Sorge war . Ich glaube eigentlich , daß seine engsten Familienangehörigen zumindest geahnt haben müssen , was er im Herbst 1888 so getrieben hat .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Floh82 am 09.10.2007 09:44 Uhr
Was zumindest für einen meiner Lieblingsverdächtigen spricht, der wurde von seiner Familie mehrfach als Täter in den Raum gestellt ;)
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Stordfield am 09.10.2007 09:52 Uhr
Hallo Floh !

Das kann dann eigentlich nur Mr. Druitt sein , oder ?

Gruß Stordfield
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Floh82 am 09.10.2007 11:58 Uhr
Röchtich.

Allerdings gesellt er sich zu vielen anderen Lieblingsverdächtigen ;)
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Pathfinder am 09.10.2007 15:21 Uhr

und die argumente gegen seine täterschaft auf der startseite übezeugen auch nicht gerade und mal ehrlich, warum sollte ein homs.  keine frauen töten ?  motiv könnte der schwachsinn seiner mutter sein, daher hass auf frauen, die anders sind als sie oder weil die frauen ihm die männer weg nehmen (letzteres ist nicht ganz so ernst gemeint  :icon_wink:).
vllt war m. d. auch bi und daher wären die morde aus sex. trieb heraus nichts ungewöhnliches.

doch profilings können auch in die falsche richtung gehen, ein täter kann sich immer entgegen der bisherigen erkenntnisse verhalten.
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Isdrasil am 09.10.2007 15:42 Uhr
@Pathfinder

Jaja, der große Profiling-Zweifler  :icon_mrgreen:

Du siehst das doch aus einer völlig falschen Perspektive: In unserer Zeit hat das Profiling natürlich an Bedeutung verloren. Spurensicherung heißt das neue Schlagwort in der Verbrechensbekämpfung. Fingerabdrücke. DNS-Spuren. Der ganze Firlefanz. Ein Täter wird in der Tat selten durch das Profiling überführt. Es sind Spuren, die sich mit Aussagen und einem passenden Motiv überschneiden.
Aber ist deshalb das Profiling schlecht? Sieh es doch mal so: Zahlreiche namhafte Profiler nehmen sich bereits gelöste Fälle vor und versuchen, aus diesen Fallbeispielen Gesetzmäßigkeiten herzuleiten. Wie muss der Charakter des Täters beschaffen sein, um so eine Tat zu begehen? Ganz einfach: Man schaut sich Fälle an, die in das Schema passen, schaut sich die Täter an, sucht nach Gemeinsamkeiten. So entsteht ein Profil, ein Täterbild, welches sich auch auf ähnelnde Fälle anwenden lässt.
Profiling ist keine psychologische Sackgasse, es beruht auf Präzedenzfällen und auf jahrelangen Beobachtungen. Es ist gewachsen, und hat sich im Laufe der Zeit eher von einem Mittel zur Tatlösung zu einer Kriminalwissenschaft entwickelt.

Sicher gibt es immer Ausnahmen. Aber deshalb den ganzen Sinn in Frage stellen? Schließlich stellen Ausnahmen auch in der Wissenschaft die Regel dar… :icon_wink:

Grüße, Isdrasil
 
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Floh82 am 09.10.2007 15:42 Uhr
Letzteres möchte ich stark unterstreichen! (bezogen auf den vorletzten Post)

Das möchte ich auch mit meinen Kurzgeschichten tun. Die Vielfalt der Möglichkeiten ist groß und ein Profiling ist solange richtig, wie es funktioniert und auf den Täter passt...es beruht auf Statistiken und schon Churchill sagte: "Ich glaube nur Statistiken die ich selbst gefälscht habe!"
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Isdrasil am 09.10.2007 15:49 Uhr
Die Vielfalt der Möglichkeiten ist groß und ein Profiling ist solange richtig, wie es funktioniert und auf den Täter passt...es beruht auf Statistiken und schon Churchill sagte: "Ich glaube nur Statistiken die ich selbst gefälscht habe!"


…das ist es ja eben nicht. Ein Profiling beruht nicht hauptsächlich auf Statistiken, es beruht auf Wahrscheinlichkeiten.

Eine Statistik sagt:

Wenn einer 1 Million Euro hat und einer Null Euro, dann haben die beiden statistisch gesehen jeweils eine halbe Million Euro.
Das ist natürlich Käse.

Eine Wahrscheinlichkeit sagt:

Wenn einer nicht in seinem Wohnort arbeitet, dann hat er wahrscheinlich einen Führerschein und ein eigenes Auto.

Das sind zwei grundlegende Unterschiede. Statistiken gehen den Mittelweg, Wahrscheinlichkeiten versuchen einzugrenzen.

Grüße, Isdrasil

Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Floh82 am 09.10.2007 16:06 Uhr
Es ging jetzt nicht speziell um das Wort Statistik, sondern eher darum das ein Profiling keine definitive Lösung sein kann.

Es kann sein dass sich ein Täter gänzlich abweichend von einem Profilling verhält.

Ein Beispiel für die Problematik des Profilings ist das Buch: Der Vogelmann von Mo Hayder. Dort gibt es zwei Typen von Polizisten, einmal den Profiler-Fan (der am Ende wohl auch gewinnt, ich bin noch nicht durch) und den der Profilings nicht ernst nimmt. Der Mörder ist weiß, davon geht der Profiler aus...aber im Buch ist es durchaus so beschrieben, dass man erkenne kann das es durchaus auch ein Schwarzer gewesen sein könnte (der von den Anti-Profilern verdächtigt wird).

Ein Profiler könnte bei JtR ausschließen das er homosexuell ist...weil die Wahrscheinlichkeit eher gering ist dass eine Homosexueller Frauen umbringt, da er eigentlich eher Männer töten würde. Doch was wenn genau das hier nicht zutrifft? Das Profiling kann es nicht ausschließen....die Gefahr besteht aber das genau das getan wird. Man sieht es als unwahrscheinlich an und nimmt es gar nicht mehr oder kaum wahr. Und schon ist der Täter durch...weil er dem Profiling nicht mehr entspricht. Darin sehe ich eine durchaus große Gefahr.
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Stordfield am 09.10.2007 16:09 Uhr
Hallo !

Es ist noch gar nicht so lange her , da habe ich das Profiling , die Täteranalyse oder wie man es auch nennen mag , als Mumpitz und mit einer Handbewegung abgetan . Inzwischen denke ich ganz anders . In den USA beispielsweise wurden damit wirklich großartige Erfolge erzielt .
Ich bin fest davon überzeugt , daß uns ein ernsthaftes Profil , unter Berücksichtigung aller noch existierender ( vielleicht sind es aber zu wenig ) Unterlagen ein ganzes Stück weiterhelfen könnte . Der Ripper hat uns in seiner Tatausführung , der Wahl der Opfer und der Tatorte eine Menge für uns Wichtiges überlassen , von dem man mit großer Wahrscheinlichkeit auf seinen Charakter schließen und somit den Kreis der Verdächtigen eingrenzen könnte .
Und wenn man nur sagen kann , der oder der Verdächtige paßen einfach nicht in dieses Raster , dann ist das doch auch schon etwas .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Lou Cifer am 09.10.2007 16:55 Uhr
Also, wenn ich auch mal meinen Senf dazu geben darf  :icon_thumb:
Ich denke, dass ein Profiling durchaus Sinn macht und relativ gute Hinweise auf den Chrakter des Täters liefern kann. Natürlich kann es auch sein, dass ein Täter bei seinen taten bewusst oder unbewusst entgegem seinem Charakter handelt, wodurch dann natürlich das Täterprofil nicht meht passt, hat´s ja alles schon gegeben.
Jedoch sind solche Täterprofile in den meisten Fällen ziemlich verlässlich, und ich denke nicht, dass der Ripper falsche "Spuren" in so einem Sinne legen wollte, da das Profiling damals ja noch gar nicht "erfunden" war (Erst Macnaghten´s Bericht lieferte ja einige erste Schritte in diese Richtung)

So. Und jetzt hab ich den Überblick verloren  :icon_verwirrt:

Lou
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Isdrasil am 09.10.2007 17:53 Uhr
Hi

@Floh

Erst wollte ich noch mal die Daumen hochhalten für das Churchhill Zitat - dem kann ich nur zustimmen  :icon_thumb:

Aber dann geht es wieder um das Profiling, und hier werden wir uns wohl in die Haare bekommen (nett gemeint natürlich)  :icon_wink::
Kommen wir doch mal auf deinen (oder einen deiner) liebsten Verdächtigen zu sprechen. Die Problematik ist doch folgende: Wie du bereits erwähntest, wurde Druitt auch von seiner Familie verdächtigt, eventuell der Ripper zu sein. Doch aus welchem Grund kamen sie auf diesen Gedanken? Druitt hat sich wohl in irgendeiner Art auffällig verhalten. Wieso sprichst du der Meinung der Familie soviel Gewicht zu? Im Grunde haben sie doch auch nur Profiling im elementarsten Sinne betrieben - nämlich nach bestimmten Charaktereigenschaften und einem bestimmten Verhalten auf eine Verdächtigung zu schließen. Dies ist nunmal einer der Grundbausteine der Tätersuche. Ein Täter wird nach seinem Charakter bestimmt.
Wieso sollen Giftmörder immer Frauen sein? Antwort: Sie sind es nicht immer, aber wenn es sich beim Opfer um einen Ehemann handelt, der nachweislich seine Frau betrogen hat, dann fällt der Verdacht schnell auf seine Frau oder seine Geliebte. Wieso nicht auf eine andere Person? Weil bestimmte Tatmuster eine bestimmte Täterwahl in die engere Auswahl ziehen. Und so kann man es doch mit jeder Tat machen:

- Das junge Mädchen, das im Wald ausgezogen und erdrosselt gefunden wurde. Tätertyp? Mann, vermutlich älter, Triebtäter, unauffällig. Wieso nicht Frau?
- Der jugendliche Außenseiter, der am Wegesrand im Gebüsch mit blutüberströmten Gesicht und zerrissener Jacke gefunden wurde. Tätertyp? Jugendlich, mehrere, wahrscheinlich Rabauken, Spontantat. Wieso nicht älterer Herr?

Es gibt eben auch in der Verbrechenswelt Gesetze. Der Verdacht trifft natürlich nicht immer zu - aber ein Verdacht entsteht doch meist erst durch Profiling und Erfahrung.

Oder kann sich jemand ernsthaft vorstellen, dass der Ripper eine schwarze Frau war? Wieso denn nicht, ist doch alles möglich, oder?  :icon_wink:

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Pathfinder am 09.10.2007 18:12 Uhr

interessant ist die tatsache, dass bei profilanalysen in england festgestellt wurde, dass 60 % aller sexualverbrechen in einem radius von weniger als 5 kilometer begangen wurden.

also her mit dem einwohnerverzeichnis von 1888 und ......

naja, so einfach wird das wohl doch nicht  :icon_rolleyes:
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Floh82 am 09.10.2007 19:02 Uhr

Oder kann sich jemand ernsthaft vorstellen, dass der Ripper eine schwarze Frau war? Wieso denn nicht, ist doch alles möglich, oder?  :icon_wink:


Was spräche dagegen? Ich habe auch bereits eine Kurzgeschichte über die Theorie einer Frau als Täter geschrieben....

Ich möchte das Profiling nicht als Humbug abtun, aber nochmal: Die Gefahr besteht sich darauf zu versteifen und somit wird die Möglichkeit geschaffen einen möglichen Täter zu übersehen!
Ich spreche auch nicht davon dass der Täter oder die Täterin bewußt falsche Fährten gelegt hat, sondern dass wir ein paar Dinge einfach falsch deuten könnten!

Und Druitt war ein Beispiel...seine Geschichte gefällt mir, daher ist er einer meiner Lieblingsverdächtigen...nicht weil ich es für möglich halte das er es ist.
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: LondonFog am 10.10.2007 12:04 Uhr

interessant ist die tatsache, dass bei profilanalysen in england festgestellt wurde, dass 60 % aller sexualverbrechen in einem radius von weniger als 5 kilometer begangen wurden.

also her mit dem einwohnerverzeichnis von 1888 und ......

naja, so einfach wird das wohl doch nicht  :icon_rolleyes:

Selbst wenn es einfach möglich wäre ... Ich sehe dabei noch folgendes Problem:

Kann man solche Feststellungen (60 % aller sexualverbrechen in einem radius von weniger als 5 kilometer) einfach so ohne weiteres
auf das Jahr 1888 übertragen?

  Daran habe ich doch erhebliche Zweifel. Denn das Ganze ist ja nun nicht unbedingt eine Art Naturgesetz. Diese %-zahl basiert auf
  dem Vergleich von Fällen, in denen es so war und  solchen, in denen es nicht so war über einen bestimmten Zeitraum.
  Dieser Zeitraum, bzw. ob und wie die jeweilige Tat erfolgt  ist doch aber geprägt von den gesellschaftlichen Verhältnissen, denen
  er unterliegt.
  (Bsp.: Nehmen wir an in dem Ort A ist in dem relevanten Zeitraum Alkoholkosum verboten. Wenn in A  im Bewertungszeitraum
           kein Alkohol produziert wird ergibt sich daraus, dass 100 % der Alkoholkunsumenten ihren Stoff von außerhalb beziehen.
           Wenn wir dieses Ergebnis aber auf einen anderen  Zeitraum mit veränderten Verhältnissen ( z.B. Errichtung einer
           "Schwarzbrauerei" in A ) übertragen, überzeugt obige Statistik wohl niemanden mehr.
           
Soll heißen: Satistiken und Täterprofile aus heutiger Zeit dürfen m.E. nie unreflektiert auf andere Zeiten übertragen. Diese müssen unbedingt dem historische Kontext angepasst werden. Ob, bzw. welche der Erkenntnisse der heutigen (Täter-)Verhaltensanalyse
ohne weiteres übertragbar sind kann ich leider nicht sagen. Ich stehe der ganzen Geschichte, zumindest was nun den Fall der Whitechapel-Morde betrifft, doch recht skeptisch gegenüber.

@ Floh82:
Klar, die Gefahr besteht sich auf typische Profile zu versteifen und deshalb einen möglichen Täter zu übersehen. Atypische Fälle
kann und wird es immer geben. Soweit man mit Profilen aber Verdächtige nicht komplett ausschließt und das Profil Arbeits-
(Grund-) hypothese nutzt, spricht doch nichts dagenen.
  Wenn ich weiß, dass mein Nachbar beim mir in den letzten Jahren immer die Kirschen vom Baum geklaut hat habe ich natürlich
  den zuerst ihn Verdacht und werde das überprüfen. Dass ich, soweit ich keine entsprechenden konkreten Anhaltspunkte habe,
  einen atypischen Fall ( z.B.: Polizeipräsident der 30 km entfernten Stadt X während eines Besuchs bei seiner Schwester) erst
  danach in Betracht ziehe macht ja Sinn. 



Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Isdrasil am 10.10.2007 12:26 Uhr
Hi

Ich kann LondonFogs Aussagen nur unterstreichen.

Eine Vorauswahl der wahrscheinlich Verdächtigen macht Sinn, und dort greift das Profiling. Das es nicht immer zu einem verwertbaren Ergebnis führt und manchmal in die falsche Richtung blickt, ist kein prinzipielles Problem des Profilings, es ist wohl vielmehr ein vielschichtiges Phänomen der Verbrechensbekämpfung - oftmals geschieht dies auch aufgrund falscher oder ausgeschmückter Zeugenaussagen oder schlichtweg eines inkompetenten Teams. Die Auslegung der jeweiligen Ermittler sei auch noch zu berücksichtigen - wie wir alle wissen, können Wahrheiten von verschiedenen Menschen unterschiedlich gedeutet werden. So kommt zusätzlich zu den Zeugenaussagen eventuell noch ein unerfahrenes Ermittlerteam - und schon haben wir das Hauptproblem nicht mehr beim Profiling an sich, sondern müssen es in einer Verflechtung zahlreicher Umstände sehen. Es gibt also unzutreffende Profilings, unerfahrene Teams, Falschaussagen - möchten wir deshalb die ganze Kriminalistik in die Tonne klopfen? Sicherlich nicht...
Wie gesagt, leider erlebt das Profiling zur Zeit einen Rückgang, da sich die Kriminalistik sicherer Mittel wie Fingerabdrücken oder DNS-Spuren bedient (allerdings muss man ja auch wissen, mit wessen Abdrücken/DNS diese Spuren dann verglichen werden. Und wie weiss man das?  :icon_wink:). Aber wir dürfen nicht vergessen, dass es in der Geschichte der Verbrechensbekämpfung schon immer einen hohen Stellenwert eingenommen hat und sich die Daseinsberechtigung redlich verdient hat. Es bleibt ein ernstzunehmendes Mittel, wenn auch kein unfehlbares. Und wie London Fog bereits erwähnt hatte, ist es einfach am wahrscheinlichsten und erfolgsversprechensten, zunächst in eine bestimmte Richtung zu ermitteln und im Laufe der Zeit den Fokus zu erweitern.

Zu der Sache mit dem historischen Kontext:
Wir müssten uns überlegen, welche Parameter die Einschränkung auf einen Radius beeinflussen und diese dann in den historischen Kontext von 1888 setzen. Das kann natürlich mit uns Laien gründlich in die Hose gehen, aber man kann ja mal drüber nachdenken: Weshalb finden diese Verbrechen in diesem Radius statt? Was meint ihr?

Grüße, Isdrasil

Äh....neues Thema anfangen vielleicht?

Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Pathfinder am 10.10.2007 12:55 Uhr

warum sollte man auf 1888 nicht  reflektieren können ?
allerdings sollte man auch sehen, dass es bei 40 % der fälle nicht so war und die gefahr wäre wirklich groß, wenn man sich bei dem profiling auf die 60 % fixieren würde.


@londonfog

also mit dem 5 kilometer radius wäre es meiner ansicht damals zutreffender als heute, da man in queen victorias zeiten doch nicht ganz so mobil wie heute war, von dem her könnten man es wahrscheinlich so übertragen, aber wie gesagt ..
alles spekulation und ehrlich gesagt halte ich von profiling nicht allzuviel, eine fehlerquote ist immer gegeben, auch wenn 99 % bestimmter kriterien zutreffen, dann bleibt immer noch eine unsicherheit von einen prozent.
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Stordfield am 10.10.2007 13:34 Uhr
Hallo !

Aber es ist doch so , daß man sich bei der Tätersuche nicht allein nur auf das Profiling beschränkt . Es ist doch nur ein ganz kleines Mosaiksteinchen bei den Ermittlungen und man recherchiert doch neben dem Profil auch weiterhin in andere Richtungen . Sich allein auf die Täteranalyse eines einzelnen Profilers zu konzentrieren , wäre natürlich völlig verkehrt . Aber es kann doch nicht schaden , mal in die angegebene Richtung zu schauen .

P.S. : Einen neuen Thread hierzu eröffnen , wäre sehr schön .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Isdrasil am 10.10.2007 13:58 Uhr
Gut. Hier geht`s zur nicht unbedingt auf den Ripper bezogenen Profilingdiskussion:

http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,970.msg13026/topicseen.html#msg13026

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Stordfield am 10.10.2007 16:35 Uhr
Hallo !

Gerade habe ich etwas über einen orgiastischen Tätertyp gelesen . Dieser Sorte Mördern ist es scheinbar völlig gleichgültig , ob sie geschnappt werden , sie handeln selbstzerstörerisch . Anzeichen davon kann ich auch beim Ripper erkennen . Er hat nichts vertuscht oder sich großartig angestrengt , um seine Taten zu verschleiern . Was war es aber nun wirklich , was ihn mit seinen Gräueltaten durchkommen ließ ? Ich , für meinen Teil , schließe jegliche Form von Raffinesse aus . Viel mehr vermute ich , daß so eine Art Größenwahn sein Trumph war ( so nach dem Motto : Frechheit siegt ) . Er ist einfach , ohne zu zögern , an allen Polizeistreifen vorbei geschritten . Diese Forschheit hatte niemand von einem Mörder erwartet ; man suchte nach jemandem , der sich klein machte und umherhuschte .
Liege ich da völlig falsch ?

Gruß Stordfield
 

Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Mort am 10.10.2007 18:40 Uhr
Nein Stordfield, meiner Meinung nach liegst Du da nicht sehr falsch. Es ist angesichts der Tatortumstände schon ein wenig mit dem Teufel zugegangen, dass er nicht geschnappt wurde. Und dazu kommt wahrscheinlich noch, dass man ihn in seinem Leben, und diejenigen die ihn kannten bestimmt für einen Trottel hielten, dem man so etwas niemals zutrauen würde. Wie Du schon sagtest, jemand der sich klein machte und umherhuschte.
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: LondonFog am 10.10.2007 19:12 Uhr

also mit dem 5 kilometer radius wäre es meiner ansicht damals zutreffender als heute, da man in queen victorias zeiten doch nicht ganz so mobil wie heute war, von dem her könnten man es wahrscheinlich so übertragen, aber wie gesagt ..
alles spekulation und ...

Kann man sicher so sehen. Das war auch mein erster Gedanke.
Wenn man länger darüber nachdenkt, kann man aber aus folgender(der Einfachheit halber stark pauschalisierten) Erwägung zum Gegenteil kommen:

In unserer heutigen Zeit sind soziale, insbesonder familiäre Verhältnisse geringer ausgeprägt, als dies früher der Fall war.
(Ob das auch in Elendsviertel so gelten kann mal dahingestellt)
Wenn sich früher eine Tat im nahen (Wohn)Umfeld des Täters ereignete, war somit die Wahrscheinlichkeit, dass Verwandte
dies mitbekamen und das Verbrechen dem Täter - eben weil sie ihn gut kannten etc.- zuordnen konnten höher.
Das würde dafür sprechen, einen weiter entfernten Tatort zu wählen.

 :icon_idea: Ich glaube allerdings der Grund für den 5 Meter Radius basiert auf keiner der beiden Erwägungen. Ich habe dazu mal was gelesen und meine mich zu erinnern, dass es etwas mit der Vertrautheit der Umgebung und dem Sicherheitsgefühl des Täters zu tun hat. Ich recherchiere das mal nach.
- Alles weitere im neuen topic -
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Pathfinder am 10.10.2007 19:33 Uhr

@ stordfield

hört sich nicht schlecht an diese übelegung mit dem orgiastischen tätertyp. habe mir darüber auch schon gedanken gemacht und bin zu der erkenntnis gekommen, dass jtr nicht so selbstzerstörerisch gehandelt hat, da er ja wohl zweimal knapp entkommen sein müsste. ergo war es ihm wohl doch nicht so ganz egal, ob er erwischt wurde oder nicht. anderseits würden die spielchen (wie brief, schürze, graffiti, falls alles von ihm inzeniert) mit der dreistigkeit übereinstimmen. auch der vorfall mit dem wachmann (habe ich hier schon mal erwähnt) könnte das ganze abrunden. ob er letztendlich wirklich so cool nach der tat durch die strassen getingelt ist, die zum späteren zeitpunkt von polizisten, bürgerwehr gewimmelt haben müsste, vage ich dennoch zu bezweifeln, schliesse es aber nicht aus, da die tatbegehung ihm ein machtgefühl und somit evtl. auch selbstvertrauen (endorphine?) gegeben haben könnte.


@londonfog

dass mit dem 5 kilometer-radius wäre ja u. a. auch ein interessanter aspekt in sachen torso-morde oder ? kenne die fälle nicht so gut, vllt kannst du mit diesem gedankengang mehr anfangen.

dies mit dem radius wird wohl anhand von belegbaren fällen so ermittelt worden sein, aber wie gesagt, es bleiben 40 % ungewissheit.

Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Isdrasil am 10.10.2007 20:33 Uhr
Hi Stordfield

Er ist einfach , ohne zu zögern , an allen Polizeistreifen vorbei geschritten . Diese Forschheit hatte niemand von einem Mörder erwartet ; man suchte nach jemandem , der sich klein machte und umherhuschte .
Liege ich da völlig falsch ?

Ob du falsch liegst, kann ich nicht sagen - aber ich kann dir schon mal zustimmen  :icon_wink:
In meinen Augen hat sich der Ripper auch einfach nur "beängstigend normal" verhalten und sich vor und nach den Taten absolut unauffällig durch London bewegt. Keine Schleichereien um Häuserblöcke oder ähnliches. Kein Wegrennen nach der Tat. Er ist praktisch in der Masse untergegangen. Seine größtes Glück war wohl, von keinem Passanten bei seinen Taten gestört worden zu sein. Wie gesagt, mit den Beats konnte man rechnen, sei es nun aus Ripper- oder aus Prostituiertensicht. Aber London`s Strassen sind und waren auch in der Nacht stark frequentiert, und der Ripper kann unmöglich die Passanten "eingeplant" haben.
Deshalb halte ich ihn auch für überaus selbstsicher und größenwahnsinnig. Ich benutze mal wieder mein Lieblingswort: Er hatte einen "Gottkomplex". Er nahm Leben und kam sich mit jeder gelungenen Tat unnahbarer vor.
Das ist jedenfalls meine Meinung (und deine ja auch schon mal).

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Stordfield am 20.02.2008 10:35 Uhr
Hallo !

Den Begriff " Gottkomplex " finde ich patentierwürdig . Er sagt eine Menge über die Haltung des Rippers aus . Mich interessiert in diesem Zusammenhang jetzt mal , ob so eine Einstellung sich nicht auch auf seinen Grundcharakter auswirken müßte . Ich kann mir nicht vorstellen , daß so ein Hochgefühl keine Spuren im " wirklichen Leben " JtR`s hinterließ . Was ich eigentlich sagen will : Wenn er sich tatsächlich so hochgestellt wähnte , dann könnte man doch darauf schließen , daß er auch ansonsten überheblich und arrogant auftrat .
Dies ist nur eine Überlegung , keinesfalls eine Feststellung .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: LondonFog am 20.02.2008 18:48 Uhr

Ich kann mir nicht vorstellen , daß so ein Hochgefühl keine Spuren im " wirklichen Leben " JtR`s hinterließ . Was ich eigentlich sagen will : Wenn er sich tatsächlich so hochgestellt wähnte , dann könnte man doch darauf schließen , daß er auch ansonsten überheblich und arrogant auftrat .
 

Mag sein. Dann mußte man einen Verdächtigen haben, dessen Auftreten mit zunehmender Opferzahl merklich selbstsicherer geworden ist. :icon_idea:

Ich glaube aber eher, dass dieses "Hochgefühl" ein Rausch aus der Befriedigung ist, der durch die Tötung und Verstümmelung verursacht wird. Und genau so wie die Briedigung nach einiger Zeit wieder verfliegt.

Soll heißen: Das der Ripper eventuell  so "forsch" war völlig unauffällig an Polizeistreifen vorbei zu laufen
(m.E. ist das gar nicht forsch oder besonders) muss nichts mit einen hier so bezeichneten Gottkomplex
zu tun haben, sondern könnte schlicht und einfach daran liegen, dass ihn seine Triebbefriedigung risikobereiter
werden ließ.

PS: Soweit ich weiß, ist der Begriff Gottkomplex bereits belegt durch die Chirurgen. ;D
     Das mit dem Patent wird daher wohl nicht hinhauen.



Titel: Re: Glück , Dreistigkeit oder Gleichmut ?
Beitrag von: Anirahtak am 12.09.2012 08:37 Uhr
Hallo !

Versetzen wir uns  mal in die Situation des Rippers : Seine Mordtriebe , seine unbändige Wut wird übermächtig . Er muß einfach töten , wie ein Alkoholiker seinen Schnaps braucht . Wie das geht , weiß er , denn das hat er vor den " kanonischen Fünf " schon mal getan ( kein Serientäter bringt seinem Opfer beim ersten Mal solche Verletzungen bei ). Er geht hinaus auf die Straße , ohne konkreten Plan . Der Ripper weiß , daß ihm in diesem Teil der Stadt die Opfer selbst entgegenkommen , er braucht sie nicht zu suchen . Um nicht erwischt zu werden , muß er nur schnell sein . Ein paar rasche , befriedigende Schnitte , ein kurzer Blick über die Schulter und ab über den nächsten Hinterhof . Das klappte prima . Keine Komplikationen . Bei den anderen  Morden das gleiche : Schnelle Tatausführung , schnelle Flucht .
Wenn es so war , dann brauchte er sich überhaupt keine Gedanken zu machen . Oder ?

Ja, genau so.

Er dürfte auch keine Alternativen dazu gehabt haben. Diejenigen, die ich mir überlegt habe, ausgehend von unterschiedlichen Wohnsituationen, haben alle schwere Haken. In heutigen Zeiten wäre er vielleicht mit dem Auto umhergezogen, so dass man seine Opfer an etwas entlegeneren Orten gefunden hätte, aber für damals war seine Tatortwahl wohl alternativlos. Eingeplant könnte er allerdings schon haben, dass die Opfer ihn als "Freier" an einen weitgehend ungestörten Ort führen.

... Achtung, ich betrete jetzt ein psychologisch Gebiet, bei dem mir leider der notwendige Sachverstand fehlt. Was folgt ist reine Spekulation. Wenn es jemand besser weiß, nur zu!

Vielleicht hatte der Ripper in der Vergangenheit schon riskante Situationen (z.B. Diebstähle, Körperverletzungen, etc.) mit Glück irgendwie bewätigt. Es könnte doch sein, dass diese Erfahrung ihn stark geprägt hat. So eine Art Aberglaube, welcher die Rationalität
bei einer Risikobewertung überlagerte oder eine solche komplett ersetzte.
(Soll heißen: Er könnte durchaus davon ausgegeangen sein, dass es nicht möglich ist, gefasst zu werden. Aber nicht, weil er sich für besonders clever oder geschickt hielt, sondern allein deshalb weil es bisher auch immer gut gegangen ist.)

Ich breche diesen Gedanken hier mal ab.  Besonders überzeugend finde ich das selbst nicht.

...

Ich finde das einen guten Punkt. Gerade wenn er East-End-Bewohner war, könnte er schon langjährige Erfahrungen mit kriminellen Situationen gehabt haben, also als aktiver Teil. Dadurch könnte er eine Intuition dafür entwickelt haben, ob die jeweilige Situation für ihn mehr oder weniger gefährlich war. Weiter gehört dazu, dass er Punkte wie eine gering ausgeprägte Zivilcourage des ganzen Umfeldes mit einkalkuliert hätte. Gar nicht mal sonderlich bewusst, es war ihm einfach in Fleisch und Blut übergegangen, dass zB die Leute eher nicht auf verdächtige Geräusche reagierten.

Ich bin mir all dessen recht sicher, weil ich mir das Entkommen nicht alleine mit Glück erklären kann, was er aber natürlich auch hatte.