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Die Zeugen => Die Zeugen => Schwartz, Israel => Thema gestartet von: Isdrasil am 26.05.2007 21:34 Uhr

Titel: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Isdrasil am 26.05.2007 21:34 Uhr
Hi

Die Aussage von Israel Schwartz halte ich persönlich für eine der interessantesten und diskussionswürdigsten im ganzen Ripperfall. Im Allgemeinen wird Schwartz als äußerst wichtiger Zeuge angesehen und wurde auch von Scotland Yard durchaus ernst genommen. Dennoch lassen sich gewisse Unstimmigkeiten entdecken, überprüft man seine Beobachtung. Dies reicht von der schwer vorstellbaren Option, es handele sich um zwei Mörder, über die beiden existierenden Versionen seiner Aussage hin zu der Tatsache, dass Schwartz augenscheinlich nicht vor Gericht aussagte. Auch gibt es gewisse Tatsachen hinsichtlich des Mordes, die nicht so recht zu seiner Beschreibung passen wollen. Der Ausruf „Lipski“ und seine Interpretation geben beinahe soviele Möglichkeiten wie das höchstwahrscheinlich in der selben Nacht entstandene Goulston Street Graffito her.

Dieser Thread soll zum Einen die Aussagen des Israel Schwartz gegeneinander abwägen und zum Anderen dazu genutzt werden, die angesprochenen Unstimmigkeiten zu besprechen.

Ich möchte mit einer Tatsache beginnen, die womöglich eine simple Lösung hat und mir dennoch unheimlich Kopfzerbrechen bereitet:

In der linken Hand von Liz Stride wurde ein in Papier eingewickeltes Päckchen Cachous gefunden (Cachous = viktorianische Atemerfrischer).
Laut der Aussage Schwartz wurde der erste Mann (der Angreifer), mit dem er Stride sah, in beiden Versionen gewalttätig: In der polizeilichen Version stößt der Angreifer Stride auf den Gehweg, und der zweite Mann verfolgt Schwartz. In der zweiten in der Presse veröffentlichten Version versucht der Angreifer, Stride in den Hof zu zerren und der zweite Mann eilt ihr zu Hilfe.
Ich habe mir den Ablauf schon oft in Gedanken vorgestellt, und bin dabei stets auf ein Problem gestossen – die verflixten Cachous! Ich kann einfach nicht glauben, dass eine Frau, die tätlich angegriffen wird, die Nerven behält und die Bonbons nicht fallen lässt.
Was haben sie also in der Hand der Leiche zu suchen? Hat der Mörder sie dort platziert? Gibt es einen Tatablauf, der dies erklären kann? Oder hat sie tatsächlich einfach nur die Bonbons in der Hand behalten?

Was meint ihr?

Grüße, Isdrasil

PS: Ich weiss, vieles ist schon im Chat besprochen worden und ich habe dieses Thema auch schon beim Thema „Ripperduo“ anklingen lassen. Aber der Fairness halber sollte man dies auch für die Nichtchatter noch einmal diskutieren...das zählt eigentlich generell  :icon_wink:
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: JohnEvans am 27.05.2007 15:01 Uhr
Nun, Hutchinson sagte auch nicht bei Gericht aus. Und man hielt ihn für glaubwürdig.

Für mich haben Hutchinson und Schwartz nicht nur gemeinsam, daß sie nicht bei Gericht aussagten. Beide sind Zeugen bei den Morden, die  nicht 100% dem Ripper zugeordnet werden. Und beider "Täter"beschreibungen klingen so, als wollten sie vom eigentlichen Täter ablenken.

Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Phil am 27.05.2007 16:43 Uhr
Also ich hab im Chat ja schon meinen Senf dazu gegeben, aber ich werde es hier natürlich nochmal tun  :icon_wink:

Glaubt man der in der Presse veröffentlichten Version, so könnte ich mir gut vorstellen, dass Liz von einem betrunkenen Freier oder ähnlichem in den Hof gezerrt wurde.
Der zweite Mann war der Ripper, der ihr zu Hilfe eilte und den anderen Mann in die Flucht schlug. Außerdem hat in dieser Version der zweite Mann ein Messer dabei  :icon_exclaim:
Jedenfalls könnte ich mir gut vorstellen, dass Liz ihrem Retter sehr dankbar war und er ihr oder sie ihm die Cachous geben wollte/gegeben hat.
Während sie die Cachous in der Hand hielt, benutzte der Ripper dann leider das Messer, welches er bei sich trug.
Möglicherweise krampfte Liz während sie starb ihre Hände zusammen, sodass die Cachous nicht herunterfielen, sondern in ihrer Hand blieben.

Was mich wundert ist, warum es zwei unterschiedliche Versionen gibt und ich frage mich, welche die richtige ist.
Man könnte annehmen, Schwartz hätte vor der Polizei gelogen, aber warum hätte er das tun sollen? Vielleicht weil er so einen Grund hätte angeben können, warum er Liz nicht zur Hilfe geeilt ist, schließlich wurde er von dem zweiten Mann verfolgt.
Allerdings ist es umso verwunderlicher, dass er der Presse eine andere Version erzählte. Der Ripper, der schließlich von Schwartz gesehen wurde, kriegt doch viel eher von der Presseversion als von der Polizeiversion zu hören, also wäre es umso gefährlicher für Schwartz.
Wenn er diese Version der Polizei erzählt hätte, hätte er außerdem auch einen Grund gehabt, warum er Liz nicht geholfen hat, schließlich hat der zweite Mann ihr schon geholfen.

Ich hoffe, mein Beitrag klingt nicht zu konfus und ist einigermaßen verständlich  :icon_rolleyes:

Schöne Grüße,

Phil
(die rechte Hand des Teufels  :icon_mrgreen: ) 
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Isdrasil am 27.05.2007 17:28 Uhr
Hi

@Phil

Ja, das ist die Variante, die mir die Sache mit den Cachous auch noch am ehesten erklären würde. Der Ripper war einfach zufällig in der Nähe (womöglich wohnte er ja ganz in der Nähe - zum Beispiel in der Batty Street?  :icon_wink:) und ist Stride gewissermaßen zu Hilfe geeilt, um sie danach selbst zu meucheln. Dazu müssen wir aber zwei Dinge bedenken:

1. Die Version der Presse müsste die Wahrheitsgemäßere sein - dies ist nach gesundem Menschenverstand eher nicht so.
2. Weshalb sollte sich der Ripper so verhalten? Er sollte auf Anonymität bedacht sein - hätte er das Paar nicht einfach streiten lassen und sich in aller Ruhe selbst ein Opfer gesucht? Noch dazu, da er von dem Zeugen (Schwartz) wusste.

So plausibel mir dieser Ablauf die Sache mit den Cachous erklärt, so seltsam verhält sich in diesem Fall der angebliche Ripper. Also, da passt immer noch irgend etwas nicht...

@John

So sehe ich das auch. Durch die ganzen Ungereimtheiten im Falle Schwartz bin ich schon beinahe dabei zu sagen, er spinnt sich diese ganze Geschichte zusammen...


Grüße, die linke Hand des Teufels  :drohen:
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: JohnEvans am 27.05.2007 21:36 Uhr
Ich denke, die Version der Polizei stimmt eher, wenn überhaupt. Die Medien neigen zur Übertreibung. Im übrigen glaube ich, daß Schwartz´s Aussage dazu diente, um vom Mörder ab zu lenken.
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Floh82 am 27.05.2007 22:18 Uhr
Um auch einen meiner Gedanken darüber aus dem Chat hier im Forum zu veröffentlichen:

Ich kann mir durchaus auch vorstellen dass das Opfer die Atemerfrischer in der Hand hatte, überfallen wurde und dabei so verkrampfte, dass die Atemerfrischer in der Hand blieben. Menschen reagieren unterschiedlich auf Gefahr, die einen lassen Dinge in den Händen fallen, andere wiederum halten die Dinge in der Hand noch fester (eine Theorie darüber ist, weil sie versuchen sich an etwas festzuhalten bzw. zu klammern).

Wie gesagt nur ein Gedanke über diese Schwartz-Geschichte.
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Isdrasil am 28.05.2007 11:03 Uhr
@Floh

Ich kann mir durchaus auch vorstellen dass das Opfer die Atemerfrischer in der Hand hatte, überfallen wurde und dabei so verkrampfte, dass die Atemerfrischer in der Hand blieben.

Das ist ja genau das Problem. Es handelt sich nach Schwartz nicht um einen klassischen Überfall. Der Mann und Stride unterhielten sich noch vor der Attacke, danach wurde Liz auf den Gehweg geworfen bzw. in den Hof gezerrt. Von einem überraschenden Mord kann also nicht die Rede sein. Und - fällt man auf den Gehweg, entledigt man sich dann nicht instinktiv der Dinge, die man in der Hand hält? Man wird doch versuchen, sich mit beiden Händen abzustützen. Wird man in den Hof gezerrt, so denke ich auch, dass man sich mit beiden Händen wehren wird. Mit dieser Annahme müsstest du also die Aussage Israel`s als unwahr ansehen, oder siehst du keinen Widerspruch?

Also, die Erklärung mit einem Überfall und einer Verkrampfung aus Schock kann ich ausschließen, denn das erklärt im Angesicht der Schwartz-Beobachtung nicht die Cachous - dies ist lediglich die Problematik bei der Sache.

@John

Nun, ich denke, du siehst die Aussage eh nicht als wahrheitsgemäß an - wie erklärst du dir die Cachous in der Hand?

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: JohnEvans am 28.05.2007 15:13 Uhr
@John Nun, ich denke, du siehst die Aussage eh nicht als wahrheitsgemäß an - wie erklärst du dir die Cachous in der Hand?
Sie hatte sie in der Hand als sie ermordet wurde. Kann nur heißen, daß der Täter schnell und für Liz überraschend zuschlug. Es war daher entweder nicht der Angreifer von der Straße, in dem Fall häte sie wohl mit weiteren Angriffen gerechnet, oder es gab eben keinen Überfall auf der Straße, sondern nur einen, im Hof.

Schwartz sagte mMn aus, um den Verdacht vom Club zu nehmen.
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Mort am 28.05.2007 18:35 Uhr
Vielleicht wusste Schwartz das der Ripper ein Jude war und wollte ihn deshalb nicht verpfeiffen :icon_confused: Aber dann hätte er ja von Anfang an den Mund halten können :icon_confused:
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Isdrasil am 28.05.2007 19:41 Uhr
Hi John

Schwartz sagte mMn aus, um den Verdacht vom Club zu nehmen.

Klingt sehr interessant. Doch dann müsste man die Motivation klären, die hinter diesem Mord stecken könnte. Weshalb sollte ein Mitglied des Clubs daran interessiert sein, Liz zu töten? Außer natürlich, man ginge so weit und würde behaupten, der Ripper war Mitglied des Clubs  :icon_rolleyes:

Ist eigentlich eine Mitgliedsliste des Clubs bekannt?

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Pathfinder am 28.05.2007 20:19 Uhr

also ich könnte mir diese variante vorstellen.

schwartz wurde zeuge, wie liz auf die strasse gestossen wurde und sah einen zweiten mann, der ihr zu hilfe eilte. da schwartz wahrscheinlich etwas die düse gegangen ist, entfernte er sich in der gewissheit, dass die zweite person liz zur hilfe eilt.
die zweite person verscheuchte die erste, die liz gestossen hatte und diese person flüchtete in die richtung, in der schwartz gegangen ist (daher evtl. die aussage, dass er von einer person verfolgt wurde).

nach dem die zweite person (evtl. jtr) die erste verscheucht hatte, bot er liz die nüsse an um evtl. ihr vertrauen zu ihm weiter zu stärken. "du kannst alle haben" und liz nahm die packung. ich stelle mir dies so vor, jtr reichte die packung mit der rechten hand und liz nahm sie mit der linken (wenn ich etwas anbiete, dann doch meistens mit der rechten hand, ausser ich wäre evtl. linkshänder). liz nahm die packung mit der hand, die der angebotenen am nächsten ist, ihrer linken.
daraufhin fand evtl. eine unterhaltung statt und jtr schlug plötzlich zu (sinnbildlich). er würgte sie und liz verkrampfte zumindest mit ihrer linken hand, daher file die packung nicht auf den boden. liz konnte nicht reagieren oder versuchen sich zu wehren, da der angriff blitzschnell von statten geht.

auch habe ich im chat  mal kurz anklingen lassen, dass ich mich schwer tue, schwartz als gläubigen juden, einer bewussten lüge zu bezichtigen. juden nehmen ihren glauben sehr ernst, wobei es natürlich auch ausnahmen geben kann. evtl. hatte er vor lauter angst den tathergang nicht alles erfassen können, wie es tatsächlich geschehen ist oder er wurde evtl. auch wegen seinen englischkenntnisse (von denen ich nicht weiss wie gut oder schlecht sie waren) nicht richtig verstanden.
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Phil am 28.05.2007 20:30 Uhr

Wie alt war Schwartz zu dem damaligen Zeitpunkt eigentlich? Weiß man das?
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: JohnEvans am 28.05.2007 21:40 Uhr
@Isdrasil,

mit "Verdacht vom Club" ablenken beschuldige ich niemanden dort, Liz getötet zu haben. Dennoch sieht es nicht gut aus, wenn da eine Leiche im Hof liegt. Schwartz Aussage vom Angriff auf der Straße läßt das Ganze dann wie einen Angriff von außerhalb aussehen. Somit kommen die Clubmitglieder nicht so schnell in Verdacht. UU gar nicht. Was ja auch geschehen ist.

@Pathfinder,

eine Wügeattacke mag überraschend erfolgen, ein anschließendes Bewußtloswürgen dauert seine Zeit. Und während man dich ein Weilchen würgt, wirst du dich bestimmt mit beiden Händen verteidigen, und nicht minutenlang ein dämliches Papiertuch mit Bonbons festhalten.

Denn Cachous sind und waren Bonbons mit Geschmack, keine Nüsse. Nüsse heißen nuts im Englischen.
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Pathfinder am 29.05.2007 07:27 Uhr
@ john

ich zitiere mal aus der start page unter opfer l. stride.

Der Körper lag auf der Seite mit dem Gesicht zur Wand gedreht, der Kopf zeigte in Richtung des Hofs und die Füße Richtung Straße. Der linke Arm war ausgestreckt und hielt ein Päckchen mit Cachous (Anm. der Redaktion: Nüsse, die damals gekaut wurden, um schlechten Atem zu vertreiben) in der Hand.

darfst gerne nachlesen.

das mit dem würgen ist richtig, doch so eine würg-attacke kann wenn sie heftig genug ausgeführt kann jegliche gegenwehr von seiten des opfers unterbinden und ich denke mal, dass es so gewesen ist. fakt ist ja, das liz die tüte in ihrer verkrampften hand gehalten hat.
du glaubst doch selber nicht, dass liz sich gewehrt hat und als sie einsah, dass sie keine chance mehr hatte, sich die nüsse/bonbons gegriffen hat.

Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: thomas schachner am 29.05.2007 09:36 Uhr
Denn Cachous sind und waren Bonbons mit Geschmack, keine Nüsse. Nüsse heißen nuts im Englischen.


true! danke....das wurde auf der website wohl nie mehr korrigiert - und anscheinend ist es auch bisher niemandem aufgefallen .-)))
--> ich habs geändert.

die dinger sind wohl am ehesten mit den heutigen tictacs zu vergleichen....
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Pathfinder am 29.05.2007 10:25 Uhr

gut, dann wäre dieser punkt einmal geklärt. dann distanziere ich mich natürlich von den nüssen. aber man sieht, wie schnell fehler unterlaufen können, genau so kann es mit der einen oder anderen zeugenaussagen gewesen sein.

tictac sagst du thomas und patrick nannte sie mentos, weitere vorschläge ?  :icon_wink:

eigentlich ist es ja egal, was liz in der verkrampften hand hielt, die tatsache der verkrampfung ist ja von bedeutung.
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Stordfield am 29.05.2007 12:15 Uhr
Hallo !

Ist es blöd zu fragen , ob die Bonbons ja vielleicht die Ursache für einen dann ausgearteten Streit waren ?

Gruß Stordfield
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Isdrasil am 29.05.2007 12:21 Uhr
Hi Stordfield

Wie meinst du das?

"He, gib mir die Bonbons, das sind meine!"
"Nein, die gehören mir - das ist die neue Geschmacksrichtung `Walnuss`!"
"Her damit, sonst schneid ich dir die Kehle durch!"
"Na, mach doch..."

 :icon_mrgreen:

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Stordfield am 29.05.2007 12:28 Uhr
Hallo !

 :icon_lol:

Gruß Stordfield
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Pathfinder am 29.05.2007 13:05 Uhr
es wäre wahrscheinlicher, dass der odem einen streit vom zaun hat brechen lassen, mit tragischen ende


wir werden ja mal wieder sehr sehr sachlich  :icon_lol:
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Isdrasil am 11.06.2007 19:57 Uhr
Hi

Ein wenig eingeschlafen hier...

Nun, ich persönlich knabbere immer noch daran: Gibt uns Schwartz wichtige Hinweise auf den Mörder von Lizzie oder eben nicht?

Die Tatsache mit den Cachous in der Hand liegt mir dabei schwer im Magen, und noch eine ganz andere Tatsache: Der Aggressor soll also laut der polizeilichen Version der Geschichte Liz Stride auf die Straße gestoßen haben...hm...erstens fallen dabei wie gesagt Cachous auf die Straße. Womöglich hat Stride wirklich ihre Hand durch den Schock des Angriffs verkrampft. Aber sie hätte gewiss durch den Sturz trotzdem welche verloren. Weshalb liegen dann keine der Menthos auf der Straße? Die Leiche lag im Hof, und laut Aussage von Phillips lagen einige der Bonbons um sie herum auf dem Boden des Innenhofes verteilt. Kein Ton von Bonbons auf der Straße, also kein Indiz, welches die Beobachtung durch Schwartz stützen würde. Zweitens: Der Stoß Richtung Straße. In meinen Augen eine absolut untypische Aktion, die so gar nicht zum Verhalten des Rippers passen mag.

Wenn, dann war der zweite Mann der Mörder Strides. Dies könnte eine Option zur Erklärung der Cachous bieten und das ganze ein wenig "stimmiger" wirken lassen. Doch man muss eben beachten: In diesem Fall wäre der Presseversion mehr Glauben zu schenken als der Aussage vor der Polizei.

Alles in allem bleibt für mich die Sache mit Schwartz genauso strange wie beispielsweise die Aussage Maxwells oder Packers...@Johns Erklärung erscheint mir dabei noch am plausibelsten.

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: JohnEvans am 11.06.2007 21:34 Uhr
Mal ganz schnell ne Kurztheorie:

Weshalb liegen dann keine der Menthos auf der Straße?
Weil sie sie zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich noch gar nicht in der Hand hatte. So, wie es aussieht, ist der Streit vor dem Hof entweder von Schwartz erfunden oder es gab zwei Angriffe. Unwahrscheinlich, aber möglich.

Der Angreifer könnte wer vom Club gewesen sein, der sich ärgerte, daß Liz dort ihrem Geschäft nachging. Vielleicht wollte er sie nur verjagen. Sie geht aber nicht. Geht, nachdem der Angreifer weg ist, in den Hof. Dort wartet sie auf jemanden (Verabredung??) oder hofft, noch einen Kunden zu finden. Macht sich zurecht. Nimmt die Menthos raus, von wegen frischer Atem und so, und wird erneut angegriffen.

Entweder vom selben, mittlerweile sehr wütendem Angreifer oder vom ... Ripper. Auf alle Fälle aber kommt der Angriff sehr überraschend.
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Isdrasil am 12.06.2007 21:06 Uhr
Hi John

Weil sie sie zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich noch gar nicht in der Hand hatte...Auf alle Fälle aber kommt der Angriff sehr überraschend.

Ja, so kann es gewesen sein. Dies lässt natürlich schnell den Rückschluss zu, Schwartz hätte die ganze Story nur erfunden - da er zum einen gerade bei der Polizei etwas völlig Konträres aussagte und zum anderen wirklich das Motiv verfolgen könnte, den Club aus der Sache heraushalten zu wollen.
Das Problem mit einer erfundenen Aussage wäre allerdings in meinen Augen: Weshalb so kompliziert? Weshalb erfindet er dann die Story von den beiden Männern? Er hätte auch ganz einfach sagen können, er hat einen englischen Gentleman mit Stride gesehen...nach genauerer Überlegung fällt mir nur dazu ein, dass Schwartz, sollte er die Aussage erfunden haben, zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen hätte:

1. Er hat den Verdacht vom Club gelenkt
2. Er musste die Falschaussage gut durchdenken, denn eventuell hätte ihn der Vorwurf unterlassener Hilfeleistung treffen können. Ich weiss nicht, wie es im viktorianischen Zeitalter mit diesem Punkt her war, doch er hätte sich bei Erfindung eines einzelnen Täters schon der Frage stellen müssen, weshalb er nicht helfend einschritt oder anderweitige Schritte unternahm. Durch das Heranziehen eines imaginären Komplizen (der ihn auch noch verfolgte) konnte er sich dieser Schlinge entziehen und dadurch weniger Gefahr laufen aufzufliegen.

Gesetz dem Fall, die Aussage war erfunden. Neue Fragen tauchen auf: Weshalb hätte Schwartz den Club decken sollen? Nur, weil er Jude war? Oder gibt es eventuell Verbindungen zu Schwartz, war er vielleicht selber Mitglied, wurde er angeheuert, um das angeschlagene Ansehen der Juden im East End ein wenig zu bewahren...man müsste Nachforschungen anstellen. Sollte sich irgendwann einmal herausstellen, dass Schwartz selbst oder lediglich ein Verwandter/Bekannter von ihm Mitglied dieses Clubs war, so würde dies in meinen Augen ein neues Licht auf seine Aussage werfen und ein weiteres Motiv ins Spiel kommen.

Spannende Sache!

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Pathfinder am 12.06.2007 22:04 Uhr
Entweder vom selben, mittlerweile sehr wütendem Angreifer oder vom ... Ripper. Auf alle Fälle aber kommt der Angriff sehr überraschend.

in anbetracht dessen, dass sie die mentos in der hand hielt, kann der angriff ja nur vom ripper gewesen sein.

man weiss halt leider nicht immer, welche charaktere die zeugen hatten um ihren aussagen glauben zu schenken oder nicht.
warum sollte er so eine wie isdrasil geschrieben hat, komplizierte geschichte erfinden. wenn man manche gedanken von den einen oder anderen hier liest, könnte man glauben, dass sich alle zeugen nur in szene setzen wollten.
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Stordfield am 13.06.2007 10:08 Uhr
Hallo !

Ausnahmsweise möchte ich diesmal einem Zeugen , nämlich Schwartz , Glauben schenken . Warum ? Weil er , sich als Ausländer und mit nur sehr wenigen oder gar keinen Englischkenntnissen , bestimmt nicht in den Fokus der Polizei begeben hätte . Schon gar nicht freiwillig .
Ich habe schon betont , daß ich Liz Stride nicht unbedingt zu den Ripper - Opfern zähle . In diesem Zusammenhang finde ich die Aussage von John sehr interessant , der anführt , daß Liz eventuell einen Streit mit einem Klubmitglied gehabt haben könnte . Der Mann fordert die arme Frau auf , sich zu entfernen . Als sie dem nicht Folge leistet , wird er handgreiflich und stößt sie auf die Straße . Ein weiteres Mitglied wird durch den Tumult aufmerksam und gesellt sich dazu ( oder er trat einfach nur vor die Tür , um nach der Versammlung eine Pfeife zu rauchen ). Dieses Szenario hat Schwartz beobachtet . Um nicht in die Angelegenheit verwickelt zu werden , macht er sich schleunigst vom Acker . Danach eskaliert der Streit . Elizabeth , bekannt für ihre obszöne Sprache , bringt ihren Angreifer mit verletzenden Worten und Gesten zur Weißglut und der bringt sie zum Schweigen .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Alexander-JJ am 13.06.2007 19:07 Uhr
Na ja, diese Clubmitglieder hatten sicher teilweise eine oder mehrere Schrauben locker, aber es waren doch keine wahnsinnigen Killer. Ein Clubmitglied brachte eine Hure wegen nichtiger Streitigkeiten um, ein zweites Clubmitglied stellte sich seelenruhig daneben, das dritte Clubmitglied machte sich schnellstens davon und log dann die Polizei an ... ? Nein, das glaube ich nun wirklich nicht.


 :)
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Isdrasil am 14.06.2007 07:03 Uhr
Hi Alex

Ein Clubmitglied brachte eine Hure wegen nichtiger Streitigkeiten um, ein zweites Clubmitglied stellte sich seelenruhig daneben, das dritte Clubmitglied machte sich schnellstens davon und log dann die Polizei an ... ? Nein, das glaube ich nun wirklich nicht.

Nein, das glaube ich auch nicht. Aber das Schwartz` Aussage ganz einfach den Club von jeglichem Verdacht reinwaschen sollte, kann ich mir durchaus vorstellen. Gründe für Falschaussagen gibt es viele. Einer davon wäre eben dieser. Man denke an die antisemitische Stimmung im East End und die allgemeine Ansicht, der Ripper könne Jude sein. Und dann ein Mord vor einem jüdischen Clubhaus? Kann ich mir wirklich gut als Grund für eine Falschaussage vorstellen.
Dass der Mord tatsächlich von Clubmitgliedern begangen wurde, halte ich auch für unwahrscheinlich. Da stört sich einer an einer Prostituierten vor dem Haus - aber an einer Leiche stört er sich nicht? Nee.....zwar möglich, aber damit werd ich auch nicht so richtig warm.

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Stordfield am 14.06.2007 07:57 Uhr
Hallo Alex , hallo Isdrasil !

Wahrscheinlich haben die Clubmitglieder tatsächlich nicht direkt etwas mit dem Mord zu tun . Dennoch bin ich der Meinung , daß sie bestimmt viel mehr davon mitbekommen haben , als sie aussagten .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Pathfinder am 14.06.2007 12:58 Uhr
Wahrscheinlich haben die Clubmitglieder tatsächlich nicht direkt etwas mit dem Mord zu tun . Dennoch bin ich der Meinung , daß sie bestimmt viel mehr davon mitbekommen haben , als sie aussagten .

eigentlich schwer vorstellbar, dass ein paar mitglieder weg geschaut haben könnten, aber wie im thread über annie schon angesprochen wurde, damals wohl keine seltenheit. dennoch kann ich mir ein dauerhaftes schweigen bei so einen brisanten geschehen, wie es sich von august bis november dargestellt hatte kaum vorstellen. waren doch damals bestimmt nicht alles unmenschen ohne gewissen. schweigen würde einen sinn machen, wenn sie etwas zu verschweigen hätten, doch wenn sie mit dem mord nichts zu tun gehabt haben, dann ergibt dies irgendwie keinen sinn. ich folgere daraus, dass man im club nichts mitbekommen hat.
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Alexander-JJ am 14.06.2007 19:26 Uhr
Angriff und Mord spielten sich innerhalb von wenigen Minuten ab. Einen solchen Zeitraum kann man schon mal übersehen/nicht mitbekommen ohne das irgendwelche finsteren/bösen Absichten vorliegen. Meiner Meinung nach haben die Clubmitglieder wirklich nichts gemerkt.

Das heißt, "gemerkt" haben sie es ja schon. Die Leiche wurde ja sehr schnell entdeckt und ebenso schnell die Polizei alarmiert. Wenn die Clubmitglieder irgendetwas mit dem Mord zu tun gehabt hätten, dann hätten sie sich sicher mehr Zeit gelassen und/oder die Leiche vorher woanders plaziert. Wer ist schon so dumm und lässt das Opfer direkt vor seiner "Haustür" liegen?


 :)
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Stordfield am 16.06.2007 20:59 Uhr
Hallo !

Wenn sie aber einen Mord verschleiern wollten , dann haben sie es doch geschickt angestellt . Durch den Kehlenschnitt fiel doch alles auf den Ripper zurück .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Isdrasil am 16.06.2007 21:17 Uhr
Hi

Also ich glaube nicht, dass der Club einen Mord verschleiern wollte. Der Mord fand eher zufällig vor den Türen des Clubs statt. Wenn, dann kann es den Mitgliedern höchstens darum gegangen sein, jegliche Verdächtigungen gegen sich im Keim zu ersticken. Schwartz Aussage hat insofern der Sache entgegen gespielt: Der Ausruf "Lipski" wird wohl kaum von einem Juden ausgerufen worden sein.
Der Kehlenschnitt ist für mich kein Indiz, dem Ripper etwas in die Schuhe schieben zu wollen. Es gibt im Prinzip nur zwei Möglichkeiten, jemanden kurz und schmerzlos mit dem Messer zu töten: Kehle oder Herz. Es besteht also eine fifty-fifty Chance. Da sehe ich keinen Vorsatz der Methodik. Zusätzlich war der Kehlenschnitt kein Patent des Rippers - er war im East End sozusagen an der Tagesordnung.

Die Frage ist und bleibt doch, ob diese Aussage falsch war und eventuell auch noch geplant, oder ob die Aussage tatsächlich der Wahrheit entspricht.

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: JohnEvans am 17.06.2007 21:11 Uhr
Ganz deiner Meinung, Isdrasil. Falls Schwartz der Wahrheit ein bißchen nachgeholfen hat, dann wohl eher, weil es für einen Club voller Ausländer nicht gerade ein gutes Bild macht, wenn ausgerechnet in ihrem Hof, vor ihren Nasen, ein Mord geschieht.

Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Stordfield am 19.06.2007 08:57 Uhr
Hallo !

Ach , kommt ! Ihr wollt mir doch nicht erzählen , daß circa 100 Leute so überhaupt nichts davon mitkriegen , wenn unter ihren Fenstern ein Mord geschieht , eine einzelne Hure aber ihr Mißfallen erregt .
Weiß zufällig jemand in diesem Zusammenhang , wo genau sich der Eingang zum Club befand ? Im Gang zum Dutfield`s Yard oder in der Berner Street ?

Gruß Stordfield
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Isdrasil am 19.06.2007 14:45 Uhr
@John

Ganz deiner Meinung, Isdrasil.

Liegt vielleicht auch daran, dass ich diese Variante von Dir übernommen habe  :icon_wink:

@Stordfield

Ne, du verwechselt da was. Es hat sich weder jemand an Stride gestört noch jemand den Mord bemerkt. Erst nach dem ganzen Durcheinander auf dem Hof und am nächsten Tag können die Clubmitglieder das Bedürfnis verspürt haben, ihre Weste rein zu waschen – auch wenn sie nix gemacht haben, ein Alibi macht sich immer gut, oder? In diesem Zusammenhang könnte eine Falschaussage doch durchaus in Betracht gezogen werden und ein verwandter/bekannter Jude könnte für eine kleine Spende einbezogen worden sein. Womöglich noch Jemand ohne Englischkenntnisse, denn der verwickelt sich aufgrund der Sprachbarrieren nicht so leicht in Widersprüche…um deine Frage also zu beantworten: Nein, das möchte ich dir nicht erzählen...

Aber das ist und bleibt natürlich alles rein spekulativ  :icon_wink:

Der Eingang des Clubs befand sich aus meinem Gedächtnis heraus im Hof auf der rechten Seite, direkt hinter der Stelle, an der Stride gefunden wurde. Aber ich bin gerade irgendwie nicht so sicher, ob er nicht zwei Zugänge hatte - leider lässt sich auf der Arbeit so schlecht nachblättern  :icon_eek:

Und, wie gesagt: Es wäre interessant, wenn man Schwartz eine Verbindung zum Club nachweisen könnte…
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Pathfinder am 19.06.2007 17:19 Uhr
Die Frage ist und bleibt doch, ob diese Aussage falsch war und eventuell auch noch geplant, oder ob die Aussage tatsächlich der Wahrheit entspricht.

welche von beiden aussagen meinst du jetzt ? ich habe irgendwie den faden verloren  :icon_verwirrt:
polizie-version oder presse-version ?

kann es auch möglich sein, dass die presse die aussage verfälscht hat, aus welchen grund auch immer ?
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: JohnEvans am 19.06.2007 21:38 Uhr
Es gab eben nur diesen einen Ein- und Ausgang, so weit ich informiert bin.
Und Schwartz ging nicht alleine zur Polizei, sondern wurde von jemanden (leider namenslos) begleitet. In einigen englischsprachigen Foren steht einer der CLubmitglieder "unter Verdacht", der Begleiter gewesen zu sein (habe leider zZ keinen Namen parat, sorry). Das wäre ja schon mal eine Verbindung.
Die auch erklären könnte, warum Schwartz überhaupt zur Polizei ging. Wie hat er denn eigentlich von der Sache erfahren? Er konnte doch so gut wie kein Englisch?
Wer oder was hat in motiviert, auszusagen? Ging er etwa, um seinem Begleiter einen Gefallen zu tun?

Und noch was: keiner weiß wirklich, was dieser Begleiter damals so übersetzte. Eigentlich haben wirnicht Schwartz Aussage vor uns, sondern die Übersetzung seines Begleiter / Dolmetschers.
Das ist etwas, worüber man nachdenken sollte.
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Baser am 13.09.2007 22:59 Uhr
ja das hat was :icon_thumb:
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Invar am 14.12.2009 21:10 Uhr
So und nun mein erstes Würstchen...

sind eigentlich ein paar Fragen bevor ich ein echtes Würstchen liefere.
Ich habe mir gerade die Aussage von Schwartz mehrmals durchgelesen und bin da eigentlich auf zwei ungereihmtheiten gestoßen die mir kopfzerbrechen machen, doch bevor ich das hier zum besten gebe würde ich erstmal was erfahren wollen, denn ich will ja keinen blödsinn schreiben. Und je nachdem wie die Antworten ausfallen kann ich meinen schönen in Word geschrriebenen Text in die Tonne kloppen oder auch nicht.

1. Wurde Schwartz, als er die Beobachtungen gemacht haben soll, am "Ort des Geschehens" gesehen?
2. Gibt es die Aussage im originalen (gerne auch in Englisch, ich besitze ein Wöterbuch) nachzulesen?
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: panopticon am 14.12.2009 21:54 Uhr
Hallo Invar!
Herzlich Willkommen erstmal!

Wie Du wahrscheinlich schon gelesen hast, gibt es von Schwartz´s Aussagen zwei Versionen:
1. Wie er die Geschichte der Polizei erzählt hat
2. Seine Geschichte, wie sie der "Star" gebracht hat.

Auch wenn sie vom Prinzip her ähnlich sind, unterscheiden sie sich eben in mehreren Punkten.
Das reicht von dem, was Mann Nr. 1 gerufen hat, über das, was Mann Nr. 2 in der Hand hatte (Pfeife/Messer) bis hin zur Frage, wohin Mann Nr. 1 die Frau (wahrscheinlich Stride) überhaupt "ziehen" wollte (in den Hof/auf die Straße), etc.

Beides findest Du im (englischen) Original hier:
http://www.casebook.org/witnesses/schwartz.html

best regards,
panopticon
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Invar am 15.12.2009 00:31 Uhr
So, ich bin Deinem Link mal gefolgt und muss sagen das war sehr hilfreich, danke dafür. Und ganau da liegt auch mein Zweifel begründet, der von Schwartz war gar nicht an diesem Ort bis Schwartz könnte selber der Täter gewesen sein, reichen. Ich suche noch nach irgendeinem Hinweis ob Schwartz an diesem Ort gesehen wurde, denn das ist einer der wichtigsten Punkte auf den es ankommt ob meine Ausführungen Humbug, oder doch zumindest überlegenswehrt sind, aber da gibt mir der Link auch keinen Aufschluss darüber.
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Invar am 18.12.2009 00:18 Uhr
Hallo,

auch wenns nicht ganz hier hin gehört, aber ich hab da ein Problem mit dem Link. Ich habe mir die Seite (Casbook) in meine Favoriten geseichert, nur als ich selber nochmal nachlesen wollte, kam mir doch sehr komisch vor das da nur ein paar Sätze standen und der Link auch ganz anders aussah, kann mir jemand sagen warum? Hier mal die Links:

panopticon: http://www.casebook.org/witnesses/schwartz.html

meiner: http://www.casebook.org/witnesses/w/Israel_Schwartz.html
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: panopticon am 30.07.2010 01:48 Uhr
Hallo!

Ich habe da was gefunden, über das mich eure Meinung doch brennend interessieren würde – zunächst aber mal, wie ich überhaupt dazu kam, danach zu suchen:

Alles, was heute konkret über Israel Schwartz und seine Aussagen verfügbar ist, stammt, soweit ich informiert bin, eigentlich aus lediglich zwei Quellen: 1. Den Akten und 2. den beiden Berichten vom ´Star´ (1. & 2. Oktober 1888), oder irre ich da??? Wenn ich nicht irre, war ´die Presse´ also über die Schwartz-Geschichte gar nicht wirklich informiert, sondern scheinbar nur ein einziges Blatt, nämlich ´the Star´. Wie kam es dann aber überhaupt dazu, dass dieser bereits am 1. Oktober 1888 von Schwartz´s Aussage erfuhr/berichtete, vor allem wenn man bedenkt, dass Schwartz später wohl nicht einmal (zumindest nicht offen) bei der gerichtlichen Untersuchung aussagte, obwohl die Polizei seine Aussagen sehr ernst nahm und diesen noch länger nachging, wie man den Akten entnehmen kann? Es sieht ja sogar so aus, als hätte man Schwartz den Medien vorenthalten wollen – woher hatte ´the Star´ also überhaupt seine Story?

Im Star vom 1. Oktober 1888 findet sich darüber folgendes:

´ (...) A Star man, however, got wind of his (gemeint ist Schwartz, der hier aber nicht namentlich genannt, sondern lediglich als ´Hungarian´ bezeichnet wird, Anm.) call, and ran him to earth in Backchurch-lane. The reporter's Hungarian was quite as imperfect as the foreigner's English, but an interpreter was at hand, and the man's story was retold just as he had given it to the police. It is, in fact, to the effect that he SAW THE WHOLE THING. (...)´

Schwartz wohnte in der Ellen Street, und der Hinweis auf die Backchurch Lane, in der der Reporter, der von der Sache ´Wind bekommen´ hatte, ihn wohl einholte, deutet darauf hin, dass Schwartz tatsächlich gerade am Heimweg von der Leman Street Police Station war, nachdem er dort seine Aussage tätigte. Überhaupt weiß der Star von jenem Tag so einiges über die Nacht des Double Event zu berichten, was man in anderen Zeitungen nicht unbedingt findet. Da ich ständig auf der Suche nach Hinweisen darauf bin, ob manches nur aus Zeitungsberichten Überliefertes für die Polizei vielleicht doch ziemlich relevant war (um eventuell etwas in den Zeitungen zu finden, das in den eigentlichen Akten verloren gegangen sein könnte) fand ich das doch bemerkenswert und stellte mir die Frage: Hatte der Star vielleicht einen Informanten bei der Polizei? Auch der zweite Artikel (vom 2. Oktober 1888) über ´den Ungarn´ ließe diesen Schluß zu, obgleich hier dessen Wichtigkeit für die Polizei relativiert wird. Um dem nachzugehen, nahm ich mir auch noch mal die anderen Zeitungen, in denen man auf Casebook schmökern kann, von diesem Tag vor, fand aber bisher nichts, was dort eindeutig auf die Schwartz-Story hindeutet. Mit ´nicht eindeutig´ meine ich, dass ich sehr wohl etwas fand, das vielleicht Bezug auf die Geschichte von Schwartz nahm – Erzählt hat es jedoch der ´Sekretär´ vom International Working Men´s Educational Club (ich würde meinen William Wess?) - und überhaupt ist das, was da zu lesen ist schon sehr bemerkenswert, wie ich finde! Normalerweise neige ich ja dazu, so etwas für hier zu übersetzen, in diesem Fall aber sind wohl bereits im englischen Original einige Passagen nicht mehr eindeutig zu ´entziffern´ gewesen, wie es scheint. Daher halte ich  es in diesem Fall zumindest vorläufig doch für wichtig, den Originaltext als Diskussionsgrundlage zu nehmen – (Vielleicht übersetzen wir ihn im Anschluss ja gemeinsam, so gut es geht?):


The Echo, 1.Oktober 1888:

(...)
FIVE SHILLINGS PER VISITOR.

The Club itself (proceeds the reporter), which is next door to the large gate, is now closed, but all this afternoon members and others who have special business there, are admitted after knocking at the door. The committee of the institution held a meeting this morning, at which the crime was talked over, and it was decided not to admit any stranger without the payment of a fee. The fee, the secretary explained, was to [??]. The committee, it seems, did not fix the amount to be charged; but, in reply to a question, the secretary said he thought that 5s. would not be too much. Considering there is nothing to be seen, this is rather an extortionate price to be paid by those whose curiosity leads them to Berner-street.

A MAN PURSUED. - SAID TO BE THE MURDERER.

In the course of conversation (says the journalist) the secretary mentioned the fact that the murderer had no doubt been disturbed in his work, as about a quarter to one o'clock on Sunday morning he was seen- or, at least, a man whom the public prefer to regard as the murderer- being chased by another man along Fairclough-street, which runs across Berner-street close to the Club, and which is intersected on the right by Providence-street, Brunswick-street, and Christian-st., and on the left by Batty-street and Grove-street, the [two latter?] [?] up into Commercial-road. The man pursued escaped, however, and the secretary of the Club cannot remember the name of the man who gave chase, but he is not a member of their body. Complaint is also made [?] [?] [?] there was experienced in obtaining a policeman, and it is alleged that from the time the body was discovered fifteen minutes had elapsed before a constable could be [?] from Commercial-road. This charge against the police, however, requires confirmation. There is, notwithstanding the number who have visited the scene, a complete absence of excitement, although naturally [?] fresh addition to the already formidable list of mysterious murders forms the general subject of conversation.´
(...)

Der ganze Artikel findet sich hier: http://www.casebook.org/press_reports/echo/18881001.html


Was meint ihr? Geht es hier eigentlich um die ´Schwartz-Story´? Klingt diese hier dann nicht anders? Gab es dann vielleicht doch noch mehr Zeugen? Wer hat den mutmaßlichen Mörder verfolgt? Woher hatte Wess (?) diese Story? Wusste man im Club vielleicht tatsächlich mehr? Wie glaubwürdig ist das überhaupt (der Club verlangte an diesem Tag für Fremde direkt nach dem Mord  immerhin ´Eintritt´: hätte man für mehr Geld auch irgendwelche Fantastereien erzählt)? Wer war eigentlich der ´zufällig´ beim Star-Interview anwesende Dolmetscher? Vielleicht ein Clubmitglied? Und unabhängig davon: Was lässt sich aus dieser Geschichte in Bezug auf diverse andere Aussagen, vor allem denen von Schwartz (vielleicht doch auch ein Clubmitglied?) überhaupt schließen? Und was über den International Working Men´s Educational Club?

Wie gesagt, eure Meinung dazu fände ich extrem interessant!


Best regards,
panopticon
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: KvN am 30.07.2010 07:55 Uhr
Guten Morgen!
Bemerkenswert?? Wenn Wess die Story so erzählt hat und sie nicht unter Wichtigtuerei abzulegen ist, dann ist dieser Fund schlicht sensationell! Natürlich handelt es sich nicht um die Schwartz - Story, es läuft ja das Gegenteil ab. Schwartz ist geflüchtet, die Hauptperson hier hat den Mörder verfolgt, und zwar eine ganze Strecke lang. Von der Timeline her müßten die Vorgänge also zwischen Schwartz und Diemschutz liegen. Die Geschichte passt so gut ins Bild, verlockend sie ohne Wenn und Aber zu glauben! Es würde bedeuten: Der Ripper wurde nicht von Diemschutz gestört, sondern schon früher. Das reduziert das Zeitfenster, die fehlenden Verstümmelungen hätten nun erstmals eine plausible Erklärung. Und es wird viel wahrscheinlicher, dass der von Schwartz beobachtete Mann zumindest der Mörder von Stride war.Und es würde zeigen dass unser Wissen extrem lückenhaft ist, denn offenbar gab es in der Öffentlichkeit bereits einen sehr konkreten Verdacht wer für die Morde verantwortlich war! Undundund...
Muss mir das mal subcortical einsickern lassen, es gibt noch viel dazu zu sagen...
Grüße und thumbs up!
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Shadow Ghost am 30.07.2010 09:39 Uhr
Hallo panopticon,

ich habe gerade meine Unterlagen nicht zur Hand: In welche Richtung will Schwartz geflüchtet sein? Könnte es nicht sein, dass es sich bei dem verfolgten Mann im Echo-Bericht um Schwartz und bei seinem Verfolger um Pipeman gehandelt hat?
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: KvN am 30.07.2010 11:21 Uhr
Hi Shadow!

Halte ich für sehr unwahrscheinlich, denn pipeman muss ja gesehen haben dass Stride nicht von Schwartz attackiert wurde. Und dem Wortlaut des Berichtes nach hätte die Bevölkerung dann Schwartz für den Whitechapel Mörder gehalten, das kann man glaube ich ausschließen...
Grüße
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Shadow Ghost am 30.07.2010 11:44 Uhr
Halte ich für sehr unwahrscheinlich, denn pipeman muss ja gesehen haben dass Stride nicht von Schwartz attackiert wurde. Und dem Wortlaut des Berichtes nach hätte die Bevölkerung dann Schwartz für den Whitechapel Mörder gehalten, das kann man glaube ich ausschließen...

Das stimmt aber nur, wenn man davon ausgeht, dass Schwartz die Wahrheit gesagt hat. Wie ich an anderer Stelle schon einmal erwähnt habe, könnte es doch durchaus sein, dass Schwartz der Angreifer von Stride war, gestört wurde und davon lief. Später ging er zur Polizei und erzählte seine Version der Geschichte aus Angst, jemand könnte seine Flucht bemerkt haben und sich nun fragen, warum Schwartz so spät nachts durch die Straßen rannte, noch dazu mit einem anderen Mann im Schlepptau. Der einzige Haken an der Geschichte ist allerdings, wie ich zugeben muss, dass sich der Verfolger (nennen wir ihn Pipeman) nicht bei der Polizei gemeldet hat. Aber dazu gab es in einem anderen Thread ja schon Zeitungsberichte, dass dieser zweite Mann eventuell ja doch identifiziert werden konnte.
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Shadow Ghost am 30.07.2010 11:52 Uhr
Das mit dem zweiten Mann hatten wir hier schon einmal:

http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1268.15.html (http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1268.15.html)

bzw.

http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1231.0.html (http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1231.0.html)
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: panopticon am 30.07.2010 12:28 Uhr
Hallo KvN! Hallo Shadow!

Hmmm... Ich werde aus der Story auch noch nicht ganz schlau.... Keine Ahnung, ob es hier um Schwartz geht...

Schwartz flüchtete jedenfalls in südliche Richtung – scheinbar lief er dabei aber sogar an seinen Unterkünften (laut Star eine in der Berner Street und eine in der Back Church Lane, laut Akten eben ´Ellen Street, Back Church Lane´) vorbei, was ich immer schon bemerkenswert fand, denn wenn er wirklich ´bis zu einem Bahnbogen´ rannte (wie er angab), wäre er wohl, sofern es in der Back Church Lane keinen gab, bis in die Pinchin Street gelaufen - und direkt nur die Berner Street entlang kommt man dort ohnedies nicht hin, die mündet ja in die Ellen Street, wo er also spätestens abbiegen musste...  :icon_rolleyes:

Ich habe im Netz mal eine Seite von einer Familie gesehen, die angab, dass einer ihrer Vorfahren der einzige Mann war, der den Mörder sah, und zwar in der Berner Street. Dabei handelte es sich aber nicht um Schwartz. Leider finde ich diese Seite grad nicht, mag aber ohnedies sein, dass es sich dabei um eine ´Familienlegende´ handelte.

Was mich auch immer schon beschäftigt: Dass der Mörder noch im Hof war und sich dort versteckte, als Diemschütz ankam, halte ich, gerade seitdem ich auch das Foto vom Innenhof kenne, für extrem unwahrscheinlich. Der Mörder war meines Erachtens nach entweder schon weg, als Diemschütz ankam, oder die Story stimmt so ganz einfach nicht, wie sie Diemschütz und die anderen vom Club erzählten... Dazu eben auch die Frage, ob Schwartz oder Pipeman vielleicht doch irgendwas mit dem Club zu tun gehabt haben könnten, und vielleicht sogar einer vom Club als Dolmetscher fungierte...?

 :icon_verwirrt: ...Grübel.... :icon_rolleyes:


Grüße!
 
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Shadow Ghost am 30.07.2010 12:45 Uhr
Ich habe im Netz mal eine Seite von einer Familie gesehen, die angab, dass einer ihrer Vorfahren der einzige Mann war, der den Mörder sah, und zwar in der Berner Street. Dabei handelte es sich aber nicht um Schwartz. Leider finde ich diese Seite grad nicht, mag aber ohnedies sein, dass es sich dabei um eine ´Familienlegende´ handelte.

Wahrscheinlich meinst Du die Geschichte von Nathan Shine:

http://www.mandy-janes.co.uk/SHINE/shines.htm (http://www.mandy-janes.co.uk/SHINE/shines.htm)

Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: panopticon am 30.07.2010 12:50 Uhr

Danke, Shadow!  :icon_thumb: Genau die habe ich gemeint!
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Stordfield am 30.07.2010 12:59 Uhr
Hallo !

Danke panopticon und Shadow für diese äußerst interessante Geschichte.
Wißt ihr vielleicht auch, ob der Sache schon mal nachgegangen wurde? Das kann man ja eigentlich nicht einfach so stehen lassen, denn wenn auch nur ein bischen davon wahr sein sollte, wäre das doch ein echter Hammer.
Ich bin zwar kein großer Rechercheur und obendrein auch immer noch sehr mit R. Mansfield beschäftigt, aber diesen guten Mr. Shine möchte ich dann doch schon etwas näher kennenlernen. Mal sehen...

Gruß Stordfield
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: panopticon am 30.07.2010 15:26 Uhr
Hallo Stordfield!

Die Story hat eigentlich Shadow gefunden und schon mal gepostet (http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1231.msg18447.html#msg18447) – von da kenne ich sie überhaupt, wenn ich mich richtig erinnere... Von den Kosminskis gab es auch irgendwelche Nachkommen, die ´Shine´ hießen (Zena Shine) – Lestrade ist dem auch schon mal nachgegangen. ´Shine´ war aber möglicherweise generell ein verbreiteter Name unter der jüdischen Bevölkerung...?


Also gegeben hat es diesen Nathan Shine zumindest wohl scheinbar – Weiß nicht, ob ich oder jemand anderer es schon mal gepostet habe/hat, aber könnte er das hier sein? Name und Alter scheinen in etwa zu stimmen, die Adresse ist auch nicht allzu weit weg von  Whitechapel und Umgebung:

http://www.oldbaileyonline.org/browse.jsp?id=t19121201-name-213&div=t19121201-48#highlight

Was an der Story über sein ´Rippererlebnis´ dran ist, ist aber klarerweise eine andere Frage. Ich geh dem noch nach...


Grüße,
panopticon
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: KvN am 31.07.2010 09:18 Uhr
Hallo zusammen!

Natürlich hast du recht, Shadow, meine Überlegungen sind nur zutreffend wenn die Aussagen von Schwartz der Wahrheit entsprachen. Und wie fast immer ist das nicht wirklich verifizierbar. Allerdings wäre die Chance einer postiven Identifizierung in diesem setting gleich Null gewesen, im schlimmsten Fall wäre Aussage gegen Aussage gestanden, da ja dann ausser Schwartz und pipeman niemand am Tatort gewesen wäre. Die Gefahr, im Rahmen seiner Aussage durchleuchtet, vernommen etc. zu werden war wohl ungleich größer. Und im "Echo" Artikel steht dass der Verfolgte bereits von der Bevölkerung als verdächtig betrachtet wurde und das kann nicht Schwartz gewesen sein, denn dann wäre er ganz sicher nicht zur Polizei gegangen und wenn doch, dann hätte ihn die Polizei wohl nicht derartig unbehelligt wieder ziehen lassen. Trotzdem ist deine Überlegung für mich sehr interessant. Und vielleicht war´s ja auch so...

Grüße
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Shadow Ghost am 31.07.2010 11:06 Uhr
...the secretary mentioned the fact that the murderer had no doubt been disturbed in his work, as about a quarter to one o'clock on Sunday morning he was seen- or, at least, a man whom the public prefer to regard as the murderer- being chased by another man along Fairclough-street...

Meinst Du diese Stelle im Echo-Bericht, KvN? Da steht nichts, dass die Bevölkerung schon vorher einen Verdacht gegen diese Person hatte. Ich verstehe es vielmehr so, dass sich die Leute dachten, der läuft davon und wird auch noch verfolgt, also wird er es schon gewesen sein. Und genau diese Gedanken könnte Schwartz auch gehabt haben. Also brauchte er eine Begründung, warum er davon rannte.
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: KvN am 02.08.2010 09:37 Uhr
Morgen!

Stimmt, leider ist diese Stelle sehr unklar formuliert und lässt mehrere Deutungen zu. Allerdings ist es fraglich ob Schwartz überhaupt verfolgt wurde oder pipeman nur in die selbe Richtung ging. Ich habe beim echo - Bericht halt eher eine dramatische Verfolgungsjagd vor Augen, in der Schwartz Aussage fehlt mir dieser Aspekt. Und ich finde die Schwartz Aussage eigentlich recht glaubhaft...Die Polizei fand ja auch keinen Grund Schwartz zu verdächtigen.

Grüße
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Shadow Ghost am 02.08.2010 10:54 Uhr
Bei dem Szenario, das mir vor Augen schwebt, geht es weniger darum, ob Schwartz tatsächlich verfolgt wurde, oder ob mögliche Beobachter es für eine Verfolgung hielten, sondern vielmehr darum, ob Schwartz sich verfolgt und beobachtet fühlte. Schwartz sagte ja aus, dass er davon rannte und dass pipeman ihm nach rannte (ob zufällig oder absichtlich sei dahingestellt). Für Außenstehende mag das schon wie eine wilde Verfolgung gewirkt haben.
Was mich an Schwartzs Aussage schon immer störte, war, dass er dem breitschultrigen Mann ja schon hinterher gegangen sein wollte, als beide in die Berner Street einbogen. Dieser Mann muss mitbekommen haben, dass jemand hinter ihm ging, er also nicht allein war. Wieso greift er dann trotzdem Liz Stride am Hoftor an? Es musste ihm klar gewesen sein, dass er beobachtet wird. Zudem würde doch jeder, der mit böser Absicht auf eine Frau los geht, sich noch einmal kurz umschauen, um sich zu versichern, dass er alleine und unbeobachtet ist, schließlich konnte er ja nicht damit rechnen, dass Schwartz einfach davon läuft; der hätte der Frau ja auch zur Hilfe eilen können. All das klingt für mich nicht nach einem Angreifer wie Jack the Ripper, und eigentlich auch nach keinem Angreifer, der nicht völlig bescheuert wäre.
Der zweite störende Punkt an der Aussage ist, dass Schwartz scheinbar ziellos davon rannte (wohl bis zur Pinchin Street), obwohl er doch in der Nähe wohnte. Ich habe es jetzt nicht ganz im Kopf, aber ich glaube, er rannte sogar an seiner Unterkunft vorbei. Wenn er sich irgendwie bedroht und verfolgt gefühlt hätte, hätte er zudem um Hilfe rufen können, egal in welcher Sprache. Auch sagte er nichts davon, dass er Ausschau nach einem Polizisten gehalten hätte, schließlich glaubte er verfolgt zu werden und er hatte zudem gerade den Angriff eines Mannes auf eine Frau nur drei Wochen nach dem letzten Ripper-Mord beobachtet.
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: KvN am 02.08.2010 11:27 Uhr
Jetzt sind wir bei einem Knackpunkt angelangt, glaub ich. Keinesfalls schildert Schwartz eine Attacke des Rippers, zumindest nicht so wie wir uns das vorstellen. Der Angriff auf Stride macht einen etwas unbeholfenen Eindruck, und das auch noch vor zwei Zeugen. Wenn die Aussage stimmt, dann schildert sie meiner Meinung nach eine Beziehungstat und Stride war kein Opfer von JtR.

Dazu später mehr...

Grüße
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: KvN am 03.08.2010 08:24 Uhr
Im casebook hat ein Teilnehmer einen Satz geschrieben, der meiner Meinung nach zumindest nachdenkenswert ist: In der causa Stride gibt es keine Rätsel, man muss nur JtR weglassen. Wenn Schwartz die Wahrheit gesagt hat stimmt das auch. Ein Streit in emotional aufgewühlter Stimmung, daher waren dem Täter Zeugen auch egal, er hatte ja keine Tötungsabsicht. Das Verhalten von Stride wird auch logischer, sie befürchtete ja nicht dass es ihr ans Leben geht. Pipeman versteht die beiden, daher bleibt er auch ruhig und zündet seine Pfeife an, Schwartz versteht sie nicht und wird panisch, rennt davon und glaubt sich von pipeman verfolgt, allerdings offenbar nicht besonders hartnäckig. Stride schlägt vor die Diskussion in den Hof zu verlegen, zückt ihre Cachous damit ihrem Galan nicht die Haare vom Kopf fallen, die Situation eskaliert, es kommt zum Totschlag. Flucht des Täters, Auftritt Diemschutz, Vorhang. Die Unterschiede in der Schnittführung, das andere Messer, alles geklärt.
Aber wie gesagt: Wenn Schwartz die Wahrheit gesagt hat...

Grüße
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: KvN am 03.08.2010 11:13 Uhr
Noch ein paar Überlegungen zu den Medien:
Offenbar war das Interesse an Schwartz nicht besonders ausgeprägt, erscheint mir aber auch logisch. Wenn Schwartz nicht den Ripper gesehen hatte wäre der double event perdu gewesen, eine Sensation weniger. War es eine Tat des Rippers, so war deren Durchführung wenig zur Mythenbildung geeignet, sie zeigte letztlich nichts von der Exaktheit, Kaltblütigkeit etc. die man dem geheimnisvoll durch die Nacht schleichenden Unbekannten nachsagte. Insofern kann es natürlich auch sein dass der Echo - Bericht quasi eine Gegendarstellung sein sollte, geeignet den Archetyp weiterleben zu lassen. Speziell der Schluß des Artikels legt eine solche Auslegung nahe.

Grüße
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Mort am 05.10.2010 21:32 Uhr
Was mir bei der zweiten Version von Beschreibungen von Schwartz´s  beiden Männern auffällt: Er beschreibt plötzlich beide Männer mit hellem Teint. Die Beschreibungen sind im gesamten etwas aussagekräftiger als seine Beschreibungen der ersten Version. Nur ist mir eben beim erneuten durchlesen jetzt erst diese Sache etwas aufgefallen. Wie würdet ihr die Sache bewerten? Er ist freilich nicht der einzige Zeuge der den Teint von Verdächtigen beschreibt, deshalb muss es nicht unbedingt was bedeuten. Nur es ist mir wie gesagt irgendwie ins Auge gestochen und ich weiss im Moment nicht wieviel Gewicht ich dem hellem Teint zumessen soll. Möglich wollte Schwarz unauffällig auf etwas hinweisen. :icon_question:
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: BG Holmes am 15.11.2010 20:58 Uhr
12:30 A.M
Matthew Packer schließt sein Geschäft, William West verlässt den Club durch den Seiteneingang und
Joseph Lave verlässt den Club und geht in die Berner Street

12:32 A.M.—West und zwei Kollegen verlassen den Club durch die Eingangstür, Straßenseite

12:34 A.M.—Morris Eagle betritt den Club durch den Seiteneingang

12:35 A.M.—Lave kehrt zum Club zurück, Constable Smith geht die Berner Street herunter und sieht einen Mann und eine Frau miteinander sprechen

12:36 A.M.—Fanny Mortimer steht in ihrer Eingangstür

12:42 A.M.—Mortimer geht zurück ins Haus

12:43 A.M.—James Brown sieht einen Mann und eine Frau nahe der Schule

12:44 A.M.—Frühest möglicher Zeitpunkt des Angriffs

12:47 A.M.—Israel Schwartz trifft den Mann, der „Lipski“ ruft, daraufhin flüchtet Schwartz, er wird von dem   
           verfolgt, der Pfeife geraucht hat

12:54 A.M.— Spätest möglicher Angriff auf Liz Stride

12:56 A.M.—Constable Smith nähert sich dem Ende der Berner Street

1 A.M.—Louis Diemschutz findet die Leiche

1:03 A.M.—Edward Spooner erreicht Dutfield’s Yard und sieht, dass Liz´s Wunde noch blutet

1:05 A.M.—Constable Lamb in der Commercial Road erfährt vom Mord

1:08 A.M.—Constable Smith betritt den Tatort

1:16 A.M.—Dr. Blackwell betritt den Tatort

Wenn der Mann, der Israel Schwartz als Lipski anrief der Killer gewesen ist, dann muss er zuvor auch mindestens 12 Minuten mit Liz verbracht haben, bevor er sie attackierte.
Ein eher unwahrscheinliches Vorgehen für den Ripper...
Der Killer wurde von Diemschutz gestört, dennoch hätte er bis zu seinem eintreffen am Tatort noch mindestens 60 Sekunden gehabt, um ihr „Verstümmelungen nach Wunsch“ beizubringen, zumindest hätte er ihre Kleidung in dieser Zeit hochgeschoben.

Ich halte es für möglich, dass Liz durch das festhalten der Pastillen einen Hinweis auf den Mörder geben wollte und dass der Mord nicht auf das Konto des Rippers ging. Vielleicht wollte der Angreifer ihr für den Liebesdienst die Pastillen anbieten, woraufhin sie ablehnte.
Der Angreifer von Liz Stride hat den zweiten Mann mit der Pfeife durch den Aufruf Lipski (ich denke Abberline trifft hier ins Schwarze, wenn er sagt, dieser Begriff sei ein Schimpfwort) mobilisiert, Schwartz von der Szene zu vertreiben. Dieser hat ihn dann ja auch ein Stück weit verfolgt und so verjagt, während Liz ermordet wurde.

Später geht Schwartz zur Polizei und berichtet das was er gesehen hat.

VG
BG Holmes
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: BG Holmes am 15.11.2010 21:23 Uhr
Schwartz war eingeschüchtert, vielleicht auch einfach feige (aber wer setzte sich damals auch schon spontan für die Nöte einer Prostituierten ein, wenn man damit rechnen musste, dass die Bewohner des Eastends alle gewaltbereit und die meisten bestimmt auch bewaffnet waren), und das war ihm, nachdem er gehört hat das ein Mord stattgefunden hat, ziemlich peinlich, trotzdem hat er seine Aussage bei der Polizei gemacht, vielleicht weil er einfach ein ehrlicher Typ war.. vielleicht wollte er bei der Polizei  auch nicht auf den Punkt bringen, dass er einfach abgehauen ist vor Angst, sich vom Pfeifenmann eine einzufangen oder Schlimmeres.

Und natürlich hat keiner den eventuellen Schrei oder andere Geräuschen bei der Ermordung von Liz Stride Aufmerksamkeit geschenkt. Er hat sich neben einem Club abgespielt, in dem der Lärmpegel bei all dem Alkohol und den Männergesprächen nicht gerade niedrig gewesen sein dürfte..

VG
BG Holmes
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Lestrade am 15.11.2010 22:44 Uhr
Wenn der Mann, der Israel Schwartz als Lipski anrief der Killer gewesen ist, dann muss er zuvor auch mindestens 12 Minuten mit Liz verbracht haben, bevor er sie attackierte.
Ein eher unwahrscheinliches Vorgehen für den Ripper...

Warum? Hast du den Zeugen Marshall übersehen oder tue ich das gerade? Hast du Packer intensiv studiert? Und PC Smith tauchte schon früher auf. Ich denke, das der Ripper eine ganze Weile in Stride´s Nähe war. Schwartz könnte ihn dann von hinten gesehen haben, als er gerade wieder in Richtung Stride kehrt machte. Diesmal um final zuzuschlagen. Der zweite Mann am Tatort ist ein guter Kandidat für den berüchtigten "Hauptzeugen".
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: panopticon am 16.11.2010 02:35 Uhr
Hi.

Und natürlich hat keiner den eventuellen Schrei oder andere Geräuschen bei der Ermordung von Liz Stride Aufmerksamkeit geschenkt. Er hat sich neben einem Club abgespielt, in dem der Lärmpegel bei all dem Alkohol und den Männergesprächen nicht gerade niedrig gewesen sein dürfte..

Laut wird es schon gewesen sein: die Hauptveranstaltung in jener Nacht endete zwar angeblich um etwa 23.30h, und viele Leute gingen anschließend heim, während die anderen (angeblich noch in etwa an die 30) aber anschließend (und bis über den Tatzeitpunkt hinaus) wohl in erster Linie sangen und tanzten – Der Name des Clubs ist vielleicht etwas irreführend, was seine Frequentierung durch Frauen betrifft: Auf einer Illustration von einer Veranstaltung (siehe ´Scotland Yard Investigates´ von Evans und Rumbelow) finden sich sogar mehr Frauen und Kinder im Club, als Männer – was zwar wohl in besagter Nacht (gerade was Kinder betrifft) sicherlich nicht gerade der Fall war, aber Frauen waren wohl doch auch einige anwesend, schließlich versuchte man mit dem Club generell diverse Bevölkerungsgruppen für sozialistische Ideen zu gewinnen und bot dementsprechend auch ein generell sehr vielschichtiges und multikulturelles (vor allem auch vielsprachiges) Angebot an Veranstaltungen an. Es wurde auch bereits spekuliert, dass ´Long Liz´ (fremdsprachlich angeblich ja nicht gerade untalentiert, bereits zuvor mit Vorträgen über soziale Gedanken konfrontiert  (Barnardo), und eventuell in dieser Nacht auch mit Blume ´herausgeputzt´) selbst im Club war, aber die Clubmitglieder scheinen sie nicht gekannt zu haben, was gegen diese Theorie spricht...


Der Killer wurde von Diemschutz gestört

Das müsste erst einmal bewiesen werden, auch ganz anderes ist denkbar.


Schwartz war eingeschüchtert, vielleicht auch einfach feige (aber wer setzte sich damals auch schon spontan für die Nöte einer Prostituierten ein, wenn man damit rechnen musste, dass die Bewohner des Eastends alle gewaltbereit und die meisten bestimmt auch bewaffnet waren), und das war ihm, nachdem er gehört hat das ein Mord stattgefunden hat, ziemlich peinlich, trotzdem hat er seine Aussage bei der Polizei gemacht, vielleicht weil er einfach ein ehrlicher Typ war.. vielleicht wollte er bei der Polizei  auch nicht auf den Punkt bringen, dass er einfach abgehauen ist vor Angst, sich vom Pfeifenmann eine einzufangen oder Schlimmeres.

Schwartz war, gerade wenn er dachte, dass hier etwas letztlich vielleicht ´Tödliches´ seinen Lauf nahm, die beiden Männer unter einer Decke steckten, und er das Wort ´Lipski´ richtig verstanden hat, vor Ort noch einer ganz anderen Bedrohung ausgesetzt: Nämlich jener, dass man der Frau noch in seiner Gegenwart die Kehle durchschnitt, und ihn, der (als vermutlich jüdischer Ungar) quasi noch dazu mehreren Minderheiten angehörte und kein Englisch konnte, anschließend (eventuell sogar aufhielt und) selbst des Mordes bezichtigte, oder man hoffte, er wäre auf der Flucht vor dem oder den eigentlichen Täter/n gesehen und in Folge von Zeugen selbst für den Täter gehalten worden. Etwas, das letztlich durchaus auch, in diesem Fall dann aber wohl eher ohne, dass dieser es überhaupt mitbekam, einem gewissen ´Kosminski´, oder jemandem, der einem solchen ähnlich sah, so ähnlich passiert sein könnte – vielleicht bei dem zweiten Mord in dieser Nacht, in der Nähe des anderen Clubs....(und - mal abgesehen vom Fall JtR - wer weiß eigentlich, wie sich der Fall Israel Lipski tatsächlich zutrug? Auch dort bestehen Zweifel...)


best regards,
panopticon
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Lestrade am 16.11.2010 14:53 Uhr
Etwas, das letztlich durchaus auch, in diesem Fall dann aber wohl eher ohne, dass dieser es überhaupt mitbekam, einem gewissen ´Kosminski´, oder jemandem, der einem solchen ähnlich sah, so ähnlich passiert sein könnte – vielleicht bei dem zweiten Mord in dieser Nacht, in der Nähe des anderen Clubs....

Absolut möglich panopticon und auf jeden Fall zu beachten, das ganz einfach der falsche Mann, zur falschen Zeit am falschen Ort war... oder man ganz einfach, den Zeugen Joseph Hyam Levy´s Verwandt- und Bekanntschaft unter die Lupe nahm (wundern dürfte uns das nicht) und dabei zwei Männer entdeckte, die zu dieser Zeit auffällig waren (wie sicher auch viele andere im EastEnd), eben Männer wie Hyam Hyams oder Jacob Levy (dazu muss ich noch Martin Kosminski bekannte Rolle erwähnen). Beide hatten angefangen ihre Familien zu vernachlässigen, wurden Einzelgängerisch, hatten Probleme mit Alkohol und Gewaltausbrüchen oder erkrankten wie Jacob Levy (Syphilis), hatten mit Kriminalität zu tun und Anstalten. Dazu noch der frühere Suizid von Jacob´s Bruder sowie der mögliche Wohnsitz eines weiteren Bruders in einem gewissen Haus in der Goulston Street. Heute würde solch ein Verhalten eines Zeugen, die Polizei mit Sicherheit auf den Plan rufen, was die Durchleuchtung seines Hintergrundes betrifft. Und da hätten solche Verwandten auch ersteinmal einen schlechten Stand...
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: panopticon am 17.11.2010 23:48 Uhr

Ist natürlich nicht ganz auszuschließen, aber weder Jacob Levy noch Hyam Hyams kommen namentlich in irgendwelchen erhaltenen Polizeiakten über den Fall ´Jack the Ripper´ vor. Noch dazu scheint es den allerneuesten Recherchen zu folge so zu sein, dass der (!) ´Hyam Hyams´, dessen Mutter mal ´Fanny Levy´ hieß, und der am Mitre Square aufwuchs, erst 1933 verstarb und u.a. daher nicht mit jenem (!) gewalttätigen ´Hyam Hyams´, der nach Colney Hatch eingeliefert wurde (und dort 1913 verstarb), identisch ist. Letzterer Hyams war also, wie es aussieht, dann auf gar keinen Fall mit dem Zeugen Joseph Hyam Levy verwandt, und ersterer Hyams nicht (zumindest nicht nachweislich) gewalttätig oder in einer Anstalt... (Scheinbar wurden da in den letzten Jahren zwei Personen gleichen Namens zu einer Person ´vermengt´.) Mit ´Kosminski´ meinte ich jedenfalls eigentlich den aus den beiden Versionen des  Macnaghten Memorandums und den in Swansons Marginalien - und so wie es laut aktueller Datenlage aussieht, hieß der mit Vornamen höchstwahrscheinlich ´Aaron´, und dürfte übrigens demnächst in einem neuen Buch von Rob House näher beleuchtet werden (http://www.amazon.com/Ripper-Scotland-Yards-Prime-Suspect/dp/0470938994/ref=sr_1_26?s=books&ie=UTF8&qid=1289691118&sr=1-26). Es bleibt abzuwarten, ob Rob House vielleicht eine verwandtschaftliche Verbindung zwischen Aaron und Martin Kosminski herstellen konnte – bisher gibt es jedenfalls keine. Fazit: Laut aktuellem Stand kam die Polizei also scheinbar nicht durch eine ´Beleuchtung des Hintergrundes´ des Zeugen Joseph Hyam Levy auf den Verdächtigen namens ´Kosminski´, sondern vermutlich durch eine ihr gemeldete Anstaltseinlieferung und in folge über irgendeine (von wem auch immer – laut Macnaghten von einem PC - getätigte) Beobachtung in der Nähe eines Tatortes, womöglich Mitre Square oder Berner Street.


Und diese angebliche Beobachtung finde ich eben auch in Bezug zu Israel Schwartz interessant: Wie Israel Schwartz könnte dieser ´Kosminski´ also jedenfalls auch zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen sein, was – und darauf wollte ich in Bezug zu Schwartz eigentlich hinaus – unter Umständen sogar durchaus auch irgendwie zum ´Konzept´ der oder des Täter/s gehört haben könnte: Auch obwohl die Morde ja generell im jüdischen Viertel stattfanden, ist zumindest schon bemerkenswert, dass fast alle allerletzten (!) Zeugen (Israel Schwartz, Joseph Lawende, Joseph Hyam Levy - sofern sie überhaupt tatsächlich irgendwie ´Zeugen´ waren) direkt vor den beiden Morden in dieser Nacht (und gerade im Falle Israel Schwartz, seiner Aufmachung auf dem bekannten Foto von ihm nach zu schließen, auch noch sichtbar) jüdischen Glaubens waren, obwohl zuvor auch Personen anderen Glaubens an den Tatorten vorbeikamen. Fast so, als hätte/n der oder die Täter mit der eigentlichen Attacke auf das jeweilige Opfer auf jüdische Passanten (kurz nach einer ´Polizeistreife´) gewartet (vielleicht nicht damit rechnend, dass diese sich später als Zeugen meldeten)...und dann eben auch noch der mögliche Ausruf ´Lipski´, die scheinbar auch hohe Geschwindigkeit im Fall Catherine Eddowes und die Sache mit der Schürze unter dem GSG (egal, wer es nun tatsächlich geschrieben hat), das ja konkret aussagte, dass ´die Juden nicht umsonst die Männer sind, denen man die Schuld geben wird´. Nur um das auch mal in Bezug zu dieser Zeugenbeobachtung konkret als Möglichkeit erwähnt zu haben!


Elisabeth Stride befand sich - den Cachous nach zu urteilen - jedenfalls zumindest scheinbar ´erst´ oder gerade in einer Art ´Refreshmentphase´ oder ´-pause´, als der Angriff stattfand und vielleicht war es ursprünglich auch gar nicht ihre Idee, sich ´erst einmal in aller Ruhe "frisch" zu machen´, sondern hatte damit zu tun, dass der Täter auf einen gewissen Zeitpunkt (und sei es eben nur der, an dem gerade erst ein Polizist vorbeimarschiert war und wohl so schnell nicht wiederkam, oder eben jemand anderer vorbeikam (oder vielleicht auch hinter ihnen herlief), auf den später der Verdacht hätte fallen können) wartete und sie in der Zwischenzeit bis zum Angriff damit ´beschäftigte´... Dass Schwartz den eigentlichen Angriff selbst aber auch mitbekam, war auch oder gerade dann wohl eher weniger beabsichtigt.  Nur mal so als weitere Denkmöglichkeit...


Grüße,
panopticon
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Lestrade am 18.11.2010 08:55 Uhr
Hallo panopticon!

Ist natürlich sehr interessant. Man, man, was für ein Hickhack...

Habe ich ja noch die Hoffnung, das es nicht Aaron Mordke war sondern Aaron Davis... Wäre natürlich ein Ding, der Verdächtige im Seaside Home wäre Aaron Kosminski gewesen. Aber wer weiß, wer weiß, wie das alles wirklich ablief und wie die beiden Polizeieinheiten tatsächlich miteinander funktionierten und wann der Name "Kosminski" letztendlich ins Spiel kam und wie. Das Buch brauch ich. Das von Reid fand ich nicht wirklich prickelnd. Ich behalte es auch nicht. Falls es hier einer haben will, bitte schön, ansonsten stell ich es bei Ebay rein. Ist ja noch neu.

Du unterstützt die "Lassen wir´s so aussehen als wären es die Juden" Theorie verstärkt?

Liebe Grüße,

Lestrade.
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Shadow Ghost am 18.11.2010 20:38 Uhr
im Falle Israel Schwartz, seiner Aufmachung auf dem bekannten Foto von ihm nach zu schließen, auch noch sichtbar

Es existiert ein Foto von Israel Schwartz?
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Lestrade am 19.11.2010 07:39 Uhr
Ein wahrer Prachtbursche:

http://www.thebirdman.org/Index/Others/Others-Doc-Jews/+Doc-Jews-Crime&Fraud&QuestionablePractices/JackTheRipperWasAPolishJew--Pictorial_files/j.ack_2.jpg
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Shadow Ghost am 19.11.2010 10:14 Uhr
Sehr schön, ist mir bislang völlig entgangen.

Stellt sich nur die Frage: Ist das auch wirklich Israel Schwartz?
Wann entstand das Foto? Wo war es bislang?
Wer ist der Betreiber dieser Webseite? Wie kam er an das Bild?
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: panopticon am 19.11.2010 12:51 Uhr
Hi.

Ich muss zugeben, dass ich mir, nachdem ich auf Shadows Nachfrage erstmals seit langem bezüglich dieses Bildes im Internet gesucht habe, mittlerweile nicht mehr sicher bin, ob das mit dem Foto und Schwartz auch korrekt ist. Sorry dafür! Es stammt wohl aus einem der wenigen an sich wichtigen Bücher zum Thema JtR (´Public Reactions to Jack the Ripper: Letters to the Editor´ von Stephen P. Ryder (Casebook) : http://www.jacktheripper.de/rezensionen/public_reactions_to_jack_the_ripper/ ), das ich nicht besitze, weil es momentan scheinbar nicht erhältlich ist, befindet sich dort auf dem Cover (weiter unten auf http://www.jacktheripper.de/rezensionen) und wurde früher wesentlich öfter im Internet mit Schwartz in Verbindung gebracht, was jetzt aktuell aber nicht mehr der Fall ist. Vielleicht kann ja jemand, der das Buch hat, darüber aufklären, wer das laut dem Buch nun tatsächlich konkret sein soll? Wäre toll!

Lestrade, hast Du Dir diese Website, auf der Du das Foto gefunden hast, auch näher angesehen? Diese Seite ist offensichtlich judenfeindlich! Da versucht man scheinbar (wenn ich das richtig sehe?), Juden generell mit Verbrechen in Verbindung zu bringen, denn was da sonst noch zu lesen ist....widerlich, so wie das wirkt!  Ich habe bei so mancher Recherche aber leider auch schon solche Seiten (u.a. bezüglich Aaron Kosminski) entdeckt - Man muss da trotz allem Recherche-Eifer echt sehr acht geben, wo man landet, es ist ein wirklich sehr sensibles Thema! Man sieht aber, dass einige Wahnsinnige (wie scheinbar auch die Betreiber dieses Links) sogar heute noch versuchen, die ungeklärte Mordserie für Verhetzung gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen zu nutzen... Ich bin mir nicht ganz sicher, ob man den Link zu dem Bild hier stehen lassen sollte....??

Wie dem auch sei: Schwartz wurde von Inspector Abberline jedenfalls in einem Schreiben vom 1. November 1888 mit einer ´strong jewish appearance´ beschrieben, was da nun auch immer tatsächlich an dieser Beschreibung dran sein möge.


Beste Grüße,
panopticon
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Lestrade am 19.11.2010 18:09 Uhr
@panopticon

Habe das Bild über Schwartz heute morgen in aller Eile über Google- Bilder gesucht und nicht weiter achtgegeben.
Ich nehme den Link raus. So etwas machen wir nicht mit.

Zu Schwartz ein andermal mehr, bin in Eile...

Danke für den Hinweis.

Grüße.
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Lestrade am 19.11.2010 18:11 Uhr
Geht garnicht mehr...

Herr Schachner, walten sie ihres Amtes.  ;)

Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Anirahtak am 19.11.2010 23:50 Uhr
Hallo.

[...] Wie dem auch sei: Schwartz wurde von Inspector Abberline jedenfalls in einem Schreiben vom 1. November 1888 mit einer ´strong jewish appearance´ beschrieben, was da nun auch immer tatsächlich an dieser Beschreibung dran sein möge.
Diese "Beschreibung" kommt ja öfter vor, auch von Zeugen und nervt mich dementsprechend. Unter einer "Jewish Appearance" stelle ich mir nämlich Schläfenlocken vor. Davon ist hier wohl nicht auszugehen, womit sich dann die Frage stellt, was man sich im East End des 19. Jhd. unter einer "jüdischen Erscheinung" vorgestellt hat. Ich nehme an, alles, was nicht eindeutig britisch war, schwarze Haare zum Beispiel.

Schöne Grüße
Titel: Re: Das Schwartz-Enigma
Beitrag von: Stordfield am 20.11.2010 00:53 Uhr
Hallo!

Vielleicht bezog sich die jüdische Erscheinung mehr auf die Kleidung.

Gruß Stordfield