jacktheripper.de

Fachliche Themen => Allgemeine Diskussion => Thema gestartet von: Lestrade am 23.04.2013 10:09 Uhr

Titel: Schizophrenie und Gewalt/ Wie beginnt eine Schizophrenie?
Beitrag von: Lestrade am 23.04.2013 10:09 Uhr
Ich möchte heute zwei Seiten vorstellen, die das Thema Schizophrenie und Gewalt auf moderne Art betrachten und somit auch ein ausreichendes Bild über Ripper “Verdächtige“ darlegen, wie wir sie in Aaron Kozminski, David Cohen, Jacob Levy oder Hyam Hyams finden oder vielleicht gar in Montague John Druitt.

Eine Schlussfolgerung dabei lautet:

“Die in der Bevölkerung verbreitete Ansicht über eine erhöhte Neigung seelisch Kranker zu Gewalttaten generell erweist sich also als letztlich zutreffend - entgegen mancher Beteuerungen. Dies gilt insbesondere für Patienten mit einer schizophrenen Erkrankung. Allerdings ist das statistische Risiko insgesamt gering. Es entspricht etwa dem von anderen Risikogruppen in der Allgemein-Bevölkerung, z. B. der Altersgruppe der jungen Männer.“

Prof. Dr. med. Volker Faust:

http://www.psychosoziale-gesundheit.net/psychiatrie/schizophrenie_gewalt.html

http://www.psychosoziale-gesundheit.net/seele/schizo2.html

Wer sich noch weiter informieren möchte schaut hier:

http://www.psychosoziale-gesundheit.net/index.html

Hier noch Buchempfehlungen, den Autor betreffend:

http://www.deutscher-apotheker-verlag.de/person/479/view/person.html

Beste Grüße, Lestrade.

Titel: Re: Schizophrenie und Gewalt/ Wie beginnt eine Schizophrenie?
Beitrag von: Lestrade am 23.04.2013 11:56 Uhr
Anbei noch eine Form der Schizophrenie, die man Aaron Kozminski heutzutage zuordnend. Inwieweit diese Form bei ihm tatsächlich vorhanden war, lässt sich sicherlich schwerlich sagen. Vielleicht ist es auch eine Mischform zwischen paranoider Schizophrenie und der hebephrenen Schizophrenie. Ich möchte mich da (noch) nicht festlegen.

“Bei der hebephrenen Schizophrenie kommen Wahn und Trugwahrnehmungen eher flüchtig vor. Während die Stimmung des Paranoiden misstrauisch, ängstlich und zuweilen feindselig ist, ist sie bei der hebephrenen Form oft unangemessen läppisch, albern, unernst oder flach. Die Kranken fallen durch gedankenloses Umsetzen momentaner Impulse auf. Ihr Denken ist sprunghaft, ihre Haltung dem jeweiligen Umfeld gegenüber oft unpassend. In schweren Fällen wird das Denken zerfahren. Die logische Struktur löst sich soweit auf, dass ein Außenstehender kaum noch verstehen kann, wovon der Kranke spricht.
Während die paranoid-halluzinatorische und die katatone Schizophrenie auch noch später ausbrechen kann und oft schubformig verläuft, beginnt die hebephrene in der Regel schleichend aus der Pubertät heraus und mündet früh in ein schizophrenes Residuum.“
Hier noch ein weitere Link zu dieser speziellen Form:
http://www.navigator-medizin.de/schizophrenie/grundlagenwissen/schizophrenie/hebephrene-schizophrenie.html
“Häufig kommt es bei den Patienten begleitend zu Manierismen (=zweckmäßige Bewegungen werden sonderbar anmutend, unnatürlich-gekünstelt und verschroben ausgeführt) und Grimassieren.“


Er (Ernst Kretschmer 1921) sprach von „Festen, die jene Menschen hinter verschlossenen Fensterläden im Inneren feiern“.

Das ist, was ich in einem anderen (aktuellen) Faden oder auch an anderer Stelle als “freakig“ beschrieb.

In meinen Kinder- und Jugendtagen fuhr täglich ein junger Mann, aus einem Dorf bei uns in der Nähe, in unsere Stadt. Er lief stundenlang durch den Ort, er unterhielt sich dabei ständig mit sich (also eher mit jemand anderen in seiner Vorstellung), es war zusammenhangslos und wirr. Er zog Grimassen und legte merkwürdige Bewegungen an den Tag. Er gehörte zum Stadtbild, wurde nie aggressiv (jedenfalls ist mir nichts bekannt) oder suchte Kontakt zu anderen. Er war aber in der Lage sich zu orientieren, mit dem Bus zu fahren oder sich für Geld zu verpflegen. Seine Körperpflege erschien mir unregelmäßig. Hin- und wieder eine Rasur, wenn der Bart zu lang wurde. Dem Geruch nach zu urteilen, wusch er sich nicht täglich aber hin- und wieder doch. Kam er aus einem unserer Friseurläden, so geschah dies stets mit Glatze, also er ließ sich den Kopf komplett scheren. Möglich auch, dass er zu einem gewissen Teil betreut wurde. Er arbeitete ja auch nicht. Er war kräftig gebaut, keine Schönheit aber auch nicht hässlich. Er wurde stets in Ruhe gelassen. Er erschien auch plötzlich immer irgendwo, genaue Kenntnisse über die Orte oder unserem Ort schienen ihm wichtig gewesen zu sein. Es ist natürlich lange her, aber ich denke, er litt unter dieser angesprochenen Form der Schizophrenie.

Titel: Re: Schizophrenie und Gewalt/ Wie beginnt eine Schizophrenie?
Beitrag von: Lestrade am 23.04.2013 15:33 Uhr
Zu der Behauptung von Sir Robert Anderson, dass “sein Volk“ Jack the Ripper schütze, fand ich hierbei auch folgenden interessanten Sätze:

“Das trifft dann vor allem die Angehörigen, insbesondere die nächsten Verwandten wie Mutter, Vater, Geschwister, aber auch sonstige Bekannte, Freunde, Nachbarn usw. So etwas kann Familien, Wohngemeinschaften, ja ganze Wohnviertel belasten. Man glaubt nicht, wie oft so etwas vorkommen kann, ohne dass darüber groß gesprochen wird.“

Und dies hier, erinnert mich an die Aufzeichnungen über David Cohen:

“Gibt es den tobenden Schizophrenen?
Die Antwort lautet: selbstverständlich. Das ist zwar eher selten, aber nicht von der Hand zu weisen und entspricht im Wesentlichen dem beunruhigenden Erscheinungsbild, das man sich in seinen Befürchtungen als Laie vorstellt:
Drohende Mimik und Körperhaltung, unbändiger Rededrang, ja Schreien, Heulen, Schimpfen, Gestikulieren usw. Ferner stürmische Bewegungsunruhe, Zerreißen der Kleidung und der Bettwäsche, wildes Um-sich-Schlagen, Zertrümmern aller erreichbarer Gegenstände, blindwütige Angriffe auf die Umgebung mit Anspucken, Kratzen, Beißen, Stoßen, Ausreißen der Haare usw.
Gelegentlich kommt es auch zu Entblößungen, ggf. ungehemmter Onanie vor anderen, zu Stuhlgang und Urinieren mitten auf den Fußboden, zu Selbstbeschmutzung mit Stuhl und Urin, zum Beschmieren von Bett, Bettwäsche, Wänden, Fenstern, Türen u.a. Ein unschönes Szenarium.
Wer das in Frage stellt, kennt sich entweder nicht aus oder will es nicht wahrhaben bzw. will beschönigen oder verbergen - nebenbei vergeblich. Das aber ist auch nicht der Sinn der Aufklärung, die ja nicht durch Wegsehen, sondern durch Verständnis die notwendige Toleranz und Hilfe fördern soll.
Solche Eigenschaften pflegen aber besonders dann schwer zu fallen, wenn es sich um einen Erregungszustand, um eine Art aggressive Explosion handelt. So etwas ist aber selten und betrifft meist nur die schwersten Erkrankungsfälle. Die Opfer sind dann vor allem (wenn auch oft "nur" kurzfristig) die nächsten Angehörigen und später besonders die Schwestern, Pfleger und Ärzte in den psychiatrischen Kliniken und Abteilungen.
Dort ergeben dann aber auch entsprechende Untersuchungen, dass rund drei Viertel aller männlichen und mehr als die Hälfte aller weiblichen schizophren Erkrankten, die klinisch behandelt werden mussten, durchaus zu aggressivem Verhalten neigen können: Männer ausgeprägter und folgenschwerer, besonders bei langen Krankheitsverläufen, mit ständiger Wiederaufnahme und nicht zuletzt durch Alkoholmissbrauch und Rauschdrogenkonsum gebahnt. Außerdem nimmt im Gegensatz zu "seelisch gesunden Kriminellen" das erhöhte Gewalttatenrisiko mit zunehmendem Alter bei Schizophrenen nicht ab.“

Titel: Re: Schizophrenie und Gewalt/ Wie beginnt eine Schizophrenie?
Beitrag von: Lestrade am 24.04.2013 15:39 Uhr
Wer sich mehr für das Thema interessiert und davon überzeugt ist, dass Jack the Ripper unter dieser Krankheit litt, der wird auch auf dieser (englischsprachigen Seite) erstklassig informiert:

http://www.schizophrenic.com/articles/schizophrenia/schizophrenic-behavior

Relevant für uns, als daran interessierte Menschen und für die Psychologie des Rippers, sind als erstes die sogenannten psychotischen Schübe, wo der Betroffene für einen unterschiedlich langen Zeitraum den Bezug zur Realität verliert. Unter Umständen nahezu komplett. Im Ripper- Fall erkennen wir einen plötzlichen Beginn einer Serie von Morden, die genauso plötzlich endete. Nehmen wir den Zeitraum der Kanonischen Fünf oder addieren wir noch Martha Tabram hinzu, kommen wir auf 11-14 Wochen als Dauer. Litt Jack the Ripper unter dieser Erkrankung, kann ein solcher Schub, diese Taten ausgelöst haben und das Ende eines solchen, die Taten auch (vorerst) beendet haben.   

“Schizophrenie manifestiert sich bei jedem etwas anders, jeder Mensch ist einzigartig und die Schizophrenie ändert daran nichts. Ungeordnetes Denken kann auch in skurrile Wahl der Kleidung und sonderbaren Verhalten enden.“

An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass es eben auch intelligente und weniger intelligente Schizophrene gibt, es gibt auch extrovertierte und introvertierte Typen darunter. Schizophrene sind genauso vielfältig wie wir “Normalen“.

Die Zeugenaussagen über Ripper- Verdächtige gingen von “schäbig vornehm“ über “anständig aussehend“ bis zu einem Mann in einem “Astrakhan Mantel mit Goldkette“. Dazu passt auch die obige Bemerkung über skurrile Kleiderwahl bei Schizophrenen.
 
Man spricht von 5 Untertypen der Schizophrenie:

1.Paranoide Schizophrenie
2.Disorganisierte Schizophrenie (Hebephrene Schizophrenie)
3.Katatonische Schizophrenie
4.Undifferenzierte Schizophrenie (Mischform aller anderen Untertypen)
5.Residuale Schizophrenie

Manchmal verwendet man auch den Begriff Schizophrenia simplex. Schizophrenie gehört zu den endogenen Psychosen (die auch wieder, manchmal unterschiedlich, unterteilt werden) und somit fallen darunter wieder die Begriffe Psychopath oder Psychotisch. Im Zusammenhang damit, werden auch oft die Begriffe Soziopathie (dissoziale oder antisoziale Persönlichkeitsstörung) oder auch diverse Persönlichkeitsstörungen genannt, wie die Borderline- Erkrankung oder die narzisstische Persönlichkeitsstörung. Da gibt es die verschiedensten Ansichten und Einteilungen, Verbindungen oder gar diverse Zusammengehörigkeiten. Da ist immer Bewegung drin, ein komplexes Miteinander, das verstanden werden möchte. Ich glaube, sicher bin ich mir nicht, dass Profiler John Douglas mal erwähnte, dass der Ripper ein “borderlineähnlicher Typ“ gewesen war. Da ist schon ein großer Unterschied zwischen einem “echten “ Schizophrenen, ob nun paranoid oder hebephren und einem Borderliner, aber der eine kann Anteile des anderen in sich tragen. Es ging dabei darum, sich eine Vorstellung über die Persönlichkeit des Rippers zu machen. Leute, die sich mit derart befassen, müssen sich ja Vorstellungen machen um zu verstehen, was da vor sich geht. Und in diesem Sinne fiel auch die Bemerkung über den Borderliner. Gemeint war damit, dass der Borderline-Typ dem Schizophrenen manchmal (in einer viel kleineren Ausführung) ähnlich sein kann ohne dass er einer ist und somit die ganze Sache für einen Außenstehenden erkennbarer wird. Um es kurz zu machen, der Schizophrene kann sich hinter der Maske eines “Borderliners“ verstecken ohne jedoch wirklich unsichtbar zu werden und erst wenn wir genauer hinschauen, können wir die Maske herunterreißen und dahinter der Schizophrenen erkennen. Darauf wollte Douglas, wenn er es war, hinaus. Vielleicht war es auch Ressler oder Hazelwood.

Wie erkennt man einen Betroffenen, der an Schizophrenie leidet?

Ungeordnetes Denken und Sprechen
Wahnvorstellungen
Halluzinationen
Veränderung der Essen- und Schlafgewohnheiten

Zum hebephrenen (desorganisierten) Schizophrenen:

-Die Sprache erscheint im Inhalt durcheinander. Teilweise entsteht der Eindruck, es werden ihnen ihre Gedanken plötzlich “weggenommen“. Wortsalat.
-Desorganisiertes Verhalten wie, viel zu viel Kleidung übereinander im Hoch- Sommer zu tragen, unangemessenes Verhalten wie öffentliches Ausleben der Sexualität und anderer bizarrer Dinge. Mangelnde Körperhygiene und allgemein ungepflegtes Erscheinungsbild.
-Abgestumpfte oder unangebrachte Äußerungen und Reaktionen, dabei sie zeigen keine Emotionen, haben einen komplett leeren Gesichtsausdruck, sie reden monoton oder lachen bzw. kichern plötzlich, ohne erkennbaren Grund und ihre emotionalen Reaktionen stehen in keinem Kontext zum Geschehen

Ein Verhör scheint mir, für damalige Verhältnisse, kaum vernünftig möglich oder es kam zu solchen Reaktionen wie bei David Cohen, als sich Gewaltbereitschaft zeigte. Ansonsten ist es natürlich schwierig, jemanden zu den Verbrechen zu befragen, der den Bezug zur Realität komplett verloren hat, keinen Gesichtsausdruck zeigt, vollkommen verkehrt und irritieren auf Fragen reagiert, vielleicht lacht oder kichert, auf Drohungen etc. völlig läppische und unspezifische Reaktionen zeigt, monoton redet, wenn er denn mal etwas sagt , dabei aber regelmäßig plötzlich aufhört, weil seine Gedanken von einer Sekunde zur anderen plötzlich weg sind, vielleicht auch zwischen den Sprachen wechselt, der muffelt aber dennoch unrasiert im Sonntagsanzug dasitzt zu dem aber nicht der eine rote und der andere grüne Schuh passen und der vielleicht, während er warten muss, onaniert.

Diese Menschen können glauben, nichts mehr essen zu müssen.
Diese Patienten können unter Manien leiden, welche sie die ganze Nacht wach halten können.


Jack the Ripper war, darauf lassen bestimmte Uhrzeiten seiner Morde schließen, die ganze Nacht unterwegs, denn das was er tun wollte, ließ ihn nicht schlafen. Wahrscheinlich war er die meisten Nächte unterwegs aber besondere Nächten taten es ihm besonders an, Nächte, in denen er nichts zu befürchten hatte, wenn er heimkam. Officer Cox, von der City Police sagte, sein Verdächtiger, den er lange observierte, “hatte die Angewohnheit, spät Spaziergänge außer Haus zu unternehmen“. Auf Deutsch, er war die Nächte regelmäßig auf und schlief nicht.

Hat nun ein solcher Mensch, mit einer solchen schizophrenen Erkrankung zu tun und besitzt zu alledem auch noch Hass auf Frauen, insbesondere Prostituierte und zusätzlich Tötungsabsichten, dann könnten man, nach der Analyse der damaligen Ereignisse, was wir hier ja taten oder noch tun, schlussfolgern, dass der Ripper jemand war, der Personen wie Aaron Kozminski oder David Cohen sehr ähnlich gewesen sein muss oder vielleicht sogar in ihnen zu suchen ist.

Ich möchte an ein Zitat oberhalb dieses Artikels erinnern:

“Schizophrenie manifestiert sich bei jedem etwas anders, jeder Mensch ist einzigartig und die Schizophrenie ändert daran nichts.“

Dann könnte es auch so sein (und es ist so), dass die Schizophrenie nichts an den Hass und Tötungsabsichten beim Täter geändert hatte. Sie waren da. Vielleicht hat diese Erkrankung aber doch dazu geführt, dass er diesen Hass und diese Tötungsabsichten umsetzen konnte, was er unter anderen Umständen gar nicht getan hätte. Aber vielleicht hätte er es doch getan, nur überlegter oder organisierter, mit einem veränderten Modus Operandi, wer weiß… Aber das diese Krankheit da war, ist insofern wichtig, weil sie ja einen Ausdruck hatte, die sich in der Handschrift des Täters und seines MO manifestiert hatte. Und ich denke, dies ist im Ripper Fall auch offensichtlich.

Lestrade.
Titel: Re: Schizophrenie und Gewalt/ Wie beginnt eine Schizophrenie?
Beitrag von: Lestrade am 02.09.2013 09:09 Uhr
Hier noch ein Artikel dazu, der ganz neu im JTRForums zu finden ist:

http://www.jtrforums.com/showthread.php?p=213095#post213095
Titel: Re: Schizophrenie und Gewalt/ Wie beginnt eine Schizophrenie?
Beitrag von: Lestrade am 22.09.2013 14:04 Uhr
Post 56 in jenem Faden empfehle ich:

http://www.jtrforums.com/showthread.php?p=214642#post214642
Titel: Re: Schizophrenie und Gewalt/ Wie beginnt eine Schizophrenie?
Beitrag von: Schwarzblau am 22.09.2013 21:07 Uhr
Ich habe gerade in einem Buch gelesen, dass man aufpassen muss, da es einen großen Unterschied zwischen  Schizophrenie und der schizoiden Persönlichkeitsstörung gibt, letztere wären eher die gewaltätigen. Beides hätte auch nicht viel miteinander zu tun. (Quelle: Nahlah Saimeh – Jeder kann zum Mörder werden: Wahre Fälle einer forensischen Psychiaterin)
Link: http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1618.msg24323/topicseen.html#msg24323

Edit: Ich sehe Bedarf daran, dass diskutiert wird, worüber man überhaupt spricht. (Mir tun Psychologen leid, jeder glaubt zu wissen, worüber geredet wird, wenn über ihr Fachgebiet gesprochen wird.)



    
Schizophrenie

Schizophrenie (von griechisch σχίζειν s’chizein „abspalten“ und φρήν phrēn „Seele, Zwerchfell“) ist eine schwere psychische Erkrankung. Sie ist durch Störungen des Denkens, der Wahrnehmung und der Affektivität gekennzeichnet. Negativsymptome der Schizophrenie sind z. B. Depressionen und Antriebsmangel. Es werden verschiedene Erscheinungsformen unterschieden. Früher wurden die Schizophrenie und die affektive Psychose unter dem Begriff „endogene Psychose“ zusammengefasst.
http://de.wikipedia.org/wiki/Schizophrenie

Schizoide Persönlichkeitsstörung


Die schizoide Persönlichkeitsstörung (griechisch: schizein = abspalten; nicht zu verwechseln mit Schizophrenie oder der schizotypischen Persönlichkeitsstörung) zeichnet sich aus durch einen Rückzug von affektiven, sozialen und anderen Kontakten mit übermäßiger Vorliebe für Phantastereien, einzelgängerisches Verhalten und eine in sich gekehrte Zurückhaltung. Die Betroffenen verfügen nur über ein begrenztes Vermögen, Gefühle auszudrücken und Freude zu zeigen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Schizoide_Pers%C3%B6nlichkeitsst%C3%B6rung

Schizotypische Persönlichkeitsstörung

Die schizotypische Persönlichkeitsstörung oder schizotype Störung (nicht zu verwechseln mit der schizoiden Persönlichkeitsstörung, obwohl beides erst in jüngster Zeit diagnostisch getrennt wurde) zeichnet sich aus durch ein tiefgreifendes Verhaltensdefizit im zwischenmenschlichen bzw. psychosozialen Bereich. Das äußert sich in Verhaltens-Eigentümlichkeiten, mangelnder Fähigkeit zu engen persönlichen Beziehungen und Verzerrungen in Denken und Wahrnehmung. Das Auftreten ist oft schrullig und exzentrisch. Im ICD-10 wird diese Störung den „schizophrenen und wahnhaften Störungen“ (F2x) zugeordnet, im DSM-IV den Persönlichkeitsstörungen, wo sie zusammen mit der schizoiden und der paranoiden Persönlichkeitsstörung dem „schizophrenen Spektrum“ zugeordnet wird. Die Störung ist insgesamt noch wenig erforscht. Es wird von 0,5–3 % Betroffenen in der Bevölkerung ausgegangen. Manche Autoren gehen davon aus, dass diese Störung, vor allem in ihrer hochgradigen Ausprägung, sogar nur 0,05–0,1 % der Bevölkerung ausmacht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Schizotypische_Pers%C3%B6nlichkeitsst%C3%B6rung
Titel: Re: Schizophrenie und Gewalt/ Wie beginnt eine Schizophrenie?
Beitrag von: Lestrade am 23.09.2013 10:19 Uhr
Ich denke, die Begriffe Schizophrenie oder Schizoid erzeugen beim Zuhörer oder Leser normalerweise einen Schrecken. Letztendlich geht es um ABSPALTUNG, DISSOZIATION.

Dies ist zunächst einmal eine FÄHIGKEIT.

Und diese Fähigkeit haben wir alle und wir alle wenden sie an. Da gibt es einmal eine ganz normale Abspaltung bei jedem von uns im Alltag. Andere Gründe können Traumata jeglicher Art sein und sich unterschiedlich stark auswirken. Hängt wiederum von all der anderen Persönlichkeit ab, die wir in uns tragen, welche Typen wir also sonst noch so verbergen. Dies ist stets sehr komplex und sehr individuell zu betrachten. Man kann aus den verschiedensten Bausteinen, unterschiedliche Gebilde bauen.

Die Fragen sollten immer lauten: Wie stark ist diese Abspaltung ausgeprägt und worin liegen die Ursachen dafür und welche anderen Hintergründe spielen dort noch eine Rolle? Danach kommt der Versuch der Einordnung.

Ganz grob kann man formulieren, um eine annähernde Vorstellung zu bekommen:

Der Schizoide ist immer noch er selbst, auch wenn er nicht wirklich Zugang zu seinen Gefühlen hat. Er lebt abgespalten vom Rest der Welt ist sich seiner Identität aber bewusst.

Der Schizophrene ist auch in seiner Identität gespalten. Er weiß nicht wirklich, wer er ist. Er kann Stimmen oder Geräusche hören.

Beide erleben in ihrem Dasein Abspaltungen. Diese Abspaltungen haben eine ernsthaftere Ursache als die Abspaltungen, welche ich in meinem Leben erfahre.

Hier, in diesem Faden, soll es primär nicht um die Abspaltung gehen, die ich beim Zahnarztbesuch oder bei der Ausblendung eines Todesfalles erlebe, es soll nicht um Schizoide Persönlichkeitsstörung gehen, sondern um die sich darstellende abspaltende, dissoziative (schizoide) Persönlichkeit eines Schizophrenen.

Es ist natürlich gut, dass Du diese Begriffe noch einmal angesprochen hast.

Mehr als eine grobe Vorstellung dazu liefern möchte ich jetzt aber auch nicht. Dafür ist das zu komplex und das Interesse daran wohl nicht ganz so Dolle. Man kann aber einiges in den Links in deinen und meinen Posts nachlesen und erfahren.

Wir haben im Ripper Fall Personen wie Aaron Kozminski, Hyam Hyams, Jacob Levy und David Cohen und ich könnte noch weitere nennen, die man, bei aller Vorsicht, zu Menschen mit Schizophrenie zuordnen sollte. Alle lassen sich wohl mit dem Herbst 1888 in Whitechapel in Verbindung bringen, sie waren da. Die auffallendste Gewalt zeigte David Cohen und das noch, bevor das Jahr 1888 zu Ende ging. Zur gleichen Zeit fiel Hyam Hyams auf. Gewaltfantasien oder Taten diesbezüglich zeigten auch Aaron Kozminski und Jacob Levy. Ein gutes Beispiel wäre auch noch Jacob Isenschmid. In dieser Gegend, dem East End, gab es also ein gewisses Potential für das erhöhte Vorhandensein solcher Menschen. Sollte uns nicht verwundern, die Bedingungen dafür waren eben gegeben. Nun werden all diese Männer keine Mörder gewesen sein aber ganz lieb und brav waren sie auch nicht. Schreiten diese erkrankten Personen dann aber zu Mordtaten, spielen Messer und grausame Verstümmelungen eine große Rolle. Und das sehen wir bei den Morden von Jack the Ripper. Die damalige Polizei suchte u.a. nach solcher Art von Täter und zumindest einer aus dieser Gruppe galt als ein Hauptverdächtiger, wenn nicht gar als der Hauptverdächtige schlechthin. Mir ist es wichtig, wenigstens im groben Verständnis darzulegen, dass die Ripper Morde durchaus auf das Werk eines schizophrenen Täters zurückzuführen sind. Es ist mir wichtig darzustellen, dass Schizophrenie und Gewalt durchaus in ihrem speziellen Zusammenhang zu erkennen sind.

Jeder kann zum Mörder werden: Wahre Fälle einer forensischen Psychiaterin

… auch ein Schizophrener.
Titel: Re: Schizophrenie und Gewalt/ Wie beginnt eine Schizophrenie?
Beitrag von: Schwarzblau am 23.09.2013 12:43 Uhr
Ich wollte es nur anmerken, da in dem Buch stand, dass Schizophrene selten Gewalt gegen andere ausüben, eher gegen sich selbst. Aber da habe ich auch noch nicht einmal Halbwissen, da ich mich in letzter Zeit mehr auf die Psychopathie konzentriert habe.
Titel: Re: Schizophrenie und Gewalt/ Wie beginnt eine Schizophrenie?
Beitrag von: Lestrade am 23.09.2013 13:42 Uhr
Das find ich auch sehr schön und prima, denn es ist ja unheimlich wichtig.

Ich kopiere mal aus meinem ersten Post:

“Die in der Bevölkerung verbreitete Ansicht über eine erhöhte Neigung seelisch Kranker zu Gewalttaten generell erweist sich also als letztlich zutreffend - entgegen mancher Beteuerungen. Dies gilt insbesondere für Patienten mit einer schizophrenen Erkrankung. Allerdings ist das statistische Risiko insgesamt gering. Es entspricht etwa dem von anderen Risikogruppen in der Allgemein-Bevölkerung, z. B. der Altersgruppe der jungen Männer.“

Jeff Leahy verweist in den Links auch darauf, dass desorganisierte Schizophrenie (Hebephrene Schizophrenie) weniger Gewalt beinhaltet als die Paranoide Schizophrenie. Und dazu muss man wieder feststellen, dass es eine nicht unerhebliche Anzahl von Mischformen gibt. Dabei verweist er auch auf den Einfluss von Alkohol und ganz besonders auf dessen “Wirkung“ zur Zeit der damaligen Verhältnisse in London besonders des East Ends.

Alle Opfer von Jack the Ripper tranken und verbrachten viel Zeit in Pubs. Es gibt die Schilderungen vom Zeugen Israel Schwartz, der den Angreifer von Liz Stride als angetrunken beschrieb. Am Tatort in der Berner Street gab es den Sozialistenclub und ein paar Meter weiter den Pub, aus dem offensichtlich Pipeman kam. Entlang der Verbindung vom Chapman Tatort bis zum Kelly Tatort waren die Straßen mit Pubs gepflastert. Das gleiche gilt für die Umgebung des Nichols Tatortes als auch für die Umgebung der Verbrechen an E. Smith und Tabram. Ähnliches gilt für den Tatort Eddowes und dem in der Nähe befindlichen Imperial Club.

Nun ist das zunächst für diese Gegend und für London keine Besonderheit. Aber vielleicht wäre der Ripper gar nicht zum Mörder geworden, wenn er nicht an jeder Straßenecke Alkohol bekommen hätte. Ohne Alkohol war er vielleicht überhaupt nicht so aggressiv und erschien eher harmlos. Wenn Angehörige die Wirkung von Alkohol bei ihm kannten, hätten sie dafür gesorgt haben können, dass er eben keinen mehr bekam. Auch eine Möglichkeit, in Kombination mit anderen Maßnahmen, dass die Serie stoppte. Aaron Kozminski z.B. wurde als harmlos beschrieben (was in der Tat aber eben auch nicht ganz so war). Ich würde hier nicht schwören, dass es (er) nach einer Flasche Alk und einem in der Nähe liegenden Messers so harmlos geblieben wäre.  

Gerade die Raserei in der Nacht des DoubleEvents finde ich diesbezüglich besonders spannend. Ich stelle mir einen Täter vor, der in einem Pub sitzt. Es wird Alkohol konsumiert, er nimmt Gespräche war, die Judenfeindlich sind. Da gibt es Schuldzuweisungen, die ihn wütend machen. Er selbst hat eine gestörte Beziehung zu seinem Glauben. Er verlässt die Location und auf dem Weg nach Hause trifft er auf ein Zufallsopfer (Stride). Er versucht sein Glück, denn an erster Stelle stehen, trotz alledem, seine Mord- und Verstümmelungsfantasien. Er hat bereits einige Male gemordet, macht hier aber zu viele Fehler und flüchtet zunächst wieder, um sich dann ein neues Opfer (Eddowes) zu suchen. Bei der weiteren Flucht muss er sich verstecken und fabriziert das Graffito in der Goulston Street, wo er “bestätigt“, dass die Juden nun wirklich nicht ganz schuldlos sind. Vielleicht spielt da sogar etwas Häme mit und verrät sogar etwas ganz wichtiges, nämlich eine Art “Selbstanzeige“.

Für das alles muss ein Täter nicht besonders organisiert sein.

Aber nun wieder näher an das Thema:

Der Jack the Ripper Fall interessiert uns auch deshalb, weil dieser ganze Fall wie eine Art “Einzelstück“ betrachtet wird. So gesehen stimmt das nicht ganz, denn es gibt Beispiele für ähnliche Verbrechen. Aber der Interessierte neigt dazu, den Täter eher in den “Normalen Ausführungen“ zu suchen. Dabei ist es doch eben gerade diese Einzigartigkeit, die uns nach jemanden suchen lassen sollte, der nicht so “0815-mäßig“ in jene Kategorien passt und dafür wäre eine Gruppe wie z.B. die “weniger“ mordenden Schizophrenen doch viel, viel geeigneter. Wobei wir uns mal fragen sollten, was eigentlich “mehr“ oder “weniger“ dazu bedeuten soll. Wie oben erwähnt gibt es Risikogruppen in der Allgemeinbevölkerung und überall ist Mord möglich.