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Die Opfer => Die Opfer => Kelly, Mary Jane => Thema gestartet von: Maicrit am 04.10.2010 18:18 Uhr

Titel: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Maicrit am 04.10.2010 18:18 Uhr
Mary hatte den Schlüssel zu ihrer Wohnung einige Zeit vor ihrem Tod verloren(mutmaßlich ein paar Wochen),und griff seither durch das kaputte Fenster um hinein zu kommen.
Der Schlüssel kann durchaus von JtR. gefunden worden sein, bei einem seiner wohl sehr häufigen Streifzüge durch das nächtliche East End.
Eine Möglichkeit wäre,daß JtR.den Schlüssel M.Kelly zuordnen konnte(wenn vielleicht auch nicht sofort),der Sache mit dem Schlüssel aber zunächst misstraute und eine Falle vermutete.
Es schien zu einfach aus seiner Sicht:Eine (offenbar ziemlich betrunkene) Frau verliert ihren Schlüssel,wohnt aber in einer Erdgeschoßwohnung,deren Tür sich auch ohne Übung geräuschlos von aussen öffnen liess,und eine zerbrochene Scheibe genau an der "richtigen" Stelle existierte.Eine Erdgeschoßwohnung wäre für Polizei leicht und schnell erreichbar,und es gab nur den einen Zu-und Ausgang der Wohnung,bei etwas Licht konnte man hineinsehen.
Jedenfalls ist JtR. in die Wohnung herein gekommen,demnach standen im beide Zugangsmöglichkeiten zur Verfügung und er wusste das.Als die Leiche entdeckt wurde war die Tür geschlossen.Das Ausmaß der Tat gegen M.Kelly lässt annehmen,daß er das Verbrechen ohnehin in einer Wohnung verüben wollte,schon des zeitlichen Aufwands wegen.
Wenn er den Schlüssel nicht gefunden haben sollte,und trotzdem etwas misstrauisch war,was diese Wohnung anbetraf, muss er die Beobachtung,immer wieder gemacht haben, daß Mary stets durchs Fenster fasste um die Tür zu öffnen.Er brauchte Klarheit darüber das der Schlüssel, auch am 8.11.spätabends nicht wieder aufgetaucht war und das Fenster nicht repariert wurde.
Mary hätte aufgrund des defekten Fensters auch besser gehört wenn sich jemand der Tür nähert.
Um das alles heraus zu finden müsste er sehr oft aus der Nähe beobachtet haben.Aber hätte er überhaupt die Möglichkeit dazu gehabt?
Zumindest nehme ich an das JtR.,Mary Kelly eine längere Zeit lang beobachtet hat,welche Besucher sie hatte,zu welchen Zeiten etc,so auch in der Nacht zum 9.11.1888.JtR.mag an die Möglichkeit gedacht haben,daß Mary zu ihrer Sicherheit Nachts etwas vor die Tür stellt,um ruhiger schlafen zu können.Hat er nachts öfter geprüft ob dem so ist?Wenn ja,dann war er doch nicht etwa in Sorge um ihr Wohl?
Ausserdem war da auch noch Barnett,und der wusste wie die Tür geöffnet werden muss.Was ist wenn der plötzlich auftaucht?
Bis 8.11. waren die Observationen seitens des Yard durch die anhaltende Mordserie personell deutlich erweitert worden,und JtR.hatte Anlass zu erhöhter Wachsamkeit.
Falls JtR.sowohl von dem verlorenen Schlüssel als auch dem kaputten Fenster(und das Türöffnen mittels hineingreifen), keine Ahnung hatte,wie kam er dann auf und in diese Wohnung?
Die Nachbarin Mary Cox hatte zwar gegen Mitternacht,Mary Kelly in Begleitung eines kleinen Mannes in die Wohnung gehen sehen.
Aber genau sie war es auch die mehrmals zwischen Wohnung und Strasse pendelte in dieser Nacht.
JtR.müsste gewartet haben bis Cox in ihre Wohnung geht,oder sich weit genug davon entfernte um unbemerkt in Kellys Wohnung zu kommen.Nebenbei beobachtet haben wann der Besucher der Kelly die Wohnung verlässt.Wie konnte er sicher sein das sie wirklich schläft?Gegen 3 Uhr war es nach Aussage von Cox, dunkel in der Erdgeschosswohnung.Mary schlief und hat JtR.nicht die Tür geöffnet.
Wenn der kleine Herr JtR. gewesen ist:Warum zeigt er sich sorglos anderen Leuten gegenüber,nachts beim Betreten der Wohnung?
Seine Körpergröße kann er nicht kaschieren.







Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Stordfield am 04.10.2010 19:47 Uhr
Hallo Maicrit!

Mary schlief und hat JtR.nicht die Tür geöffnet.

Woher diese Gewißheit? Warum sollte sie ihren späteren Mörder nicht mit auf`s Zimmer genommen haben?

Gruß Stordfield
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Maicrit am 04.10.2010 20:34 Uhr
Hi Stordfield

Mary hatte sich von Barnett die Zeitungsberichte über die Greueltaten des JtR.,vorlesen lassen und hatte Angst allein in ihrer Wohnung zu sein.
Wenn wie gesagt nicht der als klein beschriebene Mann ihr Mörder gewesen war,wird sie sich doch gefragt haben wer so spät unbedingt zu ihr und nicht zu einer anderen Prostituierten will.
Es sei denn sie wäre nochmal nach draussen gegangen,und kehrte mit ihrem Mörder zurück in die Wohnung.
Aber so ist das mit JtR.,es gab keine Situation in der er auf eine bestimmte Weise gehandelt haben muss,weil erzwungen.
Lediglich als er im Zusammenhang mit dem Mord an Stride von L.Diemschutz gestört wurde musste er sich wenigstens verbergen.
Jeder Rekonstruktionsversuch von Abläufen bleibt am Ende eine Möglichkeit,daß ist manchmal frustrierend.

Gruß
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Claudia am 05.10.2010 12:21 Uhr
Öhm, Du hast schon mal bedacht, daß Mary vermutlich ,wie viele andere Prostituierte auch, schlichtweg auf der Strasse nach Freiern gesucht hat?
Was ist daran ungewöhnlich?
Daß  sie ihren letzten Freier mit in ihr Zimmer genommen hat (und eben nicht schlafend überrascht wurde), das erscheint mir nur logisch (es war November).
Alles andere erübrigt sich...

Grüße, Claudia
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Maicrit am 05.10.2010 15:40 Uhr
Hallo

bei den Untersuchungen der Wohnung wurde u.a. festgestellt,daß der Täter die Von Maria Harvey, am Abend des 8.11.mitgebrachte Wäsche fast vollständig verbrannt hat.Vermutlich um die Polizei in die Irre zu führen.Marys Wäsche hingegen lag ordentlich zusammen gefaltet neben ihrem Bett,als ihre Leiche entdeckt wurde war sie nur mit einem Hemd bekleidet.
Ich glaube nicht das der Täter sich wegen irgendwelcher Knitterfalten den Kopf zerbrach,sollte er die Muße gefunden haben die Klamotten zusammen zu legen.
Vermutlich war Mary zu Bett gegangen,nachdem der Gast mit seinem Bierglas verschwand.
JtR.könnte es sich einmal mehr zunutze gemacht haben,daß aufgrund des kaputten Fensters gerätselt wird wie er in die Wohnung hineinkam.
Wie ich bereits am Anfang des Threads unterstrich handelt es sich um eine Möglichkeit,wie der Ablauf der Nacht ausgesehen haben könnte.
Ebenso nicht auszuschliessen ist das Mary, spät noch einmal ihre Wohnung verlassen hat,und sich JtR.unterdessen dort hinein begab,um die Rückkehr von Mary abzuwarten.Indem er sich weit unter dem Bett versteckte.
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Anirahtak am 05.10.2010 23:56 Uhr
Hm, das mit dem Schlüssel ist ja schon merkwürdig.

An sich gehe ich schon davon aus, dass Kelly den Ripper auf der Straße oder in einer Kneipe aufgegabelt hat.

Wenn der Schlüssel vorher verloren gewesen ist und die Tür bei Entdeckung des Mordes abgeschlossen, müsste der Mörder in dessen Besitz gewesen sein, das ist schon recht offenkundig. Oder Kelly hatte den Schlüssel zwischenzeitlich wieder gefunden und der Mörder hat ihn nach (!) dem Mord erstmals (!) an sich genommen.

Meine Vermutung ist/war noch, der Ripper hätte Kelly wegen des eigenen Zimmers "ausgesucht". Andererseits wird er wohl kaum Prostituierte darauf angesprochen haben, ob sie ein eigenes Zimmer haben. Oder er kannte sie (flüchtig) und wusste, dass sie eins hat. Was jetzt vordergründig nix mit dem Schlüssel zu tun hat, aber irgendwie auch dazu gehört. :icon_verwirrt:
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Claudia am 07.10.2010 04:31 Uhr
@Maicrit:

Sorry, aber der Mann mit dem Bier war um einiges vor der Zeit als Hutchinson Kelly noch auf der Straße gesehen hat, sie war also definitiv nochmal draußen und hat sich nicht schlafengelegt...

Und die Theorie mit dem Ripper unter dem Bett? Also ich würde schreien, wenn ein fremder Mann unter meinem Bett auftaucht.. Du nicht? Und so schnell ist man nicht unter nem Bett vorgekrochen, daß das Opfer nicht schreien, vermutlich sogar weglaufen kann. Oder wie will man jemanden daran hindern, wenn man sich da erstmal mühselig rausquälen will und keine Waffe zur Hand hat?
Naja, muss ja nicht jeder Theorien aufstellen, die mir schlüssig erscheinen... :icon_rolleyes:

Grüße, Claudia
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: panopticon am 25.10.2010 04:08 Uhr
Hi.

Dass sich der Täter unter dem Bett versteckte, würde ich auch als eher unwahrscheinlich betrachten – dem frontalen Tatortfoto zufolge war dort gar nicht allzu viel Platz – unter  dem Bett befand sich etwas, das zumindest für mich wie eine Art Blechwanne aussieht – vermutlich (in Kombination mit der Pumpe im Hof und dem Kamin) zum Baden – Als was interpretiert ihr das?

Um mal eine andere Möglichkeit in Betracht zu ziehen: Mary Kelly war doch Barnett zufolge eine Zeit lang in einem Bordell im West End beschäftigt, oder irre ich da? Ich habe mittlerweile einiges über vergleichbare andere damalige Fälle und Prostitution im Allgemeinen gelesen, bei denen Prostituierte ihren Freiern letztlich sogar gestatteten, in ihrem Raum zu nächtigen, gerade in Bordellen. Nicht immer waren es ´klassische´ Freier, hin und wieder lief da scheinbar letztlich gar nichts Sexuelles. Kelly ließ ja scheinbar zumindest auch andere Prostituierte in ihrem Raum schlafen und in der Tatnacht war sie angeblich noch dazu einigermaßen alkoholisiert. Für mich persönlich scheint auch vieles dafür zu sprechen, dass sie in jener Nacht nicht mehr unbedingt vor die Tür wollte (zusammengelegte Kleidung, Aufmachung (´Pyjama´), Möbel in Türnähe, eventuell entfachter Kamin und eventuell nasse Kleidung in dessen Nähe auf einem der Stühle...), andererseits aber auch, dass sie ihrem Mörder ursprünglich als vermeintlichen Freier auf der Straße begegnet ist, bzw dass JtR ursprünglich jeweils als Freier auftrat. Wie hoch ist Eurer Meinung nach die Chance, dass sie ihren späteren Mörder zwar ursprünglich auf der Straße aufgabelte, ihm letztendlich aber - aus möglicher Erfahrung oder Gewohnheit als ehemalige Bordellprostituierte heraus - gestattete, bei ihr zu nächtigen? (Der Schlüssel könnte zudem, wie Anirahtak schon anmerkte, zwischenzeitlich ja tatsächlich wieder aufgetaucht sein, und der Mörder könnte sich seiner auch bemächtigt haben – gerade, wenn er ursprünglich mit Kelly gemeinsam das Zimmer  betrat....)

Was die Überlegung mit einer bewussten Auswahl Kellys aufgrund ihres Zimmers betrifft, finde ich das, was George Hutchinson gehört haben will, auch nicht uninteressant, nämlich, dass der Mann im Astrakhanmantel zu Kelly gesagt haben soll ´You will be alright for what I have told you.´ (Ihr Mörder hat ihr sicher nicht gesagt, was er vorhat  - aber vielleicht etwas anderes, um ihre ´Situierung´ zu eruieren...) Wie seht ihr das? 


Grüße,
panopticon
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Damien am 25.10.2010 13:10 Uhr
Hi zusammen,

also wenn man die Zeugenaussagen über die Nacht von Marys tot einmal in ein Zeitfenster betrachtet, kann es ja eigentlich nur so sein, dass Mary ihren Mörder zwischen 1:30 Uhr und 2 Uhr getoffen hat. Gegen 1:00 Uhr hatte Mary laut der aussage von Mrs. Cox und John Mccarthy noch gesungen. Mrs. Prater sagt aus, dass sie von 1:00-1:20 auf ihren neuen Lebensgefährten gewartet hatte. Bei Mary soll es laut ihrer Aussage im Zimmer still gewesen sein und niemand ging in den Millers Court rein oder raus in dieser Zeit. Die restlichen zehn Minuten war sie bei Mr. Mccarthy im Laden. Also muss Mary -glaubt man Hutchinsons Aussage, ja wie oben bereits erwähnt gegen zwei den Mörder getroffen haben.

Warscheinlich wusste jeder Besucher, den Mary auf ihr Zimmer genommen hatte, das der Schlüssel verloren gegengen ist, wie sonst wäre sie reingekommen, sie muss doch auch durch das Fenster gegriffen haben. Vermutlich stellt man doch auch dann eine Frage als Besucher in etwa: "Wieso öffnest du die Tür durch das Fenster?"
Also ich glaube nicht, das der Mörder im Zimmer gewartet hatte. Mir ist es halt immer noch unschlüssig, wieso Hutchinson so lange vor der Tür gewartet hatte... Aber das gehört ja in einen anderen Threat ;)

LG Alex

Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Maicrit am 25.10.2010 13:37 Uhr
Hallo,


das jeder von M.Kellys verlorenem Schlüssel wusste,halte ich angesichts der Hysterie während der Zeit der Rippermorde für ziemlich unwahrscheinlich.Vor allem in Betracht der Tatsache das dem Mord an Kelly bereits vier bestialische Morde voran gegangen waren.


Gruß
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Damien am 25.10.2010 13:46 Uhr
Sorry,
hätte ich vielleicht besser formulieren sollen :)

Ich meine damit, das nicht "jede Person" dies wusste, sondern nur Personen, die auf das Zimmer mitgenommen wurden.
Sie muss ja die Tür aufgemacht haben durch das Fenster. Von daher war den Besuchern klar, das diese Möglichkeit besteht den Raum zu öffen.

Also ich vermute entweder traf sie gegen 2 Uhr den Mörder -Hutchinson Zeugenaussage, oder jemand wußte wie er in das Zimmer kam.

LG Alex
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Maicrit am 25.10.2010 14:00 Uhr
Hallo,


Mary konnte sich nicht mehr erinnern wann und wo ihr Schlüssel verloren ging.
Ebenso wenig hatte sie eine Erklärung für die kaputte Fensterscheibe,meinte jedoch sie wäre im Verlauf eines Streits zwischen ihr und Barnett zu Bruch gegangen.
Denkbar ist auch das JtR.nach mehr oder weniger langer Suche die Wonhnungstür zum Schlüssel fand,und selbst das Fenster beschädigte.
Weil er sich z.B.mit der Art Türverschluss auskannte(um bei Flucht von hie nach da zu kommen) und damit rechnete das Mary oder auch Barnett auf die Idee kommen,die Tür mangels Geld für eine Reparatur,eben durchs Fenster her öffnen.
Eine Möglichkeit die Tür ohne Schlüssel zu öffnen musste ja weiter existieren!

Gruß
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: KvN am 25.10.2010 20:11 Uhr
Also ich bleibe bei meiner Meinung...MJK wurde von ihrem Mörder im Schlaf überrascht. Und wegen des Schlüssels: Bei der Qualität der damaligen Schlösser war wahrscheinlich jeder zweite Straßenjunge in der Lage mit einem Dietrich die Tür auf- und zuzusperren...

Grüße
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Anirahtak am 25.10.2010 23:01 Uhr
Also ich bleibe bei meiner Meinung...MJK wurde von ihrem Mörder im Schlaf überrascht.
Dann gehst du davon aus, er hat sie vorher schon gekannt? (Zählst du Kelly überhaupt als Ripper-Opfer?)

Zitat
Und wegen des Schlüssels: Bei der Qualität der damaligen Schlösser war wahrscheinlich jeder zweite Straßenjunge in der Lage mit einem Dietrich die Tür auf- und zuzusperren...

Grüße
Gut möglich, aber wurde die Tür nach Entdeckung des Mordes nicht mit einem Beil "geöffnet"?



@ panopticon

Zitat
unter  dem Bett befand sich etwas, das zumindest für mich wie eine Art Blechwanne aussieht – vermutlich (in Kombination mit der Pumpe im Hof und dem Kamin) zum Baden – Als was interpretiert ihr das?
Ja, das könnte eine (Blech)Wanne sein. Auf jeden Fall ein Gefäß.


Zitat
Wie hoch ist Eurer Meinung nach die Chance, dass sie ihren späteren Mörder zwar ursprünglich auf der Straße aufgabelte, ihm letztendlich aber - aus möglicher Erfahrung oder Gewohnheit als ehemalige Bordellprostituierte heraus - gestattete, bei ihr zu nächtigen?
Ich verstehe nicht ganz, was dabei den Unterschied ausmachen würde (hat das mit den zeitlichen Abläufen zu tun?) - bei ihr im Zimmer wäre er ja in beiden Fällen gewesen, ob nun allein für das "Geschäft" an sich oder noch mit anschließender Übernachtung. Oder meinst du, sie hätte Freier sonst nicht mit ins Zimmer genommen, sondern dies wie die anderen Opfer draußen erledigt?

Wenn ich mich recht erinnere, hatte Barnett ausgesagt, sie hätte große Angst vor dem Ripper gehabt. Aber ihr blieb wohl nichts anderes übrig als anschaffen zu gehen, allein schon die Miete wäre ja am folgenden Morgen fällig gewesen. Unter diesem "Sachzwang" genötigt, anschaffen zu gehen, hat sie sich möglicherweise auf Stammkunden konzentriert und sonst versucht, soweit das möglich war, eine noch vorsichtigere Freierauswahl zu treffen als ohnehin - zur Selbstberuhigung, versteht sich, man sieht das Rippertum niemandem an. Sollte Hutchinson die Wahrheit gesprochen haben, so könnte sie sich gedacht haben, ein solch wohlgekleideter Mann würde kein Mörder sein (ich schätze, das deckt sich mit heutigen Vorstellungen: Einem Abgerissenen traut man eher Kriminalität zu als einem im Anzug. Die Bankenkrise außen vor :biggrin:). Und zum Outfit hinzu müsste dieser Freier auch recht wortgewandt und auf eine gewisse Art einnehmend gewesen sein, so dass sie ihn eben unbesorgt mitnahm. Ich bin auch keine große Freundin der Theorie vom Ripper als sabbernden Vollverrückten, der bereits mit einem Bein in der Irrenanstalt stand. Ich denke, er konnte seinen Irrsinn sehr gut überspielen, um ans Ziel desselbigen zu gelangen. Kein klassisch Geisteskranker, sondern ein Psychopath.

Aber ich schweife ab. Jedenfalls könnte sie ihm unter diesen Voraussetzungen auch gestattet haben, bei ihr zu übernachten. Wobei ich, wie gesagt, den Unterschied nicht sehe. Vielleicht kannst du mir das nochmal genauer erläutern?
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: KvN am 26.10.2010 10:53 Uhr
Hallo K.!

2x ein klares Ja! Ich zähle Kelly zu den Ripperopfern, die Übereinstimmungen mit den anderen 3 (jaaaa, ich lasse Stride außen vor!) sind zu ausgeprägt um zufällig zu sein. Einen Nachahmungstäter schließe ich aus, denn es wurde ja keiner der Morde nachgeahmt, wäre ergo unlogisch. Und der Täter war mit den örtlichen Gegebenheiten wohl vertraut, ich glaube daher dass er Kelly schon vorher gekannt hat. Wie so oft sagt das natürlich überhaupt nix aus, jemanden "kennen" ist eben ein Begriff von gewaltiger semantischer Breite.
Meine Vorstellung vom Mord an MJK ist eigentlich ganz simpel: Der Täter wartet bis die Situation ruhig ist, öffnet die Tür (eventuell mit einem Nachschlüssel), flitzt zum Bett, hält Kelly den Mund zu und schneidet ihr den Hals durch. Entsprechende Geschicklichkeit vorausgesetzt (und es gibt genug Indizien um diese Annahme zu legitimieren!) dauert die "vulnerable Phase" des Verbrechens damit kaum 30 sek. Schließen der Türe von innen, Durchführung der Verstümmelungen und Abgang JtR, verschließen der Türe von aussen. Damit verzögert er den Zeitpunkt der Entdeckung ganz bewusst bis zum "dramaturgisch" richtigen Moment, der entsetzliche Anblick soll ja mitten in den Festtag
reinkrachen.         
Und jetzt kommen wir zum nächsten Punkt, dem spektakulären Aufbrechen der Tür. Eigentlich kam das dem Konzept des Rippers ja sehr entgegen, aber man soll keine Verschwörung vermuten wo Inkompetenz als Erklärung reicht. Sehr spekulativ könnte man aber auch annehmen dass JtR den Polizeiapparat gut genug kannte, um ein derartiges Chaos zu antizipieren. Wie auch immer, warum sich die Ermittler aufführten wie die Kreispolizei Hintertupfing ist wahrlich schwer nachvollziehbar...

Grüße   
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Anirahtak am 26.10.2010 22:53 Uhr
Hallo KvN,

das ist ganz interessant - für meine persönlichen Überlegungen wäre es nämlich ganz "passend" wenn er sie gekannt hätte. Damit meine ich auch nicht unbedingt eine enge Bindung, tatsächlich eher flüchtig. Im Prinzip hätte er nicht mehr über sie wissen zu brauchen als wir: Geht anschaffen, wohnt allein in einem eigenen Zimmer und nimmt Freier dorthin mit. Ich meine ja, sie wurde wegen dieses Zimmers zu seinem Opfer. Da ich mir nicht recht vorstellen kann, dass er sich bei Verhandlungen mit Prostituierten explizit nach einem geschlossenen Raum erkundigte (für so unvorsichtig halte ich ihn nicht), denke ich mir, dass er Kelly für sein Vorhaben ausguckte, von der er entsprechendes wusste.

Was nun meine Vorstellung von deiner unterscheidet, ist, dass er unter anderem wegen der "unvollendeten" Tat bei Stride Wert auf einen geschlossenen Raum legte. Womit ich dir Stride als Opfer nicht einreden will, nur der Vollständigkeit halber.

Wegen der Polizei - einerseits war das Handwerk noch recht jung, andererseits frage ich mich auch manchmal... Aber um eine Verschwörung zu vermuten, ist mir das noch nicht genug. Ich glaube, sie konnten es damals wirklich noch nicht besser. Hätte eine Verschwörung überhaupt durch vorgespielte Inkompetenz kaschiert werden müssen? Ich denke nicht.

Schöne Grüße allerseits
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: panopticon am 27.10.2010 05:28 Uhr
Hallo Anirahtak!

Du hast völlig recht: Allzu großen Unterschied macht es letztlich aufgrund der aktuell vorliegenden Fakten und deren Beurteilbarkeit im Endeffekt wohl keinen – ich wollte es primär als weitere Denkmöglichkeit und eben auch im Bezug zu einigen Details und auch zeitbezogen  erwähnen – vielleicht entdeckt ja zum Beispiel mal jemand ein diesbezüglich interessantes Detail (in Text oder Bild). Wie Du und KvN (wenn ich Euch richtig verstehe), sehe ich den ´Ripper´ auch nicht als völlig ´konzeptlosen´ Irren, der einfach dort zuschlug, wo er sich gerade zufälligerweise aufhielt und sich gerade die Möglichkeit zum Morden bot, sondern primär auch als (wie auch immer motivierten) Psychopathen. Die Frage ist aber dann dennoch, wie weit sein mögliches ´Konzept´ ging. Ad hoc würde ich sagen, er hat das Gebiet (´Christ Church´ in diesem konkreten Fall, Whitechapel und Umgebung im Allgemeinen) zwar (warum auch immer) ´ausgewählt´, hätte Kelly aber auch im offenen Hof getötet, wenn er das Risiko einer Entdeckung als dementsprechend gering empfunden hätte. (Ob er allein agierte, ist ja zudem auch noch fraglich.) Eure Idee, dass er das Gebiet zuvor eventuell ´auslotete´ oder (inklusive Opfer und dessen Situierung) ohnedies irgendwie ´kannte´, ist aber, gerade, weil auch ich von keinem völlig spontanen Täter ausgehe, auf gar keinen Fall von der Hand zu weisen! Obwohl  ich eher davon ausgehe, dass Kelly sich ursprünglich zur Bettruhe begab, sehe ich aber ein Problem mit einer Art ´Einbrecher´ – gerade, wenn der Schlüssel fehlte: Prater hat sich ihren Angaben zu Folge ´verbarrikadiert´. Die Polizei ´krachte´ laut Dr. Phillips tatsächlich ins Zimmer, zumal die Tür auch an den Tisch stieß, und auch der zweite Stuhl befand sich dem zweiten Tatortfoto zu folge in Türnähe (und wurde auch schon mal mit einer Axt verwechselt, was hier aber nichts zur Sache tut). Deshalb habe ich mich gefragt, ob es nicht noch eine Möglichkeit gäbe, dass der Täter Kelly ursprünglich auf der Straße (womöglich als Freier) begegnete, sie sich zum Schlafen begab, und der Täter dennoch nicht einbrechen musste. Eine trotz ´Zweisamkeit´ erfolgte ´Verbarrikadierung´ könnte ihm letztlich ja sogar gelegen gekommen sein –  dass das Aufbrechen der Tür durch die Polizei in diesem Fall letztendlich ganz gut zu seinem  ´Konzept´ gepasst haben könnte, sehe ich eigentlich so wie KvN. Die schwierigere Frage ist m. E. nach aber, wie der  Täter nun genau reinkam... (Hoffe, es ist annähernd nachvollziehbar, bin gerade alles andere als ´ausgeschlafen´.)


Beste Grüße,
panopticon
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Lestrade am 27.10.2010 08:02 Uhr
Ich möchte weiterhin auf die Möglichkeit verweisen, das der Täter be Kelly, wie möglicherweise schon bei Nichols und Stride, erneut zu diesen Frau zurückkkehrte. Was auch immer seine Motivationen dafür waren. Die plötzliche, überfallartige Attacke sollte bei der zweiten Begegnung stattgefunden haben. Meiner Meinung nach öffnete Kelly dem Täter einfach die Tür, weil sie wußte, das er es nocheinmal war.

Vielleicht ging sie wirklich von einer Art "Übernachtung" aus und kannte diesen Mann, vielleicht vom Sehen her...
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Maicrit am 28.10.2010 16:07 Uhr
Hallo Lestrade,

interessanter Gedanke,daß JtR.bei einem Folgebesuch zuschlug,Mary und JtR.sich schon gekannt haben.
Da der Ripper den Schlüssel besaß,könnte das dessen Verschwinden erklären,und auch die defekte Fensterscheibe.
Mary als auch Barnett wussten nicht genau wann der Schlüssel abhanden kam,Zitat:"Der Schlüssel ging vor einiger Zeit verloren",Zitat Ende.
Vielleicht dachte MJK nie an die Möglichkeit,daß ein Freier bzw. Besucher den Schlüssel entwendet hatte.
Das JtR.den Schlüssel durch einen Griff durchs Fenster zunächst einmal nur klaute,während Mary schlief,ist eventuell auch in Betracht zu ziehen.
Allerdings würde sich Mary bestimmt daran erinnert haben,daß sie mit ihrem Schlüssel vor dem zu Bett gehen die Tür abgeschlossen hatte.
So ganz sorglos ist Mary hinsichtlich des Schlüssel jedoch nicht gewesen.
Nach entdecken der Leiche wurde die Tür gewaltsam durch die Polizei geöffnet,und die Tür stieß gegen einen Tisch.
Mary machte sich einige Gedanken darüber,daß jemand mittels Griff durchs Fenster die Tür öffnet,eindringt und ihr etwas antun könnte.Dabei dachte sie vermutlich auch manchmal an JtR.


Gruß




Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Lestrade am 28.10.2010 18:28 Uhr
Hallo Maicrit!

Die Zeugin Mrs. Cox erwähnte nicht,  das Kelly erst durch´s Fenster griff, bevor sie in ihr Zimmer eintrat. Sie sah Kelly ja angeblich mit "Blotchy". Ich weiß auch nicht genau, wie so ein Schloß damals funktionierte, ist aber möglich, das man von innen die Türe beliebig auf und zu machen konnte, von außen aber einen Schlüssel brauchte. Keine Ahnung. Haben wir hier schon mal diskutiert, vielleicht findest du es ja noch. Hat man viel Fantasie bei den Zeugenaussagen, dann könnte man zu der Meinung kommen, das der Ripper schon 1-2 Stunden vor der eigentlichen Ermordung, auf Nichols, Stride und Kelly traf. Und letztendlich nur auf den ihm passenden Moment wartete. Möglich, das er mit bestimmten Versprechungen dabei agiert hatte. Ziel war es, Vertrauen bei den Opfern zu erwecken. Im Laufe der Mordserie, sollte sich das aber immer schwieriger gestaltet haben. Mit "kennen" wäre ich vorsichtig. Dies ist ein weites Feld. Die Möglichkeit bestand ja, das man sich mal über den Weg gelaufen war. Und dabei kann jeder verschieden, andere Eindrücke mitnehmen. Sollte sie tatsächlich wieder einen Schlüssel gehabt haben, dann war er auf jedenfall weg. Dann hatte der Mörder die Türe abgeschlossen und den Schlüssel mitgenommen. Werden wir wohl nie erfahren...

Gruß.
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Anirahtak am 29.10.2010 00:22 Uhr
Hallo!

Hallo Anirahtak!

Du hast völlig recht: Allzu großen Unterschied macht es letztlich aufgrund der aktuell vorliegenden Fakten und deren Beurteilbarkeit im Endeffekt wohl keinen – ich wollte es primär als weitere Denkmöglichkeit und eben auch im Bezug zu einigen Details und auch zeitbezogen  erwähnen – vielleicht entdeckt ja zum Beispiel mal jemand ein diesbezüglich interessantes Detail (in Text oder Bild).
Verstehe. Ich fragte mich nur, ob du auf etwas hinaus wolltest, was mir entgangen war. Aber jetzt ist es klar. Es schadet sicher nicht, Abläufe zu rekonstruieren zu versuchen, die zum aktuellen Zeitpunkt noch keinen Unterschied ausmachen.

Zitat
Wie Du und KvN (wenn ich Euch richtig verstehe), sehe ich den ´Ripper´ auch nicht als völlig ´konzeptlosen´ Irren, der einfach dort zuschlug, wo er sich gerade zufälligerweise aufhielt und sich gerade die Möglichkeit zum Morden bot, sondern primär auch als (wie auch immer motivierten) Psychopathen. Die Frage ist aber dann dennoch, wie weit sein mögliches ´Konzept´ ging. Ad hoc würde ich sagen, er hat das Gebiet (´Christ Church´ in diesem konkreten Fall, Whitechapel und Umgebung im Allgemeinen) zwar (warum auch immer) ´ausgewählt´, hätte Kelly aber auch im offenen Hof getötet, wenn er das Risiko einer Entdeckung als dementsprechend gering empfunden hätte.
Das hätte er bestimmt. Meine Vermutung ist halt, dass ihm der Sinn aus Sicherheits- und anderen Gründen nach einem geschlossenen Raum stand. Wie weit ging das Konzept...? Ich schätze, er wird nicht tage- oder wochenlang detaillierte Pläne ausgearbeitet haben, sich aber mindestens vor den Taten überlegt haben, wie er vorgehen wird, also keinesfalls erst währenddessen. Ausnahme bei Eddowes; vielleicht ging er auch schon bei Stride spontan vor, was dann für ihn ja beinahe schiefgegangen wäre, für sie trotz allem. Insofern wäre diese Nacht abweichend von seinem sonstigen, überlegteren Vorgehen abgelaufen, was auch ihm im Nachhinein eingeleuchtet haben könnte und er sich nach einer Möglichkeit in einem geschlossenen Raum umsah. Ich kann nicht beurteilen, ob er die anderen Orte ebenso gründlich im Vorhinein "auslotete", aber ich denke, eher nicht. Da verließ er sich wohl auf die Prostituierte, einen unbemerkten Ort zu finden und auf seine Intuition, ob die Luft rein war.


Zitat
(Ob er allein agierte, ist ja zudem auch noch fraglich.) Eure Idee, dass er das Gebiet zuvor eventuell ´auslotete´ oder (inklusive Opfer und dessen Situierung) ohnedies irgendwie ´kannte´,
Das Wort "kannte" habe ich ja eingebracht. Man kann es aber gerne streichen und durch "er wusste etwas über Kelly" ersetzen, siehe auch oben: Wohnt alleine in einem Raum, geht anschaffen und nimmt Freier dorthin mit. Davon hätte er erfahren können, ohne jemals mit ihr selbst mit ihr gesprochen zu haben. Keinesfalls wollte ich darauf hinaus, der Ripper sei ein näherer Bekannter Kellys gewesen.


Zitat
ist aber, gerade, weil auch ich von keinem völlig spontanen Täter ausgehe, auf gar keinen Fall von der Hand zu weisen! Obwohl  ich eher davon ausgehe, dass Kelly sich ursprünglich zur Bettruhe begab, sehe ich aber ein Problem mit einer Art ´Einbrecher´ – gerade, wenn der Schlüssel fehlte: Prater hat sich ihren Angaben zu Folge ´verbarrikadiert´. Die Polizei ´krachte´ laut Dr. Phillips tatsächlich ins Zimmer, zumal die Tür auch an den Tisch stieß, und auch der zweite Stuhl befand sich dem zweiten Tatortfoto zu folge in Türnähe (und wurde auch schon mal mit einer Axt verwechselt, was hier aber nichts zur Sache tut). Deshalb habe ich mich gefragt, ob es nicht noch eine Möglichkeit gäbe, dass der Täter Kelly ursprünglich auf der Straße (womöglich als Freier) begegnete, sie sich zum Schlafen begab, und der Täter dennoch nicht einbrechen musste. Eine trotz ´Zweisamkeit´ erfolgte ´Verbarrikadierung´ könnte ihm letztlich ja sogar gelegen gekommen sein –  dass das Aufbrechen der Tür durch die Polizei in diesem Fall letztendlich ganz gut zu seinem  ´Konzept´ gepasst haben könnte, sehe ich eigentlich so wie KvN. Die schwierigere Frage ist m. E. nach aber, wie der  Täter nun genau reinkam... (Hoffe, es ist annähernd nachvollziehbar, bin gerade alles andere als ´ausgeschlafen´.)
Tatsächlich bin ich jetzt etwas konfus... Wenn sie sich schlafen legte und er trotzdem nicht einbrechen musste, meinst du, sie legte sich in seinem Beisein schlafen?

Der Raum war sehr klein. Ich weiß nicht, ob man bis zu einem gewissen Maß zwangsläufig an Möbel stieß. Aber vielleicht hat er die Möbel auch extra verrückt, dass es so passieren musste. Nur, worin liegt da sein Vorteil?

Inwiefern das Türaufbrechen in sein Konzept passte, ist mir auch nicht so ganz klar. Er konnte nicht wissen, dass die Polizei die Axtmethode anwenden würde. Sollte er darauf spekuliert haben? Ich denke, das war ihm ziemlich egal.

Schöne Grüße
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: panopticon am 05.11.2010 00:53 Uhr
Hallo Anirahtak!

Tatsächlich bin ich jetzt etwas konfus... Wenn sie sich schlafen legte und er trotzdem nicht einbrechen musste, meinst du, sie legte sich in seinem Beisein schlafen?

Ja, das halte ich zumindest für eine weitere Möglichkeit. Es gibt andere Mordfälle jenseits von JtR, die durchaus mit dem von Mary Jane Kelly vergleichbar sind, wo ähnliches scheinbar tatsächlich geschah: Beispiele:

Die Prostituierte Dora Piernick zum Beispiel (1903), ich habe sie an anderer Stelle schon mal erwähnt (http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1250.msg19088.html#msg19088), hatte der Zeugin  Annie Cohen, einer anderen Prostituierten, zufolge Angst, allein in ihrem Zimmer im Lodging House zu schlafen (Sie hatte angeblich kurzfristig Gold in Höhe von 8 Pfund bei sich und fragte in der Mordnacht auch öffentlich diverse Personen wie den Händler Abraham Cohen, die Restaurantbetreiberin Jane Barber und ihre Schwägerin Sarah vergeblich, ob sie es ihr wechseln könnten – vielleicht hatte sie deshalb Angst?) -  Sie hat anderen Prostituierten, wie u.a. Annie Cohen, aber auch ihrer Schwägerin Sarah daher angeboten, bei ihr zu nächtigen, was Annie Cohen zwar einige Zeit tat, in Dora´s letzter Nacht aber trotz des gemütlichen Kamins, den Dora bewusst als Lockmittel einsetzte, ausschlug. Julian Bartelle, Dora Piernick´s ´Untermieter´ (der Mann im Raum unter ihrem) hörte, wie sich gegen 1h morgens die Tür zu ihrem Zimmer öffnete und irgendjemand den Raum betrat. Er schlief dann ziemlich durch, hörte aber gegen 6h morgens einen entsetzlichen Schrei, mehrere Schmerzenslaute einen lauten, krachenden Ton und zersplitterndes Glas, begab sich rauf und lauschte an der Tür von Dora, vernahm aber ´nur´ Stöhnen, lief vor´s Haus, um zu sehen, ob jemand aus dem Fenster türmte, und nachdem das nicht der Fall war, begab er sich wieder zu Bett. Am nächsten Nachmittag erkundigte sich ein junger Mann nach Dora. Die Frau des Landlord´s, Rosa Pourvoyer, die am Morgen ebenfalls Geräusche vernahm, stellte fest, dass der Schlüssel zu Dora´s Raum nicht da war (wohl ein Hotelartiges Etablissement) und Dora dementsprechend ausgegangen sein müsse – einige Stunden später brach aber schließlich ein Constable die Tür auf: Dora lag mit durchschnittener Kehle auf dem Bett, ihre Klamotten waren säuberlich zusammengelegt – Schlüssel und Mordwaffe fehlten, dafür war ein Fenster offen...

Auch Esther Praager (1908) hat ihren späteren Mörder – scheinbar ein Freier oder eine neue Bekanntschaft - vermutlich mit auf ihr Zimmer genommen und sogar Zeugen in der Unterkunft gegenüber angegeben, dass sie sich nun (also in Begleitung des fremden – und übrigens sehr schweigsamen – Mannes, den sie dabei hatte) schlafen legen werde... Wohl ein fataler Fehler, den Praager (wie Kelly nur mit Unterwäsche bekleidet, als man sie fand) nicht überlebte, aber so scheint es gewesen zu sein.

Ich denke eigentlich, dass es auch bei Mary Jane Kelly im Prinzip nicht viel anders gewesen sein könnte... Keine Beziehungstat, kein Einbrecher, kein Stalker oder Schlüsselfinder, sondern vielleicht nur ein auf der Straße aufgegabelter ´Freier´ oder ´neuer´ Bekannter, der ein bösartiges Ziel verfolgte, bereits mehrere Prostituierte auf dem Gewissen hatte, und letztendlich sogar kürzer blieb, als vom späteren Opfer ursprünglich gedacht...


Der Raum war sehr klein. Ich weiß nicht, ob man bis zu einem gewissen Maß zwangsläufig an Möbel stieß. Aber vielleicht hat er die Möbel auch extra verrückt, dass es so passieren musste. Nur, worin liegt da sein Vorteil?

Inwiefern das Türaufbrechen in sein Konzept passte, ist mir auch nicht so ganz klar. Er konnte nicht wissen, dass die Polizei die Axtmethode anwenden würde. Sollte er darauf spekuliert haben? Ich denke, das war ihm ziemlich egal.

Vorteil war´s nicht unbedingt, aber vielleicht kam es letztlich auch nicht gerade ´ungelegen´ – wir rätseln ja heute noch darüber. Ich denke jedenfalls, dass ein Einbrecher die Tür genauso gegen die Möbel hätte krachen lassen wie die Polizei - und jemand, dem Kelly die Tür öffnete, ihn aber nicht unbedingt hereinlassen wollte, hätte sie wohl an den Möbeln vorbei zum Bett ´manövrieren´ müssen...


Wie auch immer - zum Thema Schlüssel und Miller´s Court generell: Ich habe vorhin ja im Faden über den Miller´s Court u.a. einen Link zum Prozess zum Mordfall Kitty Ronan (1909) im Miller´s Court gepostet. Darin findet sich auch folgende Aussage von DI Wensley: 

Diese Passage im ´Morning Advertiser´: ´Die Türen der Häuser im Hof sind des nächtens nie verschlossen, so, dass jeder eintreten könnte´ ist die einzige Referenz, die ich von der offenen Tür kenne.“

Original, unter  falsch geschriebenem Opfernamen, nämlich ´Kitty Roran´ (sic):
http://www.oldbaileyonline.org/browse.jsp?id=t19090907-name-325&div=t19090907-77#highlight

Man könnte daraus doch möglicherweise u.a. auch ableiten, dass es eventuell auch Sache des jeweiligen Mieters war, selbst für ein Schloss zu sorgen (dann hätte McCarthy (während aller Morde im Miller´s Court Landlord, wenn meine Recherchen stimmen) in der Tat keinen zweiten Schlüssel gehabt und an dem Aufbrechen der Tür war im Grunde gar nichts sonderlich außergewöhnliches),....


Tja, schwierig, das Ganze, und dann eben auch noch die Frage, ob da nun Blut an der Scheibe war, und wem das dann gehörte, das wurde aber auch schon mal in einem anderen Faden diskutiert. (http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1018.0.html)

Ach ja, die anderen Fälle habe ich natürlich nur zum Vergleich erwähnt, nicht weil ich sie mit JtR in Verbindung bringen wollte – das wäre doch recht absurd, obwohl es mancherorts vorkommt.


Beste Grüße,
panopticon
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Anirahtak am 05.11.2010 23:30 Uhr
Hallo panopticon,

vielen Dank für die Links und Hinweise. :)

In der Tat alles sehr schwierig. Ich gehe ebenfalls eher von einem Freier oder sonstwie "Aufgegabelten" aus als von allem anderen genannten (andere Möglichkeiten würde ich trotzdem nicht definitiv ausschließen, aber tendenziell eben einer, den sie selbst mitgebracht hat). Beim Einbrecher vermute ich zuviel Lärm - spätestens, wenn Kelly davon aufgewacht wäre. Wobei für mich auch die Frage im Raum steht, wieviel Krach denn eigentlich gemacht hätte werden müssen, damit wirklich mal jemand nachsehen gegangen wäre...

Und in "Blut an der Scheibe" wird noch die Möglichkeit eines Schnappschlosses eingebracht. Damit hätte sich der Täter ja gar nicht des Schlüssels bemächtigen müssen, ob vor oder nach der Tat.

Prostituierte, die Freier bei sich übernachten ließen - könnten das solche gewesen sein, die selbst keine feste Bleibe hatten und nicht die Dienstleistung zuzüglich des Lodging House für sich danach noch zahlen wollten?

Schöne Grüße
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: kokablue am 03.08.2011 11:14 Uhr
Ich glaube der Tatsache wird zuviel Beachtung geschenkt.

Kelly hat Ihren Mörder schlicht mitgenommen - so wie die anderen auch (eventuell noch später reingelassen).
Das es in diesem Fall auf eine Unterkunft hinauslief - super für den Täter aber reiner Zufall.

Er ist dort nicht eingebrochen oder ähnliches..
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Anirahtak am 05.08.2011 02:07 Uhr
Wenn es denn Zufall war, dann wäre er aber trotzdem von seinem sonstigen Opfer-Schema abgewichen. Gut, dazu müsste man natürlich wissen, ob die Altersstruktur der vorherigen Opfer auch nur Zufall war.
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: kokablue am 05.08.2011 06:58 Uhr
@Anirahtak

Das ist ein Argument.

Ich erkläre mir damit aber immer die wüsten Verstümmelungen in Kellys Gesicht.
Dem Täter passte das jugendliche Gesicht vielleicht wirklich nicht und er hats entsprechend bearbeitet...

Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: OceanTango am 05.08.2011 07:19 Uhr
fragen über fragen.
rein technisch hat keiner recht von uns.
mary jane wußte doch das der täter unterwegs war um seine nächstes/n opfer zu suchen.
warscheinlich hat er ihr geld geboten um in das haus/heim zu kommen.
wie war das rein psychologisch beschützt doch die mutter ihr heim...
also brauchen wir GROSSES vertrauen auf jacks seite.
vielleicht hat er sie geliebt.
wer weiß...
liebe geht irrwege das weiß man doch.
liebe ist auch relativ und macht schmerzen. vielleicht war das der antrieb...
vielleicht kannten sie sich.
nicht auszuschließen.
ich denke frau kelly war nicht dumm auch die verstümmelungen sind frapierend im verhätnis zur mutter kind tötung oder umgekehrt.
täterspezifisch halt.

mal sehen wo es uns hintreibt....

ps.: frau kelly und die blume . welch poetische ausrichtung...  :yahoo:
Titel: Re: Mary Kelly und der verlorene Schlüssel
Beitrag von: Anirahtak am 06.08.2011 08:56 Uhr
@Anirahtak

Das ist ein Argument.

Ich erkläre mir damit aber immer die wüsten Verstümmelungen in Kellys Gesicht.
Dem Täter passte das jugendliche Gesicht vielleicht wirklich nicht und er hats entsprechend bearbeitet...

Das erkläre ich mir immer damit, dass er so lange ungestört war.