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Die Tatverdächtigen => Die Tatverdächtigen => Sickert, Walter => Thema gestartet von: Jack the Whopper am 22.04.2010 15:48 Uhr

Titel: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Jack the Whopper am 22.04.2010 15:48 Uhr
Ahoi!
Also für mich ist Sickert von allen Verdächtigen der Interessanteste. Das möchte ich auch gerne begründen. Vorher möchte ich aber darauf hinweisen, dass ich nicht PCs Buch abfeiern möchte, sondern lediglich ihre Theorie sehr interessant finde. Abgesehen davon, dass PC tatsächlich in erster Linie mit Vermutungen und Theorien um sich schmeißt, hat sie in ihrem Buch viele sehr interessante Aspekte aufgeschrieben, die hier nicht selten von Leuten in der Luft zerissen werden, die sich ihre "Gegenargumente" aus Buchkritiken und Internet-Seiten holen (anstatt das Buch selber zu lesen ) und deshalb wichtige Punkte übersehen. Ich gehe einfach mal auf die einzigen sinnvollen Gegenargumente ein.

-Das PC ledeglich mitochondriale DNA extrahieren konnte hat sie ja selbst geschrieben. Das diese Proben nichts darüber aussagen, ob Sickert die Briefe geschrieben hat oder nicht, hat sie in ihrem Buch selbst anerkannt. Lediglich der Verlag tönt auf dem Buchumschlag mit einem angeblichen DNA-Beweis, im Buch findet sich hingegen ein ganz anderer Beweis für Sickert als Schreiber. Ich zitiere einen Forumbeitrag vom Dezember 08:
Wenn Ihr das Buch gelesen hättet, dann würdet Ihr darauf stoßen, dass sie zum Mindesten EINEN ganz erheblichen Beweis vorbringt, den man einfach nicht wegdisskutieren kann.
Auf Seite 237 der Taschenbuchausgabe findet sich ein höchst brisanter Indizienbeweis.
Es geht um Schreibpapier der Firma Gurney Ivory Laid, die relativ geringe Mengen Papier herstellte.
Das hochwertige Briefpapier wurde von der Firma erst grob vorgeschnitten, in Stöße von 24 Blatt (der damals gängigen Kleinhandelsmenge, so wie heute 80 oder 100 Blatt Standart sind) aufgeteilt, und VON HAND Stoß für Stoß auf das genaue Maß nachgeschnitten.
Dieses Herstellungsverfahren ist wohl unbestritten individuell genug um einzelne Blätter aufgrund der durch die Handarbeiten bedingten Abweichungen einem Stoß zuzurodnen.
Genau dass hat er einschlägige Experte Peter Bower getan. Laut seinem Gutachten konnte er 5 Blätter eindeutig einem bestimmten Stoß zuordnen - zwei Briefe die angeblich von Ripper stammen und drei Briefe Sickerts.

So, ich denke das kann man so stehenlassen (die 5000 Komentare, in denen der sogenannte DNA-Beweis plattgeredet wurde, hätte man sich also schenken können). Ich finde es sensationell, dass man auch nach über 100 Jahren noch einen Schreiber von mehreren „Ripper-Briefe“ ermitteln konnte. Um so erstaunter bin ich, wenn sogar jemand wie Thomas Schachner dazu nicht mehr zu sagen hat als „Sickert wäre als Briefeschreiber überführt worden. na und?!“ Ich als Ripperologe wäre begeistert von solchen Erkenntnissen. Wenn jemand in einem Bekennerschreiben mit der Ermordung namentlich genannter Personen prahlt und damit droht weiterzumachen, dann ist das ein anonymes Geständnis. Auch wenn das nicht die Schuld beweist, ist es doch ein verdammt guter Grund die Person genauer unter die Lupe zu nehmen, erst recht, wenn dieser mit Vorliebe ermordete oder bedrohte Frauen malt.

-Ständig wird hier das Frankreich-Alibi erwähnt. Fakt ist: Sickert war (so seine Mutter) am 6. September in Frankreich und (so Blanche) am 16. September in Frankreich. Die Reise von Frankreich nach England war schon damals ein Katzensprung, Sickert könnte Annie Chapman trotzdem am 08. September ermordet haben. Die Aussage von Sickerts Frau am 21. September, die besagt, dass ihr Mann nun schon seit mehreren Wochen in Frankreich sei, hilft da auch nicht weiter, da Sickert ihr sicher nicht gesagt hätte, dass er zwischendurch nach England zurückkehren würde um eine Frau abzuschlachten, wenn er der Täter gewesen wäre. Die beiden waren in dieser Zeit nicht zusammen, wir wissen also nur, was Sickerts Frau geglaubt hat, mit Sicherheit wissen konnte sie es nicht. Übrigens gibt es Variete-Skizzen von Sickert, die auch von ihm datiert wurden und belegen, dass er 1888 im August, September und Oktober in London war.

-Das Sickert „mindestens einen unehelichen Sohn zeugte“ konnte nie bewiesen werden, auch wenn es sehr wahrscheinlich ist. Natürlich ist PCs Theorie über Sickerts angeblicher Impotenz an den Haaren herbei gezogen, aber egal, ob er am Penis oder am Hinterteil operiert wurde, er wird sicherlich eine oder mehrere Entstellungen im Intimbereich gehabt haben. Was sagt das aus? Nix! Ist aber auch unwichtig, Ob jemand als Täter in Frage kommt, ist ja nicht von einem möglichen Motiv abhängig, es gibt viele berüchtigte Mörder, deren Motiv nie ermittelt werden konnte, obwohl sie als Täter einwandfrei überführt wurden. Trotzdem ist es sehr interessant zu lesen, was PC über die Bedingungen schreibt, unter denen damals operiert wurde. Zweifellos gehen solche traumatischen Erlebnisse an keinem Kind spurlos vorbei. Und eine Entstellung im Intimbereich würde zum Profil des FBI Profil pasen, das über JtR erstellt wurde...

-Dass Sickert erst 1942 starb, lässt sich durchaus mit dem abrupten Ende der Mordserie vereinbaren, zumal es ja keinen Beweis für dieses Ende gibt. Es wäre durchaus möglich, dass der Täter seine Methoden und Vorlieben änderte. Man bedenke, dass auch dem sogenannte Zodiac Killer nur 5 Mordopfer zugerechnet werden, die er zwischen 1968 und 1969 getötet hat. Er selbst hat aber noch bis 1974 zahlreiche Briefe an die Polizei geschickt, in der er mit der Ermordung von 37 Menschen prahlt. Hier hat der Täter nachweislich entweder seine Methoden geändert oder aufgehört zu morden (aber trotzdem weiterhin seine Briefe geschickt). Das zeigt, dass es durchaus nützlich sein könnte etwas weniger engstirnig an die JtR Theorien heranzugehen. Es gibt keinen Beweis dafür, dass der Ripper nur im Herbst 1888 gemordet hat und ausschließlich Frauen in Whitechapel wollte. Vielleicht waren die „Kanonischen Fünf“ (oder andere Frauen im East End) für den Ripper so eine Art „Gesamtkunstwerk“, dass mit Mary Kelly beendet war. Danach könnte er sich neuen „Projekten“ gewidmet haben.

So, da ich kein Klugscheißer bin, lasse ich mich auch gerne eines besseren belehren. Lasst mich wissen, was ihr denkt. In diesem Sinne: CATCH ME IF YOU CAN (HA HA)! 
Yours truly, Jörn

Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Lestrade am 22.04.2010 16:46 Uhr
Ich wollte dieses Buch nicht lesen und jetzt muss ich es wohl...am besten du schickst es mir... :icon_biggrin:

Schräg ist es schon aber ich akzeptiere deine Bemühungen und deinen Eifer.

Vielleicht haben Sickert diese Taten des Rippers einfach nur fasziniert und inspiriert (falls er es nicht selber war).

Und so unbeliebt als Täter ist er ja auch nicht. Viele Experten lehnen ihn ab. Nun, ich bin kein Experte.
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Floh82 am 22.04.2010 16:49 Uhr
Zugegeben ich habe das Buch nicht gelesen und ich habe es auch nicht vor. Die Dame ist mir höchst unsymphatisch (nicht weil sie glaubt Jack the Ripper entlarvt zu haben, sondern einfach wegen eines Fernsehinterviews indem sie mir höchst arrogant vorkam - sowas kann ich gar nicht ab) und von solchen Personen lese ich im Allgeminen eher wenig Bücher ;)

Zu den angesprochenen Dingen:

Das Zitat aus dem Buch kenne ich nicht, halte es aber für sehr interessant. Wenn (Betonung auf wenn) der Sachverhalt tatsächlich so war und ist, dass 100% sicher ist dass dieses Papier einiger Ripper-Briefe identisch ist mit dem Papier einiger Sickert-Briefe, ist das letztendlich tatsächlich einmal etwas handfestes. Ich sehe nur ein Problem: Sickert hat also laut dieser Papierfakten einen Stapel Papier gekauft, der für die Ripper-Briefe und seine privaten Briefe gekauft wurde? Von wem wurde dieser Stapel gekauft? Und wer war die Bezugsquelle? War Sickert der Käufer oder vielleicht eine Kanzlei, eine Arztpraxis,... die das Papier für Kunden auslegte?

Das Frankreich-Argument dass ich auch gerne nutze soll nicht als Alibi verstanden werden (und so verstehe ich es auch nicht). Ich möchte allenfalls zu bedenken geben, dass er in diesem Zeitraum ständig zwischen England und Frankreich hin und her gereist sein muss. Selbst für einen Künstler der sein Atelier nachgewiesenermaßen in London hatte, ist das ein hoher Zeit- und Kostenaufwand. Und neben seinem Atelier das er betrieben bzw. genutzt hat, hat er noch ein paar Frauen abgeschlachtet? Mir kommt das einfach etwas sonderbar vor.

Ob er nun einen Sohn hatte oder nicht ist schlicht und einfach nicht bewiesen und kann daher eigentlich weder von der einen oder anderen Seite als Beweis angebracht werden.

Dass der Ripper unter Umständen anders weitergemordet hat, halte ja auch ich für möglich. Ich gehe zwar erstmal von den kanonischen 5 aus...aber weitere Opfer sind möglich. Sie lassen sich nur leider nicht nachweisen daher können wir keinerlei Hinweise von solchen erhalten.

Danke für die Offenlegung des Zitats, dass ist wie gesagt wirklich sehr interessant. Aber ich bleibe dabei: Für mich ist Sickert kein heißerer Kandidat als andere. Ich schließe ihn für mich sogar aus. Soll aber nicht heißen dass ich mich nicht täuschen könnte.
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Floh82 am 22.04.2010 17:22 Uhr
Noch eine Sache zu den Bildern:

Ich halte Bilder (oder Kunstwerke, je nach Blickwinkel des Betrachters) für ziemlich ungeeignet einen Menschen wegen irgendetwas zu verurteilen was auf den Bildern zu sehen ist. Tote Menschen, Morde,... und andere Widerlichkeiten finden sich nicht nur auf Bildern Sickerts. Andere durchaus bekannte Künstler schufen ebenfalls Bilder die...naja sagen wir mal etwas sonderbar sind. Einer seiner Lehrer Edgar Degas malte ein Bild dass eine Frau auf der Toilette zeigt. Einige Expressionisten malten tote Tiere oder Menschen. Ich glaube nicht dass man daraus schließen kann ein Mensch wäre tatsächlich in irgendeiner Weise gestört.
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Jack the Whopper am 22.04.2010 20:41 Uhr
@Lestrade:
Falls du das Buch wirklich lesen möchtest, bekommst du es bei amazon.de für ca. 70 Cent, haha...
Das Sickert von den Ripper-Morden fasziniert war, ist eine Tatsache. Eine Tatsache, die natürlich immer als Erklärung herhalten muss, wenn Sickert mit dem Ripper in Verbindung gebracht wird. Seine Faszination zeigt sich unter anderem in den Bildern "Jack Ashore" und "Jack the Ripper´s Bedroom" (welches übrigens das Zimmer einer Pension zeigt, in dem Sickert eine Zeit lang gelebt hat)... Ist natürlich möglich, dass er einfach nur ein Spinner war, der die Briefe nur geschrieben hat um sich dem Täter näher zu fühlen (oder so ähnlich).


@Floh82:
Die Frage WER den Papierstapel tatsächlich gekauft hat, finde ich interessnt, ich kann sie dir nicht beantworten. Allerdings halte ich es auch für relativ unwichtig. Sickert war ein sehr eifriger Briefeschreiber, er wird sich sicherlich nicht nur einen Stapel von schlappen 25 Stück besorgt haben, sondern immer mehrere Stapel auf einmal. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich einen halben Stapel gekauft hat, und danach der "wahre" Briefeschreiber ins gleiche Geschäft kam um zufällig die zweite Hälfte des Stapels zu kaufen. Dazu kommt, das diverse Ripper-Briefe mit "Mr. Nemo" + "Mr Nobody" (beides Bühnenpseudonyme Sickerts) unterzeichnet waren und kleine kunstvolle Skizzen enthalten, die durchaus seinem Mal-Stil entsprechen...

Zu den Bildern: Ich stimme dir zu Sonst könnte man PC ja auch unterstellen, dass sie ein brutaler Psycho ist, bloß weil sie entsprechende Romane schreibt. Bei Walter Sickert ist es wohl eher die Gesammtliste der Auffälligkeiten, die mich auch dazu bringt, mir seine Bilder genauer anzusehen...
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: panopticon am 23.04.2010 03:23 Uhr
Hi.

(...) und kleine kunstvolle Skizzen enthalten, die durchaus seinem Mal-Stil entsprechen...

Das interessiert mich jetzt sehr, zumal ich sowohl Sickerts Zeichen- als auch Malstil (ich weiß nicht, was Du konkret meinst?) berufsbedingt sehr gut kenne und mir trotz reichlicher Literatur kein einziger Brief in Zusammenhang mit den damaligen Morden im East End  bekannt ist, der Skizzen enthält, die ich als ´kunstvoll´ bezeichnen, bzw (insofern klarerweise) auch einem Stil von Sickert zuordnen könnte. Weißt Du vielleicht, wo ich Faksimile der von Dir genannten Briefe finde, außer in Cornwells Buch? Ich habe mir nämlich seitdem ich die Dokumentation über ihre ´Theorie´ (oder besser gesagt, der ´Theorie´, die sie sich von Donald McCormick u.a. ´geliehen´ hat) gesehen habe, geschworen, der Frau keinen Cent zukommen zu lassen, und das soll auch so bleiben.

Du hast übrigens das Hauptargument gegen Walter Sickert als Verdächtigen im Fall Jack the Ripper vergessen: Sowohl Patricia Cornwell (als auch McCormick) begründeten ihren ursprünglichen ´Verdacht´ mit Sickerts Gemälden und Skizzen. Cornwells Wissen über Kunst, deren Betrachtung und Kunstgeschichte im Allgemeinen, ist, wie die Doku zeigt, für Experten auf diesem Gebiet haarsträubend (um es höflich zu formulieren), ebenso ihre Praxis, Kuratoren, die sie trotzdem ein wenig an die Materie heranführen wollen, nach einmaliger Kritik an ihren ´Ausführungen´ mittels Schnitttechnik ´kommentarlos´ erscheinen zu lassen. Dass Morde damals für bildende Künstler allgemein und für Sickert aufgrund seines Stils, seiner Ausbildung und seines Interesses ein gutes Motiv darstellten, lässt sich im übrigen rein kunstgeschichtlich begründen. Fakt ist, und darauf wollte ich hinaus, dass es insofern also eigentlich gar keinen Grund gibt, Walter Sickert überhaupt zu verdächtigen. Deshalb ist es auch absolut irrelevant, ob Sickert während der Morde in London war, oder nicht, ebenso, ob er ein Motiv gehabt hätte. Sich damit zu beschäftigen, ob jemand, gegen den eigentlich gar kein profund argumentierbarer Verdacht vorliegt, jemals mit dem Morden angefangen zu haben, in der Lage gewesen wäre, mit dem Morden aufzuhören, ist in meinen Augen absolute Zeitvergeudung.

Was bleibt, ist einzig Dein Argument mit dem Papier, das ich bisher auch nicht kannte. Leider finden sich da wenig Quellen darüber, wie die besagte Firma das Papier tatsächlich herstellte und sortierte. Wenn ich Zeit habe, wende ich mich diesbezüglich gerne an mir bekannte Fachleute auf dem Gebiet, kann aber nicht versprechen, dass sie das Interesse aufbringen, der Sache komplett bis auf den Grund nachzugehen. Cornwells ´Argumentation´ in anderen Bereichen zufolge, könnte ich mir aber sehr gut vorstellen, dass sich eventuell von vornherein eine schlüssige Antwort auf diese Frage finden lässt, denn dass sie auf der Basis ihres ursprünglichen ´Verdachts´ letztendlich tatsächlich jemanden, der ´scherzhafterweise´ Briefe an die Polizei geschickt hat, überführt haben könnte, wäre aufgrund ihres ´Wissens´ ein absoluter Glücksfall – mal sehen. Selbst wenn sich diese Frage hier nicht eindeutig klären lässt, bleibt eben allein nur die eventuelle Möglichkeit (!), dass Sickert damals ´zum Scherz´ Briefe verfasst hat. Verfasser von derartigen Briefen konnten übrigens auch damals schon eruiert werden -  dass Thomas Schachner als Experte auf dem Gebiet ´Jack the Ripper´ deshalb nicht gerade in überschwängliche Euphorie verfällt, wie Du es Dir vielleicht erhofft hast, zeigt, wie objektiv er an diesen Fall herangeht, nämlich sehr.


Best regards,
panopticon
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Lestrade am 23.04.2010 08:41 Uhr
Good Morning!

Falls du das Buch wirklich lesen möchtest, bekommst du es bei amazon.de für ca. 70 Cent, haha...

1,34 + 3 Euro Porto

Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich einen halben Stapel gekauft hat, und danach der "wahre" Briefeschreiber ins gleiche Geschäft kam um zufällig die zweite Hälfte des Stapels zu kaufen.

Dann versuche es doch mal. Oder er teilte mit dem jemanden den Stapel oder er schrieb die Briefe tatsächlich selber. Aber wenn er sie selber schrieb, muss er nicht gleich der Ripper gewesen sein. Viele "Bekennerschreiben" gingen bei der Polizei ein. Die Verfasser können es nicht alle gewesen sein. Wie ist man überhaupt auf Sickert gekommen? Hat jemand seine Bilder geschaut und kam auf die Idee, er könne Jack the Ripper gewesen sein? Haben dann Nachforschungen ergeben das er zu jener Zeit in London war? Und irgendwann kam die Sache mit dem Papier und irgendetwas mit einem DNA Test? Aber dann frage ich mich, hat er nicht schon vorher Bilder gemalt, war er nicht schon vor, während und nach der Serie in London? Und was für ein DNA Test? So etwas wäre doch bestimmt in der ganzen Welt der Ripperforschung ein ganz heiß diskutiertes Thema. Bitte kläre mich auf.

Lestrade.
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: KvN am 23.04.2010 09:24 Uhr
Morgen allseits!

PC et al. haben mit meist dubioser Argumentation - und das nicht nur kunsthistorisch - lediglich aufgezeigt, dass Sickert nicht ausgeschlossen werden kann. So wie ungefähr eine Million anderer Londoner. Mit seriöser Recherche hat das aber schon gar nix zu tun! Spar dir das Geld, Lestrade!

Grüße
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Lestrade am 23.04.2010 09:43 Uhr
Guten Morgen KvN!

Was ich über Cornwall´s Buch las, machte auf mich immer den Eindruck, als wenn jemand einen für sich überzeugenden Verdacht hatte, eine Unmenge Geld dafür aufs Spiel setzte und irgendwann alle "Ergebnisse" so einsetzte, dass sich der hohe Geldeinsatz am Ende doch noch lohnen könnte, obwohl derjenige schon selbst erkannt hatte, das er sich irrte. Quasi zum Schluss der Geschichte einiges so hindrehte, das es einen “Sinn“ ergeben könnte.

Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Jack the Whopper am 23.04.2010 20:41 Uhr
Tach alle zusammen!
@panopticom
"Weißt Du vielleicht, wo ich Faksimile der von Dir genannten Briefe finde, außer in Cornwells Buch? Ich habe mir nämlich seitdem ich die Dokumentation über ihre ´Theorie´ (oder besser gesagt, der ´Theorie´, die sie sich von Donald McCormick u.a. ´geliehen´ hat) gesehen habe, geschworen, der Frau keinen Cent zukommen zu lassen, und das soll auch so bleiben."
 

Sorry, wenn ich einen Scanner hätte, würde ich hier die entsprechenden Zeichnungen hochladen. Leider kann ich nur auf das Buch verweisen. Vielleicht aus der Bücherei ausleihen? Deine Meinung als "Experte" würde mich durchaus interessieren. Es gibt übrigens auch einen Ripper-Brief, der mit einem Tuschpinsel geschrieben wurde und ebenfalls mit Bildern verziert wurde. Noch einen Hinweis auf einen Künstler geben die angeblichen Blutflecken auf manchen Ripper-Briefen, da man inzwischen weiß, dass es sich dabei um Ätzgrund für Radierungen handelt.
Wie lang war denn die TV-Doku? Ich glaube nicht, dass 1 Stunde ausreicht um ein über 400 Seiten dickes Buch "auseinander zu nehmen". Du siehst ja; die Untersuchung des Briefpapiers durch Peter Bower wurde anscheinend ja noch nicht einmal erwähnt! Übrigens ist Peter Bower einer der angesehensten Papierexperte und -historiker der Welt (er wurde auch hinzugezogen, als es um das angebliche Jack the Ripper Tagebuch ging). Ich halte seine Untersuchungsergebnisse deshalb für absolut wasserdicht.
Mir persönlich ist es übrigens relativ egal, wie PC auf Sickert gekommen ist. Fakt ist, dass sie bei ihren Nachforschungen auf einige sehr interessante Details gestoßen ist, das Ergebnis gibt ihr also recht. Und Sickerts Bilder hätten sehr warscheinlich niemanden im Zusammenhang mit JtR interessiert, wenn er nicht selber ständig Andeutungen in diese Richtung gemacht hätte.

@Lestrade
"Aber wenn er sie selber schrieb, muss er nicht gleich der Ripper gewesen sein. Viele "Bekennerschreiben" gingen bei der Polizei ein. Die Verfasser können es nicht alle gewesen sein."
Korrekt! Ich hab auch nie behauptet, das Sickert ganz sicher der Ripper war. Ich hab lediglich gesagt, dass er sicher einige der Briefe geschrieben hat. Diese Meinung vertritt übrigens auch die Sickert-Expertin Anna Gruetzner-Robins. Was den DNA Test angeht: Cornwell hat deinen Lieblings-Ripper-Brief (jaaa, den "Openshaw-Brief") auf DNA Spuren untersucht und hat das Ergebnis mit DNA Spuren auf Briefen Sickerts verglichen. Viel beweisen konnte sie damit nicht. Ich kann dir nur empfehlen das Buch zu lesen. Auch wenn vieles (oder sogar ein Großteil) recht absurd ist, enthält es doch einige Rosinen, die es wert sind herausgepickt zu werden.
@KvN
"PC et al. haben mit meist dubioser Argumentation - und das nicht nur kunsthistorisch - lediglich aufgezeigt, dass Sickert nicht ausgeschlossen werden kann. So wie ungefähr eine Million anderer Londoner. Mit seriöser Recherche hat das aber schon gar nix zu tun! Spar dir das Geld, Lestrade!"
Ich find es voll nett von dir, dass du dich um Lestrades 1,34€ (+3€ Versand) sorgst, aber es ist blödsinnig über ein Buch herzuziehen, dass man nicht gelesen hat. Und da Lestrade ja schon erwachsen ist, wird er sicherlich in der Lage sein, die Spreu vom Weizen zu trennen. Viele der Kritikpunkte an PCs Buch sind völlig gerechtfertigt, aber PC hat auch viele neue Überlegungen einfließen lassen, die es wert sind gelesen zu werden. Warum soll man sich immer mit den Meinungen der sogenannten Experten zufrieden geben? Warum nicht mal über Alternativen nachdenken?
So, schönen Abend noch!
Jörn

Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Lestrade am 23.04.2010 21:22 Uhr
Ich hab lediglich gesagt, dass er sicher einige der Briefe geschrieben hat.

Naja "sicher"? Eine Chance besteht natürlich.

Cornwell hat deinen Lieblings-Ripper-Brief (jaaa, den "Openshaw-Brief") auf DNA Spuren untersucht und hat das Ergebnis mit DNA Spuren auf Briefen Sickerts verglichen. Viel beweisen konnte sie damit nicht.

Endlich werde ich wichtig...

Und da Lestrade ja schon erwachsen ist

Ich hoffe das passiert niemals!

Warum nicht mal über Alternativen nachdenken?

Absolut richtig. Und deswegen widme ich mich gerne, deinen Blick der Dinge, im Falle Sickert. Vielleicht pickst du ja schon die Rosinen für uns heraus.

Ich will dir nichts und schenke dir vollkommene Aufmerksamkeit. Deswegen darfst du gerne die "weniger" spitze Ausdrucksweise verwenden, wie es panopticon, KvN oder Stordfield etc. auch tun. Mal ist ja okay, ich rege mich ja auch mal auf aber ich interessiere mich ja schließlich für dich und deine Ausführungen hier.

Drück dich, Lestrade.   
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Jack the Whopper am 23.04.2010 22:56 Uhr
Lestrade, ich drück dich auch!
Erstmal danke für deine offenen Worte! Was meine spitze Ausdrucksweise angeht, möchte ich mich entschuldigen! Ich wollte niemanden "an´s Bein pinkeln" und hab auch nicht gemerkt, dass das so rüberkommen könnte. Wenn ich z.B. an KnV schreibe, dass ich es lieb finde, dass er sich um deine 1,34€ sorgt, tue ich das nicht aus einem boshaften Sarkasmus heraus, sondern mit einem fröhlichen Grinsen im Gesicht, weil es ganz einfach meinem Humor entspricht so zu schreiben. Das kann der Leser natürlich nicht wissen, also nochmal; TSCHULDIGUNG! Ich hoffe es ist niemand sauer!

OK, sagen wir Sickert hat diese Briefe zu 98% geschrieben (die restlichen 2% stehen für die Möglichkeit, das Severin Klosowski hinter Sickert an der Kasse stand und die zweite Hälfte des Briefpapierstapels gekauft hat, hehe)...

Ich würde euch ja gerne die kompletten Rosinen rauspicken, aber ich denke dafür fehlt mir die Zeit. Ich kann nur empfehlen dem Buch mal eine Chance zu geben und die darin enthaltenden Theorien + Überlegungen (sowie die Mutmaßungen und Spinnereien) mit einem angebrachten Maß an Unterscheidungsvermögen zu betrachten. Auch wenn man von PCs Theorie nichts hält, wird man sicherlich viele interessante Berichte von 1888 finden, die man nirgendwo sonst findet.
Übrigens bin ich auch jederzeit offen für eure Literaturempfehlungen! Und Lestrade... ich würde immer noch gerne wissen, warum du denkst, dass der Ripper ein besonderes Verhältnis zu Ärzten hatte. Oder hast du das hier im Forum schonmal irgendwo gepostet? Dann schick mir n Link :-)
Also nochmal an alle, die sich bisher an der Diskussion beteiligt haben, lasst mich wissen wenn ich mich im Ton vergreife und belehrt mich ruhig eines Besseren, wenn ich hier Nonsense von mir gebe...
Gute Nacht!
Jörn
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Lestrade am 23.04.2010 23:44 Uhr
...mit einem fröhlichen Grinsen im Gesicht, weil es ganz einfach meinem Humor entspricht so zu schreiben. Das kann der Leser natürlich nicht wissen...

Humor find ich gut Jörn. Vielleicht ist das der Beginn einer wunderbaren Freundschaft...

Sickert und Klosowski an der Kasse?

Zwei Doofe, ein Gedanke? :icon_thumb:

Ich kann nur empfehlen dem Buch mal eine Chance zu geben

Ich werd´s mir schenken lassen. Möchte nämlich nicht riskieren, dass mich KvN und panopticon nicht mehr lieb haben könnten. Falls sie dies überhaupt tun (was ich hoffe)... Außerdem möchte ich gerne zu den coolen Jungs hier gehören. Mit dem Lesen der Sickert- Lektüre werde ich bestimmt für kurze Zeit zu den Uncoolen gehören. Ach egal, mir ist selten was peinlich...

Und Lestrade... ich würde immer noch gerne wissen, warum du denkst, dass der Ripper ein besonderes Verhältnis zu Ärzten hatte.

Du sollst es erfahren. Sehr wankelmütige Theorie von mir. Ich denke, der Ripper ist schon vorher in seinem Leben aufgefallen. Laut den Zeugenaussagen war sein Alter zwischen 28-36 Jahren. Also durchaus möglich, das im Minimum von 28 Jahren, seine "Auffälligkeitslaufbahn" vielleicht (ich betone vielleicht) in gewisser Weise Spuren hinterlassen hatte, die evtl. auch dokumentiert wurden. Ich halte ihn eher für einen assozialen Typen, der in keinster Weise am normalen Leben hatte teilnehmen können (was auch immer normal bedeutet). Übersetzt soll das heißen, da er ja irgendwie überlebt hatte, überleben musste aber nicht ganz ohne Hilfe. Es könnte daher Menschen gegeben haben, die sich um ihn sorgten und kümmerten. Dies sollte aufgrund seines abnormen Charakters nicht ganz einfach gewesen sein. Er könnte daher Ärzten oder Ärzten die sich mit der Psyche oder Geisteskrankheiten befassten, vorgestellt worden sein. Vielleicht auch Zeiten in Anstalten verbracht haben. Möglich auch aufgrund krimineller Delikte. Vielleicht auch Gefängnisstrafen. Bei solchen Menschen sind auch körperliche Defekte zu erwarten und hierbei könnte es auch zu regelmäßigen Kontakten zu Ärzten gekommen sein. Außerhalb seiner Bekannten/ Verwandten muss er deshalb nicht aufgefallen sein. Also was seine Persönlichkeit betraf. Der Polizei könnte er aber bekannt gewesen sein. Bei einem der Hauptverdächtigen wird erwähnt, er habe mal eine Zeit in einem Krankenhaus gearbeitet. Vielleicht wollte er Arzt werden und es hat nicht gereicht. Oder er befaßte sich so sehr mit seinem körperlichen und psychischen Leiden, das dies für ihn einen großen Reiz ausübte, in diesem Bereich tätig zu werden. Vielleicht wußtest du es nicht aber du findest z.B. einen großen Anteil Borderline-Erkrankter Frauen in medizinischen Berufen. Nur mal so als Info.
Dieser erwähnte Verdächtige soll auch wieder zur Zeit der Whitechapel Morde auf freien Fuss gewesen sein. Entlassen aus einer Anstalt. Meine Überlegung plus die erwähnten Behauptungen über einen Tatverdächtigen, brachten mich auf die Idee, der Ripper hatte mit Ärzten/Medizinern zu tun. Das ist alles. Nichts besonderes. Deswegen fand ich den Openshaw Brief interessant. Er hatte etwas vertrauliches für mich, so eine Art Zwiegespräch und warum ausgerechnet Dr. Openshaw? Als wenn diesem Briefeschreiber, Ärzte sozusagen "verstanden" you know? Hoffe du kannst mir folgen...

Ich geh schlafen,

Gute Nacht.
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: panopticon am 24.04.2010 19:52 Uhr
Hallo.

Und Sickerts Bilder hätten sehr warscheinlich niemanden im Zusammenhang mit JtR interessiert, wenn er nicht selber ständig Andeutungen in diese Richtung gemacht hätte.

Ja, Sickerts Werke tauchen heute ja sogar in erster Linie im Zusammenhang mit den Rippermorden auf, und vielleicht wäre er darüber sogar amüsiert gewesen - allerdings ist das, was mit ihnen durch Bücher wie dem von Cornwell gleichzeitig mittransportiert wird, für eine allgemeine Verbesserung der Kompetenzentwicklung im Bereich Kunstbetrachtung nicht gerade förderlich, sondern vielmehr schädlich, selbst wenn man derartige Publikationen endlich in die Abteilung ´Fiction-Roman´ einsortiert.


Es gibt übrigens auch einen Ripper-Brief, der mit einem Tuschpinsel geschrieben wurde und ebenfalls mit Bildern verziert wurde. Noch einen Hinweis auf einen Künstler geben die angeblichen Blutflecken auf manchen Ripper-Briefen, da man inzwischen weiß, dass es sich dabei um Ätzgrund für Radierungen handelt.

Ätzgrund und Tusche allein sprechen nicht zwangsläufig für einen Künstler, denn abgesehen davon, dass auch andere Personen über derartige Utensilien verfügen konnten, muss man im professionellen Bereich der Grafik prinzipiell auch die Unterscheidung zwischen Künstler und Gebrauchsgrafiker treffen – etwas, das Cornwell - zumindest in der Dokumentation - komplett unberücksichtigt ließ. Für sie scheint generell jeder, der in der Lage ist, irgendwie zu ´zeichnen´, gleichzeitig auch ein Künstler zu sein. In Wahrheit unterschieden sich Künstler und Gebrauchsgrafiker, die beide klarerweise durchaus mit Tusche und Druckverfahren arbeiten konnten – gerade in der damaligen Zeit – durch ihre Motivation bzw ihr Interesse, und dadurch auch durch ihren Stil und ihre Technik. Sickert jedenfalls, und das macht diese Unterscheidung sehr wichtig, war eindeutig von vorneherein Künstler, zumal sein Interesse nicht nur dem galt, was auf den ersten Blick das eigentliche Motiv seiner Werke zu sein scheint - und das zeigt sich auch in nahezu allen seinen Skizzen, Radierungen und Gemälden ab den 1880er Jahren. Wer es nicht kennt, und Sickerts eigentlichem künstlerischen Interesse selbst auf die Spur kommen will, kann ja zum Beispiel mal jeweils sowohl ´Little Dot Hetherington at the Bedford Music Hall´ (1889) mit ´Jack the Rippers Bedroom´ (1908)  als auch ´The Gallery of the Old Bedford´ (c.1895) mit ´La Hollandaise´ (c. 1906) trotz der scheinbar unterschiedlichen Motive miteinander vergleichen, und dann überprüfen, ob sich der daraus gezogene Rückschluss auch eindeutig in seinen Zeichnungen und Radierungen, sowie seiner generellen Art zu skizzieren finden lässt. ;)  Natürlich hätte Sickert bei Zeichnungen durchaus auch den Stil eines Gebrauchsgrafikers oder Laien nachahmen können, aber seine ´Herkunft´ wäre aufgrund verschiedenster Aspekte gerade zur damaligen Zeit dennoch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ablesbar geblieben.

Was zudem von Laien wie Cornwell, sehr oft falsch eingeschätzt wird, ist die generelle Motivation von Künstlern, anonym Werke (und jede Zeichnung ist ein Werk) irgendwo durch die Gegend zu schicken. Diese hält sich nämlich prinzipiell eigentlich in Grenzen – es sind vielmehr Amateure, die auf ihr ´Talent´ aufmerksam machen wollen und deshalb so manche Schriftstücke gerne mal mit irgendwelchen ´Zeichnungen´ versehen, selbst wenn sie als anonymer ´Scherz´ gedacht sind. Heute erschaffen Künstler zwar durchaus auch mal Werke, bei denen sie mit anonymen Briefen arbeiten, aber ohne die Entwicklung der Kunst im 20. (!) Jahrhundert wäre dies vom künstlerischen Standpunkt her reichlich uninteressant, und bleibt auch in der letztendlich ausgestellten Arbeit in den meisten Fällen ganz bewusst nicht unaufgeklärt. Wenn man sich außerdem ansieht, in welchen Kreisen Sickert damals bereits verkehrte, findet sich bei ihm absolut kein Grund für derartige Aktionen. Die Chance, dass Sickert - selbst, wenn er tatsächlich ´Ripperbriefe´ geschrieben hätte (!) – diese auch noch mit Zeichnungen ausstattete, geht (es sei denn er hätte sich mit einem Kollegen einen Scherz erlaubt) gegen Null – gleichsam wie auch die Chance, dass Jack the Ripper ein Mann war, der über Kunstverständnis verfügte.


Wie lang war denn die TV-Doku? Ich glaube nicht, dass 1 Stunde ausreicht um ein über 400 Seiten dickes Buch "auseinander zu nehmen".

TV-Dokumentationen und Bücher haben per se unterschiedliche, dem jeweiligen Medium immanente Eigenschaften und können einander sicher nicht ersetzen, das ist klar. Aber gerade audiovisuelle Bewegtbildmedien sind besser dazu geeignet, auf die eigentliche Intention und Vorgehensweise bestimmter Autoren schließen zu lassen, als deren Bücher – und das, was diesbezüglich in dieser Doku transportiert wird, macht Cornwell, wie Floh es bereits treffend beschrieb, unsympathisch – nicht einmal wegen zahlreicher, ebenfalls gezeigter Gegenargumente – die hätte man sich schenken können, denn eigentlich ist ohnedies eine Frau zu sehen, die versucht, dem ungeübten Rezipienten reichlich gegenstandslose Argumente mit sehr zweifelhaften Methoden zu suggerieren, und genau das ist der Punkt. Hätte sie zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich auch nur ein (!) Argument vorbringen können, das hieb und stichfest ist – es hätte sich sicherlich auch mittels des Mediums TV adäquat vermitteln lassen, und wäre es wert gewesen, den Großteil der Zeit zur Beweisführung einzunehmen -  stattdessen stolperte Cornwell selbstbewusst von einem Fettnäpfchen zum nächsten.



Was die Briefe angeht, die Cornwell verwendete: Könntest Du vielleicht jeweils das betreffende Datum hier posten, dann kann man überprüfen, ob man sie nicht vielleicht in einer anderen Publikation daheim hat. Zudem ist das jeweilige Datum (auch von den entsprechenden Sickert-Briefen) auch in Bezug auf das Briefpapier wohl nicht uninteressant. Danke! Für den Fall, dass Du entsprechende Briefe irgendwo im Netz siehst, lass es uns bitte mittels Links wissen. Sofern die Briefe nicht irgendwie rechtlich geschützt sind (!!!), gäbe es bei Möglichkeit noch eine andere Methode der Digitalisierung, der sich vielleicht auch Degas und Sickert heute bedient hätten: Sie griffen nämlich sehr oft und gerne zum Fotoapparat. ;)


Grüße,
panopticon


Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: KvN am 24.04.2010 22:17 Uhr
Hi zusammen!

Nein, Jörn, ein Schmäh hat mich noch nie sauer gemacht, keine Gefahr! Und Lestrade, dir erteile ich a priori die Absolution für die Lektüre, denke für uns wirst du immer zu den coolen Jungs gehören! Ich oute mich: Ich hab das Werk von PC auch überflogen, wirklich gelesen wär z´viel gsagt, meine negative Meinung ist also nicht nur exogen. Aber natürlich bin ich da voll bei Jörn, hier sollte keine virtuelle Bücherverbrennung stattfinden!

Grüße
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Claudia am 25.04.2010 00:04 Uhr
Hi zusammen!

Also, ich kann nur sagen, ich hab dieses Buch auch gelesen und ich persönlich finde es erbärmlich schlecht.
Gut, wenn jemand sich mit solchen "Thesen" auseinandersetzen möchte, für mich ist das Zeitverschwendung. Mir erschien es als der Feldzug einer arroganten und verbohrten Autorin, die sich unbedingt mal an einem realen Kriminalfall versuchen wollte.

Um nur mal einen Punkt herauszugreifen, der hier auch angesprochen wurde: Die Schmierereien unter einigen "Ripperbriefen" (die laut Cornwell auch wirklich sämtlich vom Ripper stammen) hätte auch meine Katze zeichnen können, sorry.
Aber wenn man der Autorin folgt, sehen "einige Kunstexperten" Parallelen zu Sickerts Werken. Namen führt sie wohlweislich nicht auf :icon_rolleyes:

Oder noch ein Beispiel: Ein solcher Brief war mit "Mathematicus" unterschrieben. Kommentar Cornwell: "In diesem Brief stellt der Ripper seine Lateinkenntnisse unter Beweis. Sickert beherrschte Latein und war bekannt für seine mathematische Denkweise".  :icon_thumb:
So geht es das ganze Buch über, es ist kaum auszuhalten.
Ich empfehle für Ripperinteressierte trotzdem die Lektüre, um sich ein eigenes Bild zu machen und aufgrund des nicht zu unterschätzenden Unterhaltungswertes. :icon_mrgreen:

Das soll nun nicht als Angiff auf jene gedacht sein, die dem Buch irgendetwas abgewinnen können, muß ja jeder seine eigene Meinung haben.
Aber es ist auch nicht so, daß die Mehrheit derer, die es verurteilen, es garnicht gelesen hätten...

Grüße, Claudia
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: panopticon am 25.04.2010 01:57 Uhr
Hi.

Die Schmierereien unter einigen "Ripperbriefen" (die laut Cornwell auch wirklich sämtlich vom Ripper stammen) hätte auch meine Katze zeichnen können, sorry.

 :icon_mrgreen: Dann könnte ich diese Briefe ja vielleicht doch kennen, denn zum Beispiel im auf jeden Fall hochinteressanten ´Jack the Ripper: Letters From Hell´ von Evans & Skinner finden sich, zumindest was die ´Zeichnungen´ auf den Briefen betrifft, mit einer einzigen (dennoch aber nicht künstlerischen) Ausnahme, nur derartige Machwerke!

In der Doku hantiert Cornwell übrigens mit dem so genannten ´Pearly King Letter´ (bei Evans & Skinner auf Seite 253) und einem fragwürdigen Gästebuch aus Cornwall, in dem kein einziger Eintrag eindeutig Sickert zuzuordnen ist, vor einem Kurator der Tate Britain herum. Was sie dabei in Bezug auf Sickert eigentlich aussagen will, bleibt letztlich fraglich. Wäre Sickerts Stil aber zu seinen Lebzeiten jemals ernsthaft öffentlich mit einer derartigen Krakelei wie der in dem Brief verglichen worden, hätte vielleicht doch durchaus eine Möglichkeit bestanden, dass er zum Mörder geworden wäre.... ;)


Grüße,
panopticon
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Claudia am 25.04.2010 03:39 Uhr
Hi!

Ja, ich denke, Du kennst die Briefe, klingt jedenfalls so. Im Grunde ist es so, daß diese Kritzeleien eben dem ähneln, was man heutzutage zB in Bahnhofsunterführungen findet.
Man muß schon ein eigenartiger "Kunstexperte" sein, um irgendetwas künstlerisches darin zu sehen.

Das Gästebuch aus Cornwall wird auch im Buch immer wieder herangezogen, auch wenn es nicht sicher Sickert zuzuordnen ist. Aber daran muß man sich bei Cornwell eben gewöhnen. "Möglicherweise", "unter Umständen" und "vermutlich" sind ihre liebsten Formulierungen.
Das führt dann zB auch zu so detaillierten Schilderungen wie der der Behandlung der Fistel, die halt vielleicht so, vielleicht aber auch ganz anders verlaufen ist, nur setzt es die Autorin quasi als gegeben voraus, genauso wie eine Verstümmelung der Geschlechtsorgane oder der Hass auf Frauen (den ich ehrlich gesagt in Sickerts Biographie nicht erkennen konnte).

Gegen Ende des Buches steigert es sich dann bis ins unendlich Lächerliche (wenn ich mich recht erinnere), da zählt die Autorin nämlich zahlreiche (wahllos zusammengewürfelte) Morde auf, die irgendwo irgendwann begangen wurden (unter Umständen von Sickert...) :icon_lol:
Oder eben ihre spezielle "Deutung" seiner Werke, die ich persönlich nicht annähernd so morbide interpretiere. Sie hat da auch einige Beispiele (Zeichnungen) in ihrem Buch, die angeblich Angriffe auf Frauen darstellen, nunja, ich kann mich da nicht anschließen, ein Angriff ist da nicht zu erkennen, teilweise eher das Gegenteil :icon_mrgreen:

Grüße, Claudia

Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: KvN am 25.04.2010 07:16 Uhr
Nur um Cornwell und ihrem Buch nich zu viel Ehre zu erweisen: Der Thread dreht sich ja um Sickert als Täter...Jörn hat ja in seinem eröffnenden Posting eine klar distanzierte Haltung zu CC zu erkennen gegeben.
Möchte mich daher nochmal auf dieses posting beziehen: Die K5 als "Gesamtkunstwerk" zu betrachten halte ich für einen Irrweg, schon allein weil ein Mord niemals ein Kunstwerk sein kann, egal wie man den Begriff "Kunst" auch definieren mag. Künstler reflektieren solche Taten, sie begehen sie nicht, das wäre ein Paradoxon. Der Ripper hielt sich an eine gewisse Dramaturgie, das taten allerdings andere Serienmörder auch. Wir sollten aber nicht zu viel hineininterpretieren, sowas kann durchaus aus sich selbst entstehen, der Täter sucht eben mit dieser Steigerung eine Erhöhung seines Lustgewinnes.

Grüße
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Lestrade am 25.04.2010 11:03 Uhr
Der Thread dreht sich ja um Sickert als Täter...Jörn hat ja in seinem eröffnenden Posting eine klar distanzierte Haltung zu CC zu erkennen gegeben.


Jeder von uns hat eben seine Theorien und Vorstellungen, Ideen und "Spuren" die er verfolgt. Ich finde fast durchgehend alle Postings, die hier erscheinen als lesenswert. Diese Vielfalt macht dieses Forum ja auch sehr interessant. Dabei respektiere ich in erster Linie das Engagement jedes einzelnen hier. Egal welche Dinge er dabei vertritt. Mich interessieren ja auch die Menschen hinter diesen Postings. Und im Falle Jack the Ripper können wir bis in alle Ewigkeit diskutieren und das macht ja auch Spaß...Ein bißchen Reibung dabei kann ja auch förderlich sein, neue Gedankengänge zu entwickeln...

Euch einen schönen Sonntag,

Lestrade.
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Jack the Whopper am 25.04.2010 12:50 Uhr
Ha, langsam macht es Spaß!
@Lestrade
Genau das meinte ich! Mal ein bischen weiterdenken und spekulieren. Solche Gedankenspiele sind doch tausendmal wertvoller als das ewige Wiederholen von „Expertengewäsch“ (sorry an die Experten!) Deine Idee gefällt mir ausgesprochen gut, es wäre ja auch wirklich komisch, wenn jemand so ein Blutbad anrichtet und vorher niemals auffällig wurde. Andererseits hat es viele Serienmörder gegeben, die NIE auffällig wurden und vielleicht eine ganz andere Entwickelung gemacht hätten, WÄREN sie von Ärzten betreut worden. Würde deine Theorie auf deinen Lieblingsverdächtigen zutreffen? Sickert dürfte allerdings ein verschrobenes Verhältnis zu Ärzten gehabt haben. Wer als kleines Kind 3 mal im Intimbereich operiert wurde (ohne Narkose – Patienten wurden damals noch an Händen und Füßen fixiert!), dürfte davon ein Leben lang geprägt gewesen sein. Trotzdem hatte Sickert später nachweislich Kontakt zu Ärzten (allerdings nie wegen seelischer Probleme, obwohl er durchaus eine Persönlichkeitsstörung gehabt haben könnte).
Interessant am Openshaw-Brief finde ich die Verse am Ende des Briefes („Oh have you seen the devle...“). Es handelt sich um eine Anspielung auf ein cornisches Volksmärchen, das wohl kaum ein ungebildeter East-End-Slum-Bewohner gekannt haben dürfte. Auch die mit Absicht eingestreuten Rechtschreibfehler (man beachte, das wirklich schwierige Wörter korrekt geschrieben sind), deuten auf einen gebildeten Schreiber hin...

@panopticon
Man merkt, dass du weißt wovon du sprichst. Darf ich fragen, inwiefern du mit Kunst zu tun hast?
Natürlich ist nicht jeder, der malen / zeichnen kann auch gleich ein Künstler, aber da Sickert ganz offensichtlich diverse Ripper / Nemo Briefe geschrieben hat, werden Hinweise wie der Ätzgrund oder kleine Bilder auf den Briefen nunmal interessant. Warum er seine Briefe hätte mit Bildern verzieren sollen kann ich dir nicht sagen. Das würde meiner Meinung nach nur dann Sinn machen, wenn er der Mörder gewesen wäre. Dann könnte man seine Briefe, seine Zeichnungen, sowie manche seiner späteren Kunstwerke als Teile eines kranken Spiels ansehen, das er spielte, indem er seine Umwelt immer wieder mit kleinen Hinweisen auf sich selbst als Täter versorgte. Man beachte, dass der Täter offensichtlich einen erhöhten Nervenkitzel bevorzugte, denn er beging die Morde (und die darauf folgenden „Operationen“) an öffentlichen Plätzen, er hätte jederzeit erwischt werden können. Ich würde seine „Verziehrungen“ der Briefe also nicht wirklich als „Werbung für sein künstlerisches Können“ betrachten. Das es für seine Kunstwerke auch künstlerische Erklärungen gibt steht außer Frage (das schreibt sogar die „unsympathische“ PC). Aber kann man deshalb ausschließen, dass die Bilder eine „Doppelbedeutung“ haben? Nein, kann man nicht (genausowenig, wie man das Gegenteil beweisen kann).
Warum würdest du auschließen, dass der Täter über Kunstwissen verfügte?
Zu der Untersuchung des Briefpapiers durch Peter Bower zitiere ich direkt aus PCs Buch:
„Zu dem neuen Beweismaterial mit sicheren und warscheinlichen Übereinstimmungen zwischen dem Papier, auf dem die Briefe Sickerts und des Rippers geschrieben wurden, gehören nach den Angaben von Peter Bower:
-zwei Nemo-Briefe, die warscheinlich zu einem Brief passen, den Sickert auf Papier der Marke Joynson Superfine an den Kunsthändler D.C. Thompson schrieb (ca. 1890, Getty Research Institute)
-ein Nemo-Brief, der definitiv mit 2 weiteren Briefen übereinstimmt, die Sickert auf Joynson Superfine an D.C. Thompson schrieb (Getty Research Institute)
-ein Nemo Brief, der definitiv mit einem Brief auf Joynson Superfine übereinstimmt, den Sickert an seinen Freund William Rothenstein schrieb (Harvard)
-eine Variete-Skizze auf Papier mit einem fragmentarischen „Brookleigh Fine“ Wasserzeichen (1888, Walker Art Galery), die warscheinlich zu zwei Ripper-Briefen passt (Public Record Office)
-ein Brief Sickerts mit „Mockton N.B.“-Wasserzeichen (Sickert Archives), der warscheinlich mit einem Ripper-Brief übereinstimmt (Corporation of London Records Office)
-der Brief mit „Gurney Ivory Laid“-Wasserzeichen, den Sickert an eine Miss E. Case schrieb (um 1890, British Library) und der definitiv mit einem Ripper Brief übereinstimmt (Corporation of London Records Office).
Die Rede von „wahrscheinlichen“ Übereinstimmungen ist Gutachter-Jargon. Wie andere Sachverständige, die vor Gericht aussagen, stellt Bower damit lediglich für´s Protokoll fest, dass der eine Befund dem anderen „entspricht“. In Wirklichkeit bedeutet das, dass die Ähnlichkeiten so groß sind, dass die Geshworenen diese „Entsprechungen“ ernst nehmen sollten.“
Hier endet das Zitat. Und hier gibt es beispielsweise den mit dem Tuschpinsel geschriebenen Brief zu sehen, der auch ein paar Bildchen enthält:
http://www.learningcurve.gov.uk/workshops/document7a.pdf
Und der hier (naja, hat etwas Comic-haftes, erfordert aber trotzdem Talent):
http://www.flickr.com/photos/simon_p_white/3046899262/
Ich werde mich mal über Sickerts Kunstwerke (die mir persönlich übrigens ganz gut gefallen) mal ein bischen schlaulesen. Auch ein Lebensbericht aus einer neutralen Quelle wäre mal interessant...

@Claudia
Ich meinte nicht die Karrikatur-artigen Schmierereien, die auch in dem erwähnten Gästebuch zu finden sind (obwohl auch diese von einigen Experten Sickert zugeschrieben werden), sondern durchaus gut gemachte Skizzen(?), die auch in Patsys Buch abgebildet sind! Wenn deine Katze so malen kann, solltest du mit ihr auf Tournee gehen! 
Was an den Mathematicus-Hinweis findest du denn so schlimm? Würde man nur DAS rausgreifen, würde es natürlich lächerlich klingen, wenn man aber hunderte solcher “Kleinigkeiten” zusammenträgt, wiegt das vielleicht schon etwas schwerer! Wenn du dem Buch nichts abgewinnen konntest, ist das natürlich auch OK, jeder kann sich seine eigene Meinung bilden. Allerdings würde mich noch interessieren, was du von Peter Bowers Untersuchungsergebnissen hältst...

@KvN
Danke! Ich habe beim Lesen von PCs Buch auch oft mit dem Kopf geschüttelt, ich würde dieses Buch NIE als “Meisterwerk” weiterempfehlen. Trotzdem gibt es auch viele Ideen, die ich sehr interessant finde. Lestrades “Ärzte-Idee” hat mich ein bischen an PC erinnert, sie hat ebenfalls oft ihre Gedanken in verschiedene Richtungen (die allerdings alle zu Sickert führen / führen sollen) treiben lassen. Aber zum Glück hat Lestrade nicht gleich eine “Cased Closed” Nummer abgezogen wie PC, sondern spekuliert einfach mal ein bischen herum (wie wir alle). Ich möchte auch nochmal betonen, dass ich mir keineswegs sicher bin, dass Sickert der Ripper war (auch wenn er es gewesen sein könnte)! Aber ich bin mir zu 100%, ääääh... sorry Lestrade, ich meinte natürlich 98% sicher, dass er einige der Briefe geschrieben hat!
Natürlich kann man Morde nicht als “Kunstwerke” bezeichnen, da geb ich dir recht. Trotzdem könnte der Ripper nach Mary Kelly gemerkt haben, dass keine wirkliche Steigerung mehr möglich ist und auf andere Arten des Mordens umgestiegen sein, nachdem er die K5 als beendetes Projekt abgeschrieben hat.
Das Künstler solche Taten nur reflektieren, aber nicht begehen, ist eine Verallgemeinerung, die ich so nicht unterschreiben würde, auch wenn das sicherlich häufig zutrifft. Oder könnte man einen des Serien-Mordens Angeklagten gleich freisprechen, nur weil er Künstler ist? Das wohl bekannteste Beispiel eines Künstlers, der wegen bestialischer Morde lebenslang einsitzt ist wohl Charles Manson, auch wenn dieser kein Maler, sondern Musiker war. Aber Kunst ist Kunst, woll?
Leute, es macht Spaß mit euch!
Schönen Sonntag!
Yours Truly
Jörn The Whopper



Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Jack the Whopper am 25.04.2010 16:15 Uhr
Ach ja, eines hatte ich ja noch vergessen:
Zitat
Verfasser von derartigen Briefen konnten übrigens auch damals schon eruiert werden -  dass Thomas Schachner als Experte auf dem Gebiet ´Jack the Ripper´ deshalb nicht gerade in überschwängliche Euphorie verfällt, wie Du es Dir vielleicht erhofft hast, zeigt, wie objektiv er an diesen Fall herangeht, nämlich sehr.
Bei den damals des Briefeschreibens überführten Personen handelte es sich um zwei Frauen und einen Jungen. Hätte man aber jemanden erwischt, der auch tatsächlich als Täter in Frage gekommen wäre, dann hätte man ihn sicherlich tüchtig in die Mangel genommen. Soweit man das heute beurteilen kann, hätte Sickert es getan haben können. Er war nicht nur Künstler, sondern auch Schauspieler. Er war ein Meister der Maskerade und verstand es schon als Kind so gut seine Stimme zu verstellen, dass er damit sogar die Nachbarn täuschte. Und er kannte sich gut im East-End aus! Hätte man also jemanden wie Sickert als Briefeschreiber erwischt, hätte er sicherlich 1-5 Alibis gebraucht.
Das Thomas nicht in Euphorie verfällt stört mich nicht. Trotzdem ist es etwas bemerkenswertes, wenn nach über 100 Jahren erstmals bewiesen werden kann, dass jemand, der auch tatsächlich als möglicher Täter in Frage kommt, solche Briefe geschrieben hat. Das sollte eigendlich jeden interessieren, der sich für JtR interessiert...
Thomas ist natürlich trotzdem eine Kanone auf diesem Gebiet! Wer sein Buch noch nicht gelesen hat, sollte es unbedingt tun...
Mein Lieblingszitat aus dem Kapitel "Neue Verdächtige":
 "Cutbushs Angriffe waren für seine Opfer nicht tödlich. Er attackierte sie zwar wie der Ripper mit einem Messer, stach ihnen aber ins Gesäß."  :-)
LG, Jörn
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: KvN am 25.04.2010 17:59 Uhr
Leute, es macht Spaß mit euch!

Das ist eine Aussage, der ich mich ohne Vorbehalte und zu 100% anschliessen kann!

Grüße
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Lestrade am 25.04.2010 21:44 Uhr
Hi JtW!

Solche Gedankenspiele sind doch tausendmal wertvoller als das ewige Wiederholen von „Expertengewäsch“ (sorry an die Experten!)

Ich würde sagen, sie sind eine gute Ergänzung zu den Ausführungen der Experten. Oft waren es die Erkenntnisse des scheinbaren "einfachen, kleinen Mannes" die mir im Leben weiterhalfen, genauso wie die von den "erfahrenen, intelligenteren" Menschen. Das sollte alles ineinander übergehen.

eine ganz andere Entwickelung gemacht hätten, WÄREN sie von Ärzten betreut worden

Ich zweifle etwas daran. Serientäter vergleiche ich immer mit einem 6er im Lotto. Für Ärzte oder Experten bleibt auch vieles im Verborgenen. Am Ende fallen tausend Dinge ineinander, die solche Menschen zu dem machen was sie dann sind.

Würde deine Theorie auf deinen Lieblingsverdächtigen zutreffen?

Ich denke schon. "Kosminski" weiter zu erforschen, wäre ein wichtige Arbeit. Ob er nun so hieß, sein Name garnicht bekannt war oder er Wjatscheslaw Pryzbryski hieß...

obwohl er durchaus eine Persönlichkeitsstörung gehabt haben könnte

Richtig! Künstler werden oft zu Künstlern weil sie anders sind. Hinter dem Wort "Persönlichkeitsstörung" verbirgt sich aber sehr, sehr viel.

man beachte, das wirklich schwierige Wörter korrekt geschrieben sind

Kenne ich viele Menschen mit. Kann verschiedene Gründe haben.

Ansonsten bedanke ich mich recht herzlich für deine weiteren Ausführungen. Sind sehr bemerkenswert. Nun warte ich auf die Reaktionen der anderen Leser und werde mich selber damit noch auseinandersetzen.

Es grüßt dich Lestrade.
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Lestrade am 25.04.2010 21:48 Uhr
Leute, es macht Spaß mit euch!

Das ist eine Aussage, der ich mich ohne Vorbehalte und zu 100% anschliessen kann!


Ich tue es hiermit auch.

Viele Grüße.
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Lestrade am 25.04.2010 22:01 Uhr
Was ich noch sagen wollte: Bei den Ermittlern damals lief zu viel falsch. Eitelkeiten spielten eine Rolle. Machen wir es besser, dann hätten wir schon viel verändert. Wir können die Zeit nicht zurückdrehen aber durch solches Verhalten, den Opfer unsere Ehre erweisen. Das haben schon einige aber es können nicht genug sein. Mehr will ich garnicht.

Lestrade.
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Lestrade am 26.04.2010 21:49 Uhr
Bevor ich nachlese, was hier heute alles so passiert ist, möchte ich posten, was mir heute aus purer Langeweile bei Fido´s Nathan Kaminsky Recherche aufgefallen ist. Ich fand folgende Liste:

"Nathan","Kaminsky",23,"15 Black Lion Yard","Single","Boot maker","Syphilis", entlassen am "12/05/1888" und ca. sechs Wochen vorher eingeliefert.

Aber da gibt es noch einen weiteren interessanten Eintrag:

"Isaac","Woolfstein",25,"15 Black Lion Yard","Single","Cap maker","Orchitis",entlassen am "17/03/1888".

Zwei Männer aus dem "15 Black Lion Yard", werden nacheinander eingeliefert. Der eine mit einer Hodenentzündung, der andere mit Syphilis. 2 Wochen Pause liegt vermutlich zwischen beiden (Entlassung Woolfstein, Einlieferung Kaminsky).

Sollte man mal erwähnt haben. Wußte das jemand von euch? War ja ordentlich was los unter dieser Hausnummer.

Grüße, Lestrade.
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Claudia am 27.04.2010 23:21 Uhr
Hi Jörn!

Was mich an der Mathematicus-Sache stört ist schlichtweg, daß sie von Cornwell als Indiz präsentiert wird, aber keines ist.
Und insofern muss ich Dir widersprechen: Selbst wenn man hundert oder tausend solcher Dinge zusammenträgt macht es sie nicht aussagekräftiger.
Und wenn man gleichzeitig Dinge, die den "Verdächtigen" wirklich entlasten (wie zB diverse Zeugenaussagen bezüglich des Aussehens) wegwischt ("er könnte sich verkleidet haben"), dann macht man sich unglaubwürdig. Das nur als Beispiel.

Was die Papiergeschichte betrifft: Ich bin da kein Experte, aber offenbar fällt es auch diesen schwer, die Wege nachzuverfolgen, die solches Papier vor über hundert Jahren genommen hat (im Grunde kann man ja nur sagen, ob das Papier selten war, aber nicht, an wen es ausgeliefert wurde und wer dort Zugang dazu hatte). Ich sags mal so: Hätte Sickert routinemässig "Ripperbriefe"geschrieben, dann hätte man mehr und deutlichere Übereinstimmungen gefunden (zumal Cornwell ohnehin jede Kleinigkeit als belastend deutet), ich glaube nicht daran.

Grüße, Claudia
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: panopticon am 28.04.2010 03:09 Uhr
Hallo Jörn!

Man merkt, dass du weißt wovon du sprichst. Darf ich fragen, inwiefern du mit Kunst zu tun hast?

Fern eher weniger. Was ich mit Kunst zu tun habe, umfasst zumindest das Feld, in dem man sowohl Gefahr läuft, von einer amerikanischen Bestsellerromanautorin aufgrund seiner Profession haltlos des Mordes verdächtigt, als auch von einer solchen bezüglich einer Beurteilung der Werke eines Kollegen (aufgrund einer haltlosen Vermutung) belästigt zu werden, oder anders formuliert: Ich bin sowohl im künstlerischen, als auch im künstlerisch-wissenschaftlichen Bereich tätig. Des Weiteren arbeite ich mit (vorwiegend bildender und medialer) Kunst auch hinsichtlich kommunikations-/medienwissenschaftlicher und soziologischer Aspekte.


Aber kann man deshalb ausschließen, dass die Bilder eine „Doppelbedeutung“ haben? Nein, kann man nicht (genausowenig, wie man das Gegenteil beweisen kann).

Da muss ich Dir widersprechen. So pauschal lässt sich das gar nicht sagen. Aus meiner Praxis heraus kann ich Dir mitteilen, dass das sowohl vom jeweiligen Werk und dessen Genese, vom jeweiligen Medium, vom jeweiligen Künstler, seiner Biografie, seinem Interesse, seiner Ausbildung, seinem Stil, seinem Umfeld und seiner künstlerischen Praxis, sowie seinem Gesamtwerk, von seinem historischen und stilistischen Kontext und vom jeweiligen Betrachter, sowie dessen historischen und biografischen Faktoren abhängt. (Um nur einige Beurteilungskriterien zu nennen.) Du wärst aber überrascht, was sich wissenschaftlich im Bereich bildender Kunst so alles ausschließen und beweisen lässt! Was Sickert betrifft, sind einige seiner Werke definitiv auf mehr als nur eine Art lesbar, aber im Vergleich zu anderen sehr begrenzt - sich in seinem Fall alle Optionen diesbezüglich offen zu lassen, wäre mehr als nur übertrieben – dagegen sprechen viel zu viele Faktoren, und das ist auch beweisbar! Für eine Laiin wie Cornwell, für die Bild gleich Bild ist, Kunst gleich Kunst ist, Stil gleich Stil ist, deren Wahrnehmung mehr als nur simpel gestrickt ist, und die keine Ahnung von Kunst und Wissenschaft hat, ist das natürlich fremd – sie operiert auf der Welle von alltagstheoretischen Märchen über Kunst, deren Urheber und Analysten, und tritt diesbezüglich dementsprechend von einem Fettnäpfchen ins nächste, was aber klarerweise auch wieder vom jeweiligen Betrachter abhängt. Ihre ´Theorien´ diesbezüglich zu widerlegen ist, wie zum Beispiel ihre ´Ausführungen´ über Sickerts ´Ennui´(c. 1913) treffend beweisen, extrem simpel – dafür muss man nicht einmal über eine Ausbildung im Bereich bildender Kunst verfügen.


Warum würdest du auschließen, dass der Täter über Kunstwissen verfügte?

Wie ich bereits in einem anderen Thread, angedeutet habe, habe ich während meines Studiums im Bereich Kunstgeschichte eine Arbeit zum Thema ´Die Darstellung von Frauenmorden in der bildenden Kunst´ (das ich übrigens zufällig zugeteilt bekam, und nicht, weil ich mich damals schon seit längerer Zeit mit Jack the Ripper beschäftigte :D ) verfasst und den Werken unterschiedlichster Künstler aus unterschiedlichen Epochen den Fall ´Jack the Ripper´ als ´realen´ Vergleich gegenübergestellt und diesbezüglich analysiert. Das Ergebnis bezüglich des Whitechapelmörders war jedenfalls, dass es aufgrund der Ausführung seiner Morde keinen einzigen Grund gibt, anzunehmen, dass dieser über Kunstverständnis verfügte oder von Kunst in irgendeiner Art ´inspiriert´ worden wäre. Die Hauptbegründungen dafür, sind ikonografischer, künstlerisch-praktischer, kompositorischer und kunstgeschichtlicher Natur. Wie ja bereits erwähnt, trifft das auch auf die mir bekannten Briefe zu, obwohl ich persönlich ohnedies nicht davon ausgehe, dass der Ripper jemals Briefe schrieb.


Ich werde mich mal über Sickerts Kunstwerke (die mir persönlich übrigens ganz gut gefallen) mal ein bischen schlaulesen. Auch ein Lebensbericht aus einer neutralen Quelle wäre mal interessant...

Sehr gute Idee! :icon_thumb: Ich würde aber dazu anraten, auch Bücher über Impressionismus (wenngleich Sickert kein typischer Impressionist war) und Symbolismus (zum Vergleich) zu lesen, sowie Bücher, in denen das Spannungsfeld Malerei-Fotografie zur damaligen Zeit allgemein behandelt wird, um klarer werden zu lassen, warum Mord für bildende Künstler damals generell ein interessantes Thema darstellte (obwohl Mord auch nie wirklich das Thema Sickerts war). Wenn PCs Buch letztendlich dazu geeignet ist, ihre Leser intensiver für das Thema Kunst im Allgemeinen oder Walter Sickert im Speziellen zu interessieren, hat es immerhin wenigstens eine gute Seite, denn je weiter sie sich in diesem Bereich fortbilden, desto haltloser werden ihnen PCs Argumente diesbezüglich mit der Zeit erscheinen.


Das wohl bekannteste Beispiel eines Künstlers, der wegen bestialischer Morde lebenslang einsitzt ist wohl Charles Manson, auch wenn dieser kein Maler, sondern Musiker war. Aber Kunst ist Kunst, woll?

Zwischen Musikern und bildenden Künstlern besteht ein extrem großer Unterschied (mich wundert ein wenig, dass Du Musiker als Künstler bezeichnest, Schauspieler, als Vertreter der darstellenden oder ephemeren Kunst hingegen nicht). Charles Manson als Künstler oder Musiker zu bezeichnen oder mit Personen wie Walter Sickert zu vergleichen, ist mehr als nur gewagt! Nicht jeder, der gerne mal von irgendjemandem als Künstler oder Musiker bezeichnet wird, weil irgendwelche Leute seine ´Werke´ konsumieren, ist auch tatsächlich jemand, der diese Bezeichnung zweifelsfrei verdient, denn hier trifft eine Aussage von Ad Reinhardt (wörtlich übrigens ´Kunst ist Kunst als Kunst, und alles andere ist alles andere.´) auf jeden Fall zu: ´Kunst ist nicht, was nicht Kunst ist.´ Auch KvNs Aussage mit dem Paradoxon ist im Prinzip vollkommen richtig, denn Künstler sind eigentlich generell in der Lage, Morde darzustellen, ohne Morde begehen zu müssen. Was Sickert und Manson aber gemeinsam haben, ist wohl die Tatsache, dass beide niemals mordeten, denn soweit ich informiert bin, hat Manson die Morde seiner ´Family´ diktiert und selbst gar nicht getötet...
Der einzige Bildende Künstler, der mir ad hoc einfällt, der jemals nachweislich jemanden (anderen als sich selbst) umgebracht hat, ist Caravaggio (Totschlag, nicht Mord), dem man posthum übrigens darauf basierend auch noch diverse andere Schauermähren im Stile Cornwells andichtete.


Danke für das Zitat und die Links zu den Abbildungen der Briefe!

Zunächst zum Zitat: Ich sehe mir das näher an, wenn ich Zeit dazu habe. Was ich nach erstmaligem Lesen zumindest festhalten muss, ist, dass die Aussagen, die Cornwell über den Begriff ´wahrscheinlich´ in einem angeblichen ´Gutachter-Jargon´ trifft, zumindest jedem ernstzunehmenden Wissenschafter die Haare zu Berge stehen lässt. Diese Aussagen sind, so wie sie da stehen, unrichtig und bewusst manipulierend - nichts Neues, bei Cornwell (ich würde beantragen, sie aus dem Protokoll streichen zu lassen). Mich täte ja eigentlich interessieren, ob Bower mittlerweile nicht selbst bereut, sich mit ihr eingelassen zu haben. Außerdem würde mich jedenfalls auch der Originalwortlaut seiner Expertise interessieren, und wann er sie überhaupt fertig stellte...

Zu den Abbildungen der Briefe: Die sind mir tatsächlich sogar alle bekannt. Bezüglich der ´Zeichnungen´ ist festzuhalten, dass keine davon auf einen Künstler schließen lässt. Ich würde durchaus so weit gehen, zu sagen, dass es aufgrund bestimmter Merkmale sogar auch ziemlich auszuschließen ist, dass hier jemand ´tiefstapelte´. (Der Urheber des ´Skeletts´ auf dem Brief vom 8. Oktober 1888 hat sich zwar sehr bemüht, die tatsächlichen Proportionen eines Menschen zu erzielen, dennoch ist aus der Zeichnung ersichtlich, dass er diesbezüglich zwar über Wissen, nicht aber unbedingt auch über die nötige Übung verfügte.) Der Brief im zweiten Link ist übrigens die Ausnahme, die ich in meinem vorherigen Posting erwähnt habe. Aufgrund der Strichführung kann es durchaus sein, dass der Urheber irgendwie aus dem Bereich der Gebrauchsgrafik, nicht jedoch aus der damals zeitgemäßen bildenden Kunst stammt. Es gibt übrigens noch eine Ausnahme im Buch von Evans und Skinner, die ich aufgrund ihrer Größe übersehen habe, allerdings wurde in ihrem Fall zu wenig gezeichnet, um adäquat beurteilen zu können, ob der Autor tatsächlich  einen professionelleren Strich setzte, oder ob sein Strich nur zufällig auch als solcher interpretierbar ist. Die ´Nemo´-Briefe hab ich in meiner Bibliothek leider nirgends gefunden, aber vielleicht werfe ich ja mal einen Blick in Cornwells Buch, wenn es irgendwo in einer Bibliothek (hoffentlich unter ´Romane´) herumsteht.

Alles in allem bleibe ich dabei: Es gibt absolut keinen Grund, Walter Sickert überhaupt zu verdächtigen – er ist laut heutiger Sachlage nicht besser als mutmaßlicher Mörder geeignet, als zigtausend andere Londoner der damaligen Zeit auch – was ihm diesbezüglich sogar zu Gute kommt: Sein Interesse für die Morde lässt sich sogar berufsbedingt / kunstgeschichtlich begründen!


lg,
panopticon
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Claudia am 28.04.2010 05:26 Uhr
@panopticon: Ich glaube, Deinen Ausführungen ist nichts hinzuzufügen, sehr beeindruckend :-)
Was Manson betrifft: Du hast absolut recht, er wäre gerne ein bekannter Künstler geworden, hat das aber nie geschafft (vielleicht deshalb auch der Hass auf erfolgreiche Menschen?).
Soweit ich mich erinnere , wurden seine musikalischen Machwerke überall abgelehnt. Was er aber hatte, das war ein gewisses Charisma und die Fähigkeit (labile) Menschen in seinen Bann zu ziehen.

Du bist übrigens richtig informiert, Manson hat nicht getötet, er hat lediglich (angeblich) einige Tatorte nach den Morden aufgesucht, um die Werke seiner Jünger zu begutachten.

Grüße, Claudia


Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Aeneas am 28.04.2010 12:51 Uhr
hat zwar jetzt nicht so viel mit dem Thema direkt zu tun, aber warum sagt ihr das ein Musiker kein Musiker ist, nur weil seine Lieder niemanden gefallen???? oder warum ist ein maler kein Künstler, nur weil niemanden dessen Bilder gefallen????? Wer entscheidet denn wer Künstler ist und wer nicht, ich denke das jeder der sich mit seiner kraft in kunst versucht, auch ein Künstler ist, wie erfolgreich auch immer, aber ein künstler ;)
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Floh82 am 28.04.2010 13:06 Uhr
"Der Begriff Bildende Kunst hat sich seit dem frühen 19. Jahrhundert im deutschen Sprachraum als Sammelbegriff für die visuell gestaltenden Künste eingebürgert. Im Deutschen wird Bildende Kunst – anders als im Französischen (les Beaux-Arts), im Italienischen (le belle arti) oder im Englischen (Fine Arts) – unterschieden von den darstellenden Künsten (Theater, Tanz, Filmkunst) und der Literatur sowie der Musik, wobei es zunehmend Überschneidungen gibt. Während sich Werke der anderen Künste im zeitlichen Ablauf vollziehen, existiert ein Werk der Bildenden Kunst meist als körperlich-räumliches Gebilde, das durch sich selbst wirkt und keinen Interpreten benötigt, um vom Rezipienten wahrgenommen zu werden."
Quelle: Wikipedia

Musik ist ebenfalls wie Literatur keine bildende Kunst....ebenso Schauspielkunst ist keine bildende Kunst, sondern darstellende Kunst.
Ich halte diese Unterscheidung zwar für wissenschaftlichen Dünnschiss, ist aber halt so. Für mich ist ein Musiker, der selbst musiziert, Texte schreibt und komponiert ebenfalls ein Künstler. Ebenso verhält es sich zu einem Schriftsteller.
Die Unterscheidung ist wahrscheinlich wiedereinmal aus einer gewissen Abgrenzungssucht enstanden ("Ich will ja nicht mit so jemandem verglichen werden" etc.)
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Jack the Whopper am 01.05.2010 17:52 Uhr
Ahoi alle zusammen!
@Claudia
Korrekt, der Mathematikus beweist gar nichts. Man muss sich von Cornwell ja auch keine Kuh als Schwein verkaufen lassen. Das das Buch teilweise haarsträubend ist, kann ich auch nur bestätigen. Trotzdem hat sie viele Details in den Briefen entdeckt, die zu Sickert passen würde. Und NEIN, ich stimme dir nicht zu, was die Menge an Kleinigkeiten angeht. Hätte man damals gegen Sickert als möglichen Briefeschreiber ermittelt, hätte man PCs Auflistung sicherlich nicht als Beweis betrachtet, sie aber gewiss auch nicht ignoriert. Und eine Ermittelung gegen Sickert als Täter wäre der nächste Schritt gewesen.
Woher hast du denn die Information, dass Sickert auf Grund von Personenbeschreibungen entlastet wurde? Lediglich der immer wieder erwähnte Schnurrbart hätte nicht zu Sickert gepasst. Die Tatsache, dass er Schauspieler war und sich natürlich hätte verkleiden können, ist aber nicht wirklich von der Hand zu weisen. Wenn man mal das Gedankenspiel wagt, ihn tatsächlich als Täter zu sehen, wäre es schon ziemlich merkwürdig, wenn er solche Möglichkeiten ungenutzt gelassen hätte. Was die Zeugenaussagen betrifft, die auf einen jüdischen / fremdländischen Täter hinweisen, so halte ich diese Aussagen für sehr widersprüchlich. Ein rötlicher Schnurrbart klingt für mich eher typisch irisch / englisch / schottisch... :-)
Bei der Untersuchung des Papiers war das Alter eigentlich vollkommen uninteressant. Es geht lediglich darum, das sehr kleine Stapel des Briefpapiers per Hand zurechtgeschnitten wurden, was Experten wie Bower ermöglicht, genau zu sagen, ob zwei Briefbögen von einem Stapel stammen, oder nicht.

@Lestrade
Wieso waren die denn eitel? Ich hab schon öfters mal gehört, dass Abberline immer einen Flachmann dabei hatte, von einem Beauty Case wusste ich nichts...
Ich finde Fidos Kaminsky Theorie recht spannend. Kannst du mir sagen, ob es das Buch auch auf Deutsch zu kaufen gibt?

@Panopticon
Leider bin ich auf dem Gebiet der Kunst nur ein Laie, deshalb sind deine Beiträge hier sehr wertvoll. Trotzdem gibt es ein paar grundsätzliche Dinge, die ich zu deinen Ausführungen sagen möchte.
Zitat
Das Ergebnis bezüglich des Whitechapelmörders war jedenfalls, dass es aufgrund der Ausführung seiner Morde keinen einzigen Grund gibt, anzunehmen, dass dieser über Kunstverständnis verfügte oder von Kunst in irgendeiner Art ´inspiriert´ worden wäre.

Muss ein Mord (wenn er denn von einem Künstler begangen worden wäre) auch auf einen Künstler als Täter hinweisen? Hinter der Sickert Theorie steckt ja nicht die Idee, dass dieser die Morde als Kunst inszeniert hat, sondern eben nur, das er in seinen Bildern Hinweise auf seine Taten versteckt hat. Woran hätte man denn deiner Meinung nach einen künstlerisch veranlagten Täter erkennen können? Wenn du schreibst, „dass es aufgrund der Ausführung seiner Morde keinen einzigen Grund gibt, anzunehmen, dass dieser über Kunstverständnis verfügte oder von Kunst in irgendeiner Art ´inspiriert´ worden wäre“, würde das ja trotzdem immer noch nicht ausschließen, dass der Täter ein Künstler ist. Man hat ja am Tatort auch keine Stimmgabel gefunden, kann aber trotzdem nicht ausschließen, dass der Täter Geige spielt (obwohl nichts darauf hinweist). Das gleiche trifft auf die Bilder zu. Natürlich gibt es für jedes noch so morbide Bild auch künstlerische Erklärungen. Auch wenn nichts an diesen Bildern tatsächlich darauf hinweist, dass der Maler derartige Taten begangen hat (oder gerne begehen würde) ist es unmöglich, es auszuschließen. Woran würde man als Kunstexperte denn einen versteckten Hinweis in einem vom Täter gemalten Bild erkennen? Wie schließt man denn aus, das der Maler sich bei einigen Randdetails innerlich halb tot lacht, weil sie eine Beteutung für ihn haben, die nur er versteht?
Zitat
Du wärst aber überrascht, was sich wissenschaftlich im Bereich bildender Kunst so alles ausschließen und beweisen lässt! Was Sickert betrifft, sind einige seiner Werke definitiv auf mehr als nur eine Art lesbar, aber im Vergleich zu anderen sehr begrenzt - sich in seinem Fall alle Optionen diesbezüglich offen zu lassen, wäre mehr als nur übertrieben – dagegen sprechen viel zu viele Faktoren, und das ist auch beweisbar!
Dass die Betrachtung von Sickerts Bildern aus künstlerisch-wissenschaftlicher Sicht beweisen soll, dass er NICHT der Täter sein kann, glaube ich nicht, genausowenig wie diese ihn als Täter überführen kann. Kein Staatsanwalt würde die Schuld oder Unschuld eines (künstlerisch tätigen) Angeklagten daran festmachen, wie ein Kunst-Wissenschaftler diesen (oder dessen Werke) beurteilt, auch wenn dessen Ausführungen sicherlich nicht unwichtig wären. Alles in Allem ist mir deine Argumentation in diesem Punkt zu theoretisch, ich glaube auch nicht, dass sich das ändern wird, wenn ich Bücher über Kunst und Impressionismus lesen werde. Du kannst ein Bild  (und dessen Maler) aus wissenschaftlicher oder künstlerischer Sicht betrachten und doch niemals 100% von dem erkennen, was der Künstler sich dabei gedacht hat. Beweise mir das Gegenteil!  :-)
Zitat
Zwischen Musikern und bildenden Künstlern besteht ein extrem großer Unterschied (mich wundert ein wenig, dass Du Musiker als Künstler bezeichnest, Schauspieler, als Vertreter der darstellenden oder ephemeren Kunst hingegen nicht). Charles Manson als Künstler oder Musiker zu bezeichnen oder mit Personen wie Walter Sickert zu vergleichen, ist mehr als nur gewagt!
Das ich zwischen Künstler und Schauspieler unterschieden habe war eigentlich eher ein zufälliger Fehler, ich wollte eigendlich nur darauf hinweisen, dass Sickert zwei Berufe hatte (die natürlich beide als Kunst betrachtet werden). Ich habe Sickert übrigens keineswegs mit Charles Manson verglichen. Ich habe Manson lediglich als Beispiel genannt, weil die Aussage „Künstler reflektieren solche Taten, begehen sie aber nicht“ keineswegs immer zutreffen muss. In dieser Aussage wurde nicht zwischen verschiedenen Kunstformen unterschieden, es war nicht von Malern, sondern von Künstlern im Allgemeinen die Rede.
Warum ist es gewagt, Manson als Musiker oder als Künstler zu bezeichnen?

Zitat
Was Sickert und Manson aber gemeinsam haben, ist wohl die Tatsache, dass beide niemals mordeten, denn soweit ich informiert bin, hat Manson die Morde seiner ´Family´ diktiert und selbst gar nicht getötet...
Ob Manson selbst gemordet hat oder nicht spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, er sitzt nicht ohne Grund lebenslänglich. Ich hätte auch Phil Spector als Beispiel nennen können, der hat nämlich selbst geschossen. Oder Ingrid Van Bergen als Beispiel einer Schauspielerin die getötet hat. Und im Gegensatz zu Charles Manson zählt Phil Spector übrigens zu den erfolgreichsten Musikern aller Zeiten (für alle die in diesem Zusammenhang Wert drauf legen). Manson und Spector sitzen jetzt übrigens im selben US-Knast :-)

Zitat
Auch KvNs Aussage mit dem Paradoxon ist im Prinzip vollkommen richtig, denn Künstler sind eigentlich generell in der Lage, Morde darzustellen, ohne Morde begehen zu müssen.
Das Künstler in der Lage sind, Morde zu malen / besingen / spielen, ohne sie zu begehen, steht außer Frage (sonst wären unsere Zuchthäuser ja auch voll mit Malern, Musikern und Schauspielern). Aber auch hier lässt sich doch nicht ausschließen, dass sie es vielleicht trotzdem tun.

Zu Peter Bowers Untersuchung des Briefpapiers:
Mich irritieren die Reaktionen auf die Untersuchungen von Peter Bower. Es wird immer wieder angedeutet, dass die Sache einen Haken haben muss, nur weil PC das Ganze in Auftrag gegeben und finanziert hat. Wer kann mir denn jetzt mal tatsächlich schreiben, wo der Haken zu finden ist????
Hätte PC irgend etwas von Bowers Untersuchungen falsch wiedergegeben oder dargestellt, hätte dieser sie sicherlich millionenschwer verklagt...
So, lasst euch nicht von meiner Dickköpfigkeit ärgern. Es geht mir nicht darum Sickert als Täter hinzustellen, sondern nur darum, das er es gut gewesen sein könnte. Das muss nicht jeder so sehen.
Schönes Weekend allerseits!!! :-)
Yours Truly, Jörn

Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Lestrade am 01.05.2010 19:59 Uhr
Hallo Jörn!

Wieso waren die denn eitel? Ich hab schon öfters mal gehört, dass Abberline immer einen Flachmann dabei hatte, von einem Beauty Case wusste ich nichts...


Kennst du etwa nicht die berühmte Schönheitspflegeserie "Abber Line 1888" von Swanson&Macnaughten mit dem berühmt, berüchtigten Duft "EastEnd", für Männer die knallhart ermitteln? Oder Anderson´s "Sagar&Cox" Pflegeset für Männer, die im Job lange ausharren müssen und immer im Einsatz sind? ´nen Flachmann hätte ich wohl damals auch gebraucht.

Aber im Ernst:

Einige Herren bei der Polizei lagen sich damals gegenseitig quer, einer gönnte dem anderen nicht den Dreck unter´m Fingernagel. Es ist zu bezweifeln, ob die Posten mit den Leuten besetzt waren, die auch tatsächlich dafür kompetent waren. Aber egal, hab keinen Bock heute darüber zu lamentieren...

Ich finde Fidos Kaminsky Theorie recht spannend. Kannst du mir sagen, ob es das Buch auch auf Deutsch zu kaufen gibt?

Findeste alles im Internet. Zwar in Englisch aber was soll´s... Bleibt man geistig frisch...

Die Theorie ist interessant aber den gesuchten "Kosminski" in einem ähnlich klingenden Namen zu finden, nämlich mit Nathan Kaminsky und ihn dann noch David Cohen zuzuordnen ist schon ganz schön mächtig. Natürlich kann Kaminsky und Cohen ein- und die selbe Person gewesen sein aber gleich auch der Ripper? Ich hatte ja neulich schon den Namen Isaac Woolfstein gepostet, der kurz vor der Einweisung von Nathan Kaminsky ebenfalls eingeliefert wurde. Gleiche Straße, gleiche Nummer in der Herkunft. Möglich das jemand seinen Namen von Woolfstein in Kaminsky geändert hatte und dann am Ende den Namen Cohen bekommen hat. Alter schwangt bei denen zwischen 23-25, glaube ich. Falls diese Alters-Angaben überhaupt der Wahrheit entsprachen. Ich denke, die Polizei hatte einige Leute unter Verdacht und Observation bzw. auch irgendwie einige hinter Türen verschlossen aber ob David Cohen wirklich der Ripper war? Ich denke, der Ripper war älter. Nicht das er Männer wie Cohen unähnlich war, das kann natürlich sein. Oder auch Männern ähnlich, wie Hyam Hyams oder Jacob Levy. Klar, könnte passen aber wer weiß... Eine Rolle könnte David Cohen dennoch spielen. Sollte noch jemand unter einem Synonym (wie eben Cohen) weggesperrt worden sein, könnte das zu den unterschiedlichen, späteren Äußerungen einiger Ermittler geführt haben. Cohen starb bekanntlich definitiv. Auskünfte könnten dann, wegen einem weiteren vorhandenen "Namenlosen", in die Irre geführt haben. Oder ganz einfach, eine weitere Person starb ebenfalls...Ach, ich habe keine Ahnung, sind halt wie immer nur so Gedanken... Was weiß ich...Wer sich aber tatsächlich hinter "Kosminski" verbarg, könnte Jack the Ripper gewesen sein. Wir wissen aber nichts drüber...

Hau rein du Dickkopf.

Lieben Gruß, Lestrade.
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: panopticon am 05.01.2011 00:32 Uhr
Hi.

Nur weil das Thema jetzt in einem anderen Faden ohnedies gerade wiederbelebt wurde, ergänze ich hier mal nach längerer Zeit ausnahmsweise wieder was zu Sickert (wie ja zwischenzeitlich auch hier: http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,297.msg19671.html#msg19671), und zwar - dem Thema entsprechend - etwas bezüglich Bowers ´Expertise´ über das Papier, das nach wie vor als letztes übrig gebliebenes ´Argument´ aus Patsys ´Theorie´ gehandelt wird, um Sickert wenigstens als Bekennerbriefeschreiber darstellen zu dürfen, obwohl es im Grunde über die Art des Weiterverkaufs, den Käufer oder den Endverbraucher nicht einmal etwas aussagen würde, wenn Bower zweifelsfrei beweisen könnte, dass die 5 Bögen Sickert- und Ripperbriefe von der Herstellerfirma ursprünglich tatsächlich in ein und demselben Stoß an den Fachhandel ausgeliefert worden sind.

Ohne jetzt näher darauf eingehen zu wollen und sie im Original selbst gelesen zu haben (was ich aber sehr gerne mal nachhole, zumal das folgende Buch doch recht gute Kritiken hat), halte ich hier für Interessenten mal fest, dass eine angeblich doch recht nähere kritische Hinterfragung von Bowers ´Papierexpertise´ (die er selbst ja, soweit ich weiß, bis heute noch nicht wirklich seriös (wissenschaftlich) und detailliert publiziert hat, wodurch man eigentlich auch nichts über deren Plausibilität sagen kann, weil man schon allein die dabei verwendete Methodik ja gar nicht hinreichend kennt) in Matthew Sturgis´s (im Forum bereits bezüglich anderer Sickert-Fragen erwähntem) Buch ´Walter Sickert: A Life´ (2005) zu finden ist (http://www.harpercollins.co.uk/Titles/16898/walter-sickert-matthew-sturgis-9780007205271). Eine ´Zusammenfassung´ der Eckpunkte der Kritik an Bowers überlieferter Argumentation findet sich (von Stewart P. Evans verfasst und innerhalb der Diskussion fortlaufend eingebracht) im Casebookforum vor allem auf den folgenden Seiten: Nennenswert sind Post #175 auf dieser Seite hier:  http://forum.casebook.org/showthread.php?t=678&page=18 und #199 hier: http://forum.casebook.org/showthread.php?t=678&page=20.


Grüße,
panopticon
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Jack the Whopper am 05.01.2011 11:12 Uhr
Hi Panopticon!
Danke für die Links, klingt interessant! Ich bin zwar ein Dickkopf, aber nicht unverbesserlich. Ich werde mir das Buch zulegen und mir auch die Kritik von Evans gründlich durchlesen. Vielleicht sehe ich die Sache hinterher ja anders... Danach kann dann weiterdiskutiert werden! :-)
LG, Jörn
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Jack the Whopper am 18.01.2011 12:29 Uhr
Hi Panopticon!
Von Evans Posting bin ich ein wenig enttäuscht, denn eigendlich hat er ja keine eigenen Kritikpunkte, sondern verweist nur auf andere Experten. Das geht natürlich in Ordnung, er ist schließlich Ripperologe und kein Papierexperte. Er klingt fast neutral und weist  nur darauf hin, dass es auch Experten gibt, die Bowers Untersuchungsergebnisse in Frage stellen. Ich finde seine Aussagen auch etwas wiedersprüchlich, denn zum einen äußert er seinen Respekt vor Peter Bower und Keith Skinner, andererseits kritisiert er Cornwell dafür, Experten um sich zu scharen, die an ihr verdienen wollen (was man dann ja auch auf Bower und Skinner beziehen könnte). Originalzitat:

All that said, I have the greatest respect for Peter Bower, whom I have met, and it is not me who has published the doubts over his work - please do read the Sturgis book, you will find it educational.

No it is not wrong for Peter Bower to be paid by Patricia Cornwell, it's his living and the same applies to Keith. However, there is a subtle difference with Keith, he is a researcher and not an expert giving his opinion. Keith is careful not to make public claims or publish any opinion on the research work he is doing for Patricia Cornwell. Therefore he really cannot be legitimately attacked and his honesty and capabilities are beyond question here. I too respect Keith, both as an old and dear friend as well as admiring his research skills.


Da Evans auch nur Experten zitiert, die in Sturgis Buch zu Wort kommen, werde ich jetzt erstmal dieses Buch lesen und hoffe, dass es noch eine ausführlichere Abhandlung von Peter Bower geben wird (oder dass er auf die Kritikpunkte eingeht). Bis dahin sagt dieser Experte dieses und der andere Experte jenes. Trotzdem sehe ich die Sache schon ein bisschen kritischer als vor einigen Monaten. Ich werde mir vorerst jede Möglichkeit offenlassen und hoffe, dass in dieser Angelegenheit mal klarere Aussagen gemacht werden.
Bis dahin bleibe ich erstmal neutral...
Danke nochmal für die Links!
Cheeeeers, Jörn the Whopper
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: domi am 27.07.2011 13:41 Uhr
Hey leute
mir ist gestern etwas sehr interessantes aufgefallen.... ich hab eine doku auf n-24 geguckt dort wurde u.a. Sickert behandelt und naja also cornwall sagt doch dass er ein rotes tuch hatte welches ihm heilig war bzw. was er als inspieration nahnm... hmmm.. Naja auf jedenfall trugen einige opfer vor ihrem tod doch auch rote halstücher und kelly bekamm sogar ein rotes taschentuch also angeblich.... in dem Bild von Siockert "Jack the rippers bedroom" sieht man ja nur eine siluette vor einem fenster uin éinem dunklen raum und mir ist etwas aufegfallen was in defr doku nicht erwähnt wurde.. an dem hals der dort stehenden person befindet sich eine rote linie ... Da das Bilöd JTR vor einem Fenster darstellen soll könnte es sich doch um sickerts halsband halten was denkt ihr ???

Sorry hab wenig zeit also entschuldigt das ausseracht lassen von groß und kleinschreibung :P

Lg Domi
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Anirahtak am 27.07.2011 22:20 Uhr
Tut mir leid, ich kann auf dem Bild nicht einmal einen Hals erkennen. Eine Art rotes Halboval mit Öffnung nach unten würde ich als Kunstbanause auf Hüfthöhe vermuten. :unknown:

Bei den roten Tüchern, die hier und dort gesichtet wurden, habe ich mich aber auch schon gefragt, ob das damals eine Mode war (und somit eher vernachlässigbar) oder doch was Spezielleres.
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Craddock am 27.07.2011 22:47 Uhr
Was mich gerade weit mehr als rote Tücher irritiert ist die Tatsache, dass ich bei Google erst auf Seite 2 - trotz expliziter Suchanfrage nach dem Bild - das fand, was ich suchte. Auf der ersten Seite nur Verleumdungen... armer Mann.

Ich schließ mich der umgekehrten Katharina an, ich würd das auch eher auf Hüfthöhe sehen. Dafür sehe ich bei dem Mann keinen Kopf  :shok: Naja, Bilder interpretieren ist wohl nicht ganz meins. Wenn er das Taschentuch so gern hatte, finde ich es aber nicht so seltsam, dass er es als Art Gag in eins - oder vielleicht ja mehrere - Bilder eingearbeitet hat. Und die Tücher bei den Opfern... hm... keine Ahnung. Könnt natürlich schon irgendetwas zu bedeuten haben, aber es bringt wahrscheinlich nicht viel, darüber nachzudenken.
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Anirahtak am 27.07.2011 23:11 Uhr
Auf den ersten Blick sehe ich ebenfalls keinen Kopf. Auf den zweiten und dritten Blick auch nicht. Aber ich habe mich mit meinem inneren Kunstbanausen darauf geeinigt, dass die Gestalt mit dem Rücken zum Betrachter steht und gebeugt zum Fenster raus und runter auf die Straße guckt. Vielleicht ist es aber auch nur ein Kleiderständer, auf dem ein langer (Ripper)Mantel hängt... :pardon:
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Craddock am 27.07.2011 23:27 Uhr
Vielleicht ist es aber auch nur ein Kleiderständer, auf dem ein langer (Ripper)Mantel hängt... :pardon:

Find ich jetzt gar nicht so abwegig. Ich betrachte dieses Rätsel hiermit für mich als gelöst, sollen sich andre um den fehlenden Kopf kümmern  :biggrin:
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: domi am 28.07.2011 11:46 Uhr
Koomisch also ich hab das bild nochmal gegoogelt und hab irgendwie ein anderen eindruckl vom bild.....  :empathy: Bei der Doku von N24 legenden der vergangenheit bin ich mir sicher, dass auf dem original das erkennen konnte.... ich hatte übrigens das gefühlö das die das alles von Galileo mystery geklaut haben weil dort war dieser Typ :P also dieser mann und er war in einem Londoner museum und dort zeigte man ihm das original und ich bin mir soo sicher Hmmm.....

trotzdem danke ..... Domi

P.s. Falls jemand die doku hat oder weiß wo man sie findet wäre ich dankbar ^^
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: kokablue am 04.08.2011 17:46 Uhr
Abend,

Sickert taugt eigentlich nicht als Serienkiller. Warum?
Weil diese in der Regel nicht einfach so aufhören. Und selbst wenn er anders weiter getötet hätte - irgendwie hätte er ja dann mal in die Nähe eines Verdächtigen rücken müssen - ist er aber nie.

Natürlich war er im Eastend unterwegs. Und genau deswegen insteressierten ihn auch die Morde.. - das ist ganz normal.

Ich finde es auch ziemlich geschmacklos von Frau Cornwall jemandem Post mortem so eine Tat anzuhängen -  vor allem mit dieser Vehemenz.

Ums mal ganz einfach auszudrücken:
Ich habe übrigens als Kind auch schon mal ein Hochhaus gemalt und direkt daneben ein Flugzeug...
Trotzdem habe ich nichts mit den Anschlägen auf das WTC zu tun..


Die Sache mit der DNA kann man knicken..
Die Sache mit dem Papier ist zumindest fragwürdig, weil ich nicht glaube das man 5 Blätterchen genau einem Stapel zuordnen kann da wenn auch handgefertigt sicherlich etliche Papierstapel verkauft wurden..

Alles in allem ist mein Posting vielleicht genauso unfundiert wie die Aussagen von Frau Cornwall - aber wenigstens logisch.
Ausschliessen kann man ihn natürlich trotzdem nicht 100%.

Er hat aber irgendwie schon einen diabolischen Blick ;)


hier:
Although Cornwell failed to find any DNA on letters held by Scotland Yard, written by a man purporting to be the Ripper, to compare with samples taken from Sickert's desk and canvasses, she claimed to have made one breakthrough. One letter had the same unusual watermark as Sickert's writing paper, provided by his stationer father

->
von: http://www.guardian.co.uk/artanddesign/2001/dec/08/art.artsfeatures

ach und vor allem der artikel ist interessant, er sagt etwas darüber aus warum er dies malte:
http://www.telegraph.co.uk/culture/art/3668639/Walter-Sickert-The-artist-who-loved-a-good-murder.html
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: kokablue am 04.08.2011 21:27 Uhr
Ich möchte noch etwas bezüglich der DNA Sickert - Ripper Briefe hinzuzfügen
Und schlicht mal auf den "Phantommoerder" hinweisen der in juengster Zeit in DE gesucht wurde...
wobei sich heraustellte das die Wattestäbchen mit denen die DNA von verschiedenen Tatorten genommen wurde verunreinigt waren.

Wenn das Papier von Hand geschnitten wurde... den Rest kann man sich denken.
Titel: Re: Walter Sickert - Porträt eines Briefeschreibers
Beitrag von: Craddock am 04.08.2011 22:35 Uhr
Ich möchte noch etwas bezüglich der DNA Sickert - Ripper Briefe hinzuzfügen
Und schlicht mal auf den "Phantommoerder" hinweisen der in juengster Zeit in DE gesucht wurde...
wobei sich heraustellte das die Wattestäbchen mit denen die DNA von verschiedenen Tatorten genommen wurde verunreinigt waren.

Wenn das Papier von Hand geschnitten wurde... den Rest kann man sich denken.


Ganz zu schweigen davon, dass man damals ja nicht nur nichts von DNA wusste, sondern auch keine Fingerabdrücke verwerten konnte. Also dürften die Briefe und Kuverts wohl von mindestens 2 Dutzend Polizisten und dem einen oder anderen Archivar berührt worden sein. Wodurch das Sichern irgendwelcher Spuren, die daran haften mögen, ohnehin schon absurd wird.