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Fachliche Themen => Allgemeine Diskussion => Thema gestartet von: panopticon am 12.04.2010 14:26 Uhr

Titel: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: panopticon am 12.04.2010 14:26 Uhr

Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR


Hier die in diesem Thread http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1245.0.html versprochene Sammlung von Übergriffen und anderen Gewaltdelikten (in erster Linie Mordandrohungen, Mordversuche und Mord), sowie einigen mysteriösen Todesfällen, die für den Fall Jack the Ripper nicht uninteressant sein könnten, und die sich weiter ergänzen lassen. Alle hier gelisteten Berichte sollten allerdings mit großer Vorsicht interpretiert werden, zumal es viele unterschiedliche und berechtigte Gründe gibt, die jeweiligen Taten/Vorfälle nicht mit dem Ripper in Verbindung zu bringen! (Sie jetzt in diverse  Diskussionen im Forum einzubeziehen, fände ich daher absolut kontraproduktiv.) Die Gründe, diese Fälle nicht mit dem Ripper in Verbindung zu bringen, reichen von räumlichen und  zeitlichen Aspekten über Nichtübereinstimmungen in den Zeugenbeschreibungen, der Tatsache, dass sie von den Ermittlern damals nicht miteinbezogen wurden, bis zur Möglichkeit von Zeitungsenten, der Möglichkeit, dass es sich bei einigen letztendlich gar nicht um Gewaltverbrechen handelte (deswegen habe ich z. Bsp. den ´Fall´ Susan Ward schon mal komplett weggelassen – Casebookresearchern zufolge schnitt sie sich an einer Flasche) oder der nicht 100%igen Überprüfbarkeit einiger Quellen, etc...

Außerdem ist festzuhalten, dass ich zumindest die Berichte, die ich jetzt im Anschluss anführe, aus Zeitgründen mit eigenen Worten nacherzählt bzw zusammengefasst und nicht (!) übersetzt habe. (In einigen Fällen habe ich eventuell Interessantes (z. Bsp. bezüglich der geografischen Lage im Verhältnis zu anderen Fällen) ergänzt.) Wer will, kann die Übersetzung  gerne nachholen, ist aber aufgrund der Fülle an Artikeln und mehrfach auslegbarer englischer  Begriffe extrem viel Arbeit! ;) Mir ging es in erster Linie darum, diese Fälle auch auf Deutsch zugänglich zu machen. Wenn mir dabei irgendwelche Fehler unterlaufen sind: Sorry, bitte korrigieren! Hoffe, dass wir hier gemeinsam eine gute Sammlung zusammenbringen, diese auf aktuellem Stand halten, und einiges auch ganz eindeutig wieder aussortieren können! Es wäre die Frage, ob wir sie hier auch diskutieren, oder ob wir sie aus Gründen der Überschaubarkeit hier nur sammeln, und in einem anderen Thread diskutieren?

Bleibt noch anzumerken, dass ich in erster Linie die Fälle herausgesucht habe, die am ehesten für den Fall JtR interessant sind, bzw bei denen sich durch die Vorgehensweise so mancher involvierten Personen eventuell Rückschlüsse auf das Vorgehen bei den Morden, die man JtR zuschreibt, ziehen lassen würden. Ich werde sie aufgrund der Fülle nicht auf einmal, sondern nach Jahren (1887, 1888, danach) posten. Also mit Kommentaren bitte noch ein wenig warten...


Genug der Vorbemerkungen - Here we go:

Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von J
Beitrag von: panopticon am 12.04.2010 14:30 Uhr

1887


Vermutlich Samstag, 5. November 1887: Emily Horsnail, (eventuell geborene Atkins  -?, Anm.), 24, seit ungefähr 4 Jahren von ihrem Mann Alfred getrennt, kommt von einer Trinktour in ihr übliches Lodging-House in der George Street Nr. 19 in Whitechapel zurück. Mittwoch Nacht erzählt sie dem Keeper dort, dass sie vor einigen Tagen (wohl Samstags) von einigen Männern, die sie nicht kannte, getreten wurde. Am nächsten Morgen wird sie tot in ihrem Bett aufgefunden. Bei der Vorort-Untersuchung stellte Dr. J. Dukes ernste Blutergüsse an der rechten Seite der Toten fest. Todesursache: vermutlich Magenüberdehnung aufgrund von Peritonitis oder einer Entzündung der Eingeweide, die sie wohl bereits seit einigen Tagen hatte. Die Polizei hielt es für unwahrscheinlich, noch Hinweise zur Klärung des Falles  bekommen, und der Coroner Wynne E. Baxter meinte, dass er eine Post Mortem –Untersuchung angeordnet hätte, wenn er die Fakten besser gewusst hätte. (Quelle: z. Bsp. Lloyd´s Weekly, 13. November 1887)


8. Dezember 1887: Margaret Hames, eine Unterkunftsgefährtin von Emma Smith, soll in der gleichen Gegend wie diese 4 Monate danach, angegriffen und mit Verletzungen in Gesicht und Brustkasten ins Whiechapel Infirmary eingeliefert worden sein. Womöglich handelte es sich dabei um ´Margaret Hayes´, die Zeugin, die später beim Smith Inquest aussagte. (Quelle: Sourcebook)


Dezember 1887, Weihnachtswoche, angeblich Boxing Day (26.) : Angeblicher Mord an unbekannter Frau. (Fairy Fay-Fall, wohl eher ein Gerücht, keine wirklichen Quellen vorhanden.)


Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von J
Beitrag von: panopticon am 12.04.2010 14:59 Uhr

1888


3. April 1888, Bank Holiday, selbe Nacht wie die, in der Emma Smith angegriffen wurde: Malvina Haynes wird mit schweren Kopfverletzungen (an der Kopfhaut, bzw dem ´Skalp´) und einer Amnesie  ins London Hospital eingeliefert. Nachdem er Schreie gehört hatte, fand ein PC die Frau in der Gegend der Leman Street Railway Station in einer Blutlache. Sie hatte den Tag mit ihrem Mann und einigen Freunden in der Stadt verbracht, hat aber, nachdem sie in ihre Unterkunft zurückgekehrt war, das Haus später wieder verlassen. Ein Mann, der sich zum Zeitpunkt der Tat in ihrer Nähe aufgehalten haben soll, ist seit dem Übergriff aus der Nachbarschaft verschwunden.(Quelle: The Eastern Post & City Chronicle, 14. April 1888, interessanterweise bereits mit der Überschrift ´the Latest Whitechapel Mystery´)


Am 7. Juni 1888 berichten The Leeds Mercury und The Scotsman von einem verdächtigen Todesfall, den die Polizei in Whitechapel untersucht. Dienstag (wohl der 5. Juli) Nacht hat ein Mann, der von einem Mädchen begleitet wurde, Räumlichkeiten in der Old-Montague Street bezogen. Tags darauf wurde das Mädchen dort tot im Bett aufgefunden – Eine medizinische Untersuchung stünde bevor.


Am 8. September 1888 berichtet der Croydon Advertiser von einer merkwürdigen Begebenheit: Nahe der Stelle, an der Polly Nichols ermordet wurde, soll ein Mann seine weibliche Begleitung plötzlich bei der Kehle gepackt und in einen Hof gezerrt haben, wo er, von einer gemischtgeschlechtlichen Truppe unterstützt, die Frau brutal ausraubte. Als sie schreien wollte, wurde ihr ein langes Messer vor die Kehle gehalten und ihr angedroht: ´Wir werden es Dir geben, wie wir es den anderen gegeben haben!´ (´serve you´, wörtlich). Die Zeitung schließt daraus, dass es kaum Zweifel daran gäbe, dass hier eine Gang brutaler Menschen am Werk sei, die unglückliche Frauen erpresst und ausnimmt.


Irgendwann zwischen dem Mord an Chapman und dem ´Double Event´ soll es, mehreren Quellen zu folge, zu einem Übergriff auf eine Prostituierte in Whitechapel gekommen sein. Die Pall Mall Gazette vom 25. September 1888 berichtet davon, dass der Polizei ein Bericht vorläge, dem zufolge ein Mann, der nicht gefasst werden konnte, eine Frau aus der selben Klasse wie die bisherigen Opfer in der  Vine Street (das ist unmittelbar südlich von St. Botolph´s!) zuerst niedergeschlagen und dann mit einem Messer attackiert haben soll: Sie konnte sich ihren Angaben zufolge wehren, wurde aber an der Schulter verletzt : Der Täter ca. 35 Jahre alt, Größe: 5ft. 8 inch, schwarzer Schnauzbart, brauner Mantel, soll geflüchtet sein. Ein Zwischenfall, der wohl der selbe zu sein scheint,  findet sich in Sam´l E. Hudson´s , ´Leather Apron; Or, the Horrors of Whitechapel, London. ´ (angeblich Philadelphia Dezember 1888(!), Seite 21 – in voller Länge auf Casebook nachlesbar, dort page 22): Dort wird im gleichen Zeitraum  ebenfalls von einem angeblichen Übergriff auf eine beleibte Frau gesprochen, die letztendlich mit einer Wunde ins London Hospital eingeliefert wurde. Der Autor, der die  Frage in den Raum stellte, ob es Jack the Ripper nicht vielleicht in erster Linie auf dralle, plumpe Frauen abgesehen hatte, beschreibt den Ort des Überfalls als einsame Stelle an einer Kreuzung.


Noch ein dritter Bericht könnte diesen Vorfall, aber auch einen anderen beschreiben, denn der Ort wird hier als ´a bye-turning off Commerscial-Street´ angegeben: Der Daily Telegraph vom 3. Oktober 1888 soll davon berichtet haben, dass der Metropolitan Police (spricht auch nicht gerade für die Vine Street...) Details über die Attacke auf eine Frau vorliegen, die zwischen dem Mord in der Hanbury Street und dem ´Double-Event´, ´angeblich vor 10 Tagen´ stattfand. Die  Frau hat zugegeben, sich, obwohl sie verheiratet ist, mit einem fremden (oder ´merkwürdigen´, da wörtlich ´strange´) Mann zu unmoralischen Zwecken auf eine Konversation eingelassen zu haben.  Der Täter soll ihr ein Bein gestellt haben, worauf sie auf den Gehsteig fiel. Seinen Versuch, ihr die Kehle zu durchschneiden, soll sie mit ihrem Arm abgewehrt haben, wobei sie sich aber eine Schnittwunde an diesem zuzog. Der Täter ist, aufgeschreckt durch seinen Fehlversuch und in Angst vor ihren Schreien geflohen. Die Frau wurde gefunden und ins Hospital eingeliefert, war aber wohl ´so voller Likör´, dass sie nicht in der Lage war, sich an das Aussehen des Täters zu erinnern, was auch der Grund für die Geheimhaltung des Falles gewesen sein könnte, mutmaßte das Blatt...


30. September 1888, Nacht des ´Double Event´: Kurz vor Mitternacht stellt sich in Westminster ein gewisser John Brown der Polizei. Er hat seine Frau in der Regency Street getötet (Siehe Sourcebook).


Am Dienstag, den 2. Oktober 1888 trifft die Prostituierte Sarah McFarley in der New Oxford Street um 00.30h auf den 52-Jährigen Schneider August Nochild. Er fragt sie, ob sie mit ihm in sein Heim in Whitechapel kommen wolle. Sie weigert sich, und der Mann versucht die Frau in Folge am Holborn Circus mit den Worten ´Ich werde Dich ermorden, wenn Du es nicht tust. Ich habe die Frauen in Whitechapel umgebracht, und würde gerne eine weitere töten.´ zu strangulieren. Interessant ist, wo Nochild zuhause war, nämlich in der Christian Street, zwei Straßen östlich der Berner Street und direkt am östlichen Ende der Pinchin Street. Das Aufeinandertreffen wiederum fand wohl etwas nördlich von Whitehall statt, wo man am selben Tag den Torso im Keller von New Scotland Yard fand. Da beide Personen unter Alkoholeinfluss gestanden zu sein scheinen, wurde der Fall verworfen. (Quellen: The Echo, 2. Oktober 1888, Daily Telegraph und Morning Advertiser vom 3. Oktober 1888)


The  Star vom 13., 15. und 20. November 1888 berichtet über die gerichtliche Untersuchung des Falles der tot in der Themse bei Wapping aufgefundenen, 26-Jährigen Florence Hancock durch Coroner Baxter. Gefunden wurde die mit Ausnahme von Hut und Stiefeln voll bekleidete Leiche am Freitag davor (der Tag, an dem Kelly getötet wurde), sie soll aber schon mindestens über eine Woche im Wasser getrieben haben. Eine Halskette, die die Tote getragen haben soll, war angeblich verschwunden. Die Mutter der Toten betrieb wohl einst ein Loding-House in Peckham. Bevor sie verschwand, war Hancock auf einer Lokaltour von Ludgate-Hill  bis in ein Lokal namens ´the Northumberland´ (the Strand), wo sie, ihrer weiblichen Begleitung zufolge, einen Mann getroffen haben soll, der als groß, hellhäutig und mit starkem Schnauzbart beschrieben wird. Mehrfach soll sie gesagt haben, dass sie nicht mehr leben wolle, aber ihre Freundinnen glaubten nicht an Selbstmord und berichteten von einem gewissen Mr. Pain, der nach einem Streit den Kontakt zu Hancock abgebrochen hatte. Ein Zeitungsreporter konnte diesen Mann, der von dem Vorfall noch gar nichts wusste, ausfindig machen.


16. & 17. November 1888 : Die Zeitungen berichten von einer Chloroformattacke (am 14.11.) auf eine gewisse Amelia Ponting im West End (Pembridge Square, Kensington). Der hellhäutige Täter war etwa 5ft 8in groß, trug einen schwarzen Mantel, eine helle, karierte Hose, hatte Koteletten und einen Schnauzer. Ebenso wird ein weiterer Angriff (15.11.) erwähnt, nämlich der auf eine Annie Murphy durch einen großen, dünnen Mann, der schließlich aufgrund des Erscheinen eines PCs, der auf die Schreie der jungen Frau aufmerksam wurde, die Flucht ergriff. Das Opfer bemerkte erst daheim, dass ihr der Fremde wohl in die Brust gestochen hatte. (Quellen: The Star vom 16. November 1888, Morning Advertiser und Daily News, 17. November 1888)


Mittwoch, 21. November 1888: Angebliche Attacke auf Annie Farmer in der George Street Nr. 19. (Sollte bekannt sein.)


Am Freitag, den 7. Dezember 1888 ereignet sich eine etwas verwirrende Geschichte:  William Hall, ein Briefsortierer im General Post Office, geht mit einer weiblichen Begleitung entlang der Marshalsea Street (Borough) gegen 0.25h nach hause, als ihnen eine Frau begegnet, die in Begleitung eines Mannes war, und die sich bei den beiden beschwerte, dieser hätte sie grob beleidigt. Der 33-jährige Straßenhändler William James  erscheint ebenfalls und stößt diesen Mann, der daraufhin die Flucht ergreift. Hall und seine Begleitung erklären einem Constable, was geschehen war. Dieser befragte auch James, der ihm erklärte, er sei Jack the Ripper.  Der PC maß dem nichts bei. James folgte Hall danach und stieß diesen plötzlich dermaßen zu Boden, dass Hall sich dabei Verletzungen zuzog, an deren Folgen er am nächsten Tag verstarb. James, der vor Gericht behauptete, in Selbstverteidigung gehandelt zu haben, da Hall seiner Begleitung, die verheiratet war, ungehörige Angebote machte, wurde des Totschlags durch einen Stoß für schuldig befunden. (Quellen: The Times, vom 12. Dezember 1888 und 12. Jänner 1889)


Am Montag, den 10. Dezember 1888 betritt ein Mann gegen 16.30h den Refreshment Shop von Mr. James Whiting in der Spa Road Nr. 17 in Bermondsey und verlangt eine Tasse Tee. Er wird von der 15-Jährigen Lucretia Pembroke, die für ihr Alter sehr groß ist, bedient. Sie fragt ihn, ob er noch gerne Brot und Butter zu seinem Tee hätte, was der Mann verneint. Daraufhin begibt sie sich in Richtung des Aufenthaltsraumes an der Rückseite. Der Mann springt plötzlich zur Ladentür, versperrt diese, packt das Mädchen von hinten, durchschneidet ihr mit einem ´Penknife´ die Kehle und flüchtet durch die Hintertür. Pembroke wird gleich darauf von Mrs. Whiting gefunden, die sich während des Übergriffes im 1. Stock befand. Diese öffnet sogleich die Fronttür und holt einen Police Constable zu Hilfe, der, begleitet von zwei Männern, das Anwesen durchsucht, aber niemanden mehr vorfindet. Pembroke wird in das Guy´s Hospital eingeliefert, und die Chancen, dass sie überlebt, erscheinen gering. Dennoch kann sie gegen Abend eine Aussage machen, und erklären, dass sie ihren Angreifer kannte: es handelte sich um den 21-jährigen Gerber William Atkins, der in der Nachbarschaft wohnte und als ´Silly Bill´ bekannt war. Die erste Frage, die der Mann, der für die Whitings Tage zuvor einen Raum tapeziert hatte, bei seiner Festnahme stellte, war: "Ist sie tot?".  Danach händigte er der Polizei sein Messer aus. Mehrere ausländische Zeitungen bringen den Fall mit Jack the Ripper in Verbindung. Das Mädchen erholte sich überraschenderweise von ihrer sehr schweren Verletzung, bei der auch das linke Ohrläppchen abgetrennt wurde, und am 9. Jänner 1889 stand Atkins, der unter epileptischen Anfällen litt, aufgrund einer Kopfverletzung intellektuell beeinträchtigt, und von mürrischem Temperament war, vor Gericht. Urteil: 7 Jahre Strafarbeit. (Quellen: Daily News, 11. & 12. Dezember 1888, Manitoba Daily Free Press, Marion Daily Star, New York Herald und New York Times, jeweils vom 11. Dezember 1888, sowie Morning Advertiser vom 12. und 19. Dezember 1888 und The Times  (London) vom 10. Jänner 1889)


Zum folgenden Ereignis fehlen mir leider einige Infos – Nämlich aus welcher Zeitung der Bericht stammt, und in welchem Jahr es sich ereignet hat (fand ich irgendwann auf Casebook, blieb aber bezüglich des Jahres unkommentiert...)
Ein Zeitungsbericht vom 23. November (Jahr unbekannt, eventuell  1888?) berichtet vom Fall der 33-jährigen Witwe Agnes Jacques, die sich am 7. August in der Nachbarschaft von Tooting auf einer Zechtour befand. Die fünf später gefassten jungen Männer (allesamt angeblich Arbeiter) Joseph Cowley, (21), George Cowley (18), Sidney Gardiner (19), George Vickery (16) und Arthur Prestridge (16), die die hilflose Lage der Frau kannten, sind am Grundstück eines Gebäudes nahe der High Street zwischen Belham und London, über sie hergefallen und haben sie zu Boden gestoßen. Anschließend malträtierten sie ihr Opfer, das danach in sehr kritischem Zustand aufgefunden und zur Infirmary gebracht wurde. Sie konnte aussagen, dass sie von jungen Männern überfallen wurde, von denen einer Joseph Cowley war. Am 14. Oktober verstarb sie aufgrund einer durch die Verletzungen entstandenen Peritonitis.



Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von J
Beitrag von: panopticon am 12.04.2010 15:30 Uhr

Erwähnenswerte Berichte über Vorfälle nach 1888:



Im Zusammenhang mit der Mordmeldung durch den mysteriösen ´John Cleary´, bzw der Auffindung des Pinchin Street Torsos zwei Tage danach, wird auch die Auffindung einer Ellen Bisney im Brunswick Building in der Whitechapel High Street am 8. September 1889 um 00.15h und ihre anschließende Hospitaleinlieferung durch PC Millard erwähnt (Sourcebook). 



Am 8. August 1891 wird in Zeitungen über den Angriff auf eine alte Frau deutscher Herkunft, Mrs. Woolfe genannt, aus London berichtet. Ihre Kehle wies eine Wunde auf, und ihr Körper war mit Stichwunden übersät. Die Berichte darüber reichen davon, dass sie beschreiben konnte, dass sie der Täter plötzlich ansprang und sie ihre Kehle schützen konnte, bis hin zu einer Theorie, dass ihr Sohn den Überfall in Auftrag gegeben haben soll, da die alte Frau nicht mehr leben wollte. Wie auch immer: Die Zeitungen erwähnten in diesem Zusammenhang einmal mehr den Namen ´Jack the Ripper´. (Quellen: z. Bsp.: Middletown Daily Times und Stevens Point Daily Journal, beide USA und vom 8. August 1891) 



Am verregneten und nebeligen Abend des 5. November 1892 (Samstag), dem Guy Fawkes Day (Gunpowder Day), wird die 18-Jährige Emily Edith Smith von einem Fremden mit ´Good night, Nellie.´ angesprochen, als sie Cheapside in Richtung St. Paul´s Churchyard hinuntergeht. Sie ignoriert den Mann, aber er holt sie sie an der Ecke Friday Street ein und lädt sie auf eine Tasse Tee ein. Erst zögert das Mädchen, nimmt die Einladung dann allerdings doch an. Die beiden erreichen gegen 17.10h die Lombard Street , und als Emily den Mann fragt, wo denn nun der Tea Shop wäre, entgegnet der Mann: ´Nur noch ein wenig weiter unten.´ In einer engen Passage an der Fenchurch Street erreichen sie über einen Hinterhof schließlich das düster beleuchtete Lokal, mit dem der Mann durchaus vertraut zu sein scheint. Der Mann schlägt beim Tee vor, dass ihn Emily zu seinem Büro in Upton Park begleitet. Die beiden fahren daraufhin von der Fenchurch Street, diesmal näher an Aldgate, mit einem Omnibus zur Ecke Whitechapel High Street und Commercial Road.
Das Mädchen fragt den Mann, wo sie sich denn nun befänden, und er antwortet: ´Dies ist Whitechapel.´, worauf sie ihn fragt, ob das nicht der Ort sei, an dem die Mädchen getötet wurden.´Pah, nicht Mädchen,´, antwortet der Mann, ´du meinst wohl alte Frauen. Es war besser, dass sie aus dem Weg geräumt wurden.´ Mit einem Tramcar ging es weiter zur George IV. Taverne, und die beiden bogen von dort in die Sutton Street ein, wo sie ein Bierlokal besuchten. Im Tramcar auf der Commercial Road erzählte er ihr eine Menge über die Läden und ihre Besitzer, und bevor sie überhaupt einstiegen, deutete der Mann in Richtung Leman Street und sagte: ´Dort ist es, wo Jack the Ripper am bekanntesten ist.´ Im Bierlokal, wo der Mann ein Soda bestellt, weil er nie ´etwas stärkeres trinke´, sieht sich Emily ihr Gegenüber erstmals näher an: Er war groß (etwa 5ft., 9in) und dünn, mit hohen Wangenknochen und bleichem Teint, sehr dunklem Haar, aber einem eher sandfarbenen Schnauzbart, der an beiden Enden geringelt war. Er hatte sehr auffällige Augenbrauen, die über der Nase zusammenliefen, und merkwürdige, helle Augen, die fast schielten und von denen eines hellbraun und das andere blaugrau aussah, und mit denen er merkwürdig blinzelte. Außerdem hatte er scheinbar schlechte Zähne und eine eckige Stirn. Bekleidet war der Mann mit einem rauen, schwarzen, kurzen Jackenmantel, grauer Hose mit Streifenmuster in Blau und einem steifen Bowler-Hut. Des weiteren fiel Emily seine Uhrkette auf, die eine Menge rechteckiger Elemente beinhaltete. Die Uhr selbst bekam sie jedoch nicht zu sehen. Die Manschetten des Mannes waren weiß. Sein Gang erschien militärisch und seine Redensweise gebildet (obwohl er gut Englisch sprach, wirkte er auf Smith dennoch wie ein Ausländer). Er hatte weder einen Koffer, noch einen Schirm bei sich.

Nachdem die beiden das Bierlokal verlassen hatten, begaben sie sich ans Ende der Sutton Street, die mittlerweile in völliger Dunkelheit dalag. Hinter einem Eisenbahnbogen bogen sie nach rechts in eine enge Passage ein, wo eine neue Station gebaut wurde. Von aussen konnte man in dieser Situation nicht mehr gesehen werden. Smith, die diesen Ort unheimlich fand, wollte hier nicht mehr weitergehen. Der Mann drängte sie, denn sein Büro sei nicht mehr weit, aber Emily weigerte sich.´Then I will settle you now´ (Sowohl in etwa ´Dann werde ich dich jetzt aufschneiden´ als auch ´Dann werde ich jetzt mit Dir abrechnen´) antwortete der Mann, packte das Mädchen hinten am Kragen und schleppte es in eine dunkle Ecke des Bauzaunes. Da sie von Angesicht zu Angesicht standen, versuchte der Mann Emily umzudrehen, und in diesem Moment sah sie, dass er plötzlich ein Messer in der Hand hatte. Sie schrie laut auf und rammte ihm ihr Knie in den Unterleib, worauf er ´Oh mein Gott!´ ausrief, den Griff lockerte und sein Ziel mit dem Messer verfehlte, Emily sich losreißen konnte und laut schreiend in die Sutton Street entkommen konnte, wo sie zwei Männer antraf. Der Täter jedoch war mittlerweile verschwunden. Donald Swanson sah sich den Tatort an, und es wurde berichtet, dass die Beschreibung des Mannes jenem Mann gleicht, der in Verbindung mit den Morden in Whitechapel aufgrund der Beschreibung eines Obsthändlers, der diesem und dem späteren Opfer damals Weintrauben verkauft haben soll, gesucht wurde.  (Anm.: Gemeint ist vermutlich der Fall Stride, der nicht unweit davon stattfand?) (Quellen: Illustrated Police News, 3. Dezember 1892, Hampshire Telegraph & Sussex Chronicle, 26. November 1892, Western Mail, 23. und 28. November 1892)
Wer mehr darüber erfahren will: Texte, Illustrationen, Plan und Fotos finden sich im Casebookforum: http://forum.casebook.org/showthread.php?t=1463



Nur einen Monat später, am 5. Dezember 1892 berichtet die Times von einer Attacke auf eine 20-Jährige Prostituierte namens Mary Ann Johnson: Vor Gericht sagte diese, sie sei von Albert Hawthorne, dem 21-jährigen (aber älter aussehenden) Angeklagten (ein Barmann) Freitag Nacht (9h? Oder ist das eine 0?) in der Commercial Street angesprochen worden, und hätte diesen, auf seine Anfrage hin, mit zu sich nach hause in die Pearl Street genommen, wo er sie in ihrem Zimmer attackierte. Sie fühlte etwas Scharfes an ihrer Kehle und bemerkte, dass sie blutete, woraufhin sie zweimal ´Police!´ rief und mit ihrem Angreifer, der ihr erneut an die Kehle wollte, um das Messer rang, wobei sie einen Schnitt in die linke Hand abbekam. Irgendwie fiel das Messer (ein Rasiermesser) zu Boden und Johnson konnte zur nächsten Polizeistation flüchten, wo sie zusammenbrach. Der Täter war mittlerweile von zwei Männern festgehalten worden und sagte in Anschluss aus, dass er beabsichtigte, Johnson zu töten, und dass er das Messer morgens eingesteckt habe. Johnson würde ihm ständig folgen, wenn er des Nächtens von Orten des Amusements käme. Er sei seit 2 Wochen ´on a spree´ ( Zechtour, wird aber auch mit ´killing´ als Amoklauf verwendet) gewesen. Seine Freunde beschrieben Hawthorne als ruhigen, harmlosen Mann. (Interessant ist, dass der Name ´Mary Ann Johnson´auch im Dunstkreis des Mordes an Mary Jane Kelly zu finden ist, wobei es sich aber wohl um eine andere handeln dürfte: Der Morning Advertiser vom 17. November 1888 berichtet von einer Mary Ann Johnson, 30, die gemeinsam mit einer anderen verurteilt wurde, weil sie einen polnischen Juden namens Wolff Levioline erst belästigt, und nachdem dieser ablehnte, lauthals als ´Jack the Ripper´ bezeichnet haben soll.)



Zu erwähnen ist sicherlich auf jeden Fall noch der Angriff von William Grant Grainger auf Alice Graham im Februar 1895, bei dem ich aber davon ausgehe, dass er ohnedies bekannt ist, zumal Grainger seither ein doch relativ bekannter Verdächtiger im Fall der Whitechapelmorde  ist.



Hier noch die Eckdaten einiger eventuell interessanter Morde:

25.12.1872 Harriet Buswell, 12 Great Coram Street
1886 - Catherine Mellows
26. November 1898: Kate Marshall ermordet Elizabeth Roberts, Dorset Street (angeblich Miller´s Court)
27. Mai 1901 Mary Ann Austin,  - Crossingham´s, Dorset Street 35
29. Dezember 1904 Dora Piernick, Whitfield Street
12. September 1907 Emily Dimmock, Camden Town
17. Oktober 1908, Estelle Praager, Bloomsbury
10. Juli 1909 Kitty Ronan, Dorset Street., Miller´s Court (– ehem. Raum von Mrs. Prater)

(Davon habe ich noch welche, die ich persönlich aber für keinesfalls relevant erachte.)

Und hier der Link zu einem Artikel, in dem ungeklärte Morde angesprochen werden:
The Star, 10. September 1888 - http://www.casebook.org/press_reports/star/s880910.html




>So, das war´s von meiner Seite!


best regards,
panopticon
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Lestrade am 12.04.2010 16:07 Uhr
Ersteinmal herzlichen Dank panopticon!
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: KvN am 12.04.2010 16:59 Uhr
Was soll man zu dieser profunden Arbeit noch sagen? Bin schlichtweg begeistert, wird aber wohl einige Tage dauern bis ich die Info´s mal geistig sortiert habe. K. Ronan interessiert mich z.B. seit langem, sie und Kelly hatten ja einen gemeinsamen Bekannten...Ansonsten: Standing Ovations!
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von J
Beitrag von: panopticon am 12.04.2010 18:09 Uhr
Gern geschehen! Kleine Anmerkung: Die Änderungen, die ich jetzt nachträglich noch vornahm, betrafen nur einige Tippfehler, die chronologische Ordnung (Farmer hatte ich falsch einsortiert) und die Form.

@KvN: Ja, der Fall Ronan ist nicht uninteressant! Was den gemeinsamen Bekannten betrifft (Wenn Du McCarthy meinst?): Kannten Kelly und Ronan nicht eigentlich auch seine Frau?


Grüße,
panopticon
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: KvN am 14.04.2010 08:58 Uhr
Ja, ich mein McCarthy...Ob Ronan seine Frau kannte ist mir nicht bekannt. Mir erscheint McCarthys Verhalten sehr dubios, ich wundere mich dass die Polizei das offensichtlich anders sah.

Grüße
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Lestrade am 14.04.2010 10:20 Uhr
Guten Tag!

McCarthy ist in der Tat sehr interessant. Verwirrend dabei ist für mich seine detaillierte Beschreibung der toten Kelly.
Aber genauso interessant ist Kelly und ihre Art zu leben oder besser gesagt zu überleben.

Lestrade.
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: JohnEvans am 16.04.2010 11:27 Uhr
Hallo, Lestrade,

McCarthy´s detaillierte Beschreibung kenne ich nicht. Wo kann ich sie nachlesen?

Ansonsten finde ich so etwas nicht besonders verdächtig, Er hatte ja genügend Zeit und Gelegenheit, durchs Fenster zu sehen. Und ich denke, das wird er auch bestimmt gemacht haben, alleine schon aus Neugierde (also ich hätte bestimmt ... )

JE
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Lestrade am 16.04.2010 12:39 Uhr
Morjens John!

Hier der Link:

http://www.casebook.org/witnesses/w/John_McCarthy.html

Ja, du hast recht. Für so etwas muss man wohl geboren sein, ich glaube, ich könnte so etwas nicht und wäre auf der Stelle umgedreht...

Muss zwangsläufig nicht von Wichtigkeit sein. McCarthy wurde wohl in Frankreich geboren. Genau wie die Person von LeGrand. D´Onston Stephenson behauptete mal, das Wort Juden in der Goulston Street, hätte auch die weibliche, französische Version von Juden im Graffito bedeuten können. Mehr darfst du mich dazu aber nicht fragen... Kelly reiste ja als Prostituierte auch mal nach Frankreich. Lodnon ist ja seit jeher ein Schmelztiegel aber ich dachte die Verbindungen zu Frankreich wären am Rande mal nennenswert...
Diese doch detaillierte Beschreibung von McCarthy fiel mir auf, weil ich denke, man brauchte starke Nerven dafür. Kurz hatte ich mal die Überlegung, ob er vielleicht noch vor Bowyer im Miller´s Court war und vielleicht etwas inszeniert hatte, weil er vielleicht doch noch einen Schlüssel besaß. Falls, für die Ermittlungen wäre dies wohl nicht wirklich relevant. Aus heutiger Sicht natürlich.

Lieben Gruß, Lestrade.
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von J
Beitrag von: panopticon am 17.04.2010 00:42 Uhr
Soweit ich mich jetzt richtig erinnere, rührt McCarthys detailierte Beschreibung daher, dass er wohl einer der ersten Personen IM Raum Nr. 13 im Miller´s Court war, und nicht weil er nur durchs Fenster blickte. Zudem ist seine Beschreibung zwar detailiert, stimmt aber nicht exakt (falls ich mich da jetzt nicht irre).

Ich frage mich gerade, ob ich die Zwischenfälle bezüglich William Piggott / William Pigott und James Johnson hier auch hätte anführen sollen, aber ersterer, den Abberline wohl anfänglich schon in Betracht zog, eventuell für die Morde verantwortlich zu sein, gab ja eigentlich an, dass die blutige Kleidung daher stammte, dass er von einer fremden Frau gebissen wurde, und kommt maximal für die K5-Morde an Nichols, Chapman und Kelly in Frage, zumal er zwischendurch wohl in einer Anstalt war, zweiterer wiederum scheint das Opfer einer falschen Beschuldigung durch die Prostituierte Elizabeth Hudson gewesen zu sein...

Grüße,
panopticon
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Lestrade am 17.04.2010 10:58 Uhr
Guten Morgen panopticon!

Also wenn man so sieht, wie die Polizei an diesem Tatort vorging, stellt man sich die Frage ob die besoffen waren. Das McCarthy da so reinspazieren durfte, dann dieses hin- und her mit den Bluthunden usw. Herr im Himmel.... Naja, wenn McCarthy ohne Fehler die Szene hätte beschreiben können, dann hätte er wohl den falschen Beruf gehabt. Mehrere Mediziner puzzelten Kelly wieder zusammen, hätte mich gewundert, wenn ein Laie hoch zehn wie McCarthy da durchgesehen hätte.
Das mit Piggott habe ich nachgelesen, ja hättest du aufführen können, meine ich. Johnson wohl nur für die Statistik. Aber just in dem Moment, wo ich diesen Satz schreibe, erscheint er mir als eine Person, die man wunderbar übersehen kann. Der nette, schaffende Kellner, wahrscheinlich höflich und unauffällig und die "schlimmste bekannte" Prostituierte. Da fällt man schnell ein Urteil. Ich möchte keinen Verdacht auf ihn legen aber abseits meiner Theorien, wäre dies doch eine interessante Überlegung. Natürlich weiß ich keine weiteren Hintergründe über Johnson aber der hätte in seinem Beruf überall mal arbeiten können. Kein Mensch würde so jemanden verdächtigen. Dabei erfährt man viel über andere Menschen, wenn er in Pubs bediente, hätte er dort alle ermordeten Prostituierten kennen können, sie dort "finden" können. Sie auch noch "bedienen" müssen, während sie mit Freiern gemeinsam tranken. Mir fällt ja wirklich manchmal viel ein. Aber an einem Kellner würde auch ich blind vorbeimaschieren...

Liebe Grüße, Lestrade.
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: KvN am 18.04.2010 10:32 Uhr
Morgen zusammen!

Allerdings, die Vorgehensweise am Tatort Miller´s Court lässt Alkohol oder Drogen vermuten, zumindest von Seiten der Polizei...Über 2 Stunden vor der Tür zu warten und danach zu erfahren dass die Bluthunde grad ihre Tea Time halten, das kann allerdings was...Werde die Ereignisse mal in einem eigenen Thread zusammenfassen (i weiss schon, ca. der 1000ste zu dem Thema), hier wär´s eine Themenverfehlung...

On topic: Ist eigentlich irgendwas bekannt über vergleichbare Gewaltverbrechen an Männern? Es gab ja auch Serienmörder die da eine gewisse Flexibilität an den Tag legten!

Grüße
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Lestrade am 18.04.2010 12:57 Uhr
Mahlzeit KVN!

Mach das mal...

War in jeglicher Art eine Katastrophe. Vorallem, was hat die Polizei nach den ersten 4 der K5 erwartet? Eine Besserung beim Täter? Die Bluthunde hätten wirklich hilfreich sein können. Auch wenn die Tests unterschiedlich ausfielen. Für mich ein Zeichen, dass sich die Polizei in einer tiefen Krise befand. Auch ohne die Ripper- Morde. Die haben nur den desolaten Zustand an´s Licht gebracht.

Ansonsten befasse ich mich nach und nach mit panopticon´s Posting. Ich empfinde es schon schwierig, diese Ereignisse dem Ripper zuzuordnen. Aber ein, zwei interessante Sachen sind dabei. Vorallem der Fall Smith in 1892 und Swanson Verbindung dazu mit dem Stride- Mord.

Dies läßt ja darauf schließen, dass selbst Swanson lange nicht sicher gewesen sein muss, was seine späteren Randnotizen betraf. Ich denke, sie haben noch lange über die Identität des Täters spekuliert (Swanson, Anderson, evtl. Macnaughten) und sich irgendwann mal "festgelegt". Der "Alarm" blieb ja auch nach der Seaside- Home Identifikation bestehen. Es bleibt alles ein Rätsel.

Grüße, Lestrade.
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: KvN am 18.04.2010 18:07 Uhr
Nun ja, die Krise bei der Polizei ist offensichtlich, aber die Morde des Rippers haben meiner nach dazu beigetragen den Schaden zu begrenzen! Sehen wir uns panopticons sehr konsistente Aufstellung an, so kommen wir unweigerlich zum Schluss dass die Lage in innenpolitischer Hinsicht drohte ausser Kontrolle zu geraten. Und plötzlich taucht JtR auf! Ein Fantomas, ein intergalaktischer Meisterkiller, da ist es keine soooo große Schande zu scheitern als wenn man zugeben muss dass man die Nichols Gang nicht im Griff hat.
Aber auch dazu mehr in einem anderen Thread...

Grüße
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Lestrade am 18.04.2010 21:39 Uhr
Ich stimme dir zu... diese Ereignisse in Whitechapel werden sicherlich später zu einer Verbesserung geführt haben...

Nicht das du jetzt noch Louis de Funes mit den Verbrechen in Verbindung bringen möchtest :icon_lol:

Weißt du was? Wir haben keine Ahnung. Nach all den Monaten die ich mich jetzt mal wieder mit dem Fall beschäftigt habe und auch wieder viel Neues erfuhr, bleibt jedoch das gleiche Gefühl wie es immer war, bezüglich des Täters allerdings nur. Wir wissen nicht wer er war, wie er lebte und was seine Motivation und seine Motive waren.

KvN, ich bin frustriert. Tu was dagegen.

Liebste Grüße,

Lestrade.
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: KvN am 19.04.2010 10:45 Uhr
Ja, so gehts uns allen gelegentlich...Eben weil es de facto KEINE 100% gesicherten Erkenntnisse gibt. Aber Kopf hoch, der Weg ist das Ziel, die Diskussionen sind interessant und der Einblick den uns die Recherchen in das damalige Leben geben ist doch auch recht aufschlussreich!
Ich werd in nächsten tagen einen Thread starten der vielleicht ein paar neue Aspekte reinbringt, vielleicht ist das ja auch aufmunternd!

Grüße
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Lestrade am 19.04.2010 10:51 Uhr
Ich danke dir!

Schwere Krise bei mir. Komm mir vor wie ein Doof.

Gruß.
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Floh82 am 19.04.2010 13:31 Uhr
Ich persönlich finde ja gerade die Tatsache dass wir/niemand diesen Fall je lösen werden/wird nicht schlimm. Im Gegenteil ich finde es damit sogar noch weitaus spannender sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Eins werden wir alle wohl einsehen müssen:
Jack the Ripper beibt uns unbekannt. Zumindest in diesem Leben ;)
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Lestrade am 19.04.2010 13:52 Uhr
Na wenigstens finde ich in deinen Worten Trost...
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von J
Beitrag von: panopticon am 20.04.2010 01:53 Uhr

Kopf hoch - Vielleicht hast Du das Pferd hier ja auch nur von der falschen Seite aufgezäumt, Lestrade?! Du hast doch hier an sich sehr interessante und wichtige Punkte angeführt: Wenn es Dir schwer fällt, viele dieser Ereignisse dem Ripper zuzuordnen, stellt sich die Frage, warum? Eine Antwort darauf wäre, dass sie, wie auch andere Fälle (Millwood, Wilson, Smith, Tabram, Stride, eventuell sogar Kelly, Farmer, Coles) teilweise auch Motiven zuordenbar sind, die man den wahrscheinlichsten Morden des Rippers nicht eindeutig zuordnen kann: Purer Sadismus etwa (warum dann zuerst ein Kehlschnitt?), Raub (wo es nichts zu holen gab?), Nötigung / Einschüchterung (wo der Tod der Opfer scheinbar von vorneherein ´Konzept´ war?), Affekt (bei einer derartig präzisen Tötungsart), reine Lust zu Töten (warum dann die Verstümmelungen?),...

Festzustellen bleibt auch, dass 1888 scheinbar wesentlich mehr ungelöste Gewaltdelikte (vor allem mit letztendlich irgendwie tödlichem Ausgang) aus Whitechapel und Umgebung zu berichten waren, als bisher angenommen. Diese Häufung blieb neben den Rezipienten auch den Zeitungsmachern allein schon aufgrund der immer wieder ähnlich konstruierten / zu konstruierenden Schlagzeilen nicht verborgen. Es scheint fast so, als hätte jegliche Form von ungelöstem Gewaltverbrechen ab dem Mord an Tabram für die Zeitungen dazu gereicht, einen Teufel in dieser Gegend an die Wand zu skizzieren, der spätestens ab dem Mord an Nichols tatsächlich erstmals in Erscheinung trat, und der nur etwas mehr als eine Woche danach in noch größerer Rage eindeutig abermals von sich hören ließ....


Liebe Grüße,
panopticon
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Lestrade am 20.04.2010 13:30 Uhr
Danke panopticon!

Nun, ich denke "Kosminski" war Jack the Ripper aber seine Polizei- Akten sind weg, genau wie die aus der Anstalt. Warum auch immer. Also was kann ich tun? Er war in meinen Augen, ein nach außen hin völlig harmloses Gesicht, ohne richtigen Wohnsitz, getragen von einer Gemeinschaft, in der er völlig anonym leben konnte ohne viel Fragen gestellt zu bekommen. Der geführt wurde, entsprechend seine Fähigkeiten natürlich. Es sollte Leute gegeben haben, die sich um ihn kümmerten, durch die er überleben konnte. Ein Mann, dessen richtigen Namen wahrscheinlich keiner wußte, der sich vielleicht nicht mal selber viel mitteilte. Ein Mann, der trotz seiner Probleme genauso viel Achtung "seiner Leute" erfuhr, wie ein Hyam Hyams, ein Jacob Levy, ein Aaron Kosminski oder ein David Cohen. Man trug diese Menschen so lange wie es eben ging. Auch ihn, Jack the Ripper. Wer waren seine Leute? Menschen wie Joseph Hyam Levy, Lawende, Schwartz, de Leeuw, Louissan und Martin Kosminski. Er lebte mitten unter ihnen, genau wie es seine Opfer taten, eine Nichols, eine Chapman, eine Stride, eine Eddowes und eine Kelly. Wen auch immer Swanson, Anderson und Nacnaughten mit "Kosminski" meinten, wen immer Sagar und Cox auch observierten, wen Hutchinson in der Middlesex- Street oder ein PC wiedererkannt haben wollen, ohne etwas Schwar(t)z auf Weiss, sprich verschwundene Unterlagen, kommen wir nicht weiter.

Aber es ist vielleicht nur ein falsch aufgezäumtes Pferd, dass ich da reite, da magst du recht haben.

Doch ich kann nichts anderes erkennen oder sehen. Ich würde ja gerne und lese mit großem Interesse alle anderen Varianten aber am Ende denke ich so, wie oben beschrieben.

So bin ich eben...

Liebe Grüße, Lestrade.
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von J
Beitrag von: panopticon am 20.04.2010 17:01 Uhr
Hallo Lestrade!

Ich habe eigentlich nicht gemeint, dass Du das Kosminski-Thema ´falsch aufgezäumt´ hast!
Eigentlich habe ich mich nur auf diesen Thread hier bezogen, weil Du ja geschrieben hast, dass Du es schwierig findest, diese Ereignisse dem Ripper zuzuordnen. Wenn Du diese Aussage (!) ´andersrum aufzäumst´, ist festzuhalten, dass Du sie dem Ripper eher nicht zuordnest – Na, das ist doch eine interessante Feststellung, die uns weiterbringen kann, und absolut kein Grund für eine Krise! Auch wenn wir den Fall zumindest aufgrund der aktuellen Sachlage letztlich wohl nicht lösen werden, bringt das auf jeden Fall auch wieder neue Aspekte mit sich, und wer weiß, vielleicht taucht ja doch noch so einiges auf...

Worauf ich ferner hinaus wollte, und wofür Deine Feststellung auch sehr interessant ist, wie ich finde, spare ich mir jetzt vorläufig mal, da ich beim nochmaligen, genauen Durchlesen festgestellt habe, dass KvN diesbezüglich wohl sehr bald einen hochinteressanten Thread starten könnte, der eventuell genau davon handelt, und der Motive in den Fokus rücken könnte, die das Bild vom während der Tat sonderlich emotional aufgewühlten Täter, doch ein wenig ins Schwanken bringen könnten, wenn ich mich nicht irre. Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt darauf!


Liebe Grüße,
panopticon
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Lestrade am 20.04.2010 17:11 Uhr
Hi!

Ich bin auch schon gespannt...

Ja, haben wir aneinander vorbeigeredet...fast zumindest... :icon_wink:

Bei den K5 bin ich mir sicher...also rein meiner persönlichen Meinung... Ansonsten könnte ich mir Millwood, Tabram und Wilson sowie 1-2 deiner aufgeführten Personen als mögliche Ripper- "Opfer" vorstellen. Da fehlt mir jedoch die 100%ige Überzeugung. Dennoch gut möglich.

Der Lestrade.
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Lestrade am 21.04.2010 18:18 Uhr
@panopticon:

Was weißt du noch von Catherine Mellows 1886?

Liebe Grüße,

Lestrade.
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Lestrade am 21.04.2010 18:38 Uhr
Warum ich frage?

Mir ging heute folgendes durch den Kopf:

Da taucht jemand urplötzlich auf, mordet und verschwindet genauso schnell wieder wie er aufgetaucht war. Und vielleicht auch dahin wo er herkam, nämlich aus einer Anstalt. Warum sollte jemand nicht schon früher mit Gewalt gegen Frauen/ Prostituierte aufgefallen und sorgsam schon mal weggesperrt worden sein? Und hin.-und wieder auch mal auf freien Fuss. Hoffe, alle die recherchiert haben, haben sich auch die Patientenlisten aus den Jahren vor 1888/1889 angesehen. Also 1885 bis in´s Jahr 1888. Und zwar für Colney Hatch und Stone etc.

Weiß jemand etwas über etwaige Aktionen?

Gruß.
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von J
Beitrag von: panopticon am 21.04.2010 20:26 Uhr
Interessanter Gedanke. Die Polizei damals hat scheinbar auch eine Zeit lang so gedacht. Auf den Fall Mellows trifft das aber wohl weniger zu, nicht nur wegen der kurzen Zeitspanne von 2 Jahren:

Catherine Mellows, 23, laut ihrem Mann seit 18. Mai 1886 von zu hause (Peckham) abgängig, wurde erst 6 Wochen später, im Juni 1886 im ersten Stock eines noch nicht fertig gestellten Gebäudes in der Hansler Road im Südosten von London (East Dulwich) tot aufgefunden. Ihre Stirn ruhte auf ihrem Arm, ihre Kehle war durchgeschnitten und neben der bereits stark verwesten Toten lag ein Messer. Urteil des herbeigerufenen Arztes: Selbstmord. Laut Angaben ihres Ehemannes, der ihr Verschwinden wohl erst nach zwei Tagen meldete, und der für Catherine eine Lebensversicherung abgeschlossen haben soll, war sie depressiv und selbstmordgefährdet. Auch Scotland Yard soll angeblich (!) Zweifel an einem Selbstmord gehabt haben. 

Bezüglich Quellen: Früher war da auch mal ein Zeitungsartikel über den ´Selbstmord´ irgendwo im Netz. Mittlerweile gibt´s den wohl nicht mehr, und auch auf Casebook habe ich jetzt keinen entdeckt (nur den Hinweis auf die Times vom 1. Juli 1886), dafür habe ich beim Suchen das hier gefunden: http://thebigretort.blogspot.com/2007/06/unmasking-jack-series-continues.html


Grüße,
panopticon
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Lestrade am 21.04.2010 21:57 Uhr
Danke dir für den Link...Können wir wohl ausschließen...

Ansonsten weißt du aber nichts davon, wie weit (in heutiger Zeit) Einsicht in alte Anstaltsakten genommen wurde, soweit die überhaupt noch vorhanden wären?

Beste Grüße.
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von J
Beitrag von: panopticon am 22.04.2010 00:01 Uhr
Wie weit das jemand mittlerweile genau gemacht hat, weiß ich nicht. Da muss man sich aber vermutlich ziemlich durch die National Archives / London Metropolitan Archives wühlen, wo ja diverse Akten von der Whitechapel Infirmary, Colney Hatch und Stone zu finden sein sollen – ohne konkrete Hinweise auf Namen stelle ich mir das  aber auch eher schwierig vor, zudem muss man in manchen Archiven wohl ohnedies eine ziemlich konkrete Anfrage stellen. Manche Records Offices sollen ja auch einen Verwandtschaftsnachweis verlangen, bevor sie jemandem in die jeweiligen Patientenakten Einsicht gewähren, dann gibt´s da angeblich manchmal auch noch so eine 100-Jahre-Regel, wobei ich nicht weiß, ob diese ab dem Einlieferungs- oder Sterbejahres des Patienten gilt,  etc etc. Was da konkret dran ist, und wie das letztlich funktioniert - keine Ahnung. Da habe ich, wenn ich mich richtig erinnere, doch irgendwann im Casebookforum gelesen, dass es gar nicht so einfach war, an verschiedenste erhaltene Asylums-Akten von diesem ´Joseph Fleming alias James Evans´ zu kommen (der eventuell Kellys Ex ´Joseph Fleming´ gewesen sein könnte). Also wenn ich jemandem zutraue, da extrem herumgeforscht zu haben, dann jedenfalls Chris Scott. ;)

Bei Interesse, selbst tätig zu werden, wären dies wohl zumindest gute Ausgangspunkte:
http://www.cityoflondon.gov.uk/Corporation/LGNL_Services/Leisure_and_culture/Records_and_archives/
http://www.nationalarchives.gov.uk/


Gruß,
panopticon
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Lestrade am 22.04.2010 10:40 Uhr
Herzlichen Dank panopticon!

Aber ob ich mir die Mühe machen will? Lese ersteinmal Chris Scott.

War ja nur so eine Idee. Denke mir, der Ripper ist schon vorher aufgefallen. Vielleicht müssen wir einfach mal einen Schritt in der Zeit zurück machen, um voranzukommen.

Liebe Grüße,

Lestrade.
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Lestrade am 22.04.2010 12:01 Uhr
Wo du Joseph Fleming erwähnst... Er war ja Maurer/ Stuckateur und Kelly´s Morganstone ebenfalls im Baugewerbe tätig...

Da gibt es eine interessante Zeitungsmeldung, allerdings vom 13. 01. 1884. Ein polnischer Bildhauer (er hatte also auch mit "Stein" zu tun) wurde von der Polizei wegen Diebstahls in die Mangel genommen. Er hatte kein Heim und behauptete erst kürzlich in London gelandet zu sein. Das glaubte man ihm aber nicht ganz. Dieser Mann hieß Francois Kozminski. Er erscheint weder im 1881er, noch im 1891er Census. Jedenfalls schwirrte ein weiterer Koz(s)minski zwischen diesen Jahren in London herum. Und, wenn auch nur für 1884 belegt, ohne Wohnsitz. Er ist der einzige Koz(s)minski, der mir so neben Aaron Kosminski, ungewöhnlich auffiel. Er war auf jeden Fall schon einmal straffällig geworden. Interessant finde ich seinen Vornamen. Ein Pole in 1888 mit einem französischen Vornamen. Findet man wohl heutzutage eher vom polnischen Einwanderen in Frankreich. Oder er wurde bereits in Polen geboren. Dazu fällt mir Stephenson´s Bemerkung ein, die er zu Schreibweise des Wortes "Juden" zum Goulston Street Graffito gemacht hatte. Nämlich das es auch die franz.weibliche Form bedeutet haben könnte. 

Nur mal so als Info...
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: KvN am 23.04.2010 14:01 Uhr
Hab mal im Time - Archiv rumgestöbert und bin zusätzlich noch auf folgende Tötungsdelikte in London 1888 gestossen:

28.1. Lucy Clark (Mord)
2.2. Mr. und Ms. Potstami (Mord und Selbstmord)
18.5. Ms. Wright (Mord)
24.5. Mary Newman (Mord)
2.6. Mr. und Ms. Lake (Mord und Selbstmord)
4.7. Eliza Schummacker (Mord)
16.10. Annie ? (Totschlag)
3.11. Mr. und Ms.Ardrovitch (Mord und Selbstmord)
22.12. Unbekannte Frau (Mord)

Leider kann ich noch nicht mit exakteren Angaben aufwarten, es mangelt an Zeit. Die Daten beziehen sich auf das Erscheinen der Artikel.
Ich behaupte auch nicht dass eines dieser Verbrechen etwas mit JtR zu tun hat.
Aber wie ist das Gerücht entstanden dass Morde so selten wären? Panopticons Posting, die Erläuterungen von Floh und Loki zu den Torso Morden, meine bescheidenen Ergebnisse...Hhhhm, also für mich wackelt das tradierte Bild des Herbst des Schreckens momentan ganz schön!

Grüße
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: KvN am 23.04.2010 14:07 Uhr
Super, hab grade entdeckt dass ich mir meine tolle Aufzählung einglasen kann...Panopticon hat den link zur entsprechenden Seite schon vor Monaten ins Forum gestellt...

Grüße
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Lestrade am 23.04.2010 14:33 Uhr
Leider kann ich noch nicht mit exakteren Angaben aufwarten, es mangelt an Zeit. Die Daten beziehen sich auf das Erscheinen der Artikel.
Ich behaupte auch nicht dass eines dieser Verbrechen etwas mit JtR zu tun hat.
Aber wie ist das Gerücht entstanden dass Morde so selten wären? Panopticons Posting, die Erläuterungen von Floh und Loki zu den Torso Morden, meine bescheidenen Ergebnisse...Hhhhm, also für mich wackelt das tradierte Bild des Herbst des Schreckens momentan ganz schön!


Ja KvN, geht mir die letzten Tage genauso...Aber ich würde eher empfehlen, auf Gewaltereignisse zurückzuschauen, die 1-2 Jahre zurücklagen. Für den Bereich Whitechapel...Es gibt die Behauptung, ein Verdächtiger befand sich gerade mit Beginn der Ereignisse auf freien Fuss (oder mal wieder) und war den PC und Detektiven bekannt. Deswegen auch kürzlich meine Frage, wer Einblicke in Anstalten hatte und ob eine Person immer mal wieder in Gewahrsam genommen wurde. Das gleiche gilt für Gefängnisse. Und zwar vor dem Herbst 1888. Und ob dieser Name danach auch wieder aufgetaucht ist. Ich vertraue zwar den bisherigen Ripperforschern aber auch sie sind nur Menschen, die mal etwas übersehen könnten.

Liebe Grüße, Lestrade.
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: KvN am 24.04.2010 22:41 Uhr
Ein guter Tipp, aber ich versuche grad eine andere Schiene. Ich möchte ein wenig weg vom whodunit und mir mehr Klarheit über die Umstände dieser Zeit verschaffen. Ich sehe ja jetzt in diesem Thread, dass ich mit meiner Ansicht über die Häufigkeit von Gewaltverbrechen und Tötungsdelikten echt auf dem Holzweg gewandelt bin. Momentan interessieren mich die Zahlen bezüglich der natürlichen Todesfälle, der Lebenserwartung etc. Wenn mir da irgendwer weiterhelfen kann bin ich natürlich dankbar!
Aber ich werde diebezüglich demnächst einen eigenen Thread starten, möchte das überaus wichtige Thema hier nicht verwässern!

Grüße
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von J
Beitrag von: panopticon am 08.05.2010 00:16 Uhr
Hi.

Also der Mord an Dora Piernick, einer 28 jährigen aus Polen stammenden Prostituierten jüdischen Glaubens am 29. Dezember 1903 hat, so muss ich zugeben, einige Details aufzuweisen, die doch recht an den Mord an Mary Jane Kelly erinnern: Eine Prostituierte mit eigenem Raum und einem Mann, der vor kurzem aus diesem ausgezogen war (in diesem Fall aber unfreiwillig, weil im Knast); andere Prostituierte, die Dora  bei sich übernachten ließ; die Angst des Opfers vor irgendjemandem; Zeugen, die des Nächtens was hören, aber nicht so reagieren, wie nötig; eine Ermordete, die man erst spät unter Tags fand, da man davor annahm, dass diese einfach unterwegs war; eine Tote mit durchtrennter Kehle am Bett liegend; und eine Tür, die von der Polizei aufgebrochen werden musste, weil der Schlüssel des Raumes verschwunden war. Zudem zwar kein kaputtes, aber ein offenes Fenster. Obwohl der Schlüssel und die Mordwaffe fehlten, war sich die Jury bei der Inquest nicht sicher, ob man es hier nicht auch mit einem Selbstmord zu tun haben könnte (da die untersuchenden Ärzte einen solchen nicht ausschlossen), und ließ ihr Urteil ´offen´. Der Landlord hätte sie eventuell ja finden und die beiden Gegenstände entsorgen können, aus Angst, des Mordes verdächtigt zu werden. (Da wundert mich nicht, was man über McCarthy so alles mutmaßt.) Macnaghtan kommentierte diese These im Fall Piernick jedenfalls so: ´Möglich, aber nicht wahrscheinlichEin entscheidender Unterschied zu Kelly besteht aber auf jeden Fall:  Dora hatte in der Vornacht wohl 8 Pfund in Gold bei sich, wo auch immer sie die herhatte. Der Mord fand übrigens in der City statt. (Whitfield Street an der Tottenham Court Road – in der selben Straße wurde bereits 1891 eine Prostituierte namens Elizabeth Stoffel von einem gewissen Paul Acheton getötet.)


Der Mord an Esther PraagerDie Kleine´genannt – das habe ich nicht übersetzt, das ist wörtlich!), einer ebenfalls jüdischen Prostituierten aus Polen im Oktober 1908 in der Bernard Street beim Russell Square, ist auch in Bezug auf Kelly interessant – sie hat ihren Mörder wohl selbst mit in ihre Unterkunft gebracht, trug aber nur eine Chemise als man sie fand, und man ging davon aus, dass sie eigentlich schlafen wollte. (Sie war erst tags zuvor eingezogen.) Auch hier ist es schon faszinierend, was die Leute so alles mitbekommen und nicht reagieren, sich dafür aber am nächsten Tag sogar über die nächtliche Ruhestörung beschweren, oder alternativ dazu annehmen, dass es nicht aus dem Haus kam...


Wen diese beiden ungeklärten Fälle inklusive der Morde an Harriet Buswell, einem frühen Thames Torso Mord, Emily Dimmock, und einer ganzen Menge anderer von 1837 – 1914 interessieren (darunter auch Alice McKenzie und Frances Coles) – sie finden sich in dem unlängst von mir geposteten Buch von Jonathan Oates : ´Unsolved Murders in Victorian & Edwardian London´, siehe http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1252.msg19087.html#new
Recht spannend, ich habe aber erst ein paar Fälle gelesen. Was auch interessant ist, ist die Liste weiterer ungeklärter Morde am Ende – außer Datum und ungefährer Ortsangabe leider ohne nähere Details, wie zumindest der Todesursache.


Was sich jedenfalls noch sagen lässt: Wenn sich die Jury so anstellt, wie im Fall Piernick, sieht die Realität wohl leider etwas anders aus, als die offizielle Mordstatistik – wäre doch interessant, wie oft es solche ´offenen Urteile´ 1887 /88 nun tatsächlich gab...


Grüße,
panopticon


P.S.: Habe das Jahr bei Piernick ausgebessert - war 1903, und nicht, wie ich ursprünglich schrieb, 1908. Sorry.
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Anirahtak am 09.05.2010 21:12 Uhr
Sehr interessant, das alles. Auch dann, wenn es nichts mit dem Ripper zu tun haben sollte.
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: KvN am 10.05.2010 22:40 Uhr
Hi Anirahtak!

Das hat eine Menge mit dem Ripper zu tun, auch wenn er nicht unmittelbar für die einzelnen Gewalttaten verantwortlich ist. Ob eine Mordserie herausragend ist oder in einem Umfeld passiert in dem Tötungsdelikte mehr oder weniger systemimmanent sind, das ist doch ein Riesenunterschied!

Grüße
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Anirahtak am 10.05.2010 23:32 Uhr
Na ja, mich interessiert es eben auch unabhängig vom Ripper, wie es damals dort zuging.

Sollte die ripper'sche Mordserie eher systemimmanent gewesen sein, stellt sich mir die Frage, weshalb sie von der Presse besonders hervorgehoben wurde. Weil es bei den anderen (scheinbar) keine Serien waren, sondern einfach viele einzelne Morde?

Oder vermute ich falsch und es gab generell viel über alle möglichen Morde zu lesen?
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: KvN am 11.05.2010 08:20 Uhr
Morgen!

Habe mir erlaubt mich diesbezüglich in einem eigenen Thread zu äussern...Aber Morde waren -und sind- schon generell ein beliebtes Thema in den Zeitungen, auch die anderen Taten wurden medial recht ausgeschlachtet.

Grüße
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von J
Beitrag von: panopticon am 18.07.2010 00:29 Uhr

20. November 1888: Am Great Western Railway nahe Stoke Canon, 3 Meilen von ihrem Haus entfernt, wird die verstümmelte Leiche von Jenny Rowe aus Cornwall gefunden. Die Tote, die seit einigen Monaten  als Bedienstete des Stadtschreibers von Exeter beschäftigt war, ist voll bekleidet, trägt jedoch statt Stiefeln Hausschuhe. Zuvor wurde sie in Begleitung eines jungen Mannes die Straße entlang gehen sehen, der jedoch bestreitet, dass es zwischen ihnen Streit gab.(Quelle: ´The Star´, 21. November 1888)


So, hier nun ´on demand´ einiges über tote Männer in England aus meinen Notizen, vorwiegend aus der Zeit nach dem Mord an Mary Jane Kelly im November 1888. Da ich dieses Thema nur eher überflogen habe, habe ich die Quellen zum Teil nicht mehr wirklich, die meisten davon sind wohl aus dem Star am Tag danach, wenn ich mich recht erinnere, bei Anfrage kann ich aber noch mal nachsehen – Frühere habe ich bisher noch nicht näher recherchiert :


1. Ungeklärte Todesursache:


´The Star´, 21. November 1888:

´
Mit durchschnittener Kehle in Croydon gefunden

Gestern wurde die Leiche eines gut angezogenen Mannes in Purley-downs, Croydon, mit unter mysteriösesten Umständen grauenhaft eingeschnittener Kehle entdeckt. Die Leiche wurde ins Leichenhaus gebracht.´


 
2. Selbstmorde:

3. Oktober 1888: Ein Mann, der wie ein Handwerker aussieht, springt gegen 10.30h in der Bethnal Green – Junction unter den Augen der Wartenden vor einen einfahrenden Zug.

13. November 1888: etwa 60 Jähriger ließ sich von einem Zug in einem Bahntunnel am Great Northern Railway in Highgate enthaupten, indem er seinen Kopf auf die Schienen legte.

16. November 1888: PC Richard Brown, 36, Metropolitan Police (E Division, Hunter Street) – Selbstmord durch Erschießung im Hyde Park.

16. November 1888: David Lloyd (oder Llannelly), 22, erschießt sich in seinem Zimmer im Royal Hotel in Cardiff nach einigen Runden Billard und einer Diskussion mit der Bardame, ob das Leben lebenswert wäre.

19. November 1888 (Am Morgen von Mary Jane Kelly´s Beerdigung): Edward Buchan, 29, Marine Store Dealer, Selbstmord durch Kehlschnitt an seinem Geburtstag in Nr. 37 Robin Hood Lane, Poplar.



3. Mord und Selbstmord:

18. November 1888: Ein Mann namens Kirby (keine Ahnung, ob er mit diversen Kirby´s von den Polizeikräften verwandt war, Anm.) tötet in der Church Street, Manningham aus Eifersucht zuerst seine Frau und ihr Kind im eigenen Haus und erhängt sich anschließend ebendort.



4. Selbstmordversuch:

16. November 1888: Lumbley Matthews, angeblicher Neffe des Home Secretary Henry Matthews, schneidet sich in seinem Apartment 25 Endsleigh-gardens, Euston Road mit einer Rasierklinge die Kehle auf, setzt sich hin und schreibt eine Selbstmordnachricht. Danach versucht er mit den Händen die Wunde zu vergrößern. Da er am Morgen des 17. November immer noch lebendig in der Blutlache liegt, öffnet er das Schlafzimmerfenster und springt hinaus. Von da wurde er ins University Hospital eingeliefert.


Regards,
panopticon
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von J
Beitrag von: panopticon am 23.08.2010 22:22 Uhr
Habe gerade festgestellt, dass ich über den Mord an Mary Ann Austin 1901 hier noch nichts Näheres angebracht habe, was ich hiermit nachhole: Eventuell nötige Korrekturen (ich habe die Geschichte nur mal schnell zusammengefaßt) wie immer willkommen!

Montag, 27. Mai 1901: Die 28 jährige Mary Ann Austin stirbt an den Folgen von mindestens 10 Messerstichen in den Unterleib, die ihr ein Unbekannter in Crossingham´s Lodging House in der Dorset Street (Nr. 35) in Spitalfields (das ist in der Tat das Crossingham´s, in dem Annie Chapman bis zur Nacht ihrer Ermordung üblicherweise ihre Unterkunft hatte, und damit klarerweise auch in jener Dorset Street, in der Mary Jane Kelly getötet wurde) zugefügt hat. Die Tat ereignete sich, wie die Morde an Stride und Eddowes, in einer Nacht von Samstag auf Sonntag, genauer gesagt: Am Morgen des Sonntag, 26. Mai 1901.

Ungefährer Tatablauf:

Mary Ann Austin erzählte im Laufe des Samstagabends (25. Mai 1901), dass sie einen Russen in der Commercial Road getroffen habe, und diesen noch in dieser Nacht erneut treffen wolle. Kurz vor Mitternacht betrat sie Crossingham´s mit einem Fremden, der dort verhältnismäßig viel für ein gemeinsames Zimmer bezahlte. Nachdem Maria Moore, die Frau des Deputys von Crossingham´s am Morgen danach (zwischen 8h und 9h) darauf aufmerksam gemacht wurde, dass ein Stöhnen und Ächzen aus diesem Zimmer vernehmbar war, betrat sie das Zimmer und fand darin Mary Ann Austin nackt und schwer verletzt vor. Das Opfer wurde ins London Hospital gebracht, und konnte vor ihrem Tod tags darauf angeblich noch vermelden, dass sie ihren Angreifer, den sie laut ihren Aussagen für einen Juden hielt, nicht kannte und ursprünglich auf der Straße aufgabelte. Nachdem sie mit ihm die Nacht verbrachte, sei sie unter Schmerzen am Morgen aufgewacht und sah den Mann noch türmen. Austin wurde wohl auch in den Rücken gestochen. Die Tatwaffe war vermutlich ein spitzes, scharfes Instrument, höchstwahrscheinlich ein Messer, dessen Länge und Breite sich nicht wirklich sagen ließ. Fingerabdrücke konnten (trotz Versuchs) am Opfer leider nicht gefunden werden. Offensichtlich war Austin auch am ganzen Körper getreten worden, wie unzählige, blaue Flecken vermuten ließen. Moore und ein anderer Lodger im Crossingham´s namens Bates beschrieben den Mann, mit dem Austin kurz vor Mitternacht ihr Zimmer bezog, zusammengefasst folgendermaßen: Kleiner, ´dunkler´ Mann, etwa 40, mit ´jüdischen Merkmalen´, Haar und Oberlippenbart: dunkel, keine Koteletten, Silberring an der linken Hand, grau karierte Kappe (Bates) / Billy-cock-Hut (Moore), rot-schwarzer Schal um den Hals (Bates).

Die Tote wurde auch von ihrem 43 jährigen Ehemann William Austin, einem Dockarbeiter identifiziert, der sie nach einem Streit über ihre Trinksucht und 8 Jahren Ehe um den 15. Mai herum, verlassen haben will. Eine der beiden kleinen Töchter nahm er mit, die andere ließ er bei ihr. Bevor er seine Frau verließ, zahlte er Mrs. McCarthy noch die ausstehendes Rente für ihre bis dahin gemeinsame Unterkunft in der Dorset Street Nr. 37. (Das ist in der Tat die Ehefrau von John McCarthy, der nicht nur Landlord des Millers Courts, sondern auch anderer Gebäude in der Dorset Street war – Nr. 37 befand sich übrigens wie Crossingham´s und Miller´s Court ebenfalls auf der nördlichen Straßenseite, allerdings westlich der Little Paternoster Row, in der Annie Chapman das letzte Mal nachweislich lebend gesehen wurde.) William Austin stand einige Zeit lang scheinbar durchaus auch unter Tatverdacht.

Einer der interessantesten, aber eventuell fiktiven ´Tatverdächtigen´ im Fall Austin ist wohl ein angeblicher, gewisser ´George Neating´, der der Polizei von einer gewissen Mrs. Clarke genannt wurde : Er gab angeblich an, Hufschmied zu sein, wohnte mit seiner Frau Mabel zusammen, und war vor allem ihr gegenüber gewalttätig – Sie stand scheinbar komplett unter der Kontrolle ihres Mannes. Während der ´Jack the Ripper´-Morde 1888  soll er bei der Metropolitan Police tätig gewesen sein, und sich immer, wenn auf seinem Beat oder anderswo etwas schief ging, hinter den Grabsteinen im Stephney Churchyard versteckt haben. Er soll schließlich wegen Trunkenheit aus dem Dienst entlassen worden sein. Ein großes Problem mit dieser Theorie: In der MePo diente 1888 kein Mann mit diesem oder einem ähnlichen Namen...

Nach diesem Mord an Austin, der erneut den Namen ´Jack the Ripper´ in den Medien erscheinen ließ, wurden auch Ex-Detective McIntyre und Inspector Reid von den Medien über ihre Meinung dazu befragt. Während McIntyre es für möglich hielt, dass der Ripper einige Jahre im Gefängnis verbracht hatte, und danach abermals zu neuen Taten in seinem alten Territorium schritt, vertrat Reid die Meinung, dass der Ripper bereits verstorben sei und unter anderem daher wohl auch nicht der Urheber dieser Tat gewesen sein könne.

Mehr Infos über den Mord an Mary Ann Austin: u.a. http://www.casebook.org/dissertations/rn-mary-ann-austin.html, ,...


Grüße,
panopticon
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Stordfield am 12.09.2010 12:31 Uhr
Hallo Leute!

Aller erste Sahne, diese Aufzählungen und eine wahre Fundgrube für mein kleines privates Archiv!  :icon_thumb: :icon_thumb: Vielen Dank vor allem an panopticon und Lestrade.
Jungs, wenn es euch nicht zu viel Mühe macht, könntet ihr vielleicht mal schauen, wie es mit männlichen Opfern aussieht? Mein Englisch ist leider nicht so gut, daß ich mich leichtfüßig von einem link zum nächsten hangeln könnte.

Gruß Stordfield
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von J
Beitrag von: panopticon am 12.09.2010 18:20 Uhr
Hallo Stordfield!

Allzu viel habe ich diesbezüglich bisher nicht gefunden:


In der Nacht nach dem Mord an Martha Tabram wurde der 28 jährige Maurer John Holland in der Bethnal Green Road zwischen Mitternacht und 1h morgens von drei Männern niedergeschlagen, die danach auch auf ihn einstachen. Hollands Kleidung wies einige Schnitte auf und er hatte einige Stichwunden im Abdomenbereich. Einer der Männer soll Holland Geld geschuldet haben. (Quellen: The Echo, 8. & 9. August 1888: http://www.casebook.org/press_reports/echo/18880808.html, http://www.casebook.org/press_reports/echo/18880809.html)


Ungeklärte Morde an Männern in London habe ich schon noch einige notiert, allerdings Jahre später und zumeist ohne nähere Details. Namen kann ich schon nennen, aber ohne zumindest die Todesursache zu wissen, sind sie wohl weniger interessant. 1897 fischte man übrigens auch ein unbekanntes, männliches Mordopfer aus der Themse (wie gesagt: recht später Tatzeitpunkt, um mit den Morden 1888 eventuell irgendwie in Verbindung gebracht werden zu können). 


Es gab viele Gewaltausbrüche in Verbindung mit verschiedensten Festnahmeversuchen durch die Polizei - zumeist aufgrund von Eigentumsdelikten oder Fällen ´häuslicher Gewalt´ (dokumentiert u.a. in ´East End 1888´  von William J. Fishman, oder ´Jack the Ripper and the East End´ - Peter Ackroyd u.a.) -  Bei einem davon musste 1900 auch ein mit den Morden in Whitechapel und Umgebung in Verbindung stehender PC sein Leben lassen: 

PC Ernest Thompson, der bei seinem allerersten ´Solobeat´ 1892 die sterbende Frances Coles fand, wurde bei seinem allerletzten ´Solobeat´ im Dezember 1900 von einem gewissen Barnett Abrahams (einem Zigarrenmacher) erstochen, den er verhaften wollte. (Quelle: The Eastern Post & City Chronicle, 8. Dezember 1900: http://www.casebook.org/press_reports/eastern_post/easternpost001208.html)


Die in einem Paket gefundenen menschlichen Überreste, die man angeblich im August 1888 in der Guildhall Railway Station fand, die womöglich aus einem fahrenden Zug oder von einer Brücke geworfen wurden, und die eventuell zuvor gekocht oder geröstet worden waren, gehörten wohl scheinbar zu einer Frau. (Quellen: Evening Standard, 25. August 1888: http://www.casebook.org/press_reports/evening_standard/18880825.html und Irish Times, 6. Oktober 1888: http://www.casebook.org/press_reports/irish_times/18881006.html?printer=true) - Auch mit dem ungelösten sogenannten ´Railwaymord´ an Elisabeth Camp Jahre später (1897) scheint dies nicht in Verbindung zu stehen.


Ich bleibe klarerweise aber an dem Thema dran...


Grüße,
panopticon
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Stordfield am 12.09.2010 19:57 Uhr
Danke!!
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von J
Beitrag von: panopticon am 12.09.2010 21:54 Uhr

Hier Links zum sogenannten ´Regent´s Park Mord´- neben der JtR-Mordserie und dem ´Whitehall-Mystery´ einer der spektakulärsten (wenn auch geklärten) Morde des Jahres 1888 in London, der zugleich etwas Einblick in die ´Gang´-Szene´ Londons  gibt. Das Opfer hieß Joseph Rumbold und wurde am 30. Juli 1888, also etwa eine Woche vor dem Mord an Martha Tabram, von einer Bande Jugendlicher im Regent´s Park mit Messern getötet. (Dass auch hier Namen wie ´Chapman´, ´Cleary´ und sogar ein Angeklagter namens ´Francis Cole´ zu finden sind, zeigt mal wieder, dass einige Namen damals doch recht häufig waren...) Zeitungsbericht: http://paperspast.natlib.govt.nz/cgi-bin/paperspast?a=d&d=TS18880922.2.22&l=mi&e=-------10--1----0-all ; Verhandlung (Old Bailey / Central Criminal Court): http://www.oldbaileyonline.org/browse.jsp?id=t18880730-name-209&div=t18880730-759#highlight


Um auch Einblick darauf zu geben, welchen nachweislichen, widerlichen ´Zusatzeinfluss´ die Morde im East End auf Gewalttaten mit Beziehungshintergrund hatten, hier die Verhandlung des Falles Frank Hall, der Sarah Brett im November 1888 die Kehle durchschnitt und noch dazu von deren Lebensgefährten unterstützt/animiert wurde, der Brett mit der Ankündigung eines ´Whitechapel Mordes´ einschüchterte. Das Strafmass von 6 Monaten harter Arbeit erscheint im Grunde geradezu lächerlich! (Der Fall ist vielleicht auch im Vergleich zum Fall William Henry Bury nicht uninteressant): http://www.oldbaileyonline.org/browse.jsp?id=t18881119-64-verdict-1&div=t18881119-64&terms=whitechapel


Best regards,
panopticon
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Stordfield am 04.09.2012 19:07 Uhr
Hallo!

24.5. Mary Newman (Mord)

Was ist da passiert? Wer war das Opfer?

Gruß Stordfield
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Anirahtak am 12.09.2012 21:20 Uhr
Ich habe auf casebook gesucht. Da heißt es in verschiedenen Beiträgen von Usern:

"1888 ... The Murder and Attempted Murder of Women in the East End of London. ... May ... 22nd - Mary Newman - Murder - Indoors - Domestic - Knife"

"During the period from January 1887 until January 1889 there were 14 trials with either attempted murder or murder as the charge, with a male defendant and a female victim ... -Charles Latham charged with the murder of Mary Newman-(Throat cut with knife) ..."

"Charles Latham stabbed Mary Newman nine times in the throat in July 1888 and was HMP’d for it."
Titel: Re: Übergriffe, Gewaltdelikte und mysteriöse Todesfälle in London zur Zeit von JtR
Beitrag von: Lestrade am 12.09.2012 22:03 Uhr
Hier kann man alles genau nachlesen! Sogar im "Original".

http://www.oldbaileyonline.org/browse.jsp?id=t18880702-635&div=t18880702-635&terms=Mary|Newman#highlight