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Literatur - Film - Fernsehen => Literatur-Film-Fernsehen => Zeitungsberichte, Magazine, Comics etc. => Thema gestartet von: Shadow Ghost am 29.01.2010 19:50 Uhr

Titel: Coburger Zeitung
Beitrag von: Shadow Ghost am 29.01.2010 19:50 Uhr
Um etwas für unser Zeitungsarchiv zu machen bin ich mal auf der Seite des Bayrischen Staatsarchivs durch die digitalisierte Ausgabe der Coburger Zeitung gestöbert (erstmal nur für Oktober 1888) und habe dabei einige Artikel über die Ripper-Morde gefunden:

Coburger Zeitung
4 Oktober 1888
VERMISCHTES
- London, 27. Sept. Nunmehr ist auch die von dem Leichenbeschauer für Südost-Middlessex geführte Untersuchung über die mit der Ermordung der Annie Chapman in Hanbury-Street, Spitalfields, am 8. Sept. verknüpften Umstände zum Abschluß gebracht worden, ohne daß es gelungen ist, den Thäter zu ermitteln. Einige Bemerkungen in der Ansprache des Leichenbeschauers an die Jury werfen indes ein ganz neues und eigenthümliches Licht auf das mögliche Motiv der sensationellen und grauenvollen Mordthat, sowie über die Persönlichkeit des Mörders. Der Leichenbeschauer hob hervor, daß zwei Dinge vermißt werden, nämlich die an sich wertlosen Fingerringe der Ermordeten und ein gewisses Organ ihres Körpers. Dann fuhr er fort: "Der Körper ist nicht seciert worden; allein die Verletzungen wurden von Jemand verübt, der beträchtliche anatomische Geschicklichkeit und Kenntnisse besaß." Schließlich betonte der Leichenbeschauer Hr. Baxter, daß das Motiv der Mörders klar zu Tage liege. Seine anatomischen Kenntnisse stellen ihn über die Kategorie eines gemeinen Verbrechers, denn diese Kenntnisse können nur erlangt werden durch Betheiligung an Obductionen. Ob die Polizei, welche nun weiß, in welcher Gesellschaftsclasse sie den Mörder zu suchen habe, in der Entdeckung desselben glücklicher sein wird, als bisher, bleibt abzuwarten.

Coburger Zeitung
5 Oktober 1888
Neue Frauen-Morde in der englischen Hauptstadt
London, 1.Oct. Im Ost-Ende von London wurden in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag wieder zwei Frauenspersonen brutal ermordet, und zwar scheint der Thäter dasselbe Scheusal in Menschengestalt zu sein, von dessen bluttriefender Hand augenscheinlich die vier vorhergegangenen scheuslichen Morde verübt wurde. Die ermordeten Frauen gehören, wie in den früheren Fällen, der Classe der "Unglücklichen" an, welche ihren Lebensunterhalt Nachts auf der Straße erwerben. Der Schauplatz des zuerst verübten Verbrechens ist Berner Street, eine enge Gasse, welche in Commercial Road, eine der belebtesten Straßen des Ost-Endes, einmündet. Gegen 1 Uhr Morgens hatte der patrouillierende Constabler nichts auffälliges in der Gasse bemerkt. Als er dieselbe auf seinem Rundgange eine Viertelstunde später passierte, entdeckte er im Thorwege einer Fabrik die Leiche einer Frau, deren Hals von Ohr zu Ohr durchschnitten war. Der Körper der Entseelten war nicht verstümmelt, der Mörder scheint wahrscheinlich nicht Zeit gehabt zu haben, sein Verstümmelungswerk wieder zu beginnen. In der Ermordeten wurde später eine der Prostitution ergeben Frauensperson, Namens Elisabeth Stride, erkannt. Sie soll von geburt eine Schwedin sein. Die Stätte des zweiten Mordes ist Mitre Square, im östlichen Theile der City, unweit des Stadtbezirkes Whitechapel. Gegen 2 Uhr Morgens hatte der wachhabende Constabler in dem Square nichts verdächtiges bemerkt. 10 Minuten später erblickte er beim Schein deiner Laterne die in einer Blutpfütze liegende Leiche einer Frau, deren Hals fast bis zum Nackenwirbel durchschnitten war, während der Unterleib in einer nicht näher zu beschreibenden Weise verstümmelt und fast bis an die Brusthöhle aufgeschlitzt war, aus welcher die Gedärme und andere Organe herausdrangen. Das Antlitz der Ermordeten bot einen fürchterlichen Anblick; die Nase war vollständig abgeschnitten, ein Auge fast aus der Höhle herausgerissen, das linke Ohr fehlte und Stirne wie Wangen waren mit Schnitt- und Stichwunden bedeckt. Diese Verwundungen geben Grund zu der Annahme, daß zwischen dem Mörder und seinem Opfer ein verzweifelter Kampf stattgefunden haben muß. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Schreckenskunde von den zwei neuen Blutthaten durch die ganze Nachbarschaft, und schon in früher Morgenstunde waren Berner Street und Mitre Square, sowie die anstoßenden Straßen, mit Tausenden von Neugierigen gefüllt. Das ganze Ostende befand sich gestern in einem Zustande fieberhafter Aufregung,. Der geheimnisvolle Mörder scheint spurlos verschwunden zu sein, und die Polizei ist rathlos. Zwischen der ersten und zweiten Morthat liegt nur eine kurze Zeitspanne, und es scheint keinen Zweifel zu unterliegen, daß der Mörder zu dem zweiten Verbrechen schritt, nachdem es ihm nicht gelungen war, sein erstes Opfer in der gewöhnlichen Weise zu verstümmeln.

Coburger Zeitung
8.Oktober 1888
Vermischtes
- London, 3.Oct. Die gestern fortgesetzte Leichenbeschauer-Untersuchung über die in der Nacht am Sonnabend in Berner Street, Commercial Road, ermordete Frauensperson hat über dieses Verbrechen nichts Neues zu Tage gefördert, mit Ausnahme des Umstandes, daß die Ermordete von ihrer Schwester als Elizabeth Watts (nicht Stride), die geschiedene Gattin eines wohlhabenden Weinkaufmannes in Bath, identifiziert wurde. Im Ostende war die ermordete unter dem Namen "Long Liz" (die lange Lise) bekannt gewesen. Ihr Gatte hatte sie wegen ihrer Untreue und Trunksucht vor acht Jahren verstoßen, und in London sank sie allmählich von Stufe zu Stufe. Sie war 39 Jahre alt. Die in Mitre Square ermordete Frauensperson ist bis jetzt noch nicht identifiziert. Gestern und vorgestern verhaftete die Polizei mehrere Personen als der That verdächtig, doch mußten dieselben bald wieder entlassen werden, da ihre Schuld nicht nachgewiesen werden konnte. Die Polizei im Stadttheile Whitechapel ist wesentlich verstärkt worden, und alle Straßen und Gassen werden während der Nacht scharf bewacht, um dem Mörder eine Wiederholung seiner Unthaten zu erschweren. Nach Mitternacht läßt sich kein weiblichen Wesen in den Straßen der berüchtigten Quartiere mehr blicken. Der Minister des Inneren hat es abgelehnt, eine Staatsbelohnung auf die Entdeckung des Mörders auszusetzen. Dagegen sind einschließlich der von der Corporation der City ausgesetzten Belohnung von 500 Pfd. St. im Ganzen jetzt 1200 Pfd. St. beisammen, welche demjenigen ausbezahlt werden, dessen Information zur Habhaftwerdung des Verbrechers verhilft.

Coburger Zeitung
12 Oktober 1888
Mittheilungen über die Londoner Polizei
Der Urheber der Frauenmorde im Osten Londons ist noch immer nicht entdeckt. Ende voriger Woche erhielt die Polizei sogar noch allerhand Drohbriefe, unterzeichnet "Jack the Ripper" (Aufschlitzer, Auftrenner), in welchen der Schreiber sich in Hohn auf die Unfähigkeit der Polizei erging und die Mittheilung machte, daß er in der Nacht von Sonnabend sein Mordwerk fortsetzen würde. Obwohl die Polizei diesen "Drohbriefen" keine Wichtigkeit beilegt und sie eher für schlechte Witze, als etwas anderes, ansieht, hielt sie es doch für angezeigt, im Osten, sowie in der City Londons, außerordentliche Vorsichtsmaßregeln zu ergreifen. Nicht nur wurden die Polizeimannschaften im Stadtbezirk Whitechapel ansehnlich verstärkt, sondern zahlreiche Detectivs und die Angestellten der Wachsamkeitsausschüsse, zumeist kräftige, entschlossene Männer, durchstreifen die ganze Nacht hindurch das Labyrinth der berüchtigten und schlechtbeleuchteten Nebenstraßen, Gassen und Plätze des umfangreichen Bezirks. Diese Vorsichtsmaßregeln erstrecken sich nicht allein auf den Osten Londons, sondern auf andere Stadtteile, wohin, wie man vermuthete, der Mörder den Schauplatz seiner Thätigkeit verlegen dürfte, insbesondere auf die Parks im Westen Londons. Die Nacht verstrich indes, ohne daß irgend eine Ausschreitung zur Kenntnis der Polizei gelangte. Die Polizei beabsichtigte, falls ein neuer ähnlicher Mord verübt wird, Bluthunde zur Aufspürung des Mörders zu verwenden. - In dem jetzigen Augenblick, wo die Thätigkeit in Folge der jüngsten Straßenmorde in erhöhtem Maße in Anspruch genommen wird, ist der eben veröffentlichte Bericht des Polizeichefs, Sir Charles Warren, über das Jahr 1887 nicht ohne Interesse. Die hauptstädtische Polizei zählte am 31. December 1887 im Ganzen 12460 Mann, nämlich 26 Oberaufseher, 766 Inspecteure, 1174 Sergeanten und 10494 Constabler. Den Wachtdienst in den Straßen  versehen bei Tage 8773 Constabler, und 60 Procent dieser Zahl ist für den Nachtdienst - von 6 Uhr Abends bis 6 Uhr Morgens - erforderlich. Die Thätigkeit der hauptstädtischen Polizei erstreckt sich über einen Flächenraum von 683 Quadratmeilen. Für den Jahressold der Polizei ist die Summe von 1096277 Pfd. Sterl. ausgeworfen. Seit 1849, im welchem Jahr die hauptstädtische Polizei nur 5493 Mann stark war, sind in London 508852 neue Häuser gebaut worden und neue Straßen und Plätze entstanden, welche eine Ausdehnung von 1833 englischen Meilen haben, während die Bevölkerung von 2473758 auf 5476447 Seelen stieg. Der Polizeichef betont in seinem Bericht, daß in Folge der rapiden Vergrößerung Londons und des Wachsthums ihrer Bevölkerung eine Verstärkung der Polizeimacht dringend geboten sei.

Coburger Zeitung
15 Oktober 1888
Vermischtes
- London, 10. Oct. Die jüngsten furchtbaren Mordthaten im Ostende Londons haben auch den philanthropischen Bestrebungen zur Besserung der Lage des "ausgestoßenen Theiles des Volkes" neuen Impuls verliehen, und die Blätter erhalten fast täglich Vorschläge, wie auch der Classe, welcher die Opfer angehören, eine helfende Hand gereicht werden kann. Der anglicanische Suffragan-Bischof für Ost-London hält ein Nachtasyl für diese Classe von Frauenzimmern nicht für nöthig. Vor allem komme es darauf an, Arbeit für sie zu finden. Der Bischof schlägt deshalb Errichtung von Waschanstalten vor, in welchen namentlich die älteren Frauen Verdienst finden können, die sich häufig nur in der bitteren Verzweiflung einem Leben der Schande hingegeben haben. Der hochverdiente Dr Bernardo, welcher in seinen Homes Tausende von obdachlos auf der Straße aufgefundenen Kindern ausgebildet hat, richtet die Aufmerksamkeit seiner Mitbürger auf die Kinder, welche in den Brutstätten des Lasters nur dem Verbrechen anheimfallen können. Er befürwortet daher Gründung von Nachtasylen für obdachlose Kinder unter 16 Jahren.

Coburger Zeitung
17 Oktober 1888
- London, 12. Okt. (Zu den Londoner Morden) Die von dem Leichenbeschauer der City von London durchgeführte Untersuchung über die am 30 September in Mitre Square ermordete Catherine Eddowes, auch Kelly genannt, wurde gestern zum Abschluß gebracht. Im Widerspruch mit früheren ärztlichen Aussagen gaben die Aerzte, welche die Leiche untersucht hatten, die übereinstimmende Erklärung ab, daß der Verüber der That keine anatomische Geschicklichkeit besitze.

Coburger Zeitung
26 Oktober 1888
- London, 22 Oct. (Verbrechen) In der Nähe von Swansea wurde gestern ein vierjähriges Mädchen von einem 16jährigen Burschen in ein einsames Gehölz gelockt, wo der Unhold dem kleinen Kinde den Hals abschnitt und den Unterleib auftrennte. Der jugendliche Mörder ist in Haft.

Coburger Zeitung
27 Oktober 1888
Zum Lordmayor's Tage
London, 23 Oct.  Nachdem der neuerwählte Lordmayor de City von London, Whitehead, welcher am 9. Nov sein Amt antritt, die Absicht bekannt gegeben, das sogenannte Circus-Elements, d.h. Die sich fast jährlich in derselben Meile wiederholenden allegorischen Verherrlichungen des Handels, der Shifffahrt, der Wohltätigkeit und anderer Tugenden der City, aus dem feierlichen Umzuge fortzulassen, entstand die Frage, wie die für die Masse der Londoner Bevölkerung empfindliche Lücke würdig ausgefüllt werden soll, denn würdig müsse der Zug nach Alderman Whiteheads Ansicht ausfallen. Von allen Vorschlägen scheint derjenige des Direktors des Drury-Lane-Theaters, Harris, den meisten Anklang gefunden zu haben, nämlich alle Freiwilligen-Regimenter des sogenannten Home-Districts, das heißt London und Umgegend, aufzubieten und so dem Zuge ein imponierendes bürgerliches (!) Aussehen zu verleihen. Es steht nicht zu bezweifeln, daß das Kriegsministerium seine Erlaubnis erteilen wird, und es werden auch die großen Finanzinstitute und die Geldaristokratie jedenfalls bereit sein, etwaige entstehende Kosten zu decken. Eine besondere Weihe wird der Amtstermin des neuen Lordmayors dadurch erhalten, daß im nächsten Jahre das 700jährige Bestehen der City von London gefeiert werden wird, ein Ereignis, welches von den Vätern der Stadt sicherlich in ziemender Weise gefeiert werden und den Londonern hinlänglich Gelegenheit geben wird, ihre Schaulust zu befriedigen. Eine allfällige Magerkeit des Lordmayor-Umzuges könnte also demnach unschwer wieder gut gemacht werden.


Die zugehörigen Scans können nachgeliefert werden (schließlich kann man sich mal vertippen  :icon_biggrin:)

Viele Grüße;
Shadow Ghost
Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Shadow Ghost am 29.01.2010 20:27 Uhr
Hier die Scans
Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Aeneas am 29.01.2010 20:57 Uhr
super arbeit, war mal informatif es im damaligen jargon zu lesen
Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: thomas schachner am 29.01.2010 22:25 Uhr
perfekt - super einsatz!!!
...die haben noch gefehlt. november haben wir ja bereits.
seltsam..ich hatte damals das komplette halbjahr gekauft, wieso habe ich nur november transkripiert!?

http://jacktheripper.de/zeitungsarchiv/coburger_zeitung/index.php

hast du den september auch noch parat? .-))
Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Shadow Ghost am 29.01.2010 23:22 Uhr
Ich hab jetzt erst mal nur den Oktober durchgeschaut, weil ich mir dachte, dass spätestens nach dem double event die Zeitungen weltweit darüber berichten würden. Aber schon der erste Bericht über Annie Chapmans Inquest stimmt mich zuversichtlich, dass die Coburger Zeitung auch schon früher darüber berichtet hat. Übrigens sollten wir bei einer Veröffentlichung die Bayrische Staatsbibliothek als Quelle nennen. Ich hab vorsichtshalber mal bei denen nachgefragt wegen Urheberrecht und so; aber solange diese Seite nicht kommerziell wird, sind wir da auf der sicheren Seite.
Wann ich dazu komme August und September durchzusehen, weiß ich nicht, aber wer etwas beitragen möchte, hier der Link:

http://www.bayerische-landesbibliothek-online.de/coburger-zeitung1 (http://www.bayerische-landesbibliothek-online.de/coburger-zeitung1)

Viele Grüße,
Shadow Ghost

P.S. Am Interessantesten finde ich diesen möglichen Nachahmungstäter aus Swansea. Das kommt wohl davon, wenn Jugendliche zuviel gewaltverherrlichende Zeitungen lesen.
Ist es nicht (im Nachhinein) etwas zynisch, dass man sich damals Gedanken über die Attraktivität der Lord Mayor's Parade gemacht hat?
Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Shadow Ghost am 09.02.2010 10:13 Uhr
Coburger Zeitung
15 September 1888
- London, 10.Sept. Der unter dem Spitznamen „Lederschürze“ bekannte Mann, auf den in Verbindung mit dem letzten Morde in Whitechapel gefahndet wurde, ist verhaftet worden. Ferner wurde in Gravesend ein verdächtiges Individuum dingfest gemacht; ob man aber den rechten Mann hat, muß vorläufig deahingestellt bleiben. Die Polizei ist selbstverständlich mit ihren Mittheilungen der Presse gegenüber äußerst karg.


Coburger Zeitung
18 September 1888
- London, 12. Sept.  Die Enthüllung der geheimnißvollen, in dem Stadtbezirk Whitechapel verübten Mordthaten macht leider dem Anscheine nach keinerlei Fortschritte. Der dem mosaischen Glauben angehörige Mann, Namens Piser, welcher auf den Verdacht hin, der unter dem Namen „Lederschürze“ in Whitechapel bekannte Hausirer zu sein, in welchem die Polizei den Mörder der Chapman muthmaßt, wurde gestern freigelassen. - In der Themse wurde gestern unweit der Grosvenor-Eisenbahnbrücke die Leiche einer Frau gefunden, deren Arm vom Rumpfe getrennt war. Wahrscheinlich liegt wiederum ein Verbrechen vor.


Coburger Zeitung
29 September 1888
- London, 24. Sept. Fünf Meilen südlich von Newcastle unweit Birtley wurde gestern Morgen am Bahndamm der Leichnam der 26jährigen Jane Savage mit durchschnittenem Halse und einer tiefen Wunde im Unterleib gefunden. Es liegt nahe, diesen neuen Mord mit den vor einigen Wochen in Whitechapel verübten in Verbindung zu bringen, und es herrscht daher in der Gegend die größte Aufregung.


Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Shadow Ghost am 09.02.2010 11:23 Uhr
Coburger Zeitung
1 Dezember 1888
London, 28. Nov. Nach der St. Petersburger Zeitung „Novosti“ ist der Frauenmörder in Whitechapel ein Russe Names Nikolai Wassiljew. Genannter wurde in Tiraspol im Jahre 1847 geboren, studierte an der Universität in Odessa, wurde dann ein fanatischer Anarchist und wanderte nach Paris aus, wo er wahnsinnig wurde. Seine Monomanie scheint die gewesen zu sein, daß gefallene Frauen ihre Sünden nur mit dem Tode büßen können. Er ermordete folglich mehrere prostituierte Frauenzimmer in Paris in ähnlicher Weise wie die in Withechapel [sic] getödteten Opfer. Er wurde verhaftet und in ein Irrenhaus für Verbrecher gesteckt. Das geschah vor sechzehn Jahren. Kurze Zeit vor dem ersten Frauenmord in Whitechapel wurde er als geheilt entlassen. Wassiljew soll sich alsdann nach London begeben und mit verschiedenen russischen Flüchtlingen zusammengewohnt haben bis zu dem ersten Frauenmord in Whitechapel. Seitdem ist er verschwunden, und seine Freunde glauben, kein Anderer, als ihr wahnsinniger Landsmann, sei der Mörder.


Coburger Zeitung
3 Dezember 1888
- In England scheint zur Zeit eine förmliche Mord-Epidemie zu herrschen. In Betley ermordete gestern ein Arbeiter seine Frau und seine beiden Kinder, verwundete das dritte und nahm sich daraufhin selbst das Leben. Ueber die Ermordung eines achtjährigen Knaben in Havant ist bereits berichtet worden.


Coburger Zeitung
5 Dezember 1888
- London, 1. Dec. Im Ostende von London wurde gestern ein polnischer Jude unter dem Verdacht verhaftet, der Frauenmörder von Whitechapel zu sein.


Coburger Zeitung
14 Dezember 1888
- London, 10.Dec. Alle Bemühungen der Polizei, den Verüber der jüngsten gräßlichen Frauenmorde in Whitechapel zu entdecken, sind bis jetzt erfolglos geblieben. Sie hofft indessen, durch äußerste Wachsamkeit zum Mindesten eine Wiederholung der Verbrechen zu verhindern. Der ganze Stadtbezirk wird Tag und Nacht höchst sorgfältig bewacht.


Coburger Zeitung
15 Dezember 1888
- London, 11. Dec. Im Namen der Heilsarmee hatte gestern William Booth, der Sohn des „Generals“, eine Audienz beim Minister des Innern, Matthews, um ihn um staatliche Unterstützung der Bestrebung der Armee, gefallenen Frauenzimmern und den Armen des Ostendes Londons zu helfen, zu ersuchen. Die zu dem Zwecke dem Minister überreichte Denkschrift beleuchtet in grellen Farben das Elend der Armendistricte der Hauptstadt und sucht namentlich den Nachweis zu erbringen, daß es in den meisten Fällen die bittere Noth ist, welche die Unglücklichen dem Laster und dem Verbrechen in die Hände treibt. Die Heilsarmee hat geradezu Großartiges in der Armenpflege geleistet. In den letzten 9 Monaten hat sie 235000 Schlafquartiere und 470000 Mahlzeiten je zum Preise von nur ¼ d – 1 d gewährt. Sie hegt jetzt die Absicht, 10 weitere Rettungshäuser und 10 weitere Speise- und Unterkunftslocale in den Stadtdistricten Whitechapel, Westminster, Clerkenwell, St. Giles, Deptford, Rotherhithe, Ratcliff, Highway, Millwall, Somers Town und Seven Dials zu errichten, in welchen 1000 Frauen und 500 Männer jede Nacht ein Unterkommen finden können. Die Denkschrift ersucht die Regierung, die zu dem Zweck nötige Summe von 15000 Pfd. St. der Armee entweder zu schenken und zinsenfrei zu leihen. Der Minister erkannte in seiner Erwiderung die großen Verdienste der Heilsarmee um die Armen Londons an und versprach, die Angelegenheit in reifliche Erwägung ziehen zu wollen.


Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: panopticon am 10.02.2010 00:21 Uhr
Hallo Shadow Ghost!

1. Tolle Arbeit, wie immer!  :icon_thumb:


2. Zu folgender Meldung:

Coburger Zeitung
5 Dezember 1888
- London, 1. Dec. Im Ostende von London wurde gestern ein polnischer Jude unter dem Verdacht verhaftet, der Frauenmörder von Whitechapel zu sein.

Ich habe mich gefragt, wer denn damit gemeint gewesen sein könnte, denn die mir bisher namentlich bekannten Verdächtigen, auf die Herkunftsland und Religionszugehörigkeit angeblich zutreffen würden, nämlich Aaron Kosminski, David Cohen, Joseph Isaacs und (Julius) Wirtkofski fallen aufgrund der über sie bekannten Daten eigentlich weg. Folglich habe ich nach einer Festnahme am 30. November 1888 gesucht,....und nach doch etwas längerer Suche in den Police Files und Medien das hier in der "Evening News" vom 1. Dezember 1888 (Casebook) gefunden:

http://www.casebook.org/press_reports/evening_news/18881201.html

Kann man davon ausgehen, dass dieser Mann gemeint ist, oder gibt es noch einen besseren Vorschlag?


Grüße,
panopticon
 
Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Lestrade am 10.02.2010 07:46 Uhr
Morjens panopticon !

Ist zumindest ein sehr interessanter Artikel. Ein polnischer Jude, der wohl seinen richtigen Namen verschweigt und wir hatten wieder Monatsende/ Monatsanfang.

Erwarte immer noch ungeduldig deinen angekündigten Beitrag. Solange halte ich die Füsse still.

Liebe Grüße,

Lestrade.
Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Shadow Ghost am 10.02.2010 09:42 Uhr
Ich habe auch nur die von panopticon zitierte Verhaftung gefunden. Aber sonderlich viel Relevanz messe ich dem eh nicht bei. Es wirkt auf mich eher so, als hätten sie einfach noch ein bißchen Platz auf der Seite gehabt, den sie auffüllen wollten.
Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Lestrade am 10.02.2010 09:54 Uhr
Ja Shadow, das würde auch Sinn machen...
Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Shadow Ghost am 21.12.2010 19:15 Uhr
Auch der Mord an Frances Coles wurde von der Coburger Zeitung berichtet:

Coburger Zeitung
14 Februar 1891
In Whitechapel ist vorige Nacht eine 25 Jahre alte Frau ermordet worden und man schreibt allgemein den Mord „Jack dem Aufschlitzer“ zu. Als ein Polizist die Ermordete unter einem Eisenbahn-Viadukt auffand, was der Körper derselben noch warm, der Puls schlug und die Lippen bewegten sich. Der Unglücklichen war der Hals durchschnitten. Die Ermordete ist bereits identifiziert als eine Straßendirne, welche kürzlich der Obhut der Heilsarmee übergeben war. Die Polizei hat auch einen zerlumpten Mann, welcher den Eindruck eines Gebildeten macht, als des Mordes verdächtig verhaftet.
Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Shadow Ghost am 21.12.2010 19:20 Uhr
Am Tag darauf war wohl sogar ein deutscher Reporter am Tatort:

Coburger Zeitung

15 Februar 1891

- London, 13 Febr., mittags. In Whitechapel herrscht wieder unbeschreibliche Aufregung. Ein neuer Frauenmord ist fast unter den Augen der Polizei, kaum einen Steinwurf weit von der Polizeistation in Leman Street, unter einem Bogendurchgang der Großen Ostbahn zwischen Swallow Gardens und Ormon Street verübt worden. Die Polizei fand gegen 2 Uhr morgens an dem genannten Orte ein Mädchen mit fast abgeschnittenem Kopfe, welches kurz darauf starb. Es wurde festgestellt, daß das Opfer der Verbrechens eine bekannte Straßendirne war. Man neigt sich zu der Annahme, daß Jack der Aufschlitzer an der bekannten Verstümmelung verhindert ward. Obschon zu beiden Seiten des Thorwegs Eisenbahnhallen lagen, wurde doch kein Geschrei vernommen. Später fand man einen Damenhut unter dem Thorweg. Allgemein wird unter diesen Umständen geglaubt, daß entweder die Mörderin oder der Mörder in weiblichen Anzuge auf der Lauer gelegen habe. Der Thorweg war ein beliebter Begegnungspunkt für Straßendirnen; der Polizist, welcher das Opfer der Untat entdeckte, hatte dort erst zwei Stunden vorher mehrere Dirnen abgefaßt. Die That erscheint um so überraschender, als grade gestern die Annahme laut wurde, daß Jack der Aufschlitzer nach seinem letzten Morde seinem Leben selbst ein Ende gemacht habe. Der Mord unterscheidet sich von den früheren Unthaten erstens durch die Wahl einer jüngeren Straßendirne, zweitens durch den zerfetzten Zustand der Schnittwunde, während Jack mit glattem Schnitt den Hals abtrennte. Sonst stimmt alles, Ort, Zeit und Umstände mit den frühern Mordthaten überein. Der wachhabende Polizist hatte den Bogendurchgang eine Viertelstunde vorher erst untersucht.

5 Uhr nachm. Ich habe den Mordschauplatz in Whitechapel besucht. Er liegt in der Mitte des Eisenbahnbogens, dessen eine Hälfte, durch eine Bretterwand abgetrennt, als Schuppen dient, während die andere Hälfte den Durchgang bildet. An beiden Enden ist der Durchgang erleuchtet, in der Mitte aber selbst am hellen Tag so dunkel, daß das Kreuz, welches die Polizisten am Fundort der Leiche in die Bretterwand einkratzten, nur mit Hülfe eines Zündhölzchens sichtbar war. Die Oertlichkeit ist ein wahres Labyrinth von Durchgängen und Gäßchen zwischen Waarenschuppen, Bahnstellen und Logierhäusern, darunter auch die deutsche Bäckerherberge in Leman Street. Ein Entschlüpfen ist hier leicht. Der entdeckende Polizist will noch die Fußtritte des entweichenden Mörders gehört haben. Angeblich ist festgestellt daß das Opfer eine Straßendirne ist, die den Spitznamen Carrotty Nell (fuchsige Lene) führte. Sie wanderte wohnungslos von Logierhaus zu Logierhaus. Ein Bahngepäckträger, welcher das Paar in den Bogen eintreten sah, beschreibt ihren Begleiter als einen ausländischen Schiffsheizer; darauf sind denn heute die fremden Schiffe in den Docks, besonders die Spanischen, durch die Polizei untersucht worden. Die Aufregung der weiblichen Bevölkerung in Whitechapel ist groß. Ueberall begegnet man Gruppen, die den Mord lebhaft besprechen. Die Leiche ist ins Totenhaus in Whitechapel Road geschafft; die Thür wird fortwährend von einer großen Menschenmenge belagert.

- London, 14. Febr. Das Reuter'sche Bureau erfährt: Der Name des heute früh verhafteten angeblichen Mörders, der gestern in Whitechapel todt aufgefundenen Frauensperson sei Thomas Saddler. Eine Frau habe auf dem Polizeibureau zu Protokoll gegeben, daß sie den Verhafteten mit der ermordeten Frau in Streit gesehen. Ein Polizeisergeant habe angegeben, eine Viertelstunde nach dem Morde dem Saddler mit blutbefleckten Händen begegnet zu sein. Saddler leugnet entschieden das Verbrechen.

Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Shadow Ghost am 21.12.2010 19:22 Uhr
Coburger Zeitung
16 Februar 1891
London, 15. Febr. Saddler soll zwei Tage vor dem Mord auf dem Dampfer „Fez“ aus der Türkei angekommen sein. Er war achtzehn Monate von England abwesend, was mit der Zeit des letzten Frauenmordes ungefähr stimmt. Er wurde kurz vor dem Mord mit der Ermordeten zusammen gesehen und begegnete eine Viertelstunde nach dem Mord einem Polizisten, welcher ihn wegen der Blutflecken auf seinen Kleidern anhielt, aber wieder freigab. Er hat Kratzwunden im Gesicht; zwei Zeugen, die ihn in Gesellschaft der Ermordeten gesehen, erkannten ihn aus einer Reihe anderer Männer auf der Polizeistation heraus. Er leugnet den Mord und wird morgen vor dem Polizeigerichte vernommen.
Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Shadow Ghost am 21.12.2010 19:23 Uhr
Coburger Zeitung
20 Februar 1891
London, 18. Febr. In der Untersuchung gegen Saddler soll sich mit Sicherheit ergeben haben, daß derselbe während der Zeit von London abwesend war, wo mehrere dem „Jack“ zugeschriebene Mordthaten verübt wurden.
Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Shadow Ghost am 22.12.2010 12:42 Uhr
Auch der Mord an Alice McKenzie blieb nicht unbeachtet:

Coburger Zeitung
19 Juli 1889
London, 17. Juli. „Jack der Aufschlitzer“ ist wieder aufgetaucht. Sein letztes Opfer ist eine vierzigjährige Frau, welche heute Morgen mit durchschnittenem Halse und aufgeschnittenem Leib in Whitechapel von einem Konstabler aufgefunden wurde. Es ist noch keine Verhaftung vorgenommen worden. (Frft. Ztg.)

Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Shadow Ghost am 22.12.2010 12:43 Uhr
Coburger Zeitung
21 Juli 1889
Das achte Opfer, welches sich der Frauenmörder von Whitechapel erkoren, die 40jährige Alice Mackenzie, besaß selbst Kinder, lebte aber, wie kurz gemeldet, während der letzten sechs Jahre mit einem Lastträger in Spitalfields zusammen, wo sie sich Nacht für Nacht in einem Logirhause für acht Pence einmietheten. Alice lebte vom Waschen und Scheuern, rauchte mit Vorliebe eine irdene Pfeife und trank sich gelegentlich einen Rausch; eine eigentliche Straßendirne war sie nicht. Weshalb sie daher ermordet ward, ist noch schwerer einzusehen als bei den früheren Opfern, von denen einige noch gewisse körperliche Reize besaßen. Der Platz, wo sie dem Messer erlag, ist eine von jenen "Alleen", die aus halb verdeckten Gängen bestehen. In der Nacht dient der Platz gewöhnlich mit seinen Gemüsewagen manchem Bettlosen als Lager. Gestern Morgen aber waren die Gemüsekarren zufällig unbewohnt; die Gelegenheit war insofern günstig. Indessen wann man liest, daß kaum sechs Fuß von der Mordstätte entfernt der Ehemann einer Badewärterin wach in seinem Bette lag, daß in der Nähe der Kneipenwirth der Drei Kronen noch auf Runden wartete und daß in den benachbarten Straßen Polizisten auf und ab gingen, so ist die Ruhe und Geräuschlosigkeit, mit welcher der Mord vollzogen ward, staunenswerth. Um 12 1/4 Uhr verzehrte noch an derselben Stelle, wo einige Minuten später Alice verblutete, ein Polizist sein Abendbrot. Um 12 Uhr 20 Min fiel ein Platzregen, das Kleid des Opfers war durchnäßt, die Stelle, welche sie mit ihrem Körper bedeckte, trocken: ein Beweis, daß der Mord sich in jenen fünf Minuten zwischen 12 Uhr 15 Min und 12 Uhr 20 Min vollzog. Erst gegen 12 Uhr 50 Min. ward die Leiche entdeckt; Jack der Aufschlitzer hatte unterdessen Zeit gehabt, sich in sein Lager zurückzuziehen. Wer Jack der Aufschlitzer ist? Zwei Meinungen behalten die Oberhand. Entweder sei es ein Matrose, der die Nacht vor der Abfahrt von London dazu benutzt, aus Mord- oder Rachsucht auf den Anstand zu gehen, oder - wie dies der Nervenarzt Forbes Winslow behauptet - ein Verrückter, der vielleicht an relihiösem Wahnsinn leidet und obige Hinrichtungen im Namen des Himmels zu vollziehen glaubt. Vermuthlich habe er seit November lichte Augenblicke bei vollständiger Vergessung seiner Mordthaten gehabt, während er jetzt wieder von seiner Idee befallen sei und als Raubtier in Menschengestalt umhergehe.

Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: panopticon am 22.12.2010 17:10 Uhr
Tolle Arbeit, Shadow!  :good:
Danke!
Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: KvN am 28.12.2010 08:13 Uhr
Kann mich nur anschließen! Hochinteressant!
Vor allem der Bericht über die Vorbereitungen zur Lord Mayor´s Parade. Scheint ja wirklich ein wichtiger Tag für London gewesen zu sein...

Grüße
Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Shadow Ghost am 28.09.2011 21:18 Uhr
Coburger Zeitung

27 März 1903

Jack der Aufschlitzer? Nach dem "Daily Chronicle" hätte man in dem wegen dreifachen Giftmorden zum Tode verurteilten polnischen Barbier Klosowski den "Jack der Aufschlitzer" genannten Frauenmörder von Whitechapel gefunden. Klosowski war Anfang 1888 aus Warschau nach London gekommen, und in der Zeit von 3. April bis 9. Novemberg [sic] dieses Jahres fanden die Whitechapeler Morde statt. Drei weitere Frauenmorde, die im Dezember 1888 und im Juli und September 1889 stattfanden, werden nicht demselben Mörder zugeschrieben. Bald nachdem die Morde des "Aufschlitzers" in London aufhörten, wurden ähnliche Morde in Amerika begangen, und es ist nun festgestellt, daß Klosowski um diese Zeit nach Amerika gezogen war und in New Jersey City einen Barbierladen eröffnet hatte. Dort soll Klosowski seine wirkliche Frau, die im Giftmord-Prozeß hier als Zeugin auftrat, einmal aus Anlaß eines Streites mit einem langen, scharfen Messer zu ermorden versucht haben. Der Mord wurde dadurch verhindert, daß ein Kunde in den Laden kam. Später soll Klosowski seiner Frau die Stelle im Zimmer gezeigt haben, an der er sie habe vergraben wollen. Die Londoner Polizei hat nun festgestellt, daß Klosowski Anfang 1888 in George Yard, Whitechapel Road, gewohnt hat, woselbst damals der erste "Aufschlitzer" Mord stattfand. Außerdem hatte Klosowski damals immer eine schwarze Handtasche bei sich und er trug eine Mütze der "Peninsula and Oriental"-Dampfschiffahrts-Gesellschaft. Ein Mann mit derselben Handtasche und Mütze wurde auf Grund der Angaben einiger Frauen damals als der "Aufschlitzer"-Morde verdächtig gesucht.
Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Lestrade am 29.09.2011 21:33 Uhr
Auch hier sieht man die ursprünglich Jack the Ripper zugeordnete Tat an Alice Mackenzie nicht mehr als Werk dieses Verbrechers. Klosowski als Friseur erinnert gleich wieder an andere Verdächtige mit gleichen Beruf. Nämlich an den Deutschen Charles Ludwig und natürlich an Aaron Kosminski. Klosowski dann mit seinem Wohnsitz auch wieder an Aaron Kosminski oder auch an "Leather Apron" John Pizer und nicht zu vergessen an den Schumacher Nathan Kaminsky aus dem Black Lion Yard. Diesen Beruf hatte ja auch jener Pizer. Alle wohnten in einem kleinen Gebiet. Die Attacken und Bedrohungen mit den Messern eines Klosowski oder eines Aaron Kosminski und natürlich auch die von Charles Ludwig bzw. von Leather Apron fallen immer wieder auf eine Ebene. Über die Ähnlichkeit der Namen der Koslowski,Kosminski und Kaminsky brauche ich nichts weiter erwähnen. Auch nicht ihr gleiches Alter. Neben diesen dreien mit damals 23 Jahren, waren Ludwig und Pizer eindeutig älter (40 und 38 Jahre alt). Dieses träfe allerdings zugegebenermaßen auch auf "Leather Apron" zu. Die polnische Herkunft dieser Männer außer Ludwig, der wohl Deutscher war obwohl man anmerken muss, dass Aaron Kosminski und auch David Cohen (Nathan Kaminsky?) ebenfalls deutsch sprachen. Ich könnte beliebig so weiterverfahren...

Wir wissen ja, dass Abberline derjenige war, der Koslowski "beschuldigte". Ein Friseur, der praktisch an einem Tatort (Tabram) lebte und damals 23 Jahre alt war, genauso wie Aaron Kosminski (nahe des Stride Tatortes,23 Jahre und Friseur). Selbst Kaminsky´s Black Lion Yard war nicht weit weg. Die Zusammenarbeit zwischen City Police und MET war sicherlich zur Zeit der Ripper- Serie gegeben aber wohl auch nicht mit heute zu vergleichen. Wohl nicht mal Einheitsintern.

Was möchte ich eigentlich zu dieser Zeitungsaussage, die uns Shadow hier glücklicher- und netterweise präsentiert, sagen? Hier wird ein, im Herbst 1888, 23jähriger Pole den Rippermorden bezichtigt (in Unterstützung eines Abberline), der Friseur war, im Herzen des Jagdgebietes vom Ripper lebte und einer Messerattacke unterstellt gewesen war. Ein Tatort war dicht an einem seiner Wohnsitze. Zeugenaussagen waren seinem Äußeren sehr ähnlich. Severin Koslowski änderte seinen Namen in George Chapman. Für Abberline spielte das durchschnittliche Alter aus den Zeugenaussagen von 34 Jahren nicht sonderlich eine Rolle.

Aber da ist eben ein Aaron Kosminski mit der gleichen Ausstattung. 23 Jahre, Friseur, im Zentrum lebend, auch hier eine Messerattacke, der Stridetatort quasi um die Ecke. Und wie hieß er nun? Aaron Abrahams? Aaron Cohen oder Aaron Lubnowski? Auch hier eine Namensänderung möglich. Und möglichweise auch hier Beamte wie Abberline, die diesen Mann verdächtigten (Swanson, Anderson, Macnaughten).

Obwohl wir heute wissen, dass ein Giftmörder zwar ein Serienmörder sein kann aber kein sexuell motivierter Serienkiller, fällt Koslowski als Jack the Ripper eigentlich mit garantierter Sicherheit durch. Genauso verneinen wir allgemein einen Aaron Kosminski aufgrund seiner Harmlosigkeit und sortieren ihn als JtR aus.

Der Unterschied ist allerdings der, dass ein Koslowski viel, viel eher als Kandidat gehandelt wird als ein Aaron Kosminski. Einen 23jährigen Polen mit Namen Koslowski der Friseur war und Frauen (mit Sorgfalt und Vorsicht) vergiftete, traut man eher diese riskanten unvorsichtigen Taten und zurückgelassenen Opfer eines Jack the Rippers zu, als einen 23jährigen Polen der ebenfalls Friseur war und Aaron Kosminski hieß. Oberflächlich betrachtet, dürfte man gar keinen Unterschied zwischen beiden machen obwohl ich eher dazu tendiere zu sagen, ein Koslowski hatte niemals Interesse an Verstümmelungen und war niemals sexuell motiviert. Von Aaron Kosminski wissen wir das nicht. Wer Koslowski als Ripper favorisiert, der müßte Aaron Kosminski im gleichen Atemzug nennen. Tut aber niemand.

Aus allem Geschriebenen sollte man resümieren, dass ein, in 1888, 23jähriger Pole aus dem Herzen des East End als Täter in Frage kam. Egal wie er auch hieß. Wenn wir Abberline glauben, und uns auch bei Anderson, Swanson und Macnaughten auf einen 23jährigen einigen, was ja durchaus möglich ist (Aaron Davis Cohen, Aaron Mordke Kosminski und vielleicht auch Fido´s syphiliskranken Nathan Kaminsky), dann erzählt uns vielleicht auch der Bericht aus der Coburger Zeitung vom 27. März 1903, in welche Richtung es Ermittlungstechnisch ging. Nämlich in die Mitte dieses Bezirkes zu 1-2 Männern in ihren Zwanzigern, dessen Geburtsnamen irgendwie nach K...ski klingen.

Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Craddock am 01.10.2011 01:56 Uhr
Schönen guten Abend und herzlich Willkommen zum Mitternachts-Vergnügen mit Jack dem Aufschlitzer (manches sollte man einfach nicht übersetzen).

Zitat von: Lestrade
Ein Friseur, der praktisch an einem Tatort (Tabram) lebte und damals 23 Jahre alt war, genauso wie Aaron Kosminski (nahe des Stride Tatortes,23 Jahre und Friseur).

Zumindest ab 1890. Chapman lebte zuvor in der Cable Street. Nummer 126 glaub ich, da bin ich aber grad nicht sicher und auch zu faul um nachzusehen...

Zitat von: Lestrade
Hier wird ein, im Herbst 1888, 23jähriger Pole den Rippermorden bezichtigt (in Unterstützung eines Abberline), der Friseur war, im Herzen des Jagdgebietes vom Ripper lebte und einer Messerattacke unterstellt gewesen war. Ein Tatort war dicht an einem seiner Wohnsitze. Zeugenaussagen waren seinem Äußeren sehr ähnlich. Severin Koslowski änderte seinen Namen in George Chapman. Für Abberline spielte das durchschnittliche Alter aus den Zeugenaussagen von 34 Jahren nicht sonderlich eine Rolle.

Kommt drauf an, wieviele Zeugenaussagen man mit einbezieht. Wenn wir uns nur an die wesentlichen (sprich die, bei denen die Wahrscheinlichkeit, dass der Zeuge wirklich den Ripper gesehen hat, sehr hoch ist) heranzieht, dann ist der Altersschnitt sogar unter den 34. Nehmen wir mal Schwartz, Lawende und Hutchinson, und dazu noch, weil man ihn nicht ausschließen kann und die Möglichkeit ja durchaus besteht, dass er den Ripper gesehen hat, PC Smith. Dann haben wir 30, 30, 35 (als Mittelwert bei Hutch) und 28. Long schließ ich hier mal aus, ihre über 40 sind wohl doch etwas ab vom Schuss und sie räumt ja selbst ein, dass sie den Mann nur von hinten gesehen hat. Mit diesen Angabe haben wir eine Schnitt von 31, so viel älter als 23 ist das ja nun auch nicht. Ich denke bei den Altersangaben bei einer Zeugenaussage werden die damaligen Beamten durch eigene Erfahrung auch schon gewusst haben, wie schwer das einzuschätzen ist und das man sich darauf nicht zu 100% verlassen sollte. Eventuell, wenn man PC Smith mit einbezieht, haben sie hier ihrem Kollegen sogar die größte Kompetenz zugeordnet und dann haben wir einen doch recht jungen Täter, bei dem fünf Jahre nach unten auch nix mehr machen.

Zitat von: Lestrade
Aber da ist eben ein Aaron Kosminski mit der gleichen Ausstattung. 23 Jahre, Friseur, im Zentrum lebend, auch hier eine Messerattacke, der Stridetatort quasi um die Ecke. Und wie hieß er nun? Aaron Abrahams? Aaron Cohen oder Aaron Lubnowski? Auch hier eine Namensänderung möglich. Und möglichweise auch hier Beamte wie Abberline, die diesen Mann verdächtigten (Swanson, Anderson, Macnaughten).

Im Zweifelsfall hieß er Aaron. Anderson hat ihn wohl in jedem Fall verdächtigt. Bei Swanson weiß man es nicht so recht, explizit dazu geäußert hat er sich ja nicht, aber wahrscheinlich auch eher ja. Und McNaghten erwähnte ja, dass es sehr viele Umstände gab, die den Mann verdächtig erscheinen ließen und er zudem noch eine starke Ähnlichkeit mit dem Mann aufwies, den irgendwer irgendwo kurz vor der Auffindung von einem Opfer gesehen hat. Ansonsten geht Mc aber eher mit Druitt, also muss man sich da schon fragen, wie stark die "Umstände" denn wirklich waren, die ihn angeblich so belasteten.

Zitat von: Lestrade
Obwohl wir heute wissen, dass ein Giftmörder zwar ein Serienmörder sein kann aber kein sexuell motivierter Serienkiller, fällt Koslowski als Jack the Ripper eigentlich mit garantierter Sicherheit durch. Genauso verneinen wir allgemein einen Aaron Kosminski aufgrund seiner Harmlosigkeit und sortieren ihn als JtR aus.

Ersten sortiere ich aus, zweiten verneine ich nicht.

Zitat von: Lestrade
Der Unterschied ist allerdings der, dass ein Koslowski viel, viel eher als Kandidat gehandelt wird als ein Aaron Kosminski. Einen 23jährigen Polen mit Namen Koslowski der Friseur war und Frauen (mit Sorgfalt und Vorsicht) vergiftete, traut man eher diese riskanten unvorsichtigen Taten und zurückgelassenen Opfer eines Jack the Rippers zu, als einen 23jährigen Polen der ebenfalls Friseur war und Aaron Kosminski hieß.

Verstehe ich ehrlich gesagt auch nicht. Kosminski ist als Ripper viel wahrscheinlicher als Klosowski. Quasi alles an Klosowskis Wesen steht im Gegensatz zu den Rippermorden. Klosowski scheint doch eine weitaus ausgeprägtere sadistische Ader gehabt zu haben, wenn man bedenkt, wie er am Totenbett seiner Frauen saß und den leidenden Ehemann gespielt hat, während er seinen Opfern beim langsamen Sterben zusah. Außerdem weisen alle diese Taten auf ein eher geplantes Vorgehen hin, bei dem es neben dem Ausleben einer möglichen sadistischen Ader auch darum gegangen sein könnte, Geld von den verstorbenen Ehefrauen zu erhalten. Klosowski klappt eigentlich nur, wenn man ihn, wie beispielsweise Sugden, der dabei aber auch nur Abberline folgt, mit dem "Amerikaner" in Verbindung bringt, der im London Hospital nach Uteri fragte. Für Geld trau ich Klosowski einiges zu. Aber macht man es so, rennt man sofort gegen eine andere Mauer: Wieso dann die massiven Gesichtsverstümmelung bei Eddowes und die totale Raserei bei Kelly? Antworten? Nein? Klosowski ist raus.

Zitat von: Lestrade
Oberflächlich betrachtet, dürfte man gar keinen Unterschied zwischen beiden machen obwohl ich eher dazu tendiere zu sagen, ein Koslowski hatte niemals Interesse an Verstümmelungen und war niemals sexuell motiviert. Von Aaron Kosminski wissen wir das nicht. Wer Koslowski als Ripper favorisiert, der müßte Aaron Kosminski im gleichen Atemzug nennen. Tut aber niemand.

Siehe oben, Klosowski kommt für mich nicht wirklich in Frage. Und da Klosowski nur wirklich funktioniert, wenn man ihm ein anderes Motiv unterstellt, würde Kosminski dann automatisch rausfallen. Da Klosowski aber zumindest meiner Meinung nach auch dann nicht funktioniert, kann er als dreckiger Giftmörder in der Hölle verrotten (oder sonstwo, hauptsache er verrottet). Für Kosminski gilt bei mir nach wie vor die Unschuldsvermutung, auch wenn ich hier deutlich sage, er ist Aufgrund der Häufung von Hinweisen auf ihn aus drei Richtungen (Anderson, Mc und dein Freund Donnie) eindeutig der Hauptverdächtige. Ich hab es ja an anderer Stelle irgendwo schon mal thematisiert: Eine doch recht große Anzahl an Serienkillern ist nach der Festsetzung durch die Behörden lammfromm und gewinnt jedes Jahr den Gefangener des Jahres Award für gute Führung. Das heißt nichts. Es ist auch ganz egal, welches Bild man sich geistig von so einem Täter macht oder wie man sich vorstellt, dass er bei dieser oder jener Gelegenheit gehandelt haben mag, es ist immer falsch zu sagen: Der Typ, von dem ich nichts weiß, isst zwei Jahre später nicht von der Straße, der redet auch nicht mit seinen Stimmen und weigert sich zu baden. Es ist aber richtig zu sagen: Es gibt keinen Beweis, dass der Typ, von dem ich nichts weiß, zwei Jahre später von der Straße gegessen, mit seinen Stimmen geredet und sich geweigert hat, zu baden.

Zitat von: Lestrade
Wenn wir Abberline glauben, und uns auch bei Anderson, Swanson und Macnaughten auf einen 23jährigen einigen, was ja durchaus möglich ist (Aaron Davis Cohen, Aaron Mordke Kosminski und vielleicht auch Fido´s syphiliskranken Nathan Kaminsky), dann erzählt uns vielleicht auch der Bericht aus der Coburger Zeitung vom 27. März 1903, in welche Richtung es Ermittlungstechnisch ging. Nämlich in die Mitte dieses Bezirkes zu 1-2 Männern in ihren Zwanzigern, dessen Geburtsnamen irgendwie nach K...ski klingen.

Alter Trickser  :biggrin: Soweit wir wissen, ging die Ermittlung nirgendwohin, weil wir keine Kenntnisse über mögliche Erfolge bei der Haus-zu-Haus-Suche haben. Dass Abberlines Verdächtiger zum Tatzeitpunkt ebenso 23 war wie Andersons polnischer Jude, weist nicht unbedingt darauf hin, dass man Hinweise in diese Richtung vorliegen hatte. Wer weiß, ob Abberline jemals einen Gedanken an das Alter seines Verdächtigen verschwendet hat, er scheint ja eher beim Eröffnungsplädoyer der Anklage beim Chapman-Prozess auf die Idee gekommen zu sein: Mein Gott, das ist die Sau!

Im Kosminski-Cohen-Seaside-Home-Thread schein ich ja auch noch genug zu lesen zu haben... naja, das mach ich morgen.
Titel: Re: Coburger Zeitung
Beitrag von: Lestrade am 01.10.2011 05:11 Uhr
Lustig geschrieben. Sorgt mal wieder für ein amüsantes Lächeln auf meinen Lippen...

Alter Trickser

Also nenn mich wie du willst (bin gespannt was jetzt kommt) aber der war und bin ich nie gewesen. :nea:

Ich könnte jetzt eine Menge anmerken und darstellen, warum es in diese Richtung ging aber ich habe gerade keinen Bock darauf und will (merkt auf), diesen Thread nicht verwässern.

Ansonsten möchte ich noch erwähnen, wie gut du die Sache mit dem Alter aufgeführt hast. Und ob sie Aaron als Kosminski meinten, da werde ich mir nie sicher sein können. Ich muss es glauben, wollen tue ich es aber ungerne. Es ist möglich aber nicht unbedingt wahrscheinlich. Hätte er Cohen´s Benehmen gehabt, dann würde ich wohl garnicht mehr beim Thema sein. Hatte er aber nicht und deswegen bleibe ich am Ball. N. Cohen und Aaron Davis (David) Cohen sowie Nathan Kaminsky und Aaron Kosminski, halte ich nicht für vier Personen, wenn du verstehst was und wie ich es meine. Einer von denen, sollte im Seaside Home gewesen sein und vielleicht geriet nicht nur er allein in´s Visier der Ermittler. Der familäre Kosminski Anteil bei Aaron Kosminski väterlicherseits ist klar, der mütterliche Lubnowski Anteil auch. Wie allerdings der Cohen Anteil genau beim Lubnowski- Part aussah ist schwer zu sagen aber genau den, halte ich für enorm wichtig. Mal abgesehen von wahrscheinlich inszesthaften Familienstammbaum und dem tausendfachen Namen Cohen, dieser Namen aus dieser Familienbande führt in den City Police Bereich und in den der MET, was ja nicht gleich sensationell wäre aber immerhin. Die Kosminkis hießen bald Abrahams und die Lubnowskis irgendwann Cohen aber wie hießen die anderen Cohen früher mit polnischen Geburtsnamen? Vielleicht Kaminsky oder gar auch Kosminski? Die waren Schumacher, Schneider und kamen aus Schlächter- Familien. Aber nun gut...