jacktheripper.de
Fachliche Themen => Allgemeine Diskussion => Thema gestartet von: Stordfield am 17.08.2008 11:59 Uhr
-
Hallo !
Im vorherigen Thread haben John und Isdrasil von einem kontrollierten Verhalten des Rippers gesprochen . Könnt ihr mir mal , bitte , erklären , worin sich das , eurer Meinung nach äußert ?
Gruß Stordfield
-
Hi
Ich denke, John und Ich meinten etwas Verschiedenes.
Man muss die Motivation des Täters unterscheiden.
Ich meine, dass der Ripper nicht so souverän und selbstbewusst war, wie man gerne annimmt. In meinen Augen war er ein nicht gerade extrem nervöser, jedoch eher der ängstliche und daher etwas vorsichtige Tätertyp – wobei ich nicht an ellenlange Tatvorbereitungen oder das Studieren von zum Beispiel Polizeibeats glaube. Ich denke, die Vorsicht des Rippers entstand immer in der jeweiligen Situation und drückte sich auch darin aus.
Das meinte ich mit Kontrolle. Wie der Dieb, der die Türen hinter sich schließt und die Lichter im Haus auslässt. Eigentlich hätte ich Vorsicht sagen sollen. Hätte besser gepasst.
Grüße, Isdrasil
PS: Und weil dies alles so schrecklich subjektiv und nicht beweisbar ist, freue ich mich jetzt schon, wieder von John zerrupft zu werden… :icon_mrgreen:
-
Stimmt. In dem Fall meinen wir etwas anders. Hätte ich "Vorsicht" gemeint, hätte ich auch "Vorsicht" geschrieben.
Aber mit "Kontrolle" meine ich genau das: der Täter kontrollierte den Ablauf der Handlungen soweit wie möglich. Nicht, weil er ängstlich oder nervös war, sondern weil es eben zu seinem Plan, seiner Fantasie gehörte, vielleicht auch, weil er einen engen Zeitplan hatte. Wie weit er die Räumlichkeiten mit einbezog, vermag ich nicht genau zu sagen, auch nicht, ob er ortsansäßig war oder nicht. Denn, wie wir schon feststellten, genügte es vollkommen, sich auf den größeren Straßen des East Ends zurecht zu finden.
JE
-
Auch wenn du es wahrscheinlich schonmal geschrieben hast: Was sind die Indizien für deine Meinung dass er "kontrolliert" vorging? Ich persönlich kann mich nicht sicher entscheiden ob er tatsächlich über den ganzen Zeitraum des Tathergangs kontrolliert vorging oder irgendwann die Kontrolle verlor.
-
Hallo !
Danke Floh . Genau das meine ich . Was zeigt uns , daß der Ripper kontrolliert vorging ? Bis jetzt sind es ja wohl nur Vermutungen .
Gruß Stordfield
-
Da wir weder Täter noch ein Geständnis haben, sind wohl alle unsere Meinungen nur Vermutungen und Interpretationen. Und ich interpretiere die Indizien als kontrolliertes Vorgehen.
* er führt von Anfang an eine - für sein gesamtes Vorhaben - geeignete, geschliffene Waffe mit sich
* weder vor, noch während noch nach der Tat verhält sich der Täter irgendwie auffällig (Stride ist entweder eine Ausnahme oder aber eben kein Ripper Opfer oder ihr Angreifer und der Mörder sind zwei verschiedene Täter, aber das möchte ich jetzt und hier nicht diskutieren)
* er verhält sich bis zum initialen Angriff offenbar so "normal", daß jedes Opfer mit ihm in die dunkelste, abgelegenste Ecke geht, ohne Alarm zu schlagen
* er tötet immer auf die selbe, effektive Art ohne zu "pfuschen" (Stride: siehe oben) - weder kann das Opfer um Hilfe rufen, noch kommt es zu einem Kampf, und der Tod tritt schnell ein
* er scheint sogar darauf Bedacht zu legen, daß das Opfer beim Ausweiden nicht mehr blutet
* er verläßt den Tatort so "geordnet", daß noch nicht einmal - zumindestens unbeabsichtigte - wegführende Blutspuren gefunden werden
* er hat sich immer so weit unter Kontrolle, daß er selbst bei nahender Gefahr unbemerkt entkommt
So, Floh, Alex, ihr seid dran: zählt mal auf, was euer Meinung nach auf ein unkrontolliertes Verhalten schließen läßt, aber bitte nicht einfach nur das Gegenteil von dem behaupten, wsa ich gerade anmerkte.
JE
-
Ich stimme dir in den meisten Fällen zu. Ich gehe ebenfalls davon aus dass er die Tat kontrolliert anging. Allerdings, wie ich schon sagte, weiß ich nicht ob er nicht die Kontrolle während der Tat verlor.
Begründung:
Beispiel Catherine Eddowes. Die Wunden im Gesicht und insgesamt am Kopf sind für mich nicht erklärbar, wenn der Täter kontrolliert vorging. Seine Kontrolle hat er insgesamt immer behalten...wie du schon sagtest: Er kann die Opfer in "aller Ruhe" töten, schnell und scheinbar lautlos und nimmt sie "sauber" aus. Das sieht auch meiner Meinung sehr kontrolliert aus. Aber die Wunden im Gesicht scheinen mir entweder aus Wut/Hass oder Ekstase entstanden zu sein. In beiden Fällen wäre das aber ein Kontrollverlust.
Beispiel Mary Jane Kelly. Hier heißt es das Gesicht sei förmlich zerhackt gewesen. Auch hier kann ich mir das nur durch einen Verlust der Kontrolle erklären. Für mich gehören Mord, aufschlitzen und Organentnahme zum kontrollierten Vorgang des Geschehens. Die gesamten Verletzungen am Oberkörper und an den Beinen kann ich zum kontrollierten Vorgang zählen. Aber die Verletzungen im Gesicht kann ich mir im Moment nur mit zwei Möglichkeiten erklären!
1. Möglichkeit: Sein Motiv war Hass auf Prostituierte oder Frauen und er hat diesen Hass nicht mehr kontrollieren können.
2. Möglichkeit: Er ist während oder kurz nach der Organentnahme in Ekstase geraten und hat wild (und unkontrolliert) auf das Gesicht des Opfers eingestochen.
-
Hallo John !
Du hast da eine Menge stichhaltige Argumente aufgeführt . Ich muß gestehen , daß sie mich in ihrer Gesamtheit wirklich überzeugen .
Gruß Stordfield
-
Hallo, Floh,
gerade die eigenartigen "Muster" auf Eddowes Wangen und die feinen Schnitte an ihren Augenlidern sehen sehr kontrolliert aus. Der Rest? Eventuell ausgerutscht, als er den PC hörte.
Stimmt, bei Kelly sieht das Verhalten unkontrolliert aus. Der Grund dafür könnte durchaus seine andere Stimmungslage oder doch ein anderer Täter sein.
JE
-
gut möglich, dass er auch bei der "bearbeitung" der nase abgerutscht ist, oder die verletzungen einfach eine natürliche folge des messerlaufs waren.
umgekehrt natürlich auch denkbar - einritzen der v's verursacht verletzungen an nase...
-
Hallo, Floh,
gerade die eigenartigen "Muster" auf Eddowes Wangen und die feinen Schnitte an ihren Augenlidern sehen sehr kontrolliert aus. Der Rest? Eventuell ausgerutscht, als er den PC hörte.
Stimmt, bei Kelly sieht das Verhalten unkontrolliert aus. Der Grund dafür könnte durchaus seine andere Stimmungslage oder doch ein anderer Täter sein.
JE
Hm...richtig. Das wirft dann wieder automatisch die Frage auf, welche Opfer tatsächlich dem Ripper zuzurechnen sind. Und wie du schon sagtest ist der Unterschied bei MJK tatsächlich dass das Verhalten sehr unkontrolliert aussieht.
-
Hi
Da bin ich wieder! War kurz, aber schön...wie so vieles... :icon_mrgreen:
Und es geht gleich los: Ich habe mein Problem mit dem Ausdruck „Kontrolliertes Verhalten“ in Hinsicht auf die Wunden eines Opfers. Das manche Verletzungen versehentlich entstanden sein können (siehe Thomas einleuchtende Darstellung) und manche gewollt, das lasse ich mir angehen. So wie ich das verstanden habe, werden „kontrollierte Verletzungen“ mit „gewollten Verletzungen“ gleich gesetzt.
Doch was ist dann an Kelly`s Verletzungen „unkontrolliert“?
Kann man nicht sagen, dass Kellys Verletzungen - aus welchen Gründen auch immer - einen anderen Ausdruck aufweisen (lassen wir mal die Möglichkeiten der verschiedenen Einflüsse außen vor), aber dennoch „kontrolliert“ im Sinne von so beabsichtigt sein können?
Kellys Verletzungen zeigen natürlich einen anderen Ausdruck. Aber ob dies aufgrund eines anderen Täters oder aufgrund einer anderen Stimmungslage, eines anderen Tatortes und damit von den anderen Morden abweichenden äußeren Einflüssen begründet ist, ist eine eigene Diskussion.
Kontrolliert hingegen können sowohl Eddowes als auch Kellys Verletzungen sein. Wer weiß, wie Eddowes ausgesehen hätte, wenn der Täter mehr Zeit gehabt hätte. Dazu habe ich schon einmal gesagt: Eddowes zeigt Muster, Kelly eher weniger – aber viele Muster übereinander gelegt sehen ganz schnell chaotisch aus, dies mag durch organische Eigenheiten des Körpers sogar noch begünstigt werden.
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass die üblichen Verletzungen bei Kelly durch den Zeitaspekt und ein erneutes Experminentieren des Rippers - diesmal in eine etwas gröbere Richtung - überlagert wurden. Mit anderen Worten halte ich es für möglich, dass Kelly zunächst gleich den anderen Opfern zugerichtet war, bevor der Ripper eine neue "Stufe" der Grausamkeit erklomm.
Ich bin zudem immer noch der Meinung, dass der Tatort und die äußeren Umstände einen unmittelbaren Einfluss auf die Tatbegehung und die Ausführung der Verletzungen - selbstverständlich innerhalb des persönlichen Rahmens des Täters - ausüben. Ohne Partei für oder gegen Kelly ergreifen zu wollen.
Und @John
Ich finde deine Ausführungen bezüglich der Kontrolle sehr interessant und stimme dir auch zu – aber diese Ausführungen können doch auch größtenteils auch auf einen Täter zutreffen, der Vorsicht walten lässt und weiß, wie er dies zu tun hat. Es ist im Prinzip doch ein schmaler Grat zwischen „kontrollierter Planung“ und „intuitiver Vorsicht" in Hinsicht auf die Merkmale einer Tat.
Eventuell (glaube ich sogar) verstehe ich deine Definition von Kontrolle falsch. Wäre schön, wenn du mal sagen könntest, was Du konkret darunter verstehst - in Bezug auf die Wunden, versteht sich. :icon_wink:
Grüße, Isdrasil
-
Fängt ja gut an - ich habe gerade gemerkt, dass dieser Post hier total themenfremd war und eigentlich woanders besser passt. Nevermind...
-
Und sogar ein Hattrick! Aber was will man machen...
* er verhält sich bis zum initialen Angriff offenbar so "normal", daß jedes Opfer mit ihm in die dunkelste, abgelegenste Ecke geht, ohne Alarm zu schlagen
Zumindest diesen Punkt kann er abschwächen, indem er sich von den Opfern ansprechen lässt und somit der ersten Verdachtsgefahr entgeht. :icon_wink:
http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1066.0.html
-
Hallo!
Sind die sichtbar zunehmende Gewalt an den Opfern vielleicht nicht nur, die bei Serienmorden häufig auftretende Eskalation, sondern eventuell auch ein Zeichen des Kontrollverlustes seitens des Täters? Wurden seine Aktionen von Tat zu Tat noch von ihm selbst oder von einer Art "Instinkt" gesteuert? Konnte er etwa nach den ersten Morden immer noch und jederzeit, sollte dies erforderlich sein, seine jeweiligen Handlungen unterbrechen?
Gruß Stordfield
-
Hallo Stordfield,
sehr gute Fragen. Was die letzte betrifft, so gehe ich davon aus, dass er konnte. Und zwar deshalb, weil er sich ja immer noch rechtzeitig entfernte - sicher mitunter auch nur knapp rechtzeitig. Gut möglich, dass es ihm schwer fiel, aber kein Ding der Unmöglichkeit, sonst wäre er wohl erwischt worden. Ich vermute, dass er dabei nie selbstvergessen und abwesend war, sondern immer mit mindestens einem Ohr auf herannahende Geräusche achtete, also die Umwelt nicht völlig ausblendete.
Was du bezüglich der häufig auftrenden Eskalation bei Serienmördern allgemein beschreibst, da habe ich mal gelesen, dass manche (viele?) von Tat zu Tat mehr "Selbstbewusstsein" entwickeln und dementsprechend übermütiger werden. Das vermute ich auch bei diesem Täter. Es wäre aber eine Art von Leichtsinn, die auch bei sehr viel weniger abscheulichen Vorgängen vorkommen könnte.
Wurden seine Aktionen von Tat zu Tat noch von ihm selbst oder von einer Art "Instinkt" gesteuert?
Das ist schwierig. Du meinst, ob er es theoretisch sein lassen hätte können, ohne auf andere Art auffällig zu werden? Wirklich schwierig. Aber ich tendiere zu einem Täter mit einer Art Persönlichkeitsstörung (dissozial und/oder narzisstisch), die dazu führte, dass es ihm schlichtweg egal war, ob andere Schaden nehmen, solange seine Bedürfnisse befriedigt wurden. Soll heißen, kein Instinkt oder Trieb war ausschlaggebend, sondern ein extremer Mangel an Empathie.
-
Hallo Anirahtak!
Ich meinte eher, ob er sozusagen aus sich heraustrat, quasi dieses andere Ich die Taten begann, wärend er nur hilflos "zuschaute". Hört sich etwas verschroben an, aber ich hoffe, dass Du verstehst, was ich sagen will (Ich denke dabei nicht an Schizophrenie). Hatte er sich wirklich noch in der Gewalt, oder klinkte er sich völlig aus (wie es mir im Kelly- Fall deutlich zu sein scheint) und ließ sich einfach nur noch von Urinstinkten leiten (die ja auch den Fluchtinstinkt beinhalten)?
Gruß Stordfield