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Der zweite Mann

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Stordfield:
Hallo!

Oft schon wurde beim Stride- Mord ein zweiter Mann erwähnt. Er soll ja sogar den Zeugen Schwartz verfolgt haben.
Jetzt frage ich mich, warum er nicht identifiziert werden konnte, zumal er ja angeblich auch noch aus einem nahegelegenen Pub trat. Dort müßte er doch eventuell irgendjemandem bekannt gewesen sein. Warum meldete er sich nicht später selber bei der Polizei? War er vielleicht nur eine Erfindung von Schwartz, um sein ziemlich feiges Verhalten zu kaschieren?
Was hatte der Unbekannte nun wirklich in der Hand? Seine Tabakspfeife oder ein Messer? Wollte er helfen und bekam dann Angst vor seiner eigenen Courage, oder verscheuchte er Schwartz, weil er ein Mittäter war?

Gruß Stordfield

Lestrade:
Hallo Stordfield!

Diese Frage habe ich mir auch schon oft gestellt. Wir wissen nicht ob Schwartz den Mann erfunden hatte um eine alleinige Verantwortung für sein Handeln zu verdrängen oder ob er tatsächlich da war. Ich weiß auch nicht, ob der Pub noch offen hatte aber so oder so, muss die Polizei diesem Hinweis auch im Pub verfolgt haben. Anders kann ich mir es nicht vorstellen. Vielleicht wurde er gefunden (und wir haben einfach nie von ihm erfahren) oder die Spur verlief im Sande. Vielleicht ist er selber zur Polizei, doch in allen Fällen wissen wir zusätzlich auch nicht, wann das alles so geschehen wäre. Kannte er und der Angreifer sich, waren sie gar im Bunde? Letzteres hat nur eine geringe Wahrscheinlichkeit, ausschließen darf man es jedoch nicht ganz. Schwartz sah den Angreifer wohl mehr oder weniger von hinten., der zweite Mann könnte, wenn es ihn gab, tatsächlich einen sehr guten Blick auf Stride´s Angreifer gehabt haben. Vom Angreifer aus, dürfte der zweite Mann, mehr Aufmerksamkeit erfahren haben, als sie Schwartz zuteil wurde. Zwischen beiden könnte ein intensiverer Blickkontakt stattgefunden haben und bei einer ID Parade, dürften beide sich auch wiedererkannt haben. Würde gut zu Swanson´s Ausführungen passen.
Ich meine mal im Bezug auf Schwartz gelesen zu haben, in Anlehnung an Presseberichten, das die Polizei fast mehr Interesse zeigte, den zweiten Mann finden zu wollen, als den ersten, von dem sie ja ohnehin ausgingen, das er der Ripper war.

Liebe Grüße,

Lestrade.

Stordfield:
Hallo Lestrade!

Es hatte ja den Anschein, als wollte der zweite Mann bei dem Streit (so mußte es ja für ihn ausgesehen haben) helfend dazwischen gehen. Hat ihn dann der "Lipski"- Ausruf gestoppt, ihm klargemacht, dass der Angreifer ebenfalls Jude war und er deshalb seiner Wege ging, ohne sich weiter um die Angelegenheit zu kümmern?

Gruß Stordfield

Lestrade:
Das ist es ja Stordfield, wer hat wem etwas zugerufen und was genau war es? Schwartz war ja auch dem Englischen nicht mächtig. "Lipski" klingt glaubhaft aber in solcher Situation kann man sich auch mächtig verhören. Ich vermute folgenden Ablauf:

Im Gegensatz zu Nichols, Chapman und Kelly, schlug er doch sehr früh in jener Nacht zu. Er war noch unvorsichtiger geworden und bereit für mehr Risiko. Nach dem DoubleEvent wurde er dann wieder vorsichtiger, änderte, aufgrund der Erfahrungen in jener Nacht, wieder sein Verhalten. Er dürfte mit Stride schon vorher im Gespräch gewesen sein, kehrte zurück und wollte mit einer überfallartigen Attacke, Stride überwältigen. Dabei bemerkte er Schwartz im Hintergrund nicht. Genauso wie er den Mann plötzlich aus dem Pub bemerkte, dürfte ihm wohl auch Schwartz aufgefallen sein. Der wechselte dann wohl sofort die Straßenseite und der Mann aus dem Pub bedarfte einer eindeutigen Drohung des Angreifers, um aus der Szenerie zu verschwinden. Der zweite Mann verfolgte Schwartz aber ich denke, er überlegte eher etwas mit Schwartz zu unternehmen aber der Mut verliess ihn dann auch. Mit ein Grund dafür könnte gewesen sein, das alle Beteiligten Jüdisch waren und sie sich als solche auch erkannt haben. Als Diemschütz auftauchte, gab der Ripper dieses Opfer auf und suchte sich sein nächstes. Interessant finde ich die Angriffsbeschreibung. Meiner Meinung nach, operierte er mit einer plötzlichen Attacke. Er sollte mit einer Hand versucht haben, die Haare des Opfers zu greifen, sie mit dem Rücken zu sich zu drehen, um dann mit der anderen Hand Hals und Kinn Bereich zu packen. Die Hand die ursprünglich die Haare packte, dürfte dann ein Messer, das er vermutlich im Bereich der hinteren Hüfte trug, gegriffen haben und der Kehlschnitt sollte dem Opfer von hinten zugefügt worden sein. So dürften Blutspritzer ihn kaum erreicht haben. Danach brachte er die Opfer in die Lage, in der er die Verstümmelungen vornehmen konnte. Ich denke, diese Art des Angriffs könnte bei Stride und Eddowes erfolgt sein. Bei den anderen kann ich es nicht beurteilen. So könnte er auch Tritte und Abwehrverhalten der Opfer mit den Händen vermieden haben. Die Opfer hätten auch so keinen Blick auf das Messer haben können. Von vorne hätten sie es erblickt und in gesteigerte Panik noch heftiger reagiert. Von hinten hätte er auch kraftvoller agieren können, die Schnitte waren tief. Der Griff könnte ein Würgegriff gewesen sein aber kein Würgen im eigentlichen Sinne. Vielleicht spielte die Größe der Opfer für ihn eine Rolle. Stride schien sich aber mächtig gewehrt zu haben. Ich wollte diese Gedanken nur mal erwähnt haben.

Gruß.

P.S.: Vielleicht stieß er die Opfer dabei auch zu Boden.

panopticon:
Hallo.

Das Pub, aus dem Schwartz den Mann laut ´The Star´ kommen sah (wenn´s denn stimmt), war angeblich (Casebook) ´The Nelson´, 46 Berner Street. Ebenfalls in der Berner Street befand sich auch das ´George IV´: 68 Berner Street, in dessen Nähe ja William Marshall Stride von Nr. 64 aus mit einem Mann gesehen haben will. (Ich frage mich, ob dort nicht auch Emily Edith Smith 1892 mit ihrem späteren Angreifer war – das nannten sie aber ´George IV Tavern´, und diese war wohl in der Nähe der Sutton Street, wenn auch nicht weit weg...) Interessant sind einige Punkte: Zum einen, dass viele Pubs um diese Uhrzeit wohl eigentlich schon geschlossen hatten, denn die offizielle Sperrstunde war eigentlich 0.30h, wenn ich mich da jetzt nicht irre. Clubs dürften wohl generell länger geöffnet gewesen sein, wie die Nacht des Double Events uns zu lehren scheint. Interessant ist auch, dass das ´George IV´ laut Casebook 1888 von einem gewissen Edmund Farrow betrieben wurde, der wohl mit William Farrow verwandt war, welcher zu dieser Zeit das ´Frying Pan´ in der Brick Lane führte. 1889 übernahm William Farrow jedenfalls das ´George IV´ und welches Pub betrieb Edmund 1890? ´The Weaver´s Arms´ in der Hanbury Street. (Wäre ja auch zu schön, wenn es in diesem Fall mal wenigstens in einem Punkt nicht wieder irgendwelche Auffälligkeiten gäbe...)

Aber zu ´The Nelson´: es wurde laut Casebook von einem Louis Hagens geführt, der ab 1889 in keinem bekannten Handelsregister mehr aufzutauchen scheint.
Auf der ´Social Map´ hier: http://www.space.bartlett.ucl.ac.uk/projects/mappingthelabyrinth/MOL_14.swf finde ich gerade nur ein Pub in der Berner Street verzeichnet, leider habe ich ´Jack the Ripper and the East End´ gerade nicht bei mir, wo diese Pläne auch enthalten sind - da sollte man das besser sehen, ich werde dem heute Abend mal nachgehen.

Ich werde auch nicht ganz schlau daraus, was da gerufen wurde, ob nun ´Lipski´ oder ´Lizzie´ oder was auch immer. Das Foto, das Einblick in den Dutfield´s Yard gibt, verringert meines Erachtens nach auch die Chance, dass der Täter tatsächlich ´gestört´ wurde und sich im Hof versteckte, zumal das, was auf manchen Illustrationen wie Türöffnungen aussieht, wohl eigentlich Fenster waren. (Obwohl es im Hof natürlich nach wie vor genug andere Verstecke für den Täter gab...)

Hab ich nicht irgendwann mal einen Zeitungsbericht gelesen, der eventuell vermuten ließe, dass man den 2. Mann tatsächlich fand? Hmmm..... Ich werde mal danach suchen – irgend so etwas habe ich im Hinterkopf, vielleicht verwechsle ich das aber auch mit irgendetwas anderem...


@Lestrade: Ja, ich halte es auch immer mehr für durchaus möglich, dass der Täter seine Opfer einfach zu Boden stieß.


Grüße,
panopticon

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