Umfrage

Wer war der Zeuge im Seaside Home?

Joseph Lawende
0 (0%)
Israel Schwartz
4 (50%)
Joseph Hyam Levy
2 (25%)
Harry Harris
0 (0%)
"Pipeman"
0 (0%)
Hutch´s Astrakhan Man
1 (12.5%)
Keiner von den ersten 6
1 (12.5%)
George Hutchinson
0 (0%)

Stimmen insgesamt: 3

Autor Thema: Identifikation!  (Gelesen 29177 mal)

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Offline Lestrade

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Re: Identifikation!
« Antwort #30 am: 25.10.2011 09:23 Uhr »
Hi Isdrasil!

Ja wunderbar, ich danke dir.

Grüße, Lestrade.
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Stordfield

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Re: Identifikation!
« Antwort #31 am: 07.11.2011 19:29 Uhr »
Hallo Lestrade!

Ich persönlich denke, dass ab den 11./12. November herum, die Polizei die Auswertungen der Hausdurchsuchungen nutzen konnte, dass es einen "PC" vom Mitre Square gab, der jemanden in der Nähe des Tatortes sah, den er "kannte" und meinte ihn da halbwegs auch ausgemacht zu haben.

Da gibt es doch die Geschichte von A. L. Morrison über Stephen White und Amos Simpson, die beiden MET- Policemen, welche (vielleicht) eine verdeckte Ermittlung (der Zweck war eventuell die Beschattung von jüdischen Radikalen) auf fremdem (sprich: Cityterritorium) Gebiet durchführten. Was hälst Du denn davon?

Gruß Stordfield

Offline Lestrade

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Re: Identifikation!
« Antwort #32 am: 07.11.2011 22:15 Uhr »
Hi Stordfield!

Ich finde dass schon recht interessant. Die Geschichte kenne ich, würde meinen, da gibt es noch eine weitere Möglichkeit weiterer Beamter in der Nähe dieses Tatortes in jener Nacht. Sicher bin ich mir nicht, kann momentan nicht nachschauen aber ich versuche daran zu denken und alsbald für einen klarere Antwort zu sorgen.

Wenn man überlegt, ein MET Polizeiangehöriger hätte tatsächlich einen Verdächtigen auf dem City Police Gelände gesehen und ihn später noch einmal wiedergetroffen und die bekannte Person wäre dann tatsächlich von einem weiteren Zeugen identifiziert worden, dann klingt das nicht so unlogisch oder abwägig. Die Observation hätte von da an ja, an die City Police gehen können ohne dass die überhaupt etwas hätten wissen müssen. Sie haben ja auch selber nie irgendeinen PC Zeugen erwähnt.

Was meinst Du dazu?

Gruß, Lestrade.
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Stordfield

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Re: Identifikation!
« Antwort #33 am: 10.11.2011 21:39 Uhr »
Hallo Lestrade!

Dein Szenario scheint mir tatsächlich nicht so abwegig zu sein. Zumal die genannten beiden Beamten ja wohl mehr oder weniger undercover unterwegs waren. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann nahmen sie ja sogar für sich in Anspruch, die Leiche als erste gefunden zu haben. Da werden sie einen Teufel getan und der City Police brühwarm ihre sämtlichen Beobachtungen mitgeteilt haben.
Erstaunlich ist, welcher Betrieb am und auf dem Mitre Square so herrschte: Streifenpolizisten, Geheimermittler, Wachmänner (Morris), nächtliche Fußgänger (Lawende und Kumpel) und wer weiß noch alles. Um so "bemerkenswerter", dass der Ripper bei diesem Verkehr trotzdem sein Ding durchzog. Fast unmöglich, dass er völlig ungesehen davonkam.

Gruß Stordfield

Offline Lestrade

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Re: Identifikation!
« Antwort #34 am: 10.11.2011 22:40 Uhr »
Eben aber was machte es dann am Ende möglich?

Hi Stordfield,

so richtig ruhig wurde es im EastEnd doch nie. Die Gefahr ertappt zu werden, bestand doch quasi immer. Ob bei Nichols, bei Chapman und sowieso in der Nacht es Double Events. Gar bei Kelly war doch echt Betrieb...

Für mich ein Zeichen, dass der Täter ganz genau jeden Zentimeter gekannt hatte. Er muss dort gelebt haben, ist nie in Panik verfallen, weil er wußte, wo er sich bewegte und wie er sich zu bewegen hatte. Solche Menschen entwickeln ein spezielles Gespür für jene Situationen in die sich bringen. Ich vergleiche das mit sehr ursprünglichen, tierischen Instinkten. Aber die Umstände, wie z.B. die am Mitre Square erfordern auch Glück. Und das hat der Ripper wirklich herausgefordert. Und in der Berner Street war es ihm nicht hold. Gerade diese Tat zeigt doch alles andere, als einen planvoll vorgehenden Täter. Dieser Mann fiel niemanden auf, den beachtete keiner, der war garnicht da, er bewegte sich wie ein Geist. Im normalen Leben wohlgemerkt und in seinem Kopf möchte ich betonen. So könnte er sich gesehen haben ob es andere taten, weiß ich nicht. Aber wenn er aktiv bei seinen Vorhaben war, dürfte er sich genauso "unsichtbar" gefühlt haben wie auch sonst und solche Menschen verlassen sich gerne auf´s Glück. Und ich bleibe dabei, Jack the Ripper hatte Glück bei seinen Taten. Ewig angehalten hätte das nicht, wenn nicht etwas dazwischen gekommen wäre, wovon wir ausgehen können. Das alles schließt aber nicht aus, dass ihn die Störung in der Berner Street und überhaupt die ganze DoubleEvent Geschichte umdenken gelassen haben könnte, seinen MO zu verändern. Aber vielleicht war die Indoor-Tat bei Kelly auch nur Zufall.

Genug Leute waren ja immer unterwegs also warum nicht MET Beamte (in geheimer Mission anderer Natur), die jemanden gesehen hatten, der aus oder von einem Tatort gekommen sein könnte? Kommissar Zufall spielte sicherlich auch im Falle JtR eine gute Rolle.

Grüße, Lestrade.
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Offline Lestrade

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Re: Identifikation!
« Antwort #35 am: 11.11.2011 09:54 Uhr »
Guten Morgen Stordfield!

Die Geschichte kenne ich, würde meinen, da gibt es noch eine weitere Möglichkeit weiterer Beamter in der Nähe dieses Tatortes in jener Nacht. Sicher bin ich mir nicht, kann momentan nicht nachschauen aber ich versuche daran zu denken und alsbald für einen klarere Antwort zu sorgen

Sorry, das habe ich verwechselt mit PC Halse und seine Kollegen (Outram und Marriott) von der City Police nach der Eddowes- Tat.

Ansonsten habe ich auch nocheinmal nachgelesen. PC Amos Simpson (in 1888 42 Jahre alt, MET) will als erster den Leichnam von C.Eddowes gefunden haben und sammelte einen Schal von Ihr auf. Was führte ihn also in den City Police Bereich?

Sergeant Stephen White (MET), den wir ja auch aus der M. Packer Geschichte kennen, will jemanden aus einer Gasse haben kommen sehen, es fand ein kurzer "Plausch" statt. Die Gasse lag wohl direkt hinter der Whitechapel Road. Ehrlich gesagt wäre direkt hinter der Whitechapel Road nur die Buck´s Row, der Tatort von Nichols. Da die Aldgate High Street eine Verlängerung der Whitechapel Road ist, könnte er sich natürlich darin "geirrt" haben und es könnte sich tatsächlich um den Mitre Square handeln.

Laut White war dieser Mann "offenbar noch ganz jung" (33 Jahre). White selber war 34 Jahre alt in 1888. Der Mann lief schnell aber ohne Geräusche zu verursachen (Gummisohlen wahrscheinlich) und White macht für ihn Platz. "I got a good look at him" (White) erinnert uns sicherlich an den PC vom Mitre Square.

Er beschreibt den Mann weiter als 1,78cm. Er war schäbig bekleidet aber die Kleidung nicht von schlechter Qualität, möglich, dass der Mann einst bessere Tage sah. Er hatte ein langes, dünnes Gesicht aber eher ein zartes Näschen. Die Haare jedoch schwarz. Alles in allem eine fahle Erscheinung. Er wirkt ausländisch auf White und wenn man Besagtes betrachtet, meinte White eine jüdische Erscheinung. In seinen Augen trug er einen auffallenden Glanz, wie zwei Glühwürmchen wirkten sie. Obwohl er noch sehr jung war, ging er gebückt. Lange spitze Finger an schneeweißen Händen erweckten den Eindruck, er sei ein Student oder Fachmann für irgendetwas.

Auf jeden Fall kam ihm der Mann sehr verdächtig vor. Da stimmte etwas nicht aber er sah auch keinen Grund weiter vorzugehen. Es war nicht der Mann, nachdem sie suchten. Der Mann stolperte vor seinen Augen und White nutzte die Situation um ihn anzusprechen. Dieser schaute sich blitzschnell um und White finster an. Der Verdächtige bestätigte White´s Feststellung dass es kalt sei und man sagte sich gute Nacht.

Die Stimme des Mannes war sanft klingend, ausgestattet mit einer düsteren Nuance.

Unmittelbar nach dieser Begegnung erschien ein Kollege von White (Simpson???) auf der Bühne und eine grausige Entdeckung wurde offenbar.

Die Verfolgung von White´s Mann bleib erfolglos.
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Offline Lestrade

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Re: Identifikation!
« Antwort #36 am: 11.11.2011 10:13 Uhr »
Wenn White wirklich am Tatort Mitre Square gewesen war, gemeinsam mit Simpson, aus welchen Gründen auch immer, dann müssen wir uns auch vor Augen halten, dass White auch eine Rolle spielte beim Falle in der Berner Street aus der gleichen Nacht. Die ersten House-to-House Befragungen dort, fanden unmittelbar nach der Tat statt (Genau wie am Mitre Square). Die Story mit Packer ist bekannt. Wenn White weiterhin in die größeren House-to-House Durchsuchungen im Oktober 1888 involviert gewesen war, was ja anzunehmen ist, dann könnte er diesen Verdächtigen dabei "einmal wiedergesehen haben". So berichtet man über den PC vom Mitre Square.

Wenn White dabei in dem Bereich Berner Sreet erneut aktiv gewesen war, hätte er auf jedenfall einen "Kosminski" wiedererkannt haben können, nämlich Aaron Kosminski aus der Ecke Greenfield Street, in der unmittelbaren Nachbarschaft der Berner Street.

Es mag nicht besonders hilfreich klingend aber da seine Brüder Isaac und Wolf Schneider waren, hätte er etwas bessere Kleidung tragen können auch wenn er nicht pfleglich damit umging. Gegenüber seines Bruders lebte seine Schwester Matilda. Ihr Mann, sein Schwager Morris Lubnowski war Schumacher, da bekommt man vielleicht auch bequeme Schuhe mit Gummisohle her.
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Offline Craddock

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Re: Identifikation!
« Antwort #37 am: 11.11.2011 22:56 Uhr »
Nabend die Herren!

Wenn White wirklich am Tatort Mitre Square gewesen war, gemeinsam mit Simpson, aus welchen Gründen auch immer, dann müssen wir uns auch vor Augen halten, dass White auch eine Rolle spielte beim Falle in der Berner Street aus der gleichen Nacht.

Verlockend, nicht? So könnte man immerhin einmal eine Verbindung herstellen von einem Polizeibeamten zu einem möglichen Verdächtigen, der von einem Beamten in der Nähe des Mitre Square gesehen und später irgendwo wiedererkannt wurde. Aber falls dem so ist, was geschieht dann? Nichts? Wurde der Mann observiert? Hat man ihn eventuell in einer Nacht verloren und eine weitere Frau fand den Tod unter der Nase "eines unserer fähigsten Kollegen"? Aber falls White tatsächlich jemanden wiedererkannt haben sollte (und gesetzt dem Fall, er war überhaupt irgendwo in der Nähe des Mitre Square), warum werden dann nicht sofort Schritte unternommen, um den Mann auch einem der anderen Zeugen gegenüberzustellen? Haben uns die Herren Ermittler angelogen und die glorreiche Identifikation fand wesentlich früher statt, als wir glauben, um einen Observationsfehler, nun ja, wegzuerinnern? Aber warum spekulier ich hier eigentlich herum, soviel Vertrauen hab ich in die Geschichte ja gar nicht.

PC Amos Simpson (in 1888 42 Jahre alt, MET) will als erster den Leichnam von C.Eddowes gefunden haben und sammelte einen Schal von Ihr auf. Was führte ihn also in den City Police Bereich?

Was für ein unfassbarer Vollpfosten! Da es aber wohl eher nie passiert ist, verzeih ich ihm.  :biggrin:

Da werden sie einen Teufel getan und der City Police brühwarm ihre sämtlichen Beobachtungen mitgeteilt haben.

Kommen Sie zur Polizei, Kompetenz nicht vonnöten! Im Ernst, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Unsere James Bonds observieren dort herum, White trifft einen Mann, der sich verdächtig benimmt und schafft es nicht mal, ihn in ein Gespärch zu verwickeln. Sein Kollege geht inzwischen in den Mitre Square, weil ihn die Blase drückt (oder warum auch immer), stolpert über Eddowes, denkt "huch", nimmt ihren Schal mit und eilt zurück zu seinen Kollegen. Verfolgen klappt auch nicht so wirklich, also beschließen sie, dass sie entweder zurück auf Posten gehen oder sich komplett zurückziehen. Was sind das denn für Polizisten, bitte? Und dann sollen sie sich auch noch Sorgen machen, das die Leute von der City sauer werden, weil sie auf ihrem Gebiet herumstümpern und zu dem Schluss kommen, dass man denen am besten gar nicht groß was davon erzählt, dass man ihren Tatort verändert, Beweise entfernt und zudem einen Verdächtigen hat entkommen lassen? Dass man den Tatort zudem verlassen, die Leiche unbewacht zurückgelassen und es somit jedem x-beliebigen ermöglicht hätte, weiß Gott was zu tun? Wäre ich Charles Warren, ich wär an dem Tag zurückgetreten, damit mich bloß niemand mit diesen Leuten in Verbindung bringt.

Ich halte diese ganze Geschichte für äußerst zweifelhaft. Es gibt nur einen Artikel, der darauf verweist, und der ist praktischerweise kurz nach White´s Tod erschienen, den man somit als Quelle nicht mehr fragen konnte. Geschrieben wurde er wohl in der ersten Person, allerdings ohne Angabe eines Verfassernamens. In meinen Augen eher kein Stück journalistischer Glanzleistung, sondern eher mittelmäßige Trivialliteratur.


Offline Lestrade

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Re: Identifikation!
« Antwort #38 am: 12.11.2011 08:26 Uhr »
Morjen Craddock,

die Lügen erzählen uns auch immer etwas über die Wahrheit.

Am 27.09.1919 (kurz nach White´s Tod) erschien dieser Bericht im People´s Journal. Der East London Advertiser brachte allerdings am gleichen Tag eine andere Version heraus. In dieser hatte White den Mörder n i c h t gesehen, sich aber wohl in einer Straße aufgehalten, wo kurze Zeit später eine Frau erstochen gefunden wurde. Er sah aber letztendlich überhaupt niemanden...

In der ersten Geschichte scheint man die Erfahrungen von PC Watkins (Finder von Eddowes) vom Mitre Square und PC Long (Finder von Eddowes Schürzenteil) aus der Goulston Street ordentlich durchgemixt zu haben. Der lautlose Gang und die Gummisohlen erinnern doch sehr an Leather Apron...

Da wir mit dem "PC am Mitre Square" irgendwie leben müssen, falls es ihn überhaupt gab und wir nicht wissen, wer dann überhaupt gemeint war, bleiben uns ein paar Möglichkeiten: PC Watkins, PC Harvey oder eben PC Smith. White scheint irgendwann mal in der Nähe eines Tatortes gewesen zu sein. Wenn man daran glauben will... so würde ich Ihn in diesen Kreis mit aufnehmen...

Falls er doch etwas gesehen hat, dann einen gebückten, ausgemergelten, dünnlichen und blassen Mann mit netter Stimme und schwarzen Haar und einem insgesamt "fremdländischen" Erscheinungsbild. Aber wenn White der PC Mitre Square gewesen wäre, dann hätte er ihn nicht in´s Gesicht schauen können, denn der PC vom Mitre Square, hat seinen Mann nur rein äußerlich wiedererkannt. Auf deutsch: Er war 20m weit weg von ihm bei der Begegnung.

Warum kam es dann noch zur Tat an Kelly fragst du? Hausdurchsuchungen wurden im Oktober 1888 gemacht aber mussten noch ausgewertet werden. Möglichweise zog sich das noch in den November hinein. Dabei über jemanden etwas zu erfahren, heißt noch lange nicht, ihn angetroffen zu haben oder ihn als dringlich einzustufen. Die Polizei jagte ja sprichwörtlich ein Phantom.
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Offline Craddock

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Re: Identifikation!
« Antwort #39 am: 12.11.2011 19:20 Uhr »
Nabend zusammen!

die Lügen erzählen uns auch immer etwas über die Wahrheit.

Das tun sie, sofern da eine Wahrheit ist, über die etwas erzählt werden könnte.

Am 27.09.1919 (kurz nach White´s Tod) erschien dieser Bericht im People´s Journal. Der East London Advertiser brachte allerdings am gleichen Tag eine andere Version heraus. In dieser hatte White den Mörder n i c h t gesehen, sich aber wohl in einer Straße aufgehalten, wo kurze Zeit später eine Frau erstochen gefunden wurde. Er sah aber letztendlich überhaupt niemanden...

Das sehe ich aber nicht als andere Version, sondern als vollkommen anderen Bericht. Die Möglichkeit, dass White irgendwo in der Nähe des Mitre Square irgendeine Einrichtung oder sogar eine Person beschattete, besteht ja. Aber die Frage muss hier doch lauten, ob sich dabei irgendwelche Überschneidungen mit dem Mord an Eddowes ergeben haben. Aus dem Advertiser-Artikel geht ja nicht genau hervor, wo genau White an jenem Abend Dienst tat, es muss sich hierbei nicht um den Mitre Square handeln, sondern könnte genauso gut irgendein anderer Tatort gemeint sein (Buck´s Row, Hanbury Street). Die Ereignisse aber, die im People´s Journal geschildert werden, stimmen aber mit keiner einzigen Überlieferung zu einem der Morde zusammen, selbst den Mitre Square muss man kombinieren und bekommt ihn mit ein bisschen guten Willen in den Bericht hinein. Aber was ist mit dem darin beschriebenen Vorgehen der Polizisten? White schafft es nicht, den Mann in ein Gespräch zu verwickeln. Sein Kollege findet die Leiche und schreit. White versucht darauf den Verdächtigen zu verfolgen, scheitert dabei aber letztendlich. Wie weit kann der Mann in der Zwischenzeit überhaupt gekommen sein, die Leichenfindung fand laut dem Bericht ja unmittelbar nach des Übeltäters Weggang statt? Es scheint dann fast so, als würde sich der Autor des Artikels selbst darüber klarwerden, dass die Herren Polizisten bei dem beschriebenen Ablauf der Ereignisse wie stümperhafte Dilettanten wirken, worauf er einen Rettungsversuch in Form von einer Wendung wie "die Verfolgung aber scheiterte aufgrund der dunklen und verworrenen Gassen des East End´s" (Macmäßig aus dem Gedächtnis, also nagelt mich nicht auf einen Wortlaut fest) unternimmt. Dann hätten wir noch die "Machart" des Berichts. Geschrieben ist das Ding in der ersten Person, um den Eindruck zu erwecken, als handle es sich dabei um ein authentisches Erlebnis des Verfassers (oder als hätte er sich das ganze zumindest tausendmal von einem der Beteiligten erzählen lassen). White, der Protagonist, ist gerade verstorben, ihn kann also niemand mehr zu den Geschehnissen befragen. Die Auffindesituation scheint eine Verpanschung von Watkins tatsächlichem Fund und Simpsons überlieferter Familienfolklore zu sein (und der Umstand, dass Simpson zwei Jahre vor White, 1917 also, verstarb, käme da eigentlich gerade gelegen, ist somit doch auch die andere mögliche Auskunftsperson über die Ereignisse nicht mehr verfügbar). Ich hab beim Lesen dieser Geschichte irgendwie den Eindruck, als habe da ein eifriger Autor ein möglicherweise reales Erlebnis (wie es unter Umständen im East London Advertiser erzählt wird) mit den Erinnerungen oder "Geschichtchen" eines anderen, kürzlich verstorbenen Polizisten vermischt und daraus ein langsam köchelndes Abenteuerpüree zubereitet, inklusive eines Verdächtigen, der in seiner Erscheinung ghulhafter gar nicht mehr sein könnte. Ich bin zwar normalerweise auch dafür, alles verfügbare Material zu sichten und in die Überlegungen mit einzubeziehen, aber bei diesem Machwerk gehen einfach alle Sirenen an, das ist einfach zu schön, um wahr zu sein.

Da wir mit dem "PC am Mitre Square" irgendwie leben müssen, falls es ihn überhaupt gab und wir nicht wissen, wer dann überhaupt gemeint war, bleiben uns ein paar Möglichkeiten: PC Watkins, PC Harvey oder eben PC Smith. White scheint irgendwann mal in der Nähe eines Tatortes gewesen zu sein. Wenn man daran glauben will... so würde ich Ihn in diesen Kreis mit aufnehmen...

Nehmen wir ihn auf, auf einen mehr kommt es ja wirklich nicht mehr an.

Falls er doch etwas gesehen hat, dann einen gebückten, ausgemergelten, dünnlichen und blassen Mann mit netter Stimme und schwarzen Haar und einem insgesamt "fremdländischen" Erscheinungsbild.

Nein, selbst wenn White etwas gesehen hat, muss der Mann nicht mit der hutchinsonesken Beschreibung aus dem ersten Bericht übereinstimmen. Aber da wir aufgrund einer Beschreibung wohl ohnehin niemanden mehr ermitteln können, ist es mehr oder weniger auch egal. Hinsichtlich einer Sichtung und einer später entdeckten Ähnlichkeit in Sachen Körperbau eines Verdächtigen stimme ich zu, auch wenn White da bei mir ganz unten auf der Liste steht.

Warum kam es dann noch zur Tat an Kelly fragst du? Hausdurchsuchungen wurden im Oktober 1888 gemacht aber mussten noch ausgewertet werden. Möglichweise zog sich das noch in den November hinein. Dabei über jemanden etwas zu erfahren, heißt noch lange nicht, ihn angetroffen zu haben oder ihn als dringlich einzustufen. Die Polizei jagte ja sprichwörtlich ein Phantom.

Stimmt. Man darf hier einfach nicht den Fehler machen, dass sich aufgrund der Hausdurchsuchungen irgendetwas ergab. Der Verdächtige könnte dabei zwar von den Beamten erfasst worden sein, aber es ergaben sich erst später Hinweise auf ihn und jemand stellte dann die Verbindung her: Moment, den kenn ich doch irgendwoher.

Zeit für´s Abendessen.

Offline Lestrade

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Re: Identifikation!
« Antwort #40 am: 12.11.2011 20:51 Uhr »
Juten Hunger!

Ich finde, hier im Forum sind bisher viele der wichtigsten Ereignisse und Geschichten rund um Jack the Ripper zur Ansprache gekommen. Das ist doch für die Teilnehmer und Mitleser etwas ganz hervorragendes. Wieviele kannten die White-Story? Für den deutschsprachigen Raum der am Fall Interessierten, gibt es doch immer wieder mal was neues hier zu lesen. Stordfield wirft das White- Thema auf, ich bastel mögliche Brücken, um eventuelle Verbindungen aufzuzeigen, die nicht als zwingend zu betrachten sind und du bist der Skeptiker. Dies ist doch eine wunderbare Konstellation, wo alle wie im Kaufmannsladen bedient werden. So macht es doch Spaß und auch Sinn...

So wie ich nun zu den möglichen Seaside-Home Zeugen Lawende, Schwartz & Co. (wie hier im Faden) noch Astrakhan- Man hinzufügte, so erscheint nun neben PC Watkins und PC Harvey sowie PC Smith auch noch Kollege White im Falle des PC vom Mitre Square. Keiner von uns weiß, wer hinter diesen Zeugen steckte. Der Zeuge der "Kosminski" identifizierte, kann man noch recht gut als Lawende ausmachen, beim PC vom Mitre Square ziehen alle blank. Watkins und Harvey haben nichts gesehen oder "durften" nichts gesehen haben. Smith war sauer, dass er nicht beachtet wurde, deshalb darf über ihn spekuliert werden. Aber falls es diesen PC wirklich gab, dann hat ja eine reale Person dahintergesteckt. Aber wer? Zu allen die in Frage kommen, zählen eben auch White. Ich habe da keine wirklich Abschlussmeinung. Ich lese es, denke da hat jemand PC Watkins und PC Long sowie die Stories von Leather Apron so gewürfelt, dass er unheimlich wichtig damit erschien. Dafür kann ja White nichts.

Aber die "White- Berichte" in 1919, gehören nun einmal zu der Geschichte um Jack the Ripper. Inwieweit die als wahr einzustufen sind, weiß doch kein Mensch. Die Tendenz geht natürlich in die Richtung, die Du andeutest. Was wird daraus eines Tages werden? Kann und wird daraus überhaupt etwas entstehen?

1907/1910 erzählt uns Anderson das Jack the Ripper in eine Anstalt weggesperrt wurde und er ein Jude war, der auch identifiziert wurde. Dies war lange Zeit der "Anderson Verdächtige". 1957(?) erfahren wir von Macnaughten seinen drei Hauptverdächtigen (die er inoffiziell schon 1894 nominiert hatte) und bemerken, dass der "Anderson Verdächtige", jener "Kosminski" gewesen sein könnte, der neben Druitt und Ostrog dort beschrieben wurde. Mitte der 1980Jahre erfahren wir letztendlich vom längst verblichen Swanson, dass der Verdächtige "Kosminski" hieß und können sicher sein, dies war der Anderson Verdächtige.

Vielleicht passiert uns dies ja eines Tages so mit dem PC vom Mitre Square oder mit dem Seaside Home Zeugen, von dem wir ("Swanson sei Dank") wissen, dass er auch jüdisch gewesen war.

Also besser mal alle noch so dämliche Geschichten speichern.

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Offline Craddock

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Re: Identifikation!
« Antwort #41 am: 12.11.2011 21:34 Uhr »
Gut war´s.

Dafür kann ja White nichts.

Dem geb ich auch keine Schuld.  :biggrin:

Also besser mal alle noch so dämliche Geschichten speichern.

Mach ich auch so, ich hoff nur drauf, irgendwann zwei Drittel davon verbrennen zu können.

Der Skeptiker bereitet übrigens was vor, wo ein Theoretiker in weiterer Folge recht hilfreich wäre. Ich hoffe man sieht sich dann bei Liz.  :biggrin:

Offline Lestrade

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Re: Identifikation!
« Antwort #42 am: 12.11.2011 21:44 Uhr »
Dabei! 8)
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Offline Lestrade

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Re: Identifikation!
« Antwort #43 am: 17.11.2011 13:05 Uhr »
Ich denke, es macht an dieser Stelle Sinn, neben dem möglichen Seaside Home Zeugen, dem möglichen PC vom Mirte Square und dem möglichen "Kosminski", auch noch George James Morris zu erwähnen. Er war damals 54 Jahre alt und der Nachtwächter bei Kearley and Tonge´s Warehouse im Mitre Square. PC Watkins holte ihn damals zur Hilfe. Morris diente über 4 Jahre in der Armee und von 1856- 1863 war er bei der MET, der er sich 1864 erneut anschloss, diesmal bis 1882. Seine Dienstnummer war 35246 bzw. 44855. Morris war über 25 Jahre bei der MET!!! Es gab also tatsächlich einen MET Polizisten (wenn auch ehemaligen) am Eddowes- Tatort, er arbeitete auf dem Gebiet der City Police und er könnte durchaus der PC vom Mitre Square gewesen sein. Warum Morris einmal die MET verliess um dann wieder dort anzufangen, weiß man nicht. Interessant ist, dass er sich im September 1888, wegen eines Diebstahl einer Champagner- Kiste, den er zur Anzeige brachte, vor einer Anhörung lächerlich machte. Morris will zwar nichts gehört oder gesehen haben, dass heißt aber nicht, dass er einen "bekannten Doof", um die Tatzeit doch gesehen haben könnte. Warum dieser Mann zweimal die MET verliess ist unbekannt, es ist auch nicht bekannt, ob er auf irgendeine Art Verbindungen zum Jüdischen hatte, denn bei dieser Konstellation wäre es ja mögliche, das PC vom Mitre Square und Seaside Home Zeuge, ein- und dieselbe Person waren, was ja einige Fachleute ohnehin für wahrscheinlich halten.

Bei Morris sollte man sich fragen: Wie sah er als ehemaliger Polizist seine ehemaligen Kolllegen, egal ob MET oder City Police? Wie hatte ihn die Blamage, bei einer kurzzurückliegenden Anhörung (der Ripper war da schon aktiv), beeinflusst? Wie sah er mittlerweile aus seinen Erfahrungen heraus das Rechtsystem? Anderson und Swanson sahen das Scheitern der Identifikation in der Konstellation JüdischxJüdisch. Könnte das eine Kompensation, eine Übersprunghandlung wegen eines anderen Grundes gewesen sein? Hätte der Zeuge auch jemand gewesen sein können, der sich durch ehemalige Kollegen und dem weiteren Rechtssystem, nicht ernst genug genommen gefühlt hatte und so, auch aus einem gewissen Selbstschutz heraus, seine Hilfe verweigert haben? Wurde Morris bei der MET einst "gegangen"? Amüsierten sich Angehörige bestimmter Einrichtungen gar über ihn (siehe Anhörung)? Wollten Anderson und Swanson nicht zugeben, dass ihnen jemand, der von ihnen als ehemaliger Kollege schlecht behandelt wurde, die Hilfe verweigerte? Anderson´s "schlechte Licht auf seine Abteilung"? Oder wollte jemand wie Morris nicht noch einmal zuim Arsch vor Gericht werden? Eine jüdische Verbindung bei Morris wäre ja möglich gewesen und hätte Anderson und Swanson entgegenkommen können.

Was meint ihr?
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Offline Lestrade

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Re: Identifikation!
« Antwort #44 am: 17.11.2011 18:57 Uhr »
Bevor ich´s vergesse... PC Pearce lebte ja im Mitre Square Nummer 3, Angehöriger der City Police und auch eine Nummer für sich... hat aber wohl gut geschlafen...
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