Hallo Isdrasil,
schön deine Meinung zu lesen.
Neben allem, kann ein Täter wie Jack the Ripper, auch einer organischen Erkrankung des Gehirns unterlegen gewesen sein, die auch ohne "schlechte Eltern", zu extremen Problemen hätte führen können. Widrige Umstände können so etwas natürlich noch intensivieren, ohne dass die Eltern dabei gleich als "grausam" zu bezeichnen wären. Wobei ich immer davon ausgehe, dass bestimmte Täter, einer bestimmten Kombination von organischen und nichtorganischen Ursachen und Faktoren unterlegen sein dürften. Egal zu welchen Anteilen. Manchmal mag es in diese oder auch in die andere Richtung, an die 100 Punkte Grenze kommen aber sie nie voll erfüllen. Da gilt es auszubalancieren. Da ist ganz vieles möglich. Am Ende bleibt auch jeder Täter für sich zu betrachten, jeder ist letztendlich ein Einzelfall. Grobe Skizzierungen sind natürlich nötig und auch nützlich.
Nach wie vor glaube ich daran, dass die Ausführung und die Art und Weise von solchen Verbrechen, viel über den Täter erzählen können. Ich sehe mir derartige Probleme immer sehr dimensional an und verteile dann prozentual die Anteile bestimmter Tätertypen, die dafür in Frage kämen. Ich bin kein Freund knallharter Kategorisierungen sondern sehe die Übergänge fließend. Dadurch sehe ich den "Normalo" genauso in Frage kommend, wie den "Schwachsinnigen".
Aber dennoch erzählen uns die Opfer etwas über den Menschen, der diese Taten vollbracht hat.
Die Eltern, die Kindheit sind der Schlüssel. Die Figur der Mutter, die Figur des Vaters. Das Trauma, die Störung und körperliche Ursachen. Aber vorallem auch die Interaktion zwichen den Eltern, die Balance, die vielleicht den Bereich der Waage aufrechterhalten können oder eben auch nicht.
Und jetzt liegt es an uns aus allem zu lesen. Ich muss aus den Dingen lesen, die mir bekannt sind. Und im Falle des Rippers, habe ich da viel Material, viele Informationen.
Gerne lese ich deine Meinungen Isdrasil. Und sie sind stets sehr anregend. Am Ende teile ich hier aber meinen Standpunkt mit, wie ich es sehe. Aufrichtig in meiner Meinung und durchdacht, soweit es mir möglich ist. Eben so wie ich es "lese". Und das teile ich dir auch gerne mit. Ich befasse mich mit deinen Posting hier sehr ernsthaft, wie ich es immer tue. Es ist mir wichtig, dich darin zu verstehen. Genauso möchte ich verstanden werden und ich weiß, dass dies sicherlich nicht immer einfach ist.
Aaron Kosminski ist ein gutes Beispiel. Du erwähnst ihn heute schon in einem anderen Posting. Da gab es die früh verschwindene Vaterfigur von der wir nicht wissen, wie stark oder schwach oder gewalttätig er war. Da gibt es aber wohl keine alkoholkranke oder sich prostituierende Mutter. Es geht in diese Richtung aber wissen oder beweisen kann ich es nicht. Möglicherweise gab es aber andere Probleme. Aaron´s Mutter wurde sehr alt für damalige Verhältnisse. Sie gebar Aaron in einem hohen Alter, was für ihre Gesundheit spricht aber eben auch für ein größeres Risiko etwäiger Schäden für das Kind. Sie heiratete nicht noch einmal, was vielleicht auf eine halbwegs vormalige intakte Familiensituation hindeuten könnte. Da sind Figuren wie die Geschwister von Aaron Kosminski, die wie Ersatz für die Eltern gewirkt haben können, was oftmals bei Serientätern anzutreffen ist. Es gibt es ständiges, unsicheres Pro und Contra für diesen Mann. Wie (organisch) geistigkrank war er? Es machte den Anschein als ob sein Bruder Woolf lange instabil lebte, der andere Bruder Isaac jedoch sehr stabil. Auch daraus läßt sich einiges ableiten. Genau wie -zig andere Sachen. Aber nichts weiß man genau. In Kombination mit andere Imformationen die wir haben, muss ich für mich einfach feststellen, Aaron Kosminski käme als Verdächtiger und möglicher Ripper in Frage. Ich habe mich bekannterweise viel damit befasst. Habe vieles aufgeführt was für ihn spricht. Was mich stört, ist meine Intuition zu Aaron Kosminski´s Mutter. Einen entscheidenen Aspekt, wenn ich mir die Tatorte und das Vorgehen ansehe. Und sie sagt mir, er war nicht der Täter. Aber damit kann ich vollkommen falsch liegen oder auch vollkommen richtig. Hätte er ein Verhalten wie ein David Cohen an den Tag gelegt und wären bestimmte Angaben identisch (Swanson und Co.), wäre ich mir auch sicherer. Aber auch das ist in meiner Vorstellung irgendwie blank. Ich selbst verziehe das Gesicht, wenn ich sage, dass wir den falschen Kosminski betrachten. Andererseits glaube ich an die Identifizierung im Seaside Home. Andere halt nicht. Wenn du mich heute fragst, dann sage ich dir, dass Aaron Davis Cohen also David Cohen der Mann war, der dort identifiziert wurde und uns heute als Kosminski bekannt ist. Vielleicht spielen Daten eines Aaron Kosminski dabei eine Rolle und vielleicht auch die eines Hyam Hyams. Dann gibt es ein anderes Ende meiner Vorstellung, die eine Rückkopplung erlauben und Aaron Kosminski beeinflußt sehen durch einen Cohen und evtl. eines Hyams. Das kann ich dir dazu mitteilen. An diesen Themen arbeite ich.
Wenn ich die Verbrechen betrachte, dann sehe ich folgendes:
Einen absolut hilflosen Täter, was seine Wut und Rage anbelangt. Hier dürfte der biologische Vater absolut inaktiv gewesen sein aber ich denke eher, er war niemals im Leben des Rippers vorhanden (was AK eigentlich e r s t e i n m a l ausschließt). Ich sehe eher "Vater-Ersatzfiguren", die ihn schlecht behandelt haben dürften (kommt also deiner Idee nahe, was den "Vater" angeht, gehörte vielleicht auch zum Motivbündel, wie du erwähnst). Ergo, eine Mutter mit regelmäßigen wechselnden Beziehungen zu Männern (sieht nicht bei AK´s Mutter so aus). Alkohol dürfte immer im Leben dieses Täters eine Rolle gespielt haben. Vielleicht bereits auch zu Schäden im Mutterbauch geführt haben. Er dürfte seine Mutter als schwach empfunden haben, der er sich aber nicht erwähren konnte (weil er war ja Kind bzw. Jugendlicher, wem von uns würde das in dem Alter schon gelingen). Aber gegenüber der Umwelt war Sie schwach und von der auch steuerbar. Das finden wir in einer ähnlichen oder genauen Form bei Prostituierten wieder. Entweder war JtR Mutter selbst Prostituierte oder sie lebte und verhielt sich ähnlich wie diese. So oder so, hätte dieser Mann Kontakte zu Prostituierten gesucht, denn er wollte ja "reparieren". Aber die Opfer von JtR entsprachen seiner Mutter: Prostitution, Alkohol und absolut schwach. Dies waren seine Zielpersonen. Und die fand er im EastEnd zu genüge. Hier wäre er so oder so "heimisch" geworden aber er dürfte dort so oder so gelebt haben. Von solch einer verzweifelten Mutter konnte er nur Bestrafung/ Gewalt/ Qüälerei/ Not und Elend erwarten. Sadismus. Er dürfte nur Angst und Bedrohung ihr gegenüber gefühlt haben. Das prägte sein Bild von Frauen. Er konnte gar kein positives Gefühl gegenüber Frauen erlernen. Da war nichts. Eiseskälte. Sie waren ihm egal, keine Menschen, Müll, nichts weiter. Was er fühlen konnte war Hass gegenüber Frauen. Bedrohung und Angst dürften ihn als Erwachsenen noch weiter belastet haben als ohnehin schon vorher. Da er es nicht händeln konnte, wird sein Selbstwertgefühl extrem niedrig gewesen sein. Einer seiner Fanatsien war sicherlich die Vernichtung dieser Ängste und Bedrohungen, sprich "Ausrottung" dieser Frauen. Und dadurch wollte er die Kontrolle wiedererlangen bzw. sie das erste Mal spüren. Er war Gott, weil er das Schicksal dieser Frauen in den Händen hielt. Da kontrollierte er, da dominierte er, da hatte er die Macht. Kontrolle, Dominanz und Macht waren seine obersten Ziele. Das erregte ihn, so wurde er natürlich geprägt. Die einzige wirkliche Frau in seinem Leben, war seine Mutter und in seinen Augen war sie ein Monster. Das eigentlich Ziel war sie. Er instrumentalisierte nur seine Opfer und tötete eigentlich immer wieder seine Mutter. Die Wut, der Hass, all die angestauten Aggressionen die er ihr gegenüber hatte, kamen doch sichtbar zum Vorschein. In seinem Vorleben gab es natürlich auch eine sexuelle Prägung aber die dürfte nur mit der Mutter zusammengehangen haben. Da gab es sicherlich nicht viel anderes. Und wenn der Mensch nichts positives erfühlen kann im Bezug zur wachsenden Sexualität, da nur Verbindungen zu Grausamkeiten bestehen, dann entsteht ein pervertierter Sadismus und auch den sehen wir bei JtR. Wir sehen, aus was seine Fantasien bestanden. Das alles richtete sich gegen die Geschlechtsorgane der Opfer. Demzufolge war er eben auch ein sexuell motivierter Täter. Die Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse waren aber eben nicht zu vergleichen, mit denen eines normalen Menschen. Logisch. Die Gesichtsverstümmelungen waren "Entpersonifizierungen". Eigentlich wollte er diesem "Gesicht" ja nichts tun, denn es tat ihm ja nichts. Aber es musste als Ersatz erhalten. Immer und immer wieder. Also hast du Isdrasil, mit deinen Objekten und deinem Mittel zum Zweck, schon recht.
Bei allem war kein Vater der ihm half. Deshalb:
Jack the Ripper hasste seine Mutter, weil sie grausam zu ihm war und er "rächte" sich an ihr auf eben diese Art. Sein Vater fehlte "nur" an allen Ecken und Kanten.
So ähnlich dürfte es zu betrachten sein oder aber:
Jack the Ripper wurde schon als "Tier" geboren und ihm gingen aus organischen Ursachen einige wichtige Prozesse flöten. Gepaart mit sehr unglücklichen Lebensumständen. Chance allerdings gering.
Grüße, Lestrade.