Die Opfer > Chapman, Annie

Tathergang des Mordes an Annie Chapman

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Isdrasil:
Annie Chapman und das Würgen

Ich möchte ein paar Überlegung zum Tathergang des Mordes an Annie Chapman anstellen, ausgehend von folgender (natürlich nicht endgültig belegbaren  :icon_wink:) Voraussetzung:

Der Ripper würgte seine Opfer vornehmlich nicht. Seine bevorzugte Tötungsweise war der Kehlschnitt von hinten mit sofortiger Verlegung des Opfers auf den Boden.

Bei Annie Chapman hingegen verläuft die Tat das erste Mal in unvorhergesehenen Bahnen.
Möglicherweise spürt sie die Gefahr, die von dem Fremden ausgeht. Eventuell hat sie eine Vorahnung, um wenn es sich bei dem Mann handeln könne, mit dem sie im Hof steht.
Der Mörder möchte mit seiner Inszenierung beginnen „Na, lass dich doch mal anschauen, Süße!“. So hat er es das letzte Mal auch getan. Nichols fühlte sich geschmeichelt, ließ es zu, dass der Fremde sie umrundete und wie ein Stück Fleisch in Augenschein nahm. Doch Annie Chapman handelt nicht nach Drehbuch. Sie fühlt sich nicht geschmeichelt. Im Gegenteil: Ihr Unbehagen wächst noch mehr. Abwehrend verweigert sie sich, lässt sich nicht wie ein Objekt betrachten. Es kann sein, dass ihre Vorahnung langsam zu einer düsteren Sicherheit wird. Der Hof wirkt beengend - sie möchte nur noch der Situation entfliehen.
In solchen Umständen handeln Menschen oft irrational. Sie hätte schreien können, doch die Angst vor dem vermeintlichen Messer hält sie davon ab. Sie versucht es auf eine sanftere Tour, möchte nicht die Wut wecken, die sie in den Tiefen ihres Gegenübers befürchtet.
„No!“.
Ein simples Nein. Nein, ich lasse mich nicht betrachten. Nein, ich möchte das nicht. Nein, ich möchte weg von hier. Nein.
Der Täter befindet sich ab diesem Punkt in einer affektgeleiteten Situation. Das Opfer ist aus seinem Drehbuch ausgestiegen, seiner Fantasie entwichen, spielt das Spiel nicht mit. Auch hier reagieren Täter ganz unterschiedlich. Und auch hier lassen sich eventuell Rückschlüsse auf den Tätertyp des Rippers ziehen.
Seine Reaktion: Wut. Hass. Er möchte sein Ding durchziehen. Und er beginnt zu würgen. Er würgt nicht zaghaft, er würgt brachial. Annie Chapman stirbt qualvoll und schnell. Die Überraschung und die Bewahrheitung ihrer schrecklichen Vermutungen paralysieren sie und ersticken jede Gegenwehr im Keim. Sie sackt zusammen und fällt nach hinten um.

Hier erfolgt der Kehlschnitt das erste und einzige Mal am Boden. Seine besondere Schwere, die Tiefe und das beinahe erfolgte Abtrennen des Kopfes vom Rumpf sprechen für einen festen Untergrund, gepaart mit der außerordentlichen Wut und dem Tatendrang des Rippers. Womöglich kniet er oberhalb der Leiche Dark Annies, direkt über ihrem Kopf, fixiert ihn mit seiner linken Hand und führt sein Messer mithilfe seines gesamten Körpergewichtes rechtshändig von links nach rechts durch den Hals seines Opfers. Die Druckstellen auf Chapmans Gesicht zeugen von dieser Vorgehensweise.
Sein Messer trieft vor Blut. Er selbst ist nicht befleckt. Als er aufsteht und zu seinem Platz auf der linken Seite der Leiche schreitet, schwenkt er sein Messer in Richtung des Zauns. Dicke Bluttropfen lösen sich von der Klinge und treffen auf das Holz.

Der Ripper beginnt, seine Tat wieder nach Drehbuch abzuarbeiten. Diesmal ein wenig brutaler als das letzte Mal. Denn in ihm herrscht nun nicht nur der permanente Hass auf die Frauen, sondern auch ein personifizierter Hass auf sein Opfer und dessen Verweigerung. Die Verweigerung nahm ihm für einen kurzen Moment die Macht über das Opfer, nahm ihm für einen Augenblick den Genuss, den er bei der Betrachtung der totalen Ahnungslosigkeit seiner Opfer empfindet. Und diese Macht muss er nun durch die Tat wiedererlangen – er arbeitet brutaler und schneller als zuvor.

Stordfield:
Hallo !

Durchaus möglich , Isdrasil . Auch die Motivation des Rippers finde ich bemerkenswert einleuchtend dargestellt . Dennoch : Am Hals konnten doch wohl keine Würgemale festgestellt werden , wie denn auch , wenn der Kopf beinahe abgetrennt wurde . Die einzigen Zeichen eines Kampfes trug sie im Gesicht und diese können eventuell mit dem handgreiflichen Streit zwischen Annie und Eliza Cooper erklärt werden .

Gruß Stordfield

Isdrasil:
Hi Stordfield

Ja, das ist so eine Sache mit den fehlenden Würgemalen am Hals. Das hat mir auch schon Kopfschmerzen bereitet. Aber wie Du schon bemerkt hast, könnten diese Würgemale durchaus durch die Schnitte am Hals dermaßen überlagert worden sein, dass man sie bei der Post-Mortem Untersuchung einfach nicht mehr wahrnahm. Oder aber es gab gar keine Würgemale - ich bin kein Mediziner, aber forscht man ein wenig im Internet nach, wird man darauf stoßen, dass diese Würgemale am Hals nicht zwingend entstehen müssen.
Aber es gibt ja auch noch andere Anhaltspunkte: Annie Chapman hatte eine hervorgetretene Zunge (Protrusion, wieder was gelernt...) und ein geschwollenes Gesicht. Beides können auch laut Dr. George Phillips Zeichen eines gewaltsamen Todes durch Ersticken sein. Und diese Merkmale besaß kein anderes Opfer - demnach müsste sich der Tod von Annie von dem der Anderen unterscheiden.

Ich habe versucht, auch Cadoschs Aussage miteinfließen zu lassen. Irgendwie muss man dieses "No" ja auch noch erklären - wenn man Cadosch für voll nehmen möchte.  :icon_wink:
Und ich muss auch noch was relativieren: Wenn man ihn wirklich für voll nimmt, dann ist auch meine Aussage "Annie starb schnell und quallvoll" eventuell nicht zutreffend, denn Cadosch hörte erst einige Minuten nach dem "No" etwas gegen den Zaun fallen. Das heißt: Der Würgevorgang dauerte eventuell doch länger oder der Ripper war es, der gegen den Zaun stieß - möglicherweise bereits bei der Verstümmelung mit seinem Ellenbogen?
Andererseits ist Cadoschs Zeitempfinden rein subjektiv.

Die Quetschungen am Gesicht waren laut Meinung Dr. Phillips frisch, die vorhandenen Quetschungen am Brustkorb etwas älter, soweit ich das in Erinnerung habe - ich gehe davon aus, dass die Quetschungen am Brustkorb durch die Streitigkeiten zwischen den Frauen entstanden und die im Gesicht durch den Ripper.
 
Grüße, Isdrasil

Pathfinder:

--- Zitat von: Isdrasil am 07.11.2007 12:09 Uhr ---Aber es gibt ja auch noch andere Anhaltspunkte: Annie Chapman hatte eine hervorgetretene Zunge (Protrusion, wieder was gelernt...) und ein geschwollenes Gesicht. Beides können auch laut Dr. George Phillips Zeichen eines gewaltsamen Todes durch Ersticken sein. Und diese Merkmale besaß kein anderes Opfer - demnach müsste sich der Tod von Annie von dem der Anderen unterscheiden.

--- Ende Zitat ---

irgendwie passt das wort protrusion zur prostitution  :icon_rolleyes:

wenn ich so zwischen den zeilen lese habe ich den eindruck, dass du annie nicht unbedingt zu den opfern zählst, oder zumindest zweifel anmeldest oder wie soll ich den letzten satz verstehen ?

Isdrasil:
Hi PF

Ne ne, da hast du mich ein bisserl falsch verstanden (oder zuviel zwischen die Zeilen hinein interpretiert).  :icon_aetsch:

Bei Annie haben wir eben ein bisschen anders ausgeprägte Verletzungen, der Härtegrad hat deutlich zugenommen, die hervorgetretene Zunge und das geschwollene Gesicht sind vorhanden. Das haben wir bei den anderen Opfern nicht (also die Zunge und das geschwollene Gesicht). Deswegen denke ich, bei dieser Tat muss etwas anders gewesen sein. Der Täter war derselbe wie bei Nichols zuvor und Eddowes danach (und eventuell Stride und Kelly), aber ich habe eben versucht, den Tathergang (oder den Anfang des Tathergangs) entsprechend den Verletzungen und Cadoschs Aussage zu deuten.

Eigentlich gleicht keine Tat in allen Einzelheiten der Anderen, und selbst beim gleichen Täter finden sich immer tatspezifische Merkmale, die durch das Opferverhalten oder auch die Tatortbeschaffenheit zustande kommen (können). Das meinte ich.

Grüße, Isdrasil 

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