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Fachliche Themen => Allgemeine Diskussion => Thema gestartet von: JaneDoe am 08.06.2006 17:46 Uhr

Titel: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: JaneDoe am 08.06.2006 17:46 Uhr
Hallo, ich lese gerade das Buch "Furchtbar Feminin - Berüchtigte Mörderinnen des 20. Jahrhunderts" (Kathrin Kompisch, Militzke Verlag).
Dort sind drei Definitionen aufgeführt:

Zitat:
"1. Den "Visionary type": Er hat Visionen, hört Stimmen, die ihm befehlen, bestimmte Personen oder Sorte Menschen zu töten. Teilweise ist er psychotisch und unter Realitätsverlust leidend.
2. Den "Mission-oriented type": Er hat das Ziel, eine bestimmte Gruppe von Menschen zu töten, die er als unerwünscht definiert, zB Prostitutierte. Er trifft diese Entscheidung selbst, ohne Stimmen oder Visionen. Er lebt meist angepasst.
3. Der "Hedonistic type": Er sucht Aufregung hat Spaß am Töten und tötet aus Spaß. Eine Subkategorie ist der Lustmörder. Bizarre Spielarten wie Anthropophagie, Nekrophilie oder Zerstückelung sind häufig."

1. einnert an den Fall, der Mutter die aufgrund JTR's Stimme ihr Kind umbrachte, der gerade im Forum durchdiskutiert wurde.
Aber ich zweifle wirklich, dass man Serienmörder wirklich nur auf drei Definitionen beschränken kann, den jeder tötet doch aus anderen Motiven, auch wenn sie sich ähneln sollten...und vor allem vermischen sich die drei vorhandenen doch oft.
Was JTR betrifft...so würd ich ihn eher bei 2. und 3. sehen...aber wer weiß...
Ich weiß nicht, ob man Serienmörder, oder Serientäter (muss nicht immer gleich Mord sein) überhaupt "definieren" kann...es mag eine "Richtung" geben, aber jeder ist doch, auch als Verbrecher, ein Individuum, dass den Anspruch erhebt, individuell zu sein...oder?

Tanti cari
Jane

Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Stordfield am 08.06.2006 18:14 Uhr
Hallo !

Dieser Meinung bin ich auch . Deshalb traue ich auch den ganzen Statistiken nicht , die über Serientäter gestellt wurden und schon gar nicht den oft gehörten Ansichten , daß ein Lebewesen wie der Ripper nur dies und das tun konnte , weil alle Serienmörder das so gemacht haben .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: JaneDoe am 08.06.2006 18:18 Uhr
Grüezi,
ich habs halt heut in der U-Bahn gelesen...und wollts mal angesprochen haben. Gibt sicher einige die er Überzeugung sind, Serientäter verschubladen zu können...
Aber sonst ist das Buch ganz interessant... :)
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Teppichlecker am 08.06.2006 18:52 Uhr
HI

Hört sich wirklich sehr interessant an.

Serienmörder sind ein sehr weiter Begriff. Im Zusamenhang mit Jack the Ripper ist immer ein sexuell motivierter Täter gemeint.

Gruß Ralf
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: JaneDoe am 08.06.2006 19:04 Uhr
hm...zumindest meinen die meisten, dass es so ein sexuell motivierter täter war...aber obs der realität entsprechen würd, weiß auch keiner.
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Teppichlecker am 08.06.2006 19:17 Uhr
Stimmt. Aber es spricht auch sehr viel dafür. Mann kann nicht oft genug sagen das man zum größten Teil sowieso nur spekulieren kann.

Gruß Ralf
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: JaneDoe am 08.06.2006 19:57 Uhr
klar spricht viel dafür...ohne zweifel. Dass es sexuell motivierte Taten sein könnten, an dem kommt man nicht vorbei, und vermutlich war es auch so. Aber wie du sagtest, es sind halt Spekulationen...die vermutlich teilweise der Wahrheit extrem nahe kommen, manchmal abgedreht sind, aber trotzdem wahr sein können ecc...
Ein Grund, warum mir das Mysterium "JTR" soviel Spaß macht :)
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Diddles am 20.07.2006 11:53 Uhr
http://www.crimelibrary.com/serial_killers/notorious/tick/victims_1.html

Excellent site, this, for all things serial and other killers.

Yes, yes, I know you're all Germans. If your English can stand it, I mean.

Inselaffe
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: irene_adler am 25.10.2007 14:19 Uhr
Ich traue mich fast nicht dieses alte Thema wieder aufzufassen, doch nachdem ich mir die Beiträge durchgelesen habe, brennt es mir direkt unter den Nägeln hier und jetzt meinen Senf dazuzugeben.

Servus erstmal,

also:

laut FBI Handbuch lautet die Definition für Serienmord:
"Serienmord wird durch drei oder mehr zeitlich getrennte Geschehnisse an drei oder mehreren unterschiedlichen Orten mit einer emotionalen Abkühlungsperiode zwischen den Morden definiert."

Einige werden hier sicherlich aufschreien: "Dann zählen also diejenigen Mörder nicht zu Serienmördern, die an ein und demselben Ort mehrere Menschen in Zeitabständen umgebracht haben?!?"

Und auch war kein Sprecher der FBI in der Lage, die genaue Dauer dieser "Periode" anzugeben.

Ich persönlich finde auch die Definition von NIJ (Nationales Institut für Justiz 1988) besser, die lautet:
"Serienmord ist eine Serie von zwei bis mehr Morde, die als getrennte Ereignisse begangen werden und meistens, nicht immer, von einem Einzeltäter. Die Verbrechen können sich innerhalb einer Zeitspanne von Sunden bis Jahren ereignen. Das Motiv ist oft psychologischer Natur und das Verhalten des Täters sowie die psychischen Beweise am Tatort weisen sadistische, sexuelle Untertöne auf.

Nur ist es schwer Serienmord zu definieren, weil es hier schließlich nicht um einen physikalischen Prozess, sondern um Menschen, Individuen geht.
Früher zählte man Serienmord ja noch zum Massenmord, da gab es den Begriff als solchen also noch gar nicht…
Naja, ich schweife ab.  :icon_smile:


Irene Adler

Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: irene_adler am 25.10.2007 14:27 Uhr
Ach so, und das Buch "Furchtbar Feminin" habe ich übrigends nicht gelesen. Habe zuvor auch noch nie etwas davon gehört.  :icon_confused:
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Pathfinder am 25.10.2007 17:45 Uhr
auch die alten dinge haben ihre daseinsberechtigung und sind es wert nicht vergessen zu werden, daher finde ich es gut, dass du hier im forum ein bischen rumschnüffelst und neue gedanken rein bringst.

also um es kurz zu machen, ist meine definition von serienmord und massenmord etwas einfacher.

unter serienmord stelle ich mir einen täter vor, der innerhalb eines bestimmtes nicht näher definierten zeitraum, morde begeht. ob sie nun vom gleichen MO sind oder nicht, ist meiner meinung nach nicht von bedeutung.  die tatsache, dass der/die Täter/in in unbestimmten zeiträumen immer wieder menschen töten, ist für mich ein klare definition für Serienmord bzw. eine serientäterschaft.

unter massenmord verstehe ich (wiederum persönlich) den umstand, indem gezielt mehrere menschen gleichzeitig ermordet oder getötet werden. mir fällt da im moment leider nur die ethnische säuberungen bestimmter volksgruppen ein, wie im nationalsozialismus, kosovo-krieg, irak-iran koflikt oder wie die jetzt leider noch stattfindenen morde in bestimmten regionen afrikas. ob es in der geschichte je mal einen täter gegeben hat, der ohne nationalen oder ethnischen ambitionen, menschen massenweise ermordete entzieht sich meiner kenntnis.

wie gesagt, so defeniere ich für mich die beiden begriffe ohne den anspruch auf richtigkeit zu erheben.
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Isdrasil am 25.10.2007 18:38 Uhr
Hi

Mir gefällt die Definition des NIJ auch ganz gut.

Unter Massenmord verstehe ich wie PF die gleichzeitige Tötung mehrerer Menschen. Darunter zähle ich neben den bereits genannten Beispielen zum Beispiel auch das Schulmassaker in Littleton.

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Pathfinder am 25.10.2007 20:02 Uhr

selbstmordattentate fällt mir auch noch ein
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: irene_adler am 25.10.2007 20:32 Uhr
Yessss,

ohne Absicht auf Schleichwerbung, aber ich bin hier und jetzt im Internet, und das kommt bei mir um diese Zeit selten vor...   :SM039:

Achso und zum Thema:

Es freut mich, dass meine Mitteilung gut angekommen ist.
Mich hat es anfangs total verblüfft, dass es den Begriff Serienmord noch nicht so lange gibt. Das muss man sich mal vorstellen. Bis Ende der 50er Jahre zählte Serienmord noch zu Massenmord - also eine Art Unterkategorie, falls ich es richtig verstanden habe. Dabei sind beide Formen so unterschiedlich, wie ihr (Pathfinder und Isdrasil) auch prompt erkannt habt. Massenmord ist das Töten vier oder mehrerer Opfer am selben Ort und zur selben Zeit - so steht es jedenfalls geschrieben.


Grüße, Irene Adler
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: irene_adler am 15.11.2007 10:33 Uhr
um es genauer zu fassen (ich liiiiiebe Fakten  :icon_mrgreen: ) füge ich hier noch einige Tatsachen hinzu - vielleicht kennt ihr sie schon:

Den ersten Schritt, Serienmord von anderen Formen des Mehrfachmordes (Doppelmord, Dreifachmord, Massenmord und Spree-Mord) abzugrenzen, unternahm der Kriminologe James Reinhardt im Jahr 1957, wenngleich er den Begriff „Serienmord“ als diesen noch nicht aufgriff. Er gebrauchte den Ausdruck „chain killers“, also „Kettenmörder“ im Sinne einer Kette/Reihe an Opfern.

1966 verwendete der britische Autor John Brophy den Ausdruck „Serienmörder“ als wahrscheinlich erster in seinem Buch „The Meaning of Murder“.

Zehn Jahre darauf veröffentlichte der Gerichtspsychiater Donald Lunde sein Werk „Murder and Madness“ (1976).

1992 gab der FBI- Agent Robert Ressler in seinem Werk „Whoever fights Monsters“ (ins deutsche übersetzt als „Ich jagte Hannibal Lecter“) jedoch an, er selbst habe den Terminus Serienmord geschaffen.


wer hätte das gedacht, dass ein solch gängiger Begriff (vor allem für uns) eine solch komplizierte Entwicklung durchmachen musste, bevor er populär wurde.  :icon_rolleyes:



Irene Adler
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Gabi am 19.11.2007 10:03 Uhr
Fakten?! Gerne...
Die früheste Erwähnung des Begriffes "Serienmörder" findet man in einem Fachaufsatz des Berliner Kriminalisten Ernst Gennat. Er war der Begründer der ersten Berliner "Mordinspektion" und leitete 1929/30 die Ermittlungen gegen Peter Kürten. Seine diesbezüglichen Erfahrungen und den Begriff Serien-Mörder publizierte er 1930 in seinem Aufsatz "Die Düsseldorfer Sexualverbrechen".
Gruß
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: irene_adler am 20.11.2007 07:45 Uhr
Dankeschön!

Wie sich die Quellen doch unterscheiden. Peter Kürten sagt mir was - aber den Zusammenhang mit dem Ermittler - und seinem Aufsatz - habe ich noch nicht gehört/gewusst/gelesen/gesehen.

Ist deine Quellen ein Buch? Wenn ja, welches?

Haben dann etwa doch die Deutschen die Nase vorn in Sachen Serienmord-Definition? Erstaunlich.  :icon_aetsch:


Gruß zurück,
Irene Adler
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Gabi am 21.11.2007 05:39 Uhr
Du findest diese Angabe in dem Buch "Das Hannibal-Syndrom" von Stephan Harbort. Eine sehr interessante und aufschlußreiche Lektüre von einem, wie ich meine, hervorragendem Autor. Und von denen es leider nicht viele gibt...! :icon_wink:
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Isdrasil am 21.11.2007 07:01 Uhr
Hi Gabi und hallo erstmal,

Noch ein Harbort-"Fan". Sehr schön (finde ich)  :icon_thumb:

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Gabi am 21.11.2007 13:48 Uhr
Hallo Isdrasil,
ich freue mich, einen "Gleichgesinnten" zu treffen!  :icon_wink:
Gruß
Gabi
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Gabi am 23.11.2007 17:22 Uhr
Mal allgemein gefragt: Welche Bücher habt ihr denn so zum Thema Serienmörder gelesen? Es gibt ja doch etliche davon...
Lieben Gruß
Gabi
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Peter Neumeyer am 23.11.2007 17:41 Uhr
Ja ich habe etliche über JTR gelesen und Das Teufelschromosom von Armand Mergen.  Auch The Cases that Haunt us von Douglas und Olshaker ist recht intressant.
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Isdrasil am 23.11.2007 18:14 Uhr
Hi

Zum Thema Jack the Ripper habe ich bisher auch am meisten gelesen. Über Serienmörder an sich habe ich mich vornehmlich im Internet erkundigt, kenne lediglich Harbort "Das Serienmörderprinzip" und die Aufsätze, die man auf seiner Homepage runterladen kann.
Dafür ist mein Amazon Warenkorb prall gefüllt und wird demnächst zur Bestellung. Unter anderem werde ich mir "Ich musste sie kaputtmachen" und "Phänomen Serienmord" von Harbort, "Heroine des Grauens" von Michael Farin, "Jäger in der Finsternis" von John Douglas und "Peter Kürten, genannt der Vampir von Düsseldorf" von Elisabeth Lenk und Katharina Kaever anschaffen. Ein Ripper Buch gehört wohl auch noch dazu...eventuell "The Crimes, detection and death of Jack the Ripper" von Martin Fido.
Dann dürfte ich erstmal wieder gut zu lesen haben.

Achja, aufgrund der Arbeit einiger Verwandter in der Psychiatrischen Klinik und der Forensik und meiner eigenen kurzen Tätigkeit dort konnte ich auch einige Fachbücher zum Thema lesen, deren Author und Titel mir jetzt nicht mehr einfallen mag.  :icon_rolleyes:


Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Gabi am 26.11.2007 08:56 Uhr
Hallo Isdrasil,
die Harbort-Bücher kann ich nur empfehlen, er ist ein brillanter Autor.  :icon_thumb: Wenn ich Dich richtig verstanden habe, dann hast Du in der Forensik gearbeitet? Das ist sehr interessant!
Verrätst Du mir etwas über Deine dortige Tätigkeit?
Gruß
Gabi
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Isdrasil am 26.11.2007 09:23 Uhr
Hi Gabi,

naja, das hat sich wohl etwas hochgestochener angehört, als es eigentlich war. Ich war etwa eineinhalb Jahre in der forensischen Psychatrie in der Patientenbegleitung und Betreuung angestellt. Ich musste manchen Mörder oder Kinderschänder zu einem Arztbesuch, zur Apotheke oder zu einer Untersuchung begleiten - und teilweise die wenigen Freigänge mit denen und anderen Kollegen von mir verbringen. Ich habe also keine Leichen seziert oder großartige wissenschaftliche Tätigkeiten gemacht, aber dadurch erhielt ich wenigstens einen kleinen Einblick in das, was nach der Tat kommt, habe mit etlichen Tätern gesprochen (auch über die Taten) und konnte eben einige psychiatrische Fachbücher lesen...

Ich bin aber kein Forensik-freak, sollte der Eindruck fälschlicherweise entstanden sein (und das Wort Forensik war auch ein wenig missverständlich)  :icon_wink:

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: monky am 27.11.2007 19:40 Uhr
hallo, isdrasil,

das klingt sehr interessant. hast du notizen gemacht über die gespräche?

monky :icon_aetsch:
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: irene_adler am 27.11.2007 19:57 Uhr
Falls solche Notizen vorhanden und nicht vertraulich sind (weil Mörder bekanntlich auch Menschen mit Rechten sind), dann wäre ich auch daran interessiert.


 :icon_mrgreen:
Irene Adler
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Gabi am 28.11.2007 11:03 Uhr
Hallo Isdrasil,
kannst Du uns Deine Eindrücke über die Täter schildern? Das ist sicher sehr aufschlußreich!
Gruß
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Isdrasil am 28.11.2007 12:30 Uhr
Hi Ihr,

nein, da existieren keine Aufzeichnungen…wir waren ja meist mit den Patienten/Insassen (wie man es nimmt) auf einen Spaziergang unterwegs und haben uns ganz normal mit denen unterhalten. Da war keine „Interviewsituation“ in einem Raum und man hatte keinen Block dabei, um sich Notizen zu machen. Sozusagen einfache Gespräche, in denen öfter mal die Taten durchschimmerten. So dumm es klingt, man hat mit der Zeit einfach eine Art Beziehung zu den Menschen aufgebaut und hat sich auch mal mit einem über Weihnachtsplätzchen unterhalten… :icon_wink:

Es liegt auch schon einige Jährchen zurück, aber an eine Situation kann ich mich noch sehr gut erinnern. Die betreffende Klinik ist eine Art autonomer Therapieplatz mit eigenem Bäcker, eigener Wäscherei, Metzger, Küche, usw. Unter anderem habe ich täglich mit einem Patienten das Essen in die einzelnen Stationen gefahren (per Handkarren). Eines Tages erzählte mir dieser Patient wie beiläufig, dass er hier sei, weil er seinen Bruder mit einer Axt erschlagen hatte. Im ersten Moment ist man erst einmal baff und wagt gar nicht, irgendetwas zu sagen, und so war es für die nächsten Minuten auch.
Ich muss dazu sagen, dass dieser Patient ein sehr umgänglicher, netter und zuvorkommender Mensch war. Er litt an einer Störung im Gehirn, ihm fehlte irgendwie das logische Denken und das Erkennen von Zusammenhängen. Und seltsamerweise hatte er trotz seiner eigentlich sozialen Art absolut kein Verständnis vom Tod. Ich habe oft gemerkt, dass der Tod für ihn so etwas ist wie schlafen gehen, auch die Folgen wurden von ihm irgendwie nicht „wahrgenommen“. Auf alle Fälle landete er aufgrund dieser Störung in der forensischen Psychatrie und nicht im Knast. Er war schwachsinnig und auf dem geistigen Stand eines Pubertären. Solche Patienten werden solange medikamentiert, bis die Dosis den geeigneten Punkt erreicht hat und das Bewusstsein oder den betreffenden Trieb lähmt. Ist ja auch wieder so ein Streitfall – im Prinzip kann so Mensch in der Therapie aufgrund der ganzen Psychopharmaka und der einfach fehlenden Gelegenheiten brav wie ein Lamm sein, in freier Wildbahn kann er aufgrund der neu erhaltenen Unabhängigkeit und seiner eigenen Inkonsequenz schnell wieder in sein Verhaltensmuster zurückfallen…
Aber ich schweife ab…ich habe ihn dann doch noch gefragt, weshalb er seinen Bruder umgebracht hat. Und seine Antwort hat mir wieder gezeigt, dass dieser Kerl, mit dem ich eigentlich ganz gut klarkam, nicht ganz richtig beisammen war. Er erklärte mir, als sei es das normalste der Welt, dass sein Bruder ein Spielzeug von ihm hatte und nicht wieder hergeben wollte. Sie lebten auf einen Bauernhof, und so ist er in die Scheune gegangen und hat eben die Axt geholt…danach konnte er endlich mit dem Spielzeug spielen.

Aber das soll reichen, ich möchte hier keinen „Privatthread“ draus machen….

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Pathfinder am 28.11.2007 16:21 Uhr

danke isdrasil,

trotz deiner dementi, konntest du in dem fall mit dem axtmörder doch ein kleinen einblick in die denkweise (in diesem fall speziell dieses patienten) von einem geisteskranken mörder geben. wer mag da von schuld bzw. zurechnungsfähigkeit sprechen oder nicht. kann mir sogar gut vorstellen, dass man mit so einer person sogar soetwas wie mitleid bekommen kann, so eine art schutzbedürfnis für jemanden, der geistig unbeholfen wirkt. ich hoffe ihr versteht was ich meine.

eines ist aber auch ganz klar, solche menschen dürfen nicht mehr auf freien fuss, da sie immer gefährlich sein können, auch wenn die prognosen von psychiater positiv sein sollten und wirklich fiktiv keine gefahr von der person auszugehen scheint, eine "zeitbombe" ist es alle male, wann weiß nicht wann und ob sie überhaupt detoniert.
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Gabi am 28.11.2007 17:08 Uhr
@Isdrasil
Ich danke Dir sehr für diesen interessanten Einblick und grüße Dich lieb!

@Pathfinder
Ich teile Deine Meinung  und glaube auch, dass man für einen derartigen Menschen durchaus Mitleid empfinden kann. Ebenso denke ich, dass unsere Gesellschaft des Schutzes bedarf und solche Mörder in Sicherungsverwahrung bleiben sollten. Eine Heilung ist bei diesen Fällen nicht wahrscheinlich...
Gruß
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Gabi am 28.11.2007 17:18 Uhr
Ja ich habe etliche über JTR gelesen und Das Teufelschromosom von Armand Mergen.  Auch The Cases that Haunt us von Douglas und Olshaker ist recht intressant.

Hallo Peter,
die von Dir erwähnten Bücher kenne ich leider nicht. Liest Du auch Stephan Harbort oder Thomas Müller?
Gruß
Titel: Re: Definitionen "Serienmörder" ? Kann man SM definieren?
Beitrag von: Isdrasil am 28.11.2007 21:14 Uhr
Hi

@Gabi (danke für die lieben Grüße) & PF

Ja, da stimme ich Euch zu. Auf alle Fälle muss man bedenken, dass gerade geistig gehandicapte Mörder keine Heilung erfahren werden. Da kann mir einer noch so viel erzählen - auch ein Kinderschänder bleibt ein Kinderschänder. So etwas ist ganz tief in diesen Menschen verankert. Man kann aus einem hetero auch keinen homosexuellen machen und umgekehrt (obwohl es diesbezüglich ja auch andere Meinung geben soll... :icon_rolleyes:).
Man muss eben entscheiden zwischen Schuld und Schuldunfähigkeit, das hat schon seinen Sinn. Ihr habt ja auch schon bemerkt, dass man beinahe Mitleid empfinden kann. Und ich hatte es auch. Ich meine, ich habe diesem Menschen in die Augen gesehen und wusste, dass er sich keiner Schuld bewusst war. Er hatte in seinen Augen nichts falsch gemacht. Die Tat hat seinen Horizont ganz einfach überschritten. Und da hast Du vor dir einen Menschen stehen, der etwas völlig abartiges gemacht hat, aber es einfach nicht weiss. Nicht, weil er es nicht wissen will, nein, er kann es einfach nicht. In solchen Fällen sollte eine lebenslange Sicherheitsverwahrung in psychatrischen Anstalten erfolgen.
Wobei ich hier ein Freund der halboffenen Anstalten bin, soll heißen, dass die Patienten nicht in einem Gebäude vom Leben abgeschotet werden, sondern wie bei betreffender Anstalt trotzdem die Möglichkeit erhalten, in einem autonomen System eine Rolle spielen zu können.
Man darf bei aller Verteufelung auch nicht vergessen, dass wie in meinem Beispiel ein Mensch hinter dieser Tat steckt, und auch dieser Mensch positive Seiten besitzt, Würde und Menschenrechte.

Bei Tätern, die sich ihrer Taten bewusst sind verhält sich das ganz anders. Es gibt gewiss genügend Täter, bei denen könnte man beinahe selbst zum Täter werden. Man bekommt eine ungeheure Wut auf diese Leute. Mir ging es zum Beispiel ganz extrem bei Marc Dutroux (oder wie man den schreibt) so. Da kann man irgendwie wiederum gar kein Mitleid empfinden. Diese Menschen sind zwar eventuell auch unheilbar und vermindert schuldfähig (gut, Dutroux war es wohl nicht), aber man macht hier doch einen Unterschied.
Dies ist irgendwie eine ganz schwere Frage, wie die Bestrafung ausfallen sollte - und zwar so, dass es auch eine Strafe ist und bleibt. Leider ist es meist nicht so eindeutig zu beantworten wie bei meinem Beispiel, und hier ist auch wieder die Sachlage insofern schwer, dass dieser Mensch wohl niemals eine Bestrafung wahrnehmen wird, da er gar nicht weiss, für was er sie erhalten sollte und seinen Aufenthalt in der Psychatrie eigentlich als "normal" und "gegeben" hinnahm, ohne die genauen Hintergründe wissen zu wollen. 

Es gibt leider auch bedauernswerte Mörder. So hart sich das anhört. Aber die müssen trotzdem in irgendeiner Form "weg".

Grüße, Isdrasil