Die Zeugen > Schwartz, Israel

Das Schwartz-Enigma

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Isdrasil:
Hi

Die Aussage von Israel Schwartz halte ich persönlich für eine der interessantesten und diskussionswürdigsten im ganzen Ripperfall. Im Allgemeinen wird Schwartz als äußerst wichtiger Zeuge angesehen und wurde auch von Scotland Yard durchaus ernst genommen. Dennoch lassen sich gewisse Unstimmigkeiten entdecken, überprüft man seine Beobachtung. Dies reicht von der schwer vorstellbaren Option, es handele sich um zwei Mörder, über die beiden existierenden Versionen seiner Aussage hin zu der Tatsache, dass Schwartz augenscheinlich nicht vor Gericht aussagte. Auch gibt es gewisse Tatsachen hinsichtlich des Mordes, die nicht so recht zu seiner Beschreibung passen wollen. Der Ausruf „Lipski“ und seine Interpretation geben beinahe soviele Möglichkeiten wie das höchstwahrscheinlich in der selben Nacht entstandene Goulston Street Graffito her.

Dieser Thread soll zum Einen die Aussagen des Israel Schwartz gegeneinander abwägen und zum Anderen dazu genutzt werden, die angesprochenen Unstimmigkeiten zu besprechen.

Ich möchte mit einer Tatsache beginnen, die womöglich eine simple Lösung hat und mir dennoch unheimlich Kopfzerbrechen bereitet:

In der linken Hand von Liz Stride wurde ein in Papier eingewickeltes Päckchen Cachous gefunden (Cachous = viktorianische Atemerfrischer).
Laut der Aussage Schwartz wurde der erste Mann (der Angreifer), mit dem er Stride sah, in beiden Versionen gewalttätig: In der polizeilichen Version stößt der Angreifer Stride auf den Gehweg, und der zweite Mann verfolgt Schwartz. In der zweiten in der Presse veröffentlichten Version versucht der Angreifer, Stride in den Hof zu zerren und der zweite Mann eilt ihr zu Hilfe.
Ich habe mir den Ablauf schon oft in Gedanken vorgestellt, und bin dabei stets auf ein Problem gestossen – die verflixten Cachous! Ich kann einfach nicht glauben, dass eine Frau, die tätlich angegriffen wird, die Nerven behält und die Bonbons nicht fallen lässt.
Was haben sie also in der Hand der Leiche zu suchen? Hat der Mörder sie dort platziert? Gibt es einen Tatablauf, der dies erklären kann? Oder hat sie tatsächlich einfach nur die Bonbons in der Hand behalten?

Was meint ihr?

Grüße, Isdrasil

PS: Ich weiss, vieles ist schon im Chat besprochen worden und ich habe dieses Thema auch schon beim Thema „Ripperduo“ anklingen lassen. Aber der Fairness halber sollte man dies auch für die Nichtchatter noch einmal diskutieren...das zählt eigentlich generell  :icon_wink:

JohnEvans:
Nun, Hutchinson sagte auch nicht bei Gericht aus. Und man hielt ihn für glaubwürdig.

Für mich haben Hutchinson und Schwartz nicht nur gemeinsam, daß sie nicht bei Gericht aussagten. Beide sind Zeugen bei den Morden, die  nicht 100% dem Ripper zugeordnet werden. Und beider "Täter"beschreibungen klingen so, als wollten sie vom eigentlichen Täter ablenken.

Phil:
Also ich hab im Chat ja schon meinen Senf dazu gegeben, aber ich werde es hier natürlich nochmal tun  :icon_wink:

Glaubt man der in der Presse veröffentlichten Version, so könnte ich mir gut vorstellen, dass Liz von einem betrunkenen Freier oder ähnlichem in den Hof gezerrt wurde.
Der zweite Mann war der Ripper, der ihr zu Hilfe eilte und den anderen Mann in die Flucht schlug. Außerdem hat in dieser Version der zweite Mann ein Messer dabei  :icon_exclaim:
Jedenfalls könnte ich mir gut vorstellen, dass Liz ihrem Retter sehr dankbar war und er ihr oder sie ihm die Cachous geben wollte/gegeben hat.
Während sie die Cachous in der Hand hielt, benutzte der Ripper dann leider das Messer, welches er bei sich trug.
Möglicherweise krampfte Liz während sie starb ihre Hände zusammen, sodass die Cachous nicht herunterfielen, sondern in ihrer Hand blieben.

Was mich wundert ist, warum es zwei unterschiedliche Versionen gibt und ich frage mich, welche die richtige ist.
Man könnte annehmen, Schwartz hätte vor der Polizei gelogen, aber warum hätte er das tun sollen? Vielleicht weil er so einen Grund hätte angeben können, warum er Liz nicht zur Hilfe geeilt ist, schließlich wurde er von dem zweiten Mann verfolgt.
Allerdings ist es umso verwunderlicher, dass er der Presse eine andere Version erzählte. Der Ripper, der schließlich von Schwartz gesehen wurde, kriegt doch viel eher von der Presseversion als von der Polizeiversion zu hören, also wäre es umso gefährlicher für Schwartz.
Wenn er diese Version der Polizei erzählt hätte, hätte er außerdem auch einen Grund gehabt, warum er Liz nicht geholfen hat, schließlich hat der zweite Mann ihr schon geholfen.

Ich hoffe, mein Beitrag klingt nicht zu konfus und ist einigermaßen verständlich  :icon_rolleyes:

Schöne Grüße,

Phil
(die rechte Hand des Teufels  :icon_mrgreen: ) 

Isdrasil:
Hi

@Phil

Ja, das ist die Variante, die mir die Sache mit den Cachous auch noch am ehesten erklären würde. Der Ripper war einfach zufällig in der Nähe (womöglich wohnte er ja ganz in der Nähe - zum Beispiel in der Batty Street?  :icon_wink:) und ist Stride gewissermaßen zu Hilfe geeilt, um sie danach selbst zu meucheln. Dazu müssen wir aber zwei Dinge bedenken:

1. Die Version der Presse müsste die Wahrheitsgemäßere sein - dies ist nach gesundem Menschenverstand eher nicht so.
2. Weshalb sollte sich der Ripper so verhalten? Er sollte auf Anonymität bedacht sein - hätte er das Paar nicht einfach streiten lassen und sich in aller Ruhe selbst ein Opfer gesucht? Noch dazu, da er von dem Zeugen (Schwartz) wusste.

So plausibel mir dieser Ablauf die Sache mit den Cachous erklärt, so seltsam verhält sich in diesem Fall der angebliche Ripper. Also, da passt immer noch irgend etwas nicht...

@John

So sehe ich das auch. Durch die ganzen Ungereimtheiten im Falle Schwartz bin ich schon beinahe dabei zu sagen, er spinnt sich diese ganze Geschichte zusammen...


Grüße, die linke Hand des Teufels  :drohen:

JohnEvans:
Ich denke, die Version der Polizei stimmt eher, wenn überhaupt. Die Medien neigen zur Übertreibung. Im übrigen glaube ich, daß Schwartz´s Aussage dazu diente, um vom Mörder ab zu lenken.

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