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Die Ermittler => Die Ermittler => Allgemeine Diskussion => Thema gestartet von: Stordfield am 03.05.2006 15:41 Uhr

Titel: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Stordfield am 03.05.2006 15:41 Uhr
Hallo !

Was hättet ihr unternommen , wenn ihr als Verantwortliche die Ermittlungen gegen den Ripper geführt hättet ?

Gruß Stordfield
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: academyfightsong am 03.05.2006 17:07 Uhr
gute frage.

sir charles warren nach indien... und sir robert anderson nach irland versetzt. wynne baxter die leitung der kelly verhandlung überlassen ... hutchinson und schwartz hätten unter eid aussagen müssen  ...   eine gegenüberstellung von timothy donovan und john pizer veranlasst und ggf. sgt. thicke vom dienst suspendiert .... john richardson, joseph hyam levy und mrs. maxwell noch mal in die zange genommen. ... überhaupt ist die liste derer, die ich nochmal vor den coroner gezerrt hätte, ziemlich lang. ... das goulsten street graffito, hätte ich natürlich fotografieren lassen und alle tatorte, mit den opfern in fundposition und und und ... FINGERABDRÜCKE!!!     
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Stordfield am 03.05.2006 18:22 Uhr
Hallo academyfightsong !

An Fingerabdrücke habe ich auch gleich gedacht , aber gefunden , daß die Daktyloskopie erst 1901 in Großbritannien eingeführt wurde .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: calcium am 03.05.2006 18:32 Uhr
Hallo.

Ich hätte vor allem mal festgenommenen Personen vernünftig geprüft. Die gängige Praxis war, dass diese nur Namen und Adresse angaben und dann wieder entlassen wurden! :SM031:
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Stordfield am 03.05.2006 19:05 Uhr
Hallo !

Auf jeden Fall hätte ich eine Sonderkommission gegründet , an der zu gleichen Teilen Mitglieder aller Polizeistellen beteiligt wären . Mir scheint , daß damals die Zuständigkeit ein großes Problem darstellte . Ich hätte versucht alles besser zu koordinieren und auch die Presseberichte intensiver auszuwerten , denn Zeitungen waren zu der Zeit wohl so wichtig wie heute das Internet .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Alexander-JJ am 03.05.2006 19:09 Uhr
Das Graffiti hätte ich auch nicht weggewischt und der gerichtlichen MJK-Untersuchung mehr Zeit gegönnt. Ich hätte auch die Sache mit den Bluthunden weggelassen ... und eine Urlaubssperre verhängt ... ;)

Aber sonst?

Neue Methoden der Verbrechensbekämpfung, wie das Nehmen von Fingerabdrücken, macht ohne geschultes Personal keinen Sinn. Das gilt auch für dienststellenübergreifende Sonderkommissionen jeglicher Art oder Kontaktbüros zu Zeitungen usw usw. Das alles hätte ich also weggelassen.

Gegen den enormen Durck der Öffentlichkeit hätte ich auch nichts tun können und so wäre ich auch nicht mehr in Lage gewesen wirklich frei zu entscheiden. Deshalb weiss ich auch nicht, ob ich das, was ich oben geschrieben habe, auch wirklich hätte tun können.
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Stordfield am 03.05.2006 19:16 Uhr
Hallo !

Eine Urlaubssperre für wen , Alex ?

Gruß Stordfield
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: nicjack01301 am 04.05.2006 11:13 Uhr
Ich finde das einen sehr interessanten Thread, denn - im Prinzip - übernehmen wir hier die Aufgabe der Polizei... :icon_wink: :icon_aetsch: :icon_biggrin: Liebe Grüße, eure Nicky
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Stordfield am 04.05.2006 11:57 Uhr
Hallo !

Genau so war es gedacht . Und wenn man ehrlich sein will , muß man ( ich zumindest ) gestehen , daß dies gar nicht so einfach ist .
Die damalige Polizei hatte überhaupt nicht viele Mittel um den Ripper zu fangen . Hauptsächlich war sie auf Zeugenaussagen angewiesen und wie viele davon brauchbar waren , wissen wir ja .
Als einen wichtigen Aspekt halte ich die Tatortfotos . Warum gibt es so gut wie keine davon ? ( Vielleicht wurden ja welche gemacht und sie verschwanden , wie so vieles ? )
Für mich , als leitender Ermittler wären sie absolute Pflicht gewesen .
Spontan fallen mir auch Razzien ein , um intensiver nach den vom Ripper mitgenommenen Körperteilen und der Tatwaffe zu suchen .
Außerdem hätte ich , trotz aller Bedenken eine saftige Prämie ausgelobt .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Stordfield am 04.05.2006 13:29 Uhr
Hallo !

Schon öfter hörte und las ich ( auch hier im Forum ) , daß Serientäter die Gräber ihrer Opfer aufsuchen . Eventuell hätte ich die Begräbnisse und die betreffenden Friedhöfe besser überwacht .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Alexander-JJ am 04.05.2006 13:52 Uhr
Tatortfotos wurden gemacht, siehe MJK. Aber die Photographietechnik mitsamt Ausleuchtungstechnik war damals nicht allzu weit entwickelt. Tatortfotos im mordernen Sinn konnte man damals nicht machen.

Das mit den Friedhöfen ist eine gute Idee. Allerdings hätte man dazu eine Menge Zivilbeamte gebraucht. Ich weiss nicht ob man über Monate oder Jahre hinweg soviele Beamte für diese Ermittlungen hätte freistellen können. Immerhin gabs ja sowieso viel zuwenige Polizisten für London.

"Belohung für sachdienliche Hinweise" war schon damals ein Streitfall. Die Polizei wurde heftig angegriffen weil sie keine Belohung aussetzte. Dennoch, ich denke das war die richtige Handlungsweise. In einem Elendsviertel würde sich die Leute gegenseitig anzeigen, nur um an ein wenig Geld heranzukommen. Es käme vielleicht sogar zu Lynchjustiz um der Polizei einen "toten Mörder" präsentieren zu können. Aber auf jeden Fall gäbe es soviele Anzeigen, das der Polizeiapparat (der ja unterbesetzt war) garantiert lahmgelegt würde.


/edit: Die Urlaubssperre meinte ich für alle Polizeibeamten des Grossraumes London.

 ;)
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: nicjack01301 am 04.05.2006 18:53 Uhr
Außerdem wissen wir nicht, ob der Ripper überhaupt noch die Chance hatte, die Gräber zu besuchen, vielleicht lag er ja selbst schon in einem.... :icon_wink: Ich denke für uns ist es einfacher, sich hinter einen solchen Verstand zu begeben, schließlich waren Serienmörder damals noch etwas relativ unerforschtes. Wir haben heute Statistiken, Profiler und - nicht zu vergessen - das Internet. Klar hat die Polizei damals viel falsch gemacht, jedoch finde ich nicht, dass man ihr vorwerfen kann, sie hätte den Ripper "einfach laufen lassen" . Liebe Güße, eure Nicky
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Stordfield am 04.05.2006 20:09 Uhr
Hallo !

Sicher hat die Polizei einiges getan ( Patrouillen verstärkt , verdeckte Ermittler eingesetzt , eine Menge Verhaftungen vorgenommen ) . Aber war das genug ? ( Wahrscheinlich nicht , sonst hätten sie ihn ja gekriegt ) . Was hätte man noch tun können oder sogar müssen ? Habt ihr noch Vorschläge ?

Gruß Stordfield
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Claudia am 05.05.2006 01:37 Uhr
Hi zusammen!

Ich denke nicht, daß man aus dem Umstand, daß der Ripper nicht gefasst wurde , unbedingt darauf schließen kann, daß die Polizei gepfuscht hat oder nicht genügend Anstrengungen unternommen hätte.
Sicherlich würde man heute einiges anders machen und es sind auch wirklich Fehler begangen worden.
Allerdings sagt sich das aus heutiger Sicht auch sehr leicht.
Deshalb vermag ich auch nicht zu sagen, was ich anders gemacht hätte. Ich wäre sicherlich genauso Kind meiner Zeit gewesen wie die damals beteiligten. Möglicherweise hätte ich sogar unbedingt an einen verwahrlosten Menschen, womögich ausländischer oder jüdischer Herkunft geglaubt, weil ich es nicht besser gewusst hätte.
Von moderner Psychologie oder neueren Erkenntnissen über Serienkiller hätte ich natürlich nichts gewusst, deshalb wäre ich wahrscheinlich ähnlich vorgegangen, wie es damals der Fall war.

Grüße, Claudia
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: nicjack01301 am 05.05.2006 09:32 Uhr
Auerdem kann man ihnen nicht gerade fehlenden Ideenreichtum vorwerfen. Schließlich haben sie als Frauen verkleidete Beamte durch die Straßen geschickt oder da wäre auch noch Warrens Idee mit den Bluthunden. Okay, der Schuß ging nach hinten los, aber es zeigt, dass sie es auch auf "unkonventionelle" Art versucht haben. Außerdem darf man nicht außer Acht lassen, dass andere Verbrecher zu dieser Zeit bestimmt nicht Däumchen gedreht haben, d.h. es gab ja noch mehr zu tun als den Ripper zu fangen, mal ganz abgesehen von den Aufständen der Bevölkerung. Liebe Grüße, eure Nicky :icon_aetsch:
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Stordfield am 05.05.2006 11:17 Uhr
Hallo !

Sicher ist das alles richtig , dennoch denke ich , wurde nicht alles ausgeschöpft . Man hätte beispielsweise alle Droschkenbesitzer befragen , den vermuteten Fluchtweg des Rippers nach dem Mord am Mitre Square genau unter die Lupe nehmen ( meinetwegen sogar mit Hunden ) , " Fantombilder " der meistgesichteten Verdächtigen anfertigen lassen und die Bahnhöfe um das East End verstärkt beobachten sollen .
Natürlich machten andere Verbrecher während der Ripper - Morde keinen Urlaub und eventuell war die Polizei unterbesetzt , aber JtR besaß nun einmal höchste Priorität . Da sich die ganze Angelegenheit zum nationalen Desaster auswuchs , hätte ja vielleicht sogar das Militär zur Unterstützung herangezogen werden können .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: nicjack01301 am 05.05.2006 11:34 Uhr
Natürlich hast du damit Recht, Stordfield, ich wollte damit nur sagen, dass man die Polizei nicht als "Nichtstuer" bezeichnen kann, sie haben sich schon ihre Gedanken gemacht.  :icon_aetsch: Liebe Grüße, Nicky
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Stordfield am 05.05.2006 11:52 Uhr
Hallo !

Nach dem , was ich so gelesen habe , steht für mich ohne Zweifel fest , daß die Polizei eine Menge unternommen hatte . Ich will ihr auch keinesfalls Unterlassungssünden andichten . Es ist nur so , daß ich das Gefühl habe , daß etwas übersehen wurde ( was auch immer ) und ich eine gewisse Bulldoggen - Mentalität seitens der Ermittler vermisse .
Okay , ich habe wenig Einblick in die Arbeit der damaligen Untersuchungsbehörden und ihrer Methoden , aber die Streifen verstärken und andere bekannte Maßnahmen scheinen mir irgendwie zu wenig zu sein .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Alexander-JJ am 05.05.2006 13:15 Uhr
Es gibt ja auch hier bei uns in Deutschland noch spektakuläre und dennoch ungeklärte Verbrechen. Denkt mal an die Nagelbombe von Köln (19 Verletzte, einige sehr schwer) oder den "Türkenkiller" (9 Morde seit 2000). Der bzw die Täter wurden bis heute nicht gefasst, ausser ein paar vagen Beschreibungen liegt nichts vor. Aber ich glaube nicht das man einen neunfachen Mörder oder einen Bombenleger so einfach frei rumlaufen lässt. Der bzw die Täter haben auch einige Spuren hinterlassen ohne das sie deswegen gefasst werden konnten.


Die Ripper-Akten blieben immerhin bis 1891 offen, es wurde auch nach dem Nov. 88 weiter ermittelt. Man kann also nicht sagen das die Polizei sich schnell abgewandt hatte. Aber es gab gerade im East-End zahllose Verbrechen, auch weitere bestialische Morde, so das die Polizei nicht ewig nur an Jack, bzw wie man ihn fassen könnte, denken konnte.

Sicher hinkten die Ermittler, die Ermittlungsmethoden, die Rechtsmedizin, die Richter, die Ärzte usw usw den damaligen Standards hinterher. Aber das war ein strukturelles und organisatorisches Problem aller Beamtenapparate im Vereinigten Königreich und darüber hinaus im gesamten British Empire.
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: nicjack01301 am 06.05.2006 09:54 Uhr
Da stimme ich Alexander - JJ vollkommen zu. :icon_thumb: Man muss sich mal überlegen, wie schwer es allein war, jemanden zu finden, dessen Namen man kannte. Bei Jack wusste man ja garnichts, außer dass er männlich ist. Die wagen Zeugenaussagen würden heute auch keinen weiterbringen, vor allem weil man nicht einmal sagen kann, ob sich diese auf Jack oder auf irgendeinen anderen Mann beziehen. Die ganze Situation allein im East End war viel zu kompliziert, um auch ur einen Schritt weiterzukommen. Wenn heute Täter Briefe o.ä. an die Polizei schicken, hat man ja ganz andere Möglichkeiten. Und, wie Alexander - JJ schon gesagt hat - selbst heute können Serienmörder frei herumlaufen....Liebe Grüße, eure Nicky  :icon_aetsch:
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Stordfield am 06.05.2006 12:12 Uhr
Hallo !

Ist eigentlich bekannt , ob von den Verdächtigen Schriftproben genommen wurden ? Leider konnte ich nicht feststellen , seit wann es die Graphologie gibt , aber vielleicht wäre ja auch soetwas möglich und trotz noch heutiger Bedenken eine weitere Möglichkeit gewesen .
1981 konnte an Hand eines halb ausgefüllten Kreuzworträtsels in Halle - Neustadt der Mörder eines kleinen Jungen verhaftet werden . Okay , das war fast 100 Jahre später , aber eventuell wäre es ein Ermittlungsansatz gewesen , zumal ich denke , daß damals gar nicht so viele Menschen schreiben konnten .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Alexander-JJ am 06.05.2006 14:29 Uhr
Thomas Bulling hat den "Dear-Boss" Brief geschrieben. Jedenfalls war dies damals die einhellige Meinung der Polizei. Und dessen Handschrift stimmt auch weitgehend mit der Schrift im Brief überein. Wozu also noch Schriftproben nehmen? Der echte Ripper hat höchstens das Graffiti geschrieben und davon konnte ja niemand ein Photo anfertigen.

 *
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: nicjack01301 am 06.05.2006 20:38 Uhr
Thomas Bulling hat den "Dear-Boss" Brief geschrieben. Jedenfalls war dies damals die einhellige Meinung der Polizei. Und dessen Handschrift stimmt auch weitgehend mit der Schrift im Brief überein. Wozu also noch Schriftproben nehmen? Der echte Ripper hat höchstens das Graffiti geschrieben und davon konnte ja niemand ein Photo anfertigen.


Ehrlich? Davon habe ich noch garnichts gehört. Kannst du mir das mal kurz erklären, Alexander - JJ ? Liebe Grüße, Nicky  :icon_aetsch:
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Claudia am 07.05.2006 02:22 Uhr
Hi zusammen!

Man sollte auch bedenken, daß der Polizei nicht gerade viel Zeit zur Verfügung stand, es klingt zwar übel, aber fünf Morde sind nicht gerade viel für einen Serientäter. Da gibt es heute noch viele, die erst nach weitaus mehr Morden gefasst wurden.

Solche Täter sind nicht einfach zu finden, sie haben keine Verbindung zu ihren Opfern( was jede "normale" Ermittlungsarbeit erschwert), sie handeln relativ spontan und verschwinden so schnell, wie sie gekommen sind. Heute noch ist es schwierig, solche Täter zu fassen, vor über hundert Jahren war es noch um ein Vielfaches schwieriger.
Und was hatte denn die Polizei schon groß aufzuweisen? Unklare Zeugenaussagen, eine Bevölkerung, die alles andere als zugänglich war und nahezu keine Erkenntnisse über solche Täter...

Es wäre ja fast ein Wunder gewesen, wenn man damals den Täter geschnappt hätte...
Und ganz ehrlich: Es sind Fehler begangen worden( das ist nur menschlich), aber ich glaube nicht, daß sie so schwerwiegend waren, daß man ansonsten den Täter unbedingt gefasst hätte.

Vielleicht hätte es anders ausgesehen, wenn der Täter weitergemordet hätte...

Man muß sich aber auch vor Augen halten, daß zB Tschikatilo über 50 Menschen ermorden konnte, ehe er gefasst wurde und das war Ende der achtziger Jahre, man hatte also bessere Mittel zur Verfügung. Bei Dahmer waren es immerhin 17. Und das sind nur zwei Beispiele...

Grüße, Claudia

Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Alexander-JJ am 07.05.2006 08:58 Uhr
Ganz, ganz kurz zu den Briefen:

Viele Jahre nach der Mordserie erinnerten sich hochrangige Polizeibeamte wie Anderson oder Littlechild in ihren Memoiren oder in Interviews an die Briefe. Sie alle gingen davon aus, das ein bzw mehrere findige Journalisten hinter den "glaubwürdigeren" Ripperbriefen steckten. Anderson wollte keine Namen nennen um seine Informaten zu schützen, Littlechild sprach ganz offen von Bulling und dessen Chef Moore. Thomas Bulling war Journalist der Central News Agency. Da er oft mit der Polizei korrespondierte, existieren noch einige Schriftstücke von ihm. Seine Handschrift weisst Ähnlichkeit mit der Schrift des "Dear Boss" Briefes auf. Littlechild meinte aber, das Bulling nur im Auftrag seines Chefs handelte. Thomas Bulling war es auch der den "Dear Boss" Brief an die Polizei weiterleitete.

Vom Dear Boss Brief und der Saucy Jack Postkarte wurden Faksimiles erstellt und veröffentlicht. Die Bevölkerung wurde aufgerufen sich diese Faksimiles anzusehen. Aber das heisst nicht das die Polizei diese Schriftstücke für authentisch hielt. Meiner Meinung nach war das purer Aktionismus um einen Teil der öffentlichen Kritik abzuwenden, die Bevölkerung zu beruhigen und die Ripper-Hysterie zu dämpfen.

Bedauerlicherweise hatten diese beiden Schriftstücke anderen Einfluss auf die Ermittlungen als die Polizei annahm, und zwar negativen. Gerade die Anfertigung der Faksimiles gab diesen Schriftstücken eine gewisse Authentizität (die sie ja auch noch heute besitzen). Da die Briefe einen verhöhnenden Charakter besassen und die Polizei gleichzeitig ratlos agierte, steigerte sich das Misstrauen bei den Bewohnern des East-Ends gegenüber der Polizei noch mehr.

Das Ganze war also ziemlich dumm gelaufen ...  :icon_wink:

 
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Stordfield am 07.05.2006 14:08 Uhr
Hallo !

Bei mir hat sich der Eindruck festgesetzt , daß sämtliche Ermittler " Einzelkämpfer " waren . Jeder kochte sein eigenes Süppchen . Ich vermisse bei der ganzen Untersuchung so eine Art SoKo , bei der die Fäden zusammenliefen . Überhaupt scheint mir die Sache ziemlich planlos abgelaufen zu sein . Okay , man hatte nicht viele Anhaltspunkte , die Bevölkerung verweigerte zum großen Teil die Mitarbeit und auch das Sprachengewirr stellte sicher ein Problem dar . Dennoch hätte ich das gesamte Eastend ( das ja nicht übermäßig groß war ) so lange " filzen " lassen , bis sich etwas gefunden hätte ( die verschwundenen Körperteile , Tatwaffen , Maskeraden , blutbefleckte Kleidung und Schuhe ) . Eventuell wurde dies aber auch getan , aber wie gesagt , ich hätte mir ein bischen mehr Einsatz gewünscht .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Claudia am 07.05.2006 23:00 Uhr
Hi Stordfield!

Hm, ich weiß nicht, ich denke eigentlich nicht, daß flächendeckende Hausduchsuchungen sehr erfolgversprechend gewesen wären. Soetwas bringt meines Erachtens nur etwas, wenn man eine bestimmte Person im Visier hat.
Davon abgesehen, daß soetwas personell nicht durchführbar ist, ist es ja auch nicht sehr wahrscheinlich, daß der Mörder Messer und Kleidung ewig blutbefleckt in seiner Wohnung liegen ließ, er hätte das Zeug gesäubert oder weggeworfen.
Das Eastend war zwar nicht sehr groß, aber für solche Aktionen zu groß und zu chaotisch.

Wo ich Dir aber rechtgebe ist, daß die Kommunikation innerhalb der Polizei offenbar nicht bestens funktionierte.

Grüße, Claudia
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: nicjack01301 am 08.05.2006 09:39 Uhr
Erstmal: Vielen vielen Dank Alexander - JJ !!!  Auf dich ist halt immer Verlass... :icon_thumb:
@ Stordfield : Ich stimme dir in dem Punkt mit dem "gemeinschaftlichem Denken" vollkommen zu. Jedoch glaube ich nicht, dass Hausdurchsuchungen etwas gebracht hätten. Nimm doch z. B. die Lederschürzengeschichte. Das verlief ja auch nicht gerade positiv. Außerdem, selbst wenn sie etwas gefunden hätten, wäre nicht sicher gewesen, ob dieses Organ von einem der Opfer stammt, schließlich hatten sie damit schon bei Eddowes Schwierigkeiten... :icon_wink: Naja, ich denke du weißt, worauf ich hinaus will. Liebe Grüße, eure Nicky  :icon_aetsch:
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Stordfield am 08.05.2006 11:23 Uhr
Hallo !

Sehr oft hört oder liest man , daß die Polizei zur damaligen Zeit noch nicht besonders gut ausgerüstet war , um den Ripper zu fangen . Aber wurden denn auch alle Möglichkeiten ausgeschöpft ? Es gab z. B. schon das Fingerabdruckverfahren , nur Großbritannien scheute sich , es anzuwenden . Sicher hatte man dazu vielleicht nicht genug geschultes Personal , aber was spricht dagegen , einige Spezialisten aus Frankreich um Mitarbeit zu bitten ? Des weiteren existierte die Bertillonage ( Erfassung Verdächtiger nach bestimmten Körpermerkmalen ) , die , zugegeben ziemlich umstritten war , aber man griff ja auch auf Hellseher und andere Spinner zurück . Bei den Zeitungen gab es geschickte Zeichner , die Tatortskizzen hätten anfertigen können , wenn die Fototechnik noch nicht so weit gewesen sein sollte .
Meiner Meinung nach lag doch einiges im Argen .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: nicjack01301 am 08.05.2006 11:25 Uhr
Sicherlich wäre mehr möglich gewesen. Aber man sollte sich immer vor Augen halten ,dass JtR dazu beigetragen hat, die Mittel und Wege zu verbessern und zu entwickeln. Liebe Grüße, eure Nicky  :icon_aetsch:
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Tina am 29.05.2006 13:20 Uhr
Sicherlich wäre mehr möglich gewesen. Aber man sollte sich immer vor Augen halten ,dass JtR dazu beigetragen hat, die Mittel und Wege zu verbessern und zu entwickeln.

Hallo Nicki

Schliesse mich Deiner Aussage an.  :icon_thumb:

Ausserdem muss man bedenken, dass die Morde vor mehr als 100 Jahren passiert sind.
Ich finde es recht schwer mich in die Denk- und Handlungsweise der damaligen Polizei hinein zu versetzen.  :icon_verwirrt:
Viele Informationen, die uns heutzutage zur Verfügung stehen, gab es damals einfach noch nicht (womit ich nicht behaupten will, dass die damalige Polizei "dümmer" als die heutige war).
Ich persönlich denke, dass man, wenn man sich soetwas vorstellt, automatisch immer wieder Wissen benutzt, dass zwar heute bekannt ist, damals aber noch nicht.
Dadurch passiert es sehr leicht, dass man denkt: "Gottchen, waren DIE damals bescheuert". Dem muss aber keineswegs so sein.

Liebe Grüsse

Tina
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Viggi am 27.12.2006 07:43 Uhr
hallo zusamen,

ich bin bei meiner "polizei" teorie was wenn JtR selber ein Polizist war ? damit hätte er gewusst wie alles funktionirt und würde in der Gasse als polizist  nicht auffallen

Was meint ihr ?
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: JohnEvans am 27.12.2006 12:25 Uhr
Ich denke, die miesten Bewohner des East Ends, so auch die Opfer, wußten die Beats der Polizei und konnten ihre Uhr danach stellen und somit ihre Geschäfte.
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Pathfinder am 01.06.2007 23:03 Uhr
denke mal, dass man nicht unbedingt von groben fehler sprechen kann. man hatte 1888 nicht die personelle und erstrecht nicht die technischen mittel. klar, man hätte evtl. in sachen fingerabdrücke vlt. sich hilfe aus den ländern holen können, die damit schon erfahrung hatten, doch es lag wohl noch nicht in der geistigen möglichen erfassbarkeit der englischen polizei. auch hätten (bessere) tatortfotos nicht allzuviel zur aufklärung beitragen können.

auch die schon erwähnten hausdurchsuchungen stelle ich mir nicht nur aus personalgründen der polizei als problematisch vor. wo hätte man suchen sollen ? in ganz london, im east-end ? das wäre ein riesen tumult gewesen und es hätte sich wie ein lauffeuer verbreitet, dies würde bedeuten - zeit für jtr evtl. noch vorhandene spuren und beweismittel zu vernichten. also ohne konkreten verdacht irgendwo häuser durchsuchen würde auch heute nichts bringen. es wäre wie mit der berühmten nadel im heuhaufen (hat man die eigentlich schon ?).

hinzu kam damals auch noch das zuständigkeitsgerangel der unterschiedlichen polizeibehörden (city-, metropolice) und ich denke mal, dass man es mit der zuständigkeit heute genau so penibel nimmt, wie heute. die vorstellung von den markanten ermittler, der sich über die vorschriften hinweg setzt, wie man es so schön in manchen filmen sehen kann, um einen fall zu lösen, ist nichts weiter als eine schöne vorstellung, aber unwahrscheinlich. auch wenn der eine oder andere ermittler damals gewollt hätte, er wäre an vorgesetzte und vorschriften gescheitert. es ist heute so ähnlich, da spreche ich aus eigener erfahrung, wenn auch aus einem etwas anderen bereich.

also wenn man fehler unterstellen könnte, dann nur "kleine" individuelle einzelner poliisten/ermittler. mir fällt die geschichte ein, eines polizisten, der eine verdächtigte person und den inhalt seiner tasche kontrollieren wollte. der betroffene weigerte sich und musste mit dem constabler auf das zuständige revier. nach kurzem disput mit dem vorgesetzten konnte die person unkontrolliert die wache wieder verlassen. so ähnlich muss sich die geschichte damals abgespielt haben, vlt. kann es einer besser erklären. ich wollte damit nur ausdrücken, dass dies ein individueller fehler vom vorgesetzten gewesen sein könnte.

auch kann ich mir vorstellen, dass die polizein in der flut von hinweisen fast ertränkt worden sind. allen gleichmässig und mit gleicher konzentration akribisch nach zu gehen ist ein unmögliches unterfangen. daher wurden manche zeugen nicht zwei- oder dreimal verhört, es war schon so eine art, wie in der berühmten illustration gezeigtes blindekuh. ausserdem gab es noch unzählige morde und andere straftaten, die die polizeien ebenfalls beschäftigt hatten, z. b. die torso morde.

so, bevor ich jetzt noch weiter ein "buch" schreibe, möchte ich zwei fragen stellen, die mich zur zeit beschäftigen

1. warum haben die ermittler nicht in ihrem persönlichen nachlass sich über ihren verdacht geäussert, wem sie für jtr hielten ? es gibt ein paar, die ihre meinung kund getan haben bzw. andeutungen gemacht haben. es gab doch unzählige ermittler, hatten die keinen pers. verdacht, wurden viele nicht publik gemacht, aus welchen grund auch immer ?

2. weiss jemand, ab wann ungefähr die hektischen/akuten ermittlungen in sachen jtr langsam in den hintergrund gedrängt wurde. ich meine damit, dass sich die ermittler nicht mehr so intensiv, wie zu zeiten der morde, in dieser angelegenheit ermittelt haben/konnten.
vlt. kann man durch diesen zeitpunkt ein paar andere schlüsse ziehen, vlt.

fazit: jtr hatte dafür, dass seine taten ungesühnt blieben die besten voraussetzungen. sein grösste risiko war in flagranti erwischt zu werden.
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Stordfield am 28.09.2007 08:06 Uhr
Hallo !

Nach reiflichem Überlegen und dem Lesen eurer Meinungen , bin ich zu der Ansicht gelangt , daß die Polizei null Chance hatte , den Ripper zu fangen . Sie war einfach nicht auf so eine Mordserie vorbereitet und schon gar nicht dafür ausgebildet . Es gab wirklich nicht viel , was sie damals hätte anders machen können . Das ist eine bittere Tatsache .
Die Arbeit mit Fingerprints steckte noch in den Kinderschuhen , intensivere Hausdurchsuchungen hätten wahrscheinlich mehr Schaden als Nutzen gebracht , die Beobachtung der Friedhöfe war sicher auch ein logistisches Problem , verstärkte Patrouillen ( die ja gegangen wurden ) konnten einem ortskundigen Täter nicht wirklich gefährlich werden . Bliebe noch der Einsatz von Hunden , aber auch das schien damals  noch nicht üblich gewesen zu sein , wie man bei der peinlichen Sache mit Burgho und Barnaby sehen konnte .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Isdrasil am 28.09.2007 08:12 Uhr
Hi

Sehe ich auch so. Der Ripper war eben zur rechten Zeit am rechten Ort.
Das hat teilweise wenig mit unfähigen Beamten zu tun (so wird es ja oft dargestellt). Die Polizei nutzte ihre Möglichkeiten. Es gab zwar auch noch haufenweise interne Probleme, aber ob diese Probleme tatsächlich die Lösung des Falls be- und verhinderten, bleibt fragwürdig.

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Stordfield am 19.02.2008 10:03 Uhr
Hallo !

Immer wieder wird der Einsatz der beiden Polizeihunde belächelt . Warum eigentlich ? Meiner Meinung nach, kann man dies allenfalls über die Art und Weise ihrer Verwendung und das ganze Drumherum tun.    Es scheint mir ziemlich schwierig zu sein , daß Barnaby und Burgho in den eng besiedelten Straßen des Eastend eine Fährte verfolgen . Aber man hätte sie doch durchaus in die Unterkünfte einiger Verdächtiger führen können , um dort nach Blutspuren der Opfer zu suchen .

Gruß Stordfield
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Isdrasil am 19.02.2008 12:42 Uhr
Hi

Ja, das frage ich mich auch öfters. Zufälligerweise habe ich einen Arbeitskollegen, der an den Wochenenden und Abends damit beschäftigt ist, Polizei- und Wachhunde auszubilden. Ich habe ihn mal gefragt - die Spurensuche durch Hunde ist eine äußerst sichere und effektive Methode, sei es nun die Suche nach Gegenständen (Drogen, Waffen, Alkohol...) oder Personen (Flüchtlinge, Grenzgänger...). Hunde werden in beinahe allen Bereichen der modernen Verbrechensbekämpfung und Sicherheitsbewahrung eingesetzt. Bei einer ausreichenden Ausbildung bringt es einem Flüchtigen noch nicht einmal, durch einen Fluss incl. Strömung zu schwimmen - selbst da bleiben die Geruchspartikel für den Hund einige Zeit wahrnehmbar an der Wasseroberfläche haften (natürlich nicht bis in alle Ewigkeit).

Mit anderen Worten: Die Bluthunde wären durchaus eine reelle Chance gewesen, den Ripper zu schnappen. Gesetz dem Fall, man hätte sie unmittelbar nach dem Auffinden einer erneuten Leiche eingesetzt, wäre selbst das East End nicht hinderlich gewesen.

Vermutlich waren die Hunde einfach nur unzureichend ausgebildet und die "Konditionierung" war damals noch nicht so ausgereift wie heute - aber prinzipiell meiner Meinung und der meines Kollegen nach ein hervorragendes Einsatzgebiet für echte und gut trainierte Hunde.

Das man die Gelegenheit wieder nutzt, um auf gewissen Personen/Institutionen herumzukloppen, ist ja klar. Wieso kloppt eigentlich keiner auf den Ausbildern der Hunde rum?  :icon_rolleyes:

Grüße, Isdrasil
Titel: Re: Wir , als Polizei - Chefs
Beitrag von: Stordfield am 19.02.2008 15:25 Uhr
Hallo !

In Deutschland wurden 1896 die ersten Polizeihunde eingesetzt , allerdings vorerst als Begleit - und Wachhund . Ob es schon vor dieser Zeit in England eine halbwegs professionelle Arbeit mit diesen Tieren gab , konnte ich leider nicht herausfinden . Kurz und gut : Ich glaube , hier wurde eine Chance verpaßt , um dem Ripper näher zu kommen .

Gruß Stordfield