Hamburger
Fremdenblatt – 14.
September 1888
In den Lustmorden in London. London 13. September
Der vor einigen Tagen auf den Verdacht hin Chapman ermordet
zu haben, verhaftete arme jüdische Hausierer Piser, welcher
der Einwohnerschaft Whitechapel´s ohne sein Wissen unter
dem Namen „Lederschürze bekannt war, konnte bei
der gestern über
den Fall abgehaltenen Leichenbeschaueruntersuchung seine völlige
Unschuld erweisen und wurden seine Aussagen, dass er während
der Zeit, wo der Mord begangen wurde, seine Wohnung nicht verlassen
hatte, auch von anderen Zeugen bestätigt. Piser übte übrigens
die weise Vorsicht, bis zu seiner Verhaftung nicht aus dem Hause
zu gehen, da er sonst wohl unfehlbar von der urteilslosen erbitterten
Menge trotz seiner absoluten Unschuld gelyncht worden wäre.
Der ungerechte Verdacht und die ausgestandene Angst haben den armen
Mann jedoch so arg mitgenommen, dass er sich ärztlicher Behandlung
wird unterziehen müssen. Der angesehene Londoner Arzt, Dr.
Forbes Winslow, drückt de folgende Ansicht über die Morde
in Whitechapel aus: „Ich zweifle nicht, dass eine und dieselbe
Person die drei Morde begangen hat. Es ist ein Irrsinniger, aber
es ist „Methode in dessen Wahnsinn““. Unter den
Irrenärzten ist es bekannt, dass die Mordmanie unheilbar ist
und solche Leute, welche an derselben leiden, sollen Strenge beaufsichtigt
werden. Ich glaube nicht, das der Mörder der Klasse angehört,
zu welcher der unter dem Namen „Lederschürze“ bekannte
Mann zählt. Ich habe der Geheimpolizei von Scotland Yard gesagt,
dass wahrscheinlich ein vor kurzem aus dem Irrenhaus entlaufener
die Morde begangen hat und halte es deshalb für angezeigt,
dass sich die Behörden an die englischen Irrenanstalten wenden,
mit der Bitte, ihnen eine Liste sämtlicher in der letzten
Zeit entlassenen Geisteskranken zu geben.“
Jan Schattling
(Dokument
zuletzt bearbeitet am 19.11.04)