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Freisinnige Zeitung, 20. September 1888

Ein neuer Mordversuch in London wurde, wie man Berliner Zeitungen vom 10. d. Mts. Meldet, von einem vierzigjährigen Mann deutscher Nationalität, Namens Karl Ludwig, auf eine Straßendirne vollführt. Der Thäter wurde verhaftet.
In Folge der Morde in Whitechapel ist übrigens wieder größere Aufmerksamkeit den Büchern zugewendet worden, die einen großen Bestandteil der neueren englischen Literatur bilden. Ein Parlamentsmitglied, Mr. Samuel Smith, nahm Veranlassung, darüber zu sprechen, daß alle die realistischen französischen Romane, die selbst in Deutschland verboten sind, in London übersetzt und massenweise in billigen Ausgaben verkauft werden; von einem der schlimmsten dieser Art hat ein Verleger sogar über eine Million Exemplare abgesetzt. Doch sind es nicht diese, die am schädlichsten wirken, viel gefährlicher sind die sogenannten „Penny dreadfuls“. Nicht weniger als vierzig derartiger Journale kommen in London zur Ausgabe, sie sind hauptsächlich für Knaben bestimmt und enthalten fast nichts wie haarsträubende Erzählungen von Einbrechern, Mördern, Piraten u. f. w., die die jungendliche Phantasie erregen und oft zu den furchtbaren Folgen führen, wie sie in dem jüngsten Morde im Regents Park, bei dem ausschließlich 16- und 17jährige Knaben beteiligt waren, zu Tage traten. Mr. Smith hatte schon früher versucht, die öffentliche Meinung auf dieses Uebel zu lenken, doch ohne Erfolg, unter dem Eindruck der grauenerregenden Vorgänge der letzten Woche werden seine Bemühungen vielleicht von besseren Erfolgen begleitet sein.

 

Thomas Schachner
(Dokument zuletzt bearbeitet am 19.11.06)