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Freisinnige Zeitung, 02. Dezember 1888

Ueber den vermutlichen Frauenmörder geht uns aus London folgende Privatmeldung zu: „Man ist jetzt der Ansicht, daß der Mörder ein Kanalarbeiter, der ein mit dem Kanalnetz Londonds genau vertrauter Mensch ist. Der Umstand, daß man niemals von dem Orte des Mordes einen Menschen in verdächtiger Weise sich entfernen sah, oder daß man einen in der Nähe antraf, läßt darauf schließen, daß er in der Nähe des Thatorts einen Zufluchtsort hat. Keiner ist für den Eingeweihten sicherer, als einer jener kleinen, so vielfach in den Straßen Londons verbreiteter Eingangsschächte nach dem Kanalnetz. Der Fliehende braucht nur mit einem Haken den an einer Seite befestigten Deckel in die Höhe zu heben, in den Schacht zu steigen und ihn alsdann wieder über dem Kopfe durch einfaches Zuklappenlassen zu schließen. Von dem Schacht aus gelangt er in die unterirdischen Gänge, kann sich in denselben unter ganzen Stadtteilen fortbewegen und schließlich fern vom Ort der That wieder durch einen solchen Schacht an die Oberfläche steigen. Im Kanal hat er Zeit, sich von den Spuren seines Verbrechens zu reinigen, und niemand wird in ihm einen Mörder vermuten. Das Verlassen des Schachtes kann er vollständig unbemerkt thun, denn er ist durch sein Gehör im Stande festzustellen, ob sich ein menschliches Wesen nähert. Auch das Beiseiteschaffen der von den Ermordeten geraubten Körperteile ließe sich auf diesem Fluchtwege leicht erklären. In Erwägung aller dieser Umstände hat man nun die Kanalgänge Londons mit in das Bereich der permanenten Bewachung gezogen.

 

Thomas Schachner
(Dokument zuletzt bearbeitet am 21.11.06)