Allgemeine Zeitung München, 13. Oktober
1888
London, 9.Oct.
Die jüngsten furchtbaren Mordtaten im Ostend Londons haben
auch den philanthropischen Bestrebungen zur Besserung der Lage
des „ausgestoßenen Teils des Volkes“ neuen Impuls
verliehen, und die Blätter enthalten fast täglich Vorschläge,
wie auch der Klasse, welcher die Opfer angehören, eine helfende
Hand gereicht werden kann. Der anglikanische Sussragan Bischof
für Ost-London hält ein Nachtasyl für diese Klasse
von Frauenzimmern nicht für nötig. Vor allem komme es
darauf an, Arbeit für sie zu finden. Der Bischof schlägt
deshalb Errichtung von Waschanstalten vor, in welchen namentlich
die älteren Frauen Verdienst finden können, die sich
häufig nur in der bittersten Verzweiflung einem Leben der
Schande hingegeben haben. Der Hochverdiente Dr. Barnardo, welcher
in seinen Homes Tausende von obdachlos auf der Straße aufgefundenen
Kindern ausgebildet hat, richtet die Aufmerksamkeit seiner Mitbürger
auf die Kinder, welche in den Brutstätten des Lasters nur
dem Verbrechen anheim fallen können. Er befürwortet daher
Gründung von Nachtasylen für obdachlose Kinder unter
16 Jahren.
- Nach der vor einigen Tagen veröffentlichten amtlichen indischen
Statistik wurde die Bevölkerung von Indien im März 1887
auf 268.137.044 Seelen geschätzt. Hiervon kommen auf britisches
Gebiet 207.754.578 und auf die eingeborenen Staaten 60.382.466.
Es gab 6.013.419 Männer mehr als Frauen.
Jan Schattling - Thomas
Schachner
(Dokument
zuletzt bearbeitet am 20.11.04)