Autor Thema: Tunnel unter London?  (Gelesen 39079 mal)

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Colin Benson

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Tunnel unter London?
« Antwort #15 am: 01.09.2004 16:44 Uhr »
Zitat von: "Rolf"

davon bin ich nicht überzeugt. Zunächst einmal scheint es ihm auf einen gewissen Nervenkitzel angekommen zu sein. Umsichtig war sein Verhalten jedenfalls nicht. Zudem: Wohin sollte er sich denn zurückziehen, wenn nicht in sein Versteck/Zuhause?


Ich bezweifle und bezweifelte nicht den Nachhauseweg, FALLS er es war (das erscheint mir noch zu früh). Mir fehlt nur einfach eine Erklärung dafür, daß WENN er es war, es sich so verhalten hat. Fehlende Umsicht? Das spricht gegen das meiste, was wir von einem evtl. LSK in dieser Mordserie wissen.

Nervenkitzel? Möglich, sicher. Das ist etwas schal und irgendwie scheint es nicht... schlüssig? Es hat sowas... ach, ich weiß nicht. Der Mörder, voll auf Adrenalin, i.e. Raubtierinstinkte von Flucht und Vermeidung im Vordergrund, den Geschmack von Blut (sinnbildlich) noch im Mund, soll einen weiteren Nervenkitzel wollen und den ausgerechnet darin finden, einen Wachmann auf diese Weise anzuquatschen? Mmmh.... das klingt mir zu unausgegoren.

Gruß CB

Colin Benson

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Tunnel unter London?
« Antwort #16 am: 01.09.2004 19:44 Uhr »
Hi Thomas

Danke für das Link, aber das kannte ich bereits. Ich suche auch einen Plan der Kanalisation, nicht der Kanäle.

EDIT: Immerhin ein Anfang http://www.heritagemagazine.co.uk/underground.html

Grüße

CB

Offline thomas schachner

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Tunnel unter London?
« Antwort #17 am: 01.09.2004 21:31 Uhr »
hey cb,

der link ist ja auch bekannt .-))
soll ich etwas zeit investieren und suchen oder reicht dir dein link?

gruss
thomas.
<~> any propaganda is good propaganda, as long as they spell your name right <~>

Colin Benson

  • Gast
Tunnel unter London?
« Antwort #18 am: 01.09.2004 23:56 Uhr »
Danke Thomas, bin am Arbeiten.  :D

Colin Benson

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Zeitberechnung
« Antwort #19 am: 02.09.2004 02:16 Uhr »
DIE LAUFWEGE HIER SIND FALSCH BERECHNET. AUF SEITE 3 IM THREAD IST EINE KORRIGIERTE FORM.[/b]

Die Zeitberechnung

Die Distanz nach einer Ordinance Map von 1888 belief sich auf ca. 420 bis 650 yrd (ich weiß nicht genau, wo die zu bewachende Baustelle war und wo Mulshaw stand). Nehmen wir die kürzest-mögliche Distanz, also abgerundet ca. 400 Meter.

Mulshaw war nicht mehr der Jüngste, andererseits waren die Menschen damals besser zu Fuß, nehmen wir den heutigen Standardwert von 4 km/h Wiederum war es stockfinster in Buck's Row, als gehen wir mal auf etwa 3 km/h (heute nacht von mir gemessener Wert sicheren Gehens auf den asphaltierten Feldwegen bei uns, ich kenne das Gelände, war aber in der Dunkelheit unterwegs, die sicherlich heller war als Buck's Row).  400 Meter entsprechend etwa 13% der Stundenstrecke, sagen wir also 7.5 Minuten Fußweg .

Mulshaw wird wohl nicht gleich losgerannt sein, sondern überlegt haben. Einen bezahlten Job riskiert man nicht so leicht in Städten, wo 100.000 Arbeitslose demonstrieren (Bloody Sunday 1887). Geben wir ihm alles in allem 1.5 weitere Minuten für geistige Betätigung (ich würde ja eher auf drei bis vier tippen, will aber keinesfalls zu großzügig sein.)

Der Fremde mußte umgekehrt vom Schauplatz erst einmal zu Mulshaw kommen. Sagen wir mal, er war durchtrainiert, jünger und mit katzengleichen Eigenschaften. Geben wir ihm 5 Minuten.

Vom Zeitpunkt, da der Fremde die Leiche gesehen hat, bis zum Zeitpunkt da Mulshaw die Leiche gesehen hat, sind also insgesamt ca. 14 Minuten vergangen.  

Wir können die Zeit von Mulshaws Ankunft am Tatort ungefähr festlegen; denn Thain, Neil und Mizen sowie einige Gaffer waren vor Ort, die Leiche auch, Llewellyn noch nicht. Also können wir von 3:55 bis 4:05 ausgehen.

Demnach hat unser unbekannter "verdächtig" aussehender Freund die Leiche von Polly Nichols spätestens zwischen 3:41 und 3:51 verlassen müssen, wohl nachdem er Polly gefunden und festgestellt hat, daß sie ermordet wurde (was ja auch seine Zeit gebraucht haben wird). 3:40 haben Cross und..... der andere halt Polly entdeckt und sind losgezogen, PC Mizin zu holen, PC Neil hat Pollys Leiche um 3:45 gefunden.

Ich weiß nicht, ob Mulshaw in dieser Nacht einem Mörder begegnet ist oder nicht, aber ich denke der Unbekannte wäre auf alle Fälle ein interessanter Gesprächspartner.

Falls er der Mörder war, und ich denke hier sind einige Indizien, was hat er damit bezweckt, Mulshaw anzusprechen? (Sorry, Rolf, ich halte da Deine Argumentation für wenig stichhaltig).

CB

LUX ET TENEBRAE

Nachtrag: Die Zeiten wurden unter den günstigsten Gesichtspunkten berechnet, umd nichts zu konstruieren und den Unbekannten möglichst zu entlasten. Ich halte 20 bis 25 Minuten insgesamt für wahrscheinlich, und da sind wir auf alle Fälle dick im roten Bereich!

Rolf

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Tunnel unter London?
« Antwort #20 am: 02.09.2004 09:52 Uhr »
Hallo CB,

ich halt meine Argumentation nicht für so weit hergeholt. Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren, wenn ich eine vernünftige Alternative hätte. Wir sind uns doch einig, dass es sehr dunkel war, das hast du zumindest deiner Berechnung zugrunde gelegt. Warum sollte ein Mörder noch extra auf sich aufmerksam machen, um in irgendwelchen Tunneln zu verschwinden, wenn er sich doch im Schutz der Dunkelheit bereits so weit vom Tatort entfernt hat, dass er mit dem Verbrechen nicht mehr ohne weiteres in Verbindung gebracht werden kann? Es war ja auch kaum jemand auf der Straße, Jack musste also nicht fliehen. Zudem wäre es nicht die einzige Zeugenaussage dieser Art. War es nicht nach dem Kelly-Mord, dass jemand behauptete, er wisse etwas darüber? Nur mal angenommen, es wäre tatsächlich in beiden Fällen der Täter gewesen, dann würde das schon darauf hindeuten, dass er so etwas wie Stolz o.ä. empfunden haben könnte, was er anderen auch mitteilen wollte.

Nun gut, aber war es denn Jack? Das werden wir wohl nie genau klären können. Aber es gibt durchaus Aspekte, die dafür sprechen.

Ich versuche mich einmal in einen unbeteiligten Passanten hineinzuversetzen, der am Tatort vorbeikommt und etwas auf der Straße liegen sieht. Ich gehe also hin, gucke nach und entdecke die fürchterlichen Verletzungen, stelle fest, dass die Frau tot ist. Was tue ich? Ich rufe, ich laufe los, um Hilfe zu holen, ich klopfe an die nächste Tür. Was ich nicht tun würde ist, dass ich einfach weggehe und der nächsten Person, der ich über den Weg laufe, im Vorübergehen mitteile, dass gerade ein Mord geschehen ist, es sein denn, ich stünde unter Schock. Oder ich wäre der Täter.

Gruß
Rolf

Jan_Schattling

  • Gast
Tunnel unter London?
« Antwort #21 am: 02.09.2004 10:46 Uhr »
öööh.... irgendwie gefällt mir die karte von heritage.
Aber es lässt gerade bei mir nach.
In welchem BEreich davon war Whitechapel?
Irgendwie habe ich probleme das zu finden. *g*


Jan

Scharfnase

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Zwei Vorschläge
« Antwort #22 am: 02.09.2004 13:08 Uhr »
Hi Leute,

könnte es nicht auch so sein, dass es einfach nur ein harmloser Passant war, der unvermutet die Leiche fand, unter Schock nach der Polizei suchte und dann Mulshaw, den Wachmann, sah. Wegen der Uniform, die Mulshaw sicher trug, dachte er irrtümlich einen Polizisten vor sich zu haben und machte dem seine Meldung. Nur eine Verwechslung in all der Aufregung?

Könnte nicht Mulshaw später die Sache mit dem "ermordet" ergänzt und dann so zu Protokoll gegeben haben, obwohl der Mann selbst nie das Wort "ermordet" verwendet hat. Denn Mulshaw wusste, als er die Aussage machte, von dem Mord. Vielleicht hat der Passant wirklich nur gesagt "da drüben liegt eine tote Frau". Zeugen sind ja immer mit Vorsicht zu genießen, da sie oft Dinge verfälscht oder verändert wiedergeben.

Mein lieber Jan, Whitechapel liegt im Osten Londons unten in der Nähe der Docks.

Gott zum Gruße,
Scharfnase

Rolf

  • Gast
Tunnel unter London?
« Antwort #23 am: 02.09.2004 14:19 Uhr »
Hallo Scharfnase,

klar könnte das sein. Aber würde ein gewöhnlicher Entdecker nicht mit dem vermeintlichen Polizisten zusammen zum Tatort zurückgehen? Die anderen "Finder" haben ja auch alle Hilfe geholt.

Rolf

Scharfnase

  • Gast
Nicht alle gingen mit
« Antwort #24 am: 02.09.2004 14:47 Uhr »
Hi Rolf,

aber die Finder Charles Cross und Robert Paul sind ja auch nicht mit Polizist Mizen zurückgegangen, weil sie Angst hatten, zu spät zur Arbeit zu kommen. Vielleicht war das bei unserem Passanten genauso. Er entdeckte die Leiche, wollte es einer Amtsperson melden und dann aber nichts mehr mit Sache zu tun haben. Nur keine Scherereien!;-)

Gott zum Gruße,
Scharfnase

Rolf

  • Gast
Tunnel unter London?
« Antwort #25 am: 02.09.2004 16:10 Uhr »
Hallo Scharfnase,

ich will immer nicht glauben, dass es diese Ich-will-bloß-keinen-Ärger-Typen wirklich gibt. Die Realität gibt dir aber Recht.

Vielleicht war es ja aber doch Jack, der für einen kurzen Moment aus seiner Anonymität hervorgetreten ist, um dann wieder im Dunkel zu verschwinden. Wäre doch viel spannender. Na ja...

Gruß
Rolf

Colin Benson

  • Gast
Tunnel unter London?
« Antwort #26 am: 02.09.2004 17:08 Uhr »
Hi Scharfnase,

Deine "harmloser-Passant"-Erklärung steht (und fällt) mit zwei Annahmen.

"Wegen der Uniform, die Mulshaw sicher trug, dachte er irrtümlich einen Polizisten vor sich zu haben"

Wachmänner trugen i.d.R. keine Uniform, was Dir Mycroft sicher bestätigen könnte. Uniformen waren zu jener Zeit noch hoheitliche Symbole.  EDIT: Und selbst wenn er außer der Regel eine getragen hätte, ist ein Bobby doch eindeutig auch als Schemen zu erkennen - Helm. Natürlich KÖNNTE es sein, daß der Unbekannte an einer Cataracta brunescens oder eine diabetischen Makulopathie gelitten hat. KÖNNTE.

"Könnte nicht Mulshaw später die Sache mit dem "ermordet" ergänzt und dann so zu Protokoll gegeben haben, obwohl der Mann selbst nie das Wort "ermordet" verwendet hat."

Könnte sicher. ABER: Hast Du einen konkreten, keinen allgemeinen, Anlaß dazu? Ist Mulshaw irgendwo als Wichtigtuer aufgefallen? Oder als so doof, daß er den Satz, der seine Reaktion hervorgerufen hat, falsch erinnern würde? (Oder andersherum: KÖNNTE Patricia Cornwell nicht Recht haben? Hohohoho! :) )

"Watchman, old man, I believe somebody is murdered down the street." Versuch mal aus diesem Satz das "murdered" rauszunehmen und eine harmlose Formulierung zu finden, die einen Wachmann dazu veranlassen könnte in einer highly competitive job-situation mal gerade eben seinen Posten für ca. 20 Minuten (siehe Berechnungen oben) zu verlassen.

Grüße

CB

Scharfnase

  • Gast
Doch Uniform
« Antwort #27 am: 02.09.2004 19:22 Uhr »
Hi Colin Benson,

ob die Wachmänner zu jener Zeit keine Uniform anhatten, wage ich mal zu bezweifeln. Im 19. Jahrhundert waren Uniformen doch viel weiter verbreitet als heute: Man trug sie zu öffentlichen Anlässen, bei Sportveranstaltungen und sogar in der Schule. Das können unmöglich alles Beamte gewesen sein. Wir wissen weiter von der zu dieser Zeit geründeten Heilsarmee, dass sie ebenfalls eine Uniform trug. Im uniformverliebten Deutschen Reich ging man zur selben Zeit sogar so weit, seine Kinder als Matrosen zu verkleiden. Und wer die zahlreich vorhandenen Wachmänner im heutigen England kennt, weiß dass sie alle eine Uniform tragen.

Ich denke nicht, dass Mulshaw ein Wichtigtuer war. Er könnte das mit dem "ermordet" aber nachträglich und auch unwillentlich ergänzt haben, weil er eben im nachhinein wusste, dass es ein Mord gewesen war. "Watchman, old man, I believe there is a dead woman down the street.", hätte er doch genauso sagen können.;-)

Gott zum Gruße,
Scharfnase

Colin Benson

  • Gast
Tunnel unter London?
« Antwort #28 am: 02.09.2004 22:41 Uhr »
Okay, die Diskussion über Wachmann-Uniformen könnten wir jetzt lange treiben. Ich machs kurz - EIN EINZIGER Beleg, daß ein Wachmann in privaten, nicht-adeligen Diensten wie ein Bobby aussehen und mit ihm verwechselt werden kann, reicht mir. Solange Du das nicht belegen kannst, ist Deine Behauptung simpel ein "Cornwell-Axiom".

Schuluniformen sind keine viktorianische Erfindung und daher auch keine Uniform, sondern mehr eine Tracht. Eine der ältesten wird z.B. von der Christ's Hospital School in Sussex getragen, geht zurück bis in die Zeit der Tudors. Schwerer, blauer Stoff, Verflucht unbequem.

Vom nebennierenstimulierenden "murdered" zu "dead" ist genau der große Bedeutungssprung im Satz, dessen Entstehung in irgendeiner Weise zu belegen wäre. Das ist doch ein gewisser Unterschied. Erwähnte ich schon, daß Mulshaw riskierte, seinen Job zu verlieren? Wachvergehen sind sogar in Zeiten von Kündigungsschutz noch Entlassungsgründe für einen Wachmann. Ich glaube nicht, daß "dead" als incent ausgereicht hätte.


Gruß

CB

P.S.: "Hoheitlich" hat nichts mit "verbeamtet" zu tun.

Colin Benson

  • Gast
Tunnel unter London?
« Antwort #29 am: 02.09.2004 22:57 Uhr »
Oh, und noch ein PS. Auch die Mode, Kinder in Sailor Suits zu stecken kommt nicht aus dem "uniformverrückten Deutschen Reich", sondern aus England: http://histclo.hispeed.com/style/suit/sailor/sailorscoueng.html

Ändert nichts an einer Sache: Wachmann nix Uniform.

Grüße

CB