Autor Thema: Francis Thompson  (Gelesen 7542 mal)

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Offline Arthur Dent 2

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Francis Thompson
« am: 14.05.2016 00:17 Uhr »
Hallo zusammen!


Ich bin da auf eine äußerst interessante Person gestoßen, die ich bisher noch nicht als Ripper-Verdächtigen kannte. Vielleicht weiß jemand mehr über ihn und hat auch eine Meinung dazu:



JTR-Tatverdächtiger Francis Thompson

Der katholische Dichter Francis Thompson (1859-1907) wurde erstmals 1988 als Verdächtiger präsentiert, und zwar in dem Artikel "Was Francis Thompson Jack the Ripper?" des Gerichtsmediziners Dr. Joseph C. Rupp, Medical Examiner for Nueces County (Texas), den er in der Zeitschrift The Criminologist veröffentlichte.

Als ein Sohn von Konvertiten, stark religiös geprägt, hatte Thompson einen Hass gegen das unsittliche Leben Prostituierter entwickelt, dem er auch in einigen seiner Texte Ausdruck verlieh. Er soll Anzeichen von religiösem Wahn, pyromanischen Tendenzen und den Drang, unmoralische Frauen zu verstümmeln, aufgewiesen haben.
Thompson wollte erst Priester werden, scheiterte aber. Danach versuchte er sich in einem Medizin-Studium, das er ebenfalls nicht abschloss - wobei er sich aber besonders für das Sezieren von Leichen interessiert haben soll.

Nach dem Zerwürfnis mit seinem Vater zog er 1885 von Manchester nach London. Angeblich soll er dort ein Mädchen gesucht haben, dass ihn sitzengelassen hatte und das der Prostitution nachging.
Die nächsten drei Jahre, bevor er seinen Durchbruch als Dichter hatte, versuchte Thompson sich im East End als Zeitungs- und Streichholzverkäufer, als Schuhputzer und Gepäckträger über Wasser zu halten und konsumierte auch Opium. Er soll immer ein Seziermesser bei sich getragen haben.
Thompson hauste zur Zeit des Kelly-Mordes in 50 Crispin Street im Providence Row Night Refuge and Convent, direkt an der Einmündung zur Dorset Street, nur wenige Meter von Mary Jane Kelly im Miller's Court entfernt. Angeblich sollen er und Kelly sich gar gekannt haben.

Sowohl vor als auch nach der Mordserie soll er unter anderem auch Texte über das Töten von "unmoralischen" Frauen mit dem Messer geschrieben haben.
Im Laufe des Jahres 1888 wurde seine religiöse Dichtkunst von Wilfrid Meynell, dem Herausgeber der katholischen Monatszeitschrift "Merry England", entdeckt. Dieser nahm Thompson schließlich auf, half ihm aus dem Elend und der Opiumsucht und spendierte ihm einen bis 1890 dauernden Aufenthalt im Prämonstratenserkloster in Storrington, Sussex, rund 70 km südlich von London zur Rekonvaleszenz, wo er die ersten Werke schrieb, mit denen er als katholischer Dichter bekannt wurde.
1907 starb Thompson im Hospital St. John and St. Elizabeth an Tuberkulose.


Also ich finde, Thompson hat nach dem, was ich bisher über ihn gelesen habe, das Zeug zu einem interessanten Verdächtigen.
Was haltet ihr von Francis Thompson?


MfG, Arthur Dent
« Letzte Änderung: 14.05.2016 01:07 Uhr von Arthur Dent 2 »

Offline Lestrade

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Re: Francis Thompson
« Antwort #1 am: 14.05.2016 11:24 Uhr »
Morjens Arthur,

Da gibt es jetzt doch, ich glaube seit April, von Richard Patterson ein Buch über Thompson, "Francis Thompson- A Ripper Suspect". Richard Patterson hat in den Foren (Casebook & JTRForums) sowie in den Facebook Communities ordentlich Werbung dafür gemacht. 

Schau mal hier:

http://www.francisjthompson.com/

oder hier:

http://forum.casebook.org/forumdisplay.php?f=44

Auf JTRForums nur nach Anmeldung sichtbar.

Gibt es als ebook sowie als Hardcopy, letzteres ist offenbar umfangreicher.

Ich habe das die letzte Zeit nur am Rande verfolgen können aber mein Eindruck ist, es könnte sehr lesenswert sein, weil gut geschrieben etc.

Vielleicht gibt es einiges Neues zu erfahren.

Gruß, Lestrade.
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Offline Phil

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Re: Francis Thompson
« Antwort #2 am: 14.05.2016 12:05 Uhr »
Ich hatte natürlich auch schon von Thompson gehört, und nachdem er mir nun durch diesen Thread wieder ins Gedächtnis gerufen wurde, muss ich sagen, dass ich ihn doch eher für einen der unwahrscheinlicheren Kandidaten halten würde. Ganz abwegig ist es natürlich nicht...das Ganze wird ganz schön zusammengefasst, durch den Abschnitt als Ripper-Suspect in Thompsons Wikipedia-Artikel:

"In his 1999 book Paradox, Australian author and educator Richard Patterson named Thompson as a possible identity of serial killer Jack the Ripper.[11] On 6 November 2015, Patterson strengthened his claim.[12]

There are, however, more than 100 theories as to the identity of the real Jack the Ripper."

 ;)
"Happiness ain't at the end of the road, happiness IS the road" (Zitat aus dem gleichnamigen Lied von Marillion; Lyrics: Steve Hogarth)

Offline Arthur Dent 2

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Re: Francis Thompson
« Antwort #3 am: 14.05.2016 12:38 Uhr »
Hi Phil!

War ja klar, dass ihr Thompsons natürlich zusammen haltet! Der eine sorgt für Angst und Schrecken in Las Vegas - der andere in London! ;-)


Scherz beiseite. Es wird ja alle Jahre wieder eine neue Sau durchs Dorf getrieben, aber Thompson fehlte mir doch noch hier auf der Seite in der Liste der Verdächtigen.

Denn auch wenn vieles von dem, was Patterson geschrieben hat, vielleicht nicht wahr sein sollte, so wäre es doch gut erfunden: Der streng katholische, an Priestertum und Medizinstudium gescheiterte Dichter, der vor seiner literarischen Entdeckung im Eastend vor sich hin vegetiert, und der seinen Hass auf "unmoralische" Frauen auslebt, weil eine Gelegenheitsprostitierte ihn verlassen hat... Das hat doch was.


MfG, Arthur Dent


Offline Arthur Dent 2

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Re: Francis Thompson
« Antwort #4 am: 14.05.2016 12:42 Uhr »
Hallo zusammen!

Ich habe meine erste Zusammenfassung noch um ein paar Abschnitte ergänzt:



JTR - Tatverdächtiger Francis Thompson

Der katholische Dichter Francis Thompson (1859-1907) wurde erstmals 1988 als Verdächtiger präsentiert, und zwar in dem Artikel "Was Francis Thompson Jack the Ripper?" des Gerichtsmediziners Dr. Joseph C. Rupp, Medical Examiner for Nueces County (Texas), den er in der Zeitschrift The Criminologist veröffentlichte.
Der Autor Richard Patterson fand diese These interessant, begann zu recherchieren und schrieb daraufhin die biographische Novelle "Francis Thompson & the Ripper Paradox" und das Sachbuch "Francis Thompson - A Ripper Suspect".


1859 wurde Francis Thompson am 18. Dezember in Preston in der Grafschaft Lancashire als Sohn des Arztes Dr Charles Thompson und seiner Frau Mary geboren. Seine Eltern waren zum Katholizismus konvertiert, seine Mutter wollte ursprünglich Nonne werden.

1864 zog die Familie nach Manchester um. Der Autor Richard Patterson zu Francis Kindheit: "When he was a child he twice set fire to churches and would steal his sisters dolls and return them mutilated."

1870-1877 besuchte Thompson das katholische Ushaw College bei Durham. Er wollte Priester werden, wurde aber 1877 abgelehnt.

1878-1883 studierte Thompson auf Geheiß seines Vaters in Manchester im Owens College Medizin, jedoch ohne einen Abschluss zu erlangen - dreimal fiel er durch.
Interessant ist, dass er sich dabei besonders für das Sezieren von Leichen interessiert haben soll.
In ihrer Biographie "Between Heaven & Charing Cross" über Thompson schrieb Bridget Boardman 1988 über das Studium am Owens College zu dieser Zeit:
"...Anatomy had always occupied a central place in training and the dissecting of cadavers was accompanied by far more practical experience in assisting at operations...[Thompson's] time was almost equally divided between the College and the Hospital..."
Und Richard Patterson schreibt: "His enthusiasm for spending long hours with a scalpel at the college's mortuary led his sister Mary to observe 'Many a time he asked my father for 3 pounds or 4 pounds for dissecting fees so often that my father remarked what a number of corpses he was cutting up.'

1880 am 19. Dezember starb Thompsons Mutter.

1885 am 9. November zog Thompson von Manchester nach London, nachdem er sich wegen seines ungeregelten Lebens mit seinem Vater überworfen hatte.
Er streifte drei Jahre lang durch das Eastend und versuchte dort, sich als Zeitungs- und Streichholzverkäufer, als Schuhputzer und Gepäckträger über Wasser zu halten.
Er lebte oft auf der Straße. Zudem konsumierte er seit einer Erkrankung 1879, die mit Laudanum behandelt worden war, weiterhin regelmäßig Opium.

1888 im Juni endete seine einjährige Beziehung zu einer Frau, die auch der Prostitution nachging. Sie verließ ihn und verschwand von der Bildfläche. Thompson soll durch die Straßen gestrichen sein und sie gesucht haben. Kurz darauf begann die Mordserie des Rippers.

Zur Zeit des Kelly-Mordes hauste Thompson laut Patterson in 50 Crispin Street im Providence Row Night Refuge and Convent, direkt an der Einmündung zur Dorset Street, nur wenige Meter von Mary Jane Kelly im Miller's Court entfernt. Angeblich sollen er und Kelly sich gar gekannt haben.
The English writer Robert Thurston Hopkins (1884-1958) book, "Life and Death at the Old Bailey" (1935) has a relatively early account of the Ripper murders. It introduced an unknown suspect who was a poet:
"One of Mary Kelly's friends was a poor devil-driven poet who often haunted the taverns around the East End. I will call him 'Mr. Moring', but of course that was not his real name. Moring would often walk about all night and I had many long talks with him as together we paced the gloomy courts and alleys… He had black, lank hair and moustache, and the long, dark face of the typical bard… Moring, who knew every opium den in the East End, although at that time they were not counted in with the sights of London, often gave himself up to long spells of opium smoking. 'Alcohol for fools; opium for poets', was a phrase which recurred constantly in his talk. 'To-morrow one dies', was his motto, and he would sometimes add 'and who cares - will it stop the traffic on London Bridge?' After reading the above [George Hutchinson’s inquest testimony] statement I looked back on my memories of the wandering poet and curiously enough that description fitted him down to the ground! But I could not connect a man of such extraordinary gentleness committing such a dreadful series of outrages."

Interessant ist, dass Kellys Herz vom Ripper auf eine Weise entfernt worden sein soll, die als Virchow-Methode bezeichnet wird, und die als relativ neue Methode am Owen's Medical College gelehrt worden sein soll:
Der Autor Richard Patterson: "Dr Frederick Gordon Brown, the doctor who gave evidence at the inquest for Ripper victim, Catherine Eddowes, replied when asked if the killer possessed great anatomical skill, 'A good deal of knowledge as to the positions of the organs in the abdominal cavity and the way of removing them'.
Then there is Doctor Thomas Bond who performed Mary Kelly’s Autopsy. He described how the killer had removed her heart via the pericardium. This is the same technique as taught using the then rare and new Virchow method. From 1878 to 1883 Thompson studied as a surgeon at Owens Medical College, in Manchester and also trained at Manchester’s Royal Infirmary. Francis Thompson’s lecturer of pathology at Medical College was Julius Dreschfeld, a pupil of Virchow. Dreschfeld had just returned from Germany having learned his methods, and is known to be instrumental in introducing it to England."

Im Laufe des Jahres 1888 wurde Wilfrid Meynell, der Herausgeber der kleinen katholischen Monatszeitschrift "Merry England",  auf Thompsons Dichtkunst aufmerksam.
Dieser nahm Thompson schließlich Mitte November 1888 bei sich auf, half ihm aus dem Elend und der Opiumsucht und spendierte ihm zur Rekonvaleszenz einen bis 1890 dauernden Aufenthalt im Prämonstratenserkloster in Storrington, Sussex, rund 70 km südlich von London.
Dort schrieb Thompson seine ersten wichtigen Werke, mit denen er schließlich als katholischer Dichter bekannt wurde.
Unter seinen Gedichten waren auch solche, die von der Ermordung und Verstümmelung "unmoralischer" Frauen handeln.

1907 starb Thompson am 13. November im Hospital St. John and St. Elizabeth an Tuberkulose.



MfG, Arthur Dent