Autor Thema: Martha Stout – Der Soziopath von nebenan. Die Skrupellosen: ihre Lügen, Taktiken  (Gelesen 20256 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Schwarzblau

  • Gast
Wer ist der Teufel? Ist es Ihr Ex-Mann, der Sie belogen und betrogen hat? Ihr sadistischer Lehrer? Ihr Chef? Ihre Kollegin? Erschreckende vier Prozent unserer Mitmenschen – einer von 25 – weisen eine oft unerkannte Persönlichkeitsstörung auf, deren wichtigstes Symptom ein fehlendes Gewissen ist. Soziopathen empfinden weder Scham, Schuld noch Reue. Sie lieben nicht und lernen früh, Gefühle vorzutäuschen. Tatsächlich aber interessieren sie sich nicht für uns. Wie erkennen wir Soziopathen? Um uns gegen sie zu wappnen, lehrt Dr. Stout, Autorität in Frage zu stellen, Schmeichelei mit Skepsis zu begegnen und vor Rührseligkeit auf der Hut zu sein.

Dieses Buch behandelt nicht die spektakulären Fälle (leider bezieht sich auch Hare zu sehr auf straffällig gewordene Psychopathen), sondern auf diejenigen, die ein ganz normales Leben ohne besondere Glanzleistungen führen.

Teilweise wird der Rahmen allerdings zu weit gefasst, so dachte ich auf den ersten Seiten nur: Autsch, passt irgendwie. Allerdings weigere ich mich zu glauben, dass jeder, der sich vom Familienvermögen nährt und nichts zu Ende bringen kann, ein Soziopath ist. Ich für meinen Teil bin zwar auch immer ziemlich schnell entflammt für ein Thema, bringe aber nicht einmal ein simples Malen-nach-Zahlen-Bild zu Ende.

Genau wie die Autorin es vorbildlich zu finden scheint, wenn einige Leute ständig kuschen, nur um beliebt zu sein. Ich werde nie vergessen, wie eine Person sich einmal vom Tennisplatz hat schmeißen lassen, obwohl wir mit dem Spielen dran waren. War nichts zu machen, sie könnte sich ja unbeliebt machen. Das war vor 20 Jahren, meine Verachtung für diese Person ist geblieben. Soviel zum Thema *Beliebtheit*, der Frau würde es überhaupt nicht schaden frei nach Dutton *von Psychopathen zu lernen*. Auf *Beliebtheit* weil ich leicht auszunutzen bin, kann ich verzichten.
(Wobei es ohnehin ans Übermenschliche grenzt, was die meisten Frauen bereit sind zu ertragen. Ich hätte schon in einigen Fällen die Bratpfanne aus der Küche geholt, wenn ich nicht irgendwann auf Nimmerwiedersehen verschwunden wäre.)

Ansonsten ist das Buch eine echte Bereicherung, da es hilft, die Muster der Alltagspsychopathen zu erkennen und dagegen etwas zu unternehmen. Man kann es als die seriöse Variante von *Psychos* ansehen, welche sich so zueinander verhalten wie die FAZ zur Bild-Zeitung.

Gegen Mitte und Ende fällt das Buch ziemlich ab. Das Thema *Wissen Psychopathen, dass sie Psychopathen sind*, handelt Stout damit ab, dass dies egal wäre, da sie immer noch die freie Entscheidung über ihr Tun hätten. Wenn es *egal* ist, hätte man das Kapitel auch streichen können. Auch die Betrachtungen zu allgemeinen Moral und dass Soziopathen schon irgendwann unglücklich würden, wenn man ihnen auf die Schliche kommt, waren mir zu selbstgefällig.

Fazit

*Der Soziopath von nebenan* ist ein sehr interessantes Buch über das Verhalten von Psychopathen im Alltag.


MARTHA STOUT, Ph.D., hat Ihre Ausbildung am renommierten psychiatrischen McLean-Krankenhaus absolviert. Sie ist praktizierende Psychologin und klinische Dozentin an der psychiatrischen Fakultät der Harvard Medical School. Sie ist Autorin des Buches The Myth of Sanity und lebt in Cape Ann, Massachusetts, USA


Gebundene Ausgabe: 293 Seiten
Verlag: Springer; Auflage: 1. Aufl. 2006 (4. April 2006)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3211297073
ISBN-13: 978-3211297070
Originaltitel: The Sociopath next door
Größe und/oder Gewicht: 15,6 x 1,9 x 23,4 cm

Schwarzblau

  • Gast
Hier ein Beispiel, warum ich es für so wichtig halte, dass sich jeder damit einmal beschäftigt: http://www.welt.de/vermischtes/article116942386/Hoechststrafe-fuer-den-adligen-Scharlatan.html

Andromeda1933

  • Gast
Hallo Schwarzblau! Ich sehe es ein wenig anders und das soll um Himmels Willen keine Kritik sein. Meiner Meinung nach, ist eine solche Annäherung nur möglich, wenn man „Jack“ mindestens die kanonischen 5 zurechnet.
Persönlich sehe ich nur 3 der Ermordeten (Nichols, Chapman und Eddowes) als Opfer des gleichen Täters. Diese 3 Morde weisen ein sehr ähnliches MO auf, sie sind unbestreitbar von gleicher Hand begangen worden. Ich unterstelle meinem Kandidaten, dem Lodging House Wächter T. Donovan, persönliche Rache als Motiv. Eventuell starb eine dieser Frauen (oder auch alle) stellvertretend für andere Prostituierte, die ihm die Gesundheit ruinierten. Er starb noch vor dem Mord an Kelly.
Sollte er es nicht gewesen sein, wüsste ich nicht, ob man Jack mit „psychologischer Spurensuche“ auf die Pelle rücken könnte. War er wirklich „nicht ganz dicht“, ein verwirrter Mensch, dann war er auch unberechenbar gewesen. Diese Leute können sich selbst einen Tag in göttlichen Auftrag wähnen und eine Woche später jemanden gefährlich werden, weil sie intensiv angesehen werden.
Sehr viele scheinen sich einigermaßen sicher zu sein, das Motiv des Mörders wäre gestörter sexueller Natur gewesen. Auf eine Person wie z.B. Kosminski würde das gut passen. Donovans Motiv wäre, meiner Meinung nach, Rache gewesen. Tumblety oder andere wären als „Sammler“ in Betracht gekommen. Will sagen, ich weiß nicht, ob man nach dem Erkennen des Motivs auch festlegen könnte, wie dieser tickt.

Ich weiß nach der Lektüre nicht, ob eine Verengung auf Verdächtige wie Metzger et. nicht zu verengend ist. Mal ehrlich: Wahrscheinlich kann jeder hier sagen, wie die Gebärmutter, Niere et. sitzt. Und das Rausschneiden ist dann ja *nur* ein Schritt mehr.

Vermutlich war jeder angelernte Abdecker im Stande, auf gleiche Weise zu „operieren“, wie Jack. Was zählt ist (wieder nur meiner Meinung nach), dass es eine eklige Sache ist, ein Messer durch Menschenfleisch zu schneiden. Wer so etwas an Tieren tagaus tagein macht, sollte eine wesentlich geringere Hemmschwelle dafür besitzen. Ich gebe zu, dass gilt wohl mehr für einen „denkenden“ Mörder, nicht für einen durchgedrehten Menschen.

Hier ein Beispiel, warum ich es für so wichtig halte, dass sich jeder damit einmal beschäftigt: http://www.welt.de/vermischtes/article116942386/Hoechststrafe-fuer-den-adligen-Scharlatan.html

Das ist schon interessant. Vor x-Jahren passierte einem ehemaligen Kollegen ähnliches. Er wehrte sich leider nicht, bevor er in den vollständigen Ruin getrieben war. Sein „Ausnutzer“ (wie soll man diese Typen nennen, irgendwie sind es Vampire, finde ich) bekam 6 Jahre.
Doch ich will auf etwas anderes hinaus. Glaubst Du nicht, wir liefen auf eine Gesellschaft voller „Psychos“ hinaus, wenn wir uns alle in Büchern über diese Themen (so interessant sie ja auch sind) vertiefen und womöglich noch beginnen, uns gegenseitig zu beobachten? Meint der seine angebotene Hilfe ehrlich und selbstlos? Ist das Lächeln jetzt berechnend oder natürlich?
Das Misstrauen würde noch mehr zunehmen und ein positives miteinander erschweren.

Ciao – Dein Andromeda

Schwarzblau

  • Gast
Meiner Meinung nach, ist eine solche Annäherung nur möglich, wenn man „Jack“ mindestens die kanonischen 5 zurechnet.
Persönlich sehe ich nur 3 der Ermordeten (Nichols, Chapman und Eddowes) als Opfer des gleichen Täters. Diese 3 Morde weisen ein sehr ähnliches MO auf, sie sind unbestreitbar von gleicher Hand begangen worden. Ich unterstelle meinem Kandidaten, dem Lodging House Wächter T. Donovan, persönliche Rache als Motiv. Eventuell starb eine dieser Frauen (oder auch alle) stellvertretend für andere Prostituierte, die ihm die Gesundheit ruinierten. Er starb noch vor dem Mord an Kelly.


Mir war das Thema JtR auf Dauer zu anspruchsvoll, um tiefer in die Materie einzusteigen, gerade weil es ein immenses historisches und psycholgisches Wissen vorraussetzt.  Dazu sollen noch laut diesem Forum gesperrte Akten kommen, jeder hat einen anderen Lieblingsverdächtigen...nir kommen alle Spekulationen recht fruchtlos vor. Dann kann ich auch über die Lottozahlen der nächsten Woche spekulieren.

Psychopathen / Soziopathen sind vieles, aber zumindest in der Reinform nicht *verwirrt*. Im Gegenteil, wenn sich dies nicht mit anderen Krankheiten mischt, haben sie einen glasklaren Verstand.

Was zählt ist (wieder nur meiner Meinung nach), dass es eine eklige Sache ist, ein Messer durch Menschenfleisch zu schneiden. Wer so etwas an Tieren tagaus tagein macht, sollte eine wesentlich geringere Hemmschwelle dafür besitzen.

Jeder Medizinstudent muss irgendwann an einer Leiche herumschnibbeln, zumindest nach dem, was ich über die Ausbildung weiß. Ich möchte nicht einmal ein Tier ausnehme, aber objektiv betrachtet halte ich den Vorgang des Tötens für das Schwierigste. Ich könnte wahrscheinlich nicht einmal einen geangelten Fisch totschlagen. Aber wenn das Lebewesen erst einmal tot ist, dann bleibt Leiche Leiche. Ich habe im Biologiekurs der Uni auch Tiere aufgeschnitten und es war nicht so schlimm wie ich dachte. Und damals waren die Leute nicht so zart bezeitet wie heute.

Das ist schon interessant. Vor x-Jahren passierte einem ehemaligen Kollegen ähnliches. Er wehrte sich leider nicht, bevor er in den vollständigen Ruin getrieben war. Sein „Ausnutzer“ (wie soll man diese Typen nennen, irgendwie sind es Vampire, finde ich) bekam 6 Jahre.
Doch ich will auf etwas anderes hinaus. Glaubst Du nicht, wir liefen auf eine Gesellschaft voller „Psychos“ hinaus, wenn wir uns alle in Büchern über diese Themen (so interessant sie ja auch sind) vertiefen und womöglich noch beginnen, uns gegenseitig zu beobachten? Meint der seine angebotene Hilfe ehrlich und selbstlos? Ist das Lächeln jetzt berechnend oder natürlich?
Das Misstrauen würde noch mehr zunehmen und ein positives miteinander erschweren.


Dass stimmt sicher, was du da schreibst. Ich habe auch schon für mich gedacht, dass es den Umgang miteinander nicht einfacher macht. Aber ich für mich habe entschieden, dass es anzuraten ist, eher misstrauisch zu sein und in Beziehungen auf entsprechende Muster zu achten. Was hat dein Kollege davon, dass sein Psychopath ins Gefängnis musste? Das Geld wäre ihm wohl lieber, genau, wie dass er eher gewarnt gewesen wäre. Man hört solche Geschichte so oft, dass Leute von *netten Leuten*  ausgenommen werden wie eine Weihnachtsgans.  

Mich verstören da Krimis weit mehr. Wenn ich Sex haben wollte, würde ich es z.B. vorziehen, mich mit einem Fremden ohne viel Gefühlsduselei in einem Hotelzimmer zu treffen. Einfach, weil ich mir eine Beziehung für mich nicht vorstellen kann. Aber ich habe da zu viele Krimis im Hinterkopf, in welchen in solchen Situationen etwas Unschönes passiert ist.

Schwarzblau

  • Gast
Man denke sich die Rechtschreibfehler weg, ich war totmüde. Leider ist der Edit-Knopf weg?

Andromeda1933

  • Gast
Macht doch nix! Ich habe in der Schule vieles falsch geschrieben, was nach der Rechtschreibe-Reform jetzt korrekt ist. Ich war meiner Zeit voraus! :)  Antwort folgt...