Autor Thema: Waschstelle in der Dorset Street  (Gelesen 75483 mal)

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Andromeda1933

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Waschstelle in der Dorset Street
« am: 13.04.2013 17:27 Uhr »
Nach dem Mord an Eddowes rannte Major Smith noch auf der Spur des Mörders (jedenfalls glaubte er das) in den Straßen herum, bis er letztendlich noch blutiges Wasser aus einer „Waschstelle“ (oder was immer es gewesen sein soll) ablaufen sah. Das soll in der Dorset Street oder an einer Ecke zu dieser Strasse gewesen sein. Weiß einer von Euch vielleicht präzise, wo diese „Waschstelle“ stand?

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Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #1 am: 13.04.2013 20:05 Uhr »
Hallo Andromeda,

Major Sir Henry Smith in seinem "From Constable to Commissioner”:

"The assassin had evidently wiped his hands with the piece of apron. In Dorset Street, with extraordinary audacity, he washed them at a sink up a close, not more than six yards from the street. I arrived there in time to see the blood-stained water. I wandered round my station houses, hoping I might find someone brought in, and finally got to bed at 6 a.m., after a very harassing night, completely defeated . . ."

Wir wissen ja, dass neben Smith, dem Chief Superintendent/Commissioner der City of London Police, auch Detectice Constable Daniel Halse (ich erwähnte ihn diese Woche bereits mit seinen Kollegen Outram und Marriott zu den Vorfällen zu Blenkinskop auf dem St. James Place/Orange Market) von der City Police, in der Nacht des DoubleEvents und da speziell im Falle Eddowes, im Einsatz gewesen war. Er war mit seinen Kollegen schnell am Tatort, um PC Watkins und den Nachtwächter George Morris zu treffen. Letzterer “pfiff“ sie ja heran. DC Halse war dann auch alsbald in der Goulston Street, da, wo man das Schürzenteil und das Graffito fand.

Ich denke, Smith verwechselte die Dorset Street mit der Goulston Street.

Er sagt ja auch, dass der Täter sich die Hände an dem Schürzenteil abwischte und sich dann die Hände an einem Brunnen, ein paar Meter von der Straße entfernt, wusch. Könnte ja eine Art Hinterhof oder eine kleine Gasse dort (Goulston Street) gewesen sein.

DC Halse macht natürlich als City Polizist auf dem Gebiet der MET Polizei diesbezüglich Sinn und könnte Smith zu diesem “Tatort“ in der Dorset Street gerufen haben. Was immer da Smith gesehen haben wollte… vielleicht war es für ihn relevant aber nicht unbedingt für die Kollegen der MET. Vielleicht dachte er in der Erinnerung auch daran, in der Berner Street gewesen zu sein obwohl er in der Goulston Street war. Ich weiß es nicht.

Beste Grüße, Lestrade.
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Andromeda1933

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Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #2 am: 14.04.2013 19:17 Uhr »
Danke Lestrade!

Dieses „Waschbecken“ geht mir schon seit ewig im Kopf herum. Ganz früher hatte ich die Hoffnung, es würde vielleicht noch existieren, doch dann hätten sich bestimmt schon viele davor fotografieren lassen. Leider konnte ich es nie lokalisieren. Von der Dorset Street (aus dieser Zeit) gibt es nicht viele Fotos und auch auf Karten war nie etwas eingetragen.
Irgendwie glaube ich auch, dass der Fundort der Schürze und die Waschstelle einigermaßen zusammen gehören, aber es ist schwierig zu glauben, dass ein hoher Polizeioffizier sich in seinen Memoiren so irren sollte. Zumal die Goulston Street die Dorset Street nicht unmittelbar kreuzte.
Danke für die Antwort jedenfalls!

Andromeda

Offline Lestrade

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Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #3 am: 14.04.2013 21:11 Uhr »
Hi Andromeda,

Nun ja, den Schilderungen von Smith zufolge, kann es sich eingentlich nicht um die Dorset Street handeln. Schau mal auf seine Zeitangaben und überlege, wenn man Kelly fand. Selbst wenn er da, in diesem Fall, noch aufgekreuzt wäre, wie viele Stunden später, hätte man in der Dorset Street, an einem Brunnen, noch “frisches“ Blut finden können? Schnitzer hat er so oder so eingebaut. Also würd´ ich sagen…

Die Fälle Tabram, Nichols, Chapman, Stride und Kelly, waren alles Fälle der MET Police. Der Fall Eddowes, fiel als einziger in die Belange der City Police, also von Smith selber.

Der einzige “Tatort“, wo beide Einheiten vor Ort waren, war die Goulston Street. Sieht man sich die Schilderungen an, so könnte man meinen, er verwechselte die Dorset Street mit der Goulston Street. Es war ja nicht der Arbeitsbereich von Smith. Die City of London war es.

Eine andere Möglichkeit wäre natürlich die und dann läge Smith wirklich richtig, dass der Täter tatsächlich nach dem Mitre Square in der Dorset Street gewesen war. Wie wir wissen, floh, nach Meinung der damaligen Beamten, der Täter über Gravel Lane/StoneyLane. Nach Stoney Lane, konnte er so gleich in die Wentworth Street, um sofort hoch in die Bell Lane abzubiegen. Bald rechts wäre es dann in die Dorset Street gegangen. Zeitlich würde so etwas auch zu den Funden, später in der Goulston Street passen.  PC Alfred Long war ja der Meinung, dass das Graffiti und das Schürzenteil erst zu einem bestimmten Zeitpunkt da waren und nicht vorher. Dorset Street raus, Bell Lane wieder herunter, wäre er direkt in die Goulston Street gelaufen. Zeitlich wohl alles gut möglich.

Dann wäre der Ripper aber in der Nacht des DoubleEvents, tatsächlich in der Straße seines nächsten Mordes, der Dorset Street gewesen. Und zwar mit einer aktiven Handlung, in direkter Verbindung mit einem seiner Morde, sei es auch “nur“ mit einem Händewaschen gewesen.

Können wir das für möglich halten?

Ich frage mich aber, bei so viel Blut, ob der Ripper sich nicht selbst bei Eddowes verletzt hatte. Oder besser ausgedrückt, ich bin davon überzeugt. Und dieser “Verletzte“ wurde auch gefunden und zwar recht schnell, siehe hier, in der Batty Street Story:

http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,1488.0.html

Siehe auch “Stordfield´s Blenkinskop Faden“ von dieser Woche, mit den dort eigefügten (wichtigen) Links:

http://jacktheripper.de/forum/index.php/topic,745.msg23287/topicseen.html#msg23287

Meiner Meinung nach, liegt das alles ganz eng zusammen. Das Double Event ist mit das wichtigste im Ripper- Fall. Macht man sich ein klares, dimensionales und komplexes Bild von dieser Nacht und den danach folgenden Polizeiaktivitäten, so hat man schon viel gewonnen. Dabei erkennt man auch, dass der Ripper, wirklich, wirklich eine Menge Glück hatte.
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Andromeda1933

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Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #4 am: 14.04.2013 21:50 Uhr »
Hallo Kumpel!
Ich schreibe an einer Antwort zu dem, was Du mich neulich auf meinen Scherz gefragt hast. Da komme ich sicher noch mal auf „Double Event“ usw. zurück. Mir fehlt heute Abend die Zeit dafür.  Diese „Waschstelle“ interessiert mich einfach rein geschichtlich, ist fast etwas „romantisches“.
Aber im Ernst, Blut oder blutiges Wasser würde, und da gebe ich Dir recht, besonders wenn da auch noch Wasser lief (wie bei einer Tränke) doch nur Minuten benötigen, um zu verschwinden. Was der gute Major sah, kann ganz andere Ursache gehabt haben. Vielleicht hat jemand einfach nur etwas blutiges weg geschüttet, z.B. nach dem Ausnehmen von Fischen! Ich muss dabei schmunzeln...(Dorset Street, Barnett, Fishporter...)
Bei Blenkinskop geht mir durch den Kopf, wie viele Beteiligte (jeder Couleur) an dieser großen Geschichte in Anstalten landeten....

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Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #5 am: 15.04.2013 07:24 Uhr »
Ich schreibe an einer Antwort zu dem, was Du mich neulich auf meinen Scherz gefragt hast.

Du schreibst also an einem Memorandum Macandromedum…

Der Miller´s Court hatte aber eine Wasserstelle/Pumpe. Siehe die angehangenen Bilder. Ist das ca 5,50 m von der Straße (Dorset Street) weg? Könnte hinkommen oder?

Wenn diese Einrichtung ohne Abfluss gewesen wäre, hätte sich dann dort, so lange Blut halten können? Wäre dann eine Vermischung der Ereignisse Dorset Street/Goulston Street sinnig?
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Andromeda1933

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Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #6 am: 15.04.2013 09:09 Uhr »
Ich glaube, Du bist da wirklich auf etwas gestossen, Lestrade!

A) Die Distanz kommt nach den Beschreibungen des Major Smith gut hin. In Tom Cullens Buch auf Seite 100 steht: ….um sich an einer öffentlichen Wasserleitung, die etwa sechs Meter von der Strasse entfernt stand, die Hände zu waschen. Als Major Smith dort eintraf, war noch nicht einmal das ganze blutige Wasser aus dem Ausguss abgelaufen. Es bewies seine Vertrautheit mit Whitechapel, dass der Ripper diese Zapfstelle kannte, die weit von der Strasse zurückgesetzt in einer winzigen Einfriedung stand. Nimm jetzt Deine Zeichnungen hinzu...
Das ist es, meiner Meinung nach! Spinne ich jetzt, sollte das noch niemanden aufgefallen sein?
Ich beginne zu glauben, der Kerl wusch sich im Miller's Court die Hände – oder kehrte gar dorthin zurück (Barnett). Und somit war er für Major Smith verschwunden.
Aber wie weit lag der Miller's Court von der Ecke zur Bell Lane entfernt? Der Major erwähnt jedoch nicht, ob er vor seiner Entdeckung auch in anderen Hinterhöfen nachsah.

B) Eine Art Tränke/Waschstelle auf offener (Dorset) Straße hätte wohl auch als Toilette gedient, oder Betrunkene hätten gar in ihr geschlafen. Das hätten die Behörden wohl wieder abgerissen.

C) Auf offener Straße hätte auch bedeutet, dass irgendwer aus dem Fenster hätte sehen können, dass sich des nachts dort ein Mann reinigt.

D) Die Waschstelle ist von der Straße her nicht zu sehen. Ein Mister X hätte die Waschstelle nicht einmal sehen können, wenn er sich kurz in der Passage versteckt hätte. Er musste den Court dafür inspizieren.

E) Das könnte also bedeuten, dass der Täter, vorausgesetzt das blutige Wasser kam vom Täter, diese Waschmöglichkeit kannte. Das vermute ich ja auch vom Goulston Street Graffito, das es ihm vorher schon bekannt war und er die Schürze absichtlich dorthin brachte.

F) Zweifellos beginne ich nun unverzüglich an Barnett zu denken, auch wenn er mir persönlich nicht zum Double Event passen will (irgendwann bin ich ja mal fertig mit meinem „Memorandum, hab noch Geduld, Kumpel!). Aber das wäre nun w i r k l i c h ein großer Zufall, dass er sich genau gegenüber dem nächsten Tatort Miller's Court die Hände wäscht.

G) ODER hat er bei dieser Gelegenheit gleich sein nächstes Werk geplant – das setzt aber voraus, dass es sich nicht um Barnett handeln würde. Der hatte ja zu jeder Zeit die Gelegenheit, sich an Kelly zu vergreifen. Ein Täter auf der Flucht, zufällig in dieser Ecke gelandet, könnte es aber auch gleich als für einen neuen Mord geeignet betrachtet haben. So einsam „um die Ecke“ gelegen, er hätte sich sofort säubern können und dann das kaputte Fenster mit der leichten Einstiegsmöglichkeit. OH Mann, Lestrade, gibt es in diesem verdammten Fall überhaupt eine gradlinige Idee??? Zum Konstruieren gibt es in diesem Fall wirklich freie Bahn!

H) Aber was hat Major Smith nun gesehen? Konnte er in der Dunkelheit oder Dank seiner Lampe erkennen, dass es Blut war? Hätte da vielleicht auch rosthaltiges Wasser ablaufen können?

I) Die Möglichkeit, dass er sich (irgendwo) grundsätzlich irrte, ist nicht auszuschließen. In dieser Epoche war das Führen von Tagebüchern nahezu obligatorisch, jedenfalls in gebildeten Kreisen.
Vermutlich kam auch er abends nach Hause und hielt seinen Tagesablauf schriftlich fest. Ein Polizeioffizier erlebte sicher eine ganze Menge interessantes. Sollte er sich als Pensionär jedoch einfach hingesetzt und aus dem Gedächtnis geschrieben haben, wäre eine gewissen Fehlerquote wohl unvermeidbar.
Ich denke, und darin stimmen wir wohl überein, der Major ist dem Straßenverlauf gefolgt. Die Goulston Street knickt ja nur ganz wenig, bevor sie zur Bell Lane wird, kurz darauf ist schon die damalige Dorset Street + die wenigen Meter zur Waschstelle. Er hielt das vielleicht in seiner verständlichen Erregung alles für zusammen gehörig (jedenfalls in seiner Erinnerung), zumal diese Waschstelle später quasi vergessen, dass Goulston Street Graffito aber noch in aller Munde war.
« Letzte Änderung: 15.04.2013 10:03 Uhr von Andromeda1933 »

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Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #7 am: 15.04.2013 10:44 Uhr »
In Tom Cullens Buch auf Seite 100 steht: ….

Du hast dein Buch wieder?

Spinne ich jetzt, sollte das noch niemanden aufgefallen sein?

Diese Zeichnungen sind ja schon länger bekannt und sogar auch hier schon vor Jahren in das Forum hineingestellt worden. Wir zwei werden nicht die ersten Helden sein, denen da was aufgefallen ist. Ist vielleicht bloß nicht so populär geworden.

OH Mann, Lestrade, gibt es in diesem verdammten Fall überhaupt eine gradlinige Idee??? Zum Konstruieren gibt es in diesem Fall wirklich freie Bahn!

Also ich habe eine gerade Linie. Konstruieren werde ich jetzt dennoch etwas oder auch weniger…

Wie gesagt, was Smith zeitlich von sich gibt und auch den Umständen nach, kann es sich eigentlich nicht um den Kelly- Mord handeln. Schaut man auf die Arbeitsweise der Polizei, dann kann Smith nur von “seinem“ Mordfall, den an Catherine Eddowes sprechen. Irrt er sich nicht, was ja gut möglich ist, dann spielte bereits in der Nacht des Double Events, die Dorset Street eine Rolle. Es muss ja aber nicht der dortige Miller´s Court gewesen sein Herr Kollege. Aber vielleicht ja doch.

In der Dorset Street gab es noch 5 weitere solcher “Innenhöfe“, will ich meinen. Alle auf der Seite, wo auch der Miller´s Court lag. Einer davon war der New Court. Einer der 5, war von zwei Seiten zugängig, einmal von der Dorset Street aus und einmal von der Parallel- Straße aus, der Brushfield Street. Im Prinzip war das kein Court, sondern die Little Paternoster Row. Aber die Zugänge waren, wie bei den anderen Courts, überdacht.

Ganz in der Nähe lag aber der Spitalfields Markt. Arbeiter werden sich in solchen nahegelegenen Straßen, in solchen Courts, die Hände nach der Arbeit gewaschen haben.

Außerdem denke bitte an das Crossingham´s Doss House, mehr muss ich nicht sagen und auch die Pubs dort, Horn of Plenty und The Britannia.

Außerdem war die Ecke Dorset Street/ Crispin Street, bis zur Ecke Flower and Dean Street/Thrawl Street, das übelste, was das East End zu bieten hatte. Das der Ripper hier oft “zuhause“ war, davon dürfen wir ausgehen.

Vom Miller´s Court habe ich noch eine viel bessere und detailliertere Darstellung. Dort ist “Water Pump“ angegeben und auch als solche eingezeichnet. Neben der Mülltonnenecke liegt rechts davon, quasi zwischen Mülltonnenecke und der Wasserpumpe, ein Klo.

Auf den Bildern, die ich vorhin postete, steht einmal “Pump“ und einmal “Water tap“, glaube ich. Vielleicht soll es aber auch Waterpipe oder Waterline heißen. Es sieht also eher nach einer klassischen Wasserpumpe aus und nicht nach einer Wasserleitung, was das zuletzt auch immer zu bedeuten hat.

Barnett hätte zu diesem Zeitpunkt noch bei Kelly gewohnt oder? Die MET Polizei hätte sicherlich von dieser blutigen Wasserstelle gewusst, wenn sie bei einer Verfolgung durch die City Police aufgefunden worden wäre. Oder was meinst du?

Dann hätte Barnett doch echt Scheiße ausgesehen. Außerdem soll er ja recht gut von der Polizei abgecheckt worden sein.

Die Wasserstelle im Miller´s Court kenne ich schon ewig. Ich bringe diesen Ort aber immer mit dem Kelly Mord in Verbindung und denke, wenn da Wochen vorher Blutreste gefunden worden wären, dass es dann zu einer Nennung im Kelly Mordfall gekommen wäre. Da ist aber nichts bekannt. Smith konnte ja nicht so gut mit den obersten Bossen der MET (alles unter dieser Riege, verlief zwischen beiden Einheiten sehr gut, Hahnenkämpfe halt), es war nicht sein Gebiet, er war ja nur mit seiner City Police im Falle Eddowes, direkt in den Ripper- Fall involviert. Wir wissen zwar auch, dass diese Polizisten bzw. Beamten auch in der Goulston Street waren, dass ihre Detektive auch im Bereich der MET agierten und observierten, ganz klar aber die MET hatte mehr Präsenz. Und dann eben auch, wie bei vielen anderen Beamten, ist die Erinnerung nicht immer ganz so korrekt, wenn auch nicht immer falsch.

Aber eines gebe ich nun zu, Smith könnte tatsächlich richtig gelegen haben und eine der anderen 4 “Courts“ (bzw. der Row), besaß den Brunnen, von dem er sprach, wie z.B. der New Court. Könnte also stimmen, dass der Täter vor der Goulston Street, in der Dorset Street gewesen war.



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Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #8 am: 15.04.2013 14:09 Uhr »
Habe eben mal in Paul Begg´s Buch; Jack the Ripper- The Facts, nachgesehen. Lohnt sich immer wieder in solcher Literatur nachzulesen, es entfällt einem doch hin.- und wieder etwas.

Ich wollte eigentlich nachlesen, in welchen Zusammenhängen Major Smith seine Äußerungen tat.

Am 7. Januar 1905 berichtete die City Press folgendes:

“The apron belonging to the woman who was murdered in Mitre Square was thrown under a staircase in a common lodging house in Dorset Street, and someone – presumably the murderer- had written on the wall above it, ´The Jewes are not the people that will be blamed for nothing.´

Paul Begg dann selber:

“But, wherever it was, it is exceptionally doubtful that Major Smith was at any time close enough to the murderer to have seen bloodstained water gurgling down a plug”

Wie ich auch noch lese, war es Superintendent Mc William selber, der DC Halse und Co., also Outram und Marriott, in alle Richtungen zur Durchsuchung schickte. Inspector Collard kam von der naheliegenden Bishopsgate Police Station und durchsuchte im und am Mitre Square alles nach Blutspuren. Halse und Collard waren wohl mit dabei, als Eddowes in´s Leichenschauhaus gebracht wurde. Halse und Smith kehrten gemeinsam aus dem Leichenschauhaus zum Mitre Square zurück. Da entsteht für mich der Eindruck, dass Smith Eddowes erst in der Leichenhalle sah und nicht vorher direkt im Mitre Square. Als sie vom Fund in der Goulston Street hörten, gingen Smith und Halse, gemeinsam mit Detective Sergeant Lawley und Detective Constable Hunt, zuerst zu den MET Kollegen in die Leman Street, zu der dortigen Polizeistation. DC Halse, DS Lawley und DC Hunt gingen dann in die Goulston Street. Das impliziert, das Major Smith weder rechtzeitig im Mitre Square war, überhaupt nicht in der Goulston Street, noch an einer Verfolgungsjagd beteiligt wurde.

Sieht nach Mister Wichtig aus, der den Drama Button kräftig gedrückt hatte und den Fehler der City Press von 1905, später in seinem Büchlein (1910) mit übernahm. Also statt Goulston Street, was richtig gewesen wäre, Dorset Street. Vielleicht eines der Beispiele von Beamten, die irgendwie nicht so richtig mitspielen durften und dann ihre Einsatz (später) erfanden. Allerdings man sollte vorsichtig mit solchen Unterstellungen sein. Nur weil wir es eventuell nicht verstehen, muss es nicht gelogen sein.

Dennoch, es ist über einen Brunnen in der Goulston Street Ermittlungstechnisch nichts bekannt. Es gab in der Goulston Street eine Einrichtung; "Baths und Washhouses", vielleicht nützt dir das was…

Ich empfehle dir auch unbedingt Paul Begg. Einer der wenigen Koryphäen im Ripper- Fall.
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Andromeda1933

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Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #9 am: 15.04.2013 14:54 Uhr »
Hallo Lestrade!

Meine romantische Seele brannte mir wieder durch. Natürlich hege ich keinen Zweifel, dass unsere englischen „Kollegen“ dieses und andere Szenarien längst 100x durchgespielt haben.
Nach „Casebook“ haben sich Barnett und Kelly am 30.Oktober (seiner Aussage nach) gestritten, was zu seinem Auszug führte. Er lebte also noch mit Kelly im Miller's Court, als Eddowes ermordet wurde.
Du bist mir mit Deinem letzten Posting 10 Minuten zu früh gekommen. Jetzt muss ich nochmal nachdenken. 2 mal schon heute, das reicht langsam!
Ja, mein Buch habe ich nach einigen anonymen Saucy-Jack-Karten jetzt zurück. Es war mein erstes und lange Zeit mein einziges zu JTR und ist entsprechend vollgekritzelt. Es hat ja kein Register, und ich will nicht immer 30 Seiten lesen, bis ich etwas wieder finde.
Ohne dass ich das Buch von Begg kenne (es kommt jetzt aber auf meine nächste Bestellliste bei Amazon) hatte ich auch bereits den Verdacht, dass der Major nie wirklich dem Täter auf der Spur war. Cullen schreibt zwar, der Mörder lief um sein Leben. In gewissen Sinne schon, aber möglicherweise hat er nicht einmal mehr die Trillerpfeifen der Beamten gehört. Er hatte als Minimum 5 Minuten Vorsprung nach der Entdeckung von Eddowes Leiche, dass reicht bei flottem Schritt durchaus, um bereits in der Middlesex Street gewesen zu sein. Dann kam hinzu, er hätte vom Mitre Square aus gleich 3 Richtungen einschlagen können, keiner wusste, wohin er unterwegs war. Er rannte nicht vor der Polizei davon, sondern lief nach Hause oder in ein Versteck. Wir sprachen ja bereits darüber. Im Übrigen, Du meinst, er sei eine „Schleife“ gelaufen? Ich für meine Wenigkeit bin immer davon ausgegangen, dass er auf direktem Weg Richtung Middlesex Street floh und dann rechts in die Goulston und später Dorset Street oder aber weiter nördlich Richtung Bishopsgate oder Liverpool Station. Rein aus dem Bauch heraus.

Es kann gut sein, dass es so war, wie Du jetzt gesagt hast, der Major hat in seinen Memoiren eine Schippe drauf gelegt. Seinen Part ein wenig überzeichnet. Dazu neigen leider viele, die ihre Memoiren schreiben.
Und dann bleibt natürlich offen, wo er das sah, von dem er schrieb. Kann gut sein, dass sich tatsächlich Arbeiter auf dem Weg nach Hause dort die Hände wuschen.

Apropos Barnett, ob man ihn in den Verhören wirklich so auf den Kopf stellte? Die Polizei suchte entweder ein Monster oder einen Arzt, Barnett war nichts davon. Gesucht wurde ein mindestens 5facher Mörder. Der Gedanke, dass dieser Täter irgendwann auch seine eigene Partnerin abschlachtet, könnte den Beamten zu weit hergeholt erschienen sein. Sicher haben sie ihn intensiv zu allem was Kelly betrifft gefragt, wen sie kannte, wohin sie ging etc.  So richtig im Fokus hatten sie ihn wohl nie. Genau wie diesen Kidney, den (Ex) Liebhaber der Stride. Erst kürzlich las ich einen alten Post von Thomas, wo er sich noch darüber aufregte, dass die Polizei diesen erwiesenermaßen gewalttätigen Mann nicht einmal nach seinem Alibi fragte. Allein dieser Name erregt doch schon Verdacht! :)

Die Dorset Street und die nächste Umgebung muss wirklich die Hölle gewesen sein. Was für ein Gedanke, ein Herr mit Cape und Zylinder wäre dort nachts unterwegs gewesen. Wie weit wäre so einer in dieser Gegend gekommen? Vermutlich hätten sie ihn sogar ausgezogen, die gute Kleidung konnte man verhökern!

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Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #10 am: 15.04.2013 18:29 Uhr »
Die Dorset Street und die nächste Umgebung muss wirklich die Hölle gewesen sein. Was für ein Gedanke, ein Herr mit Cape und Zylinder wäre dort nachts unterwegs gewesen. Wie weit wäre so einer in dieser Gegend gekommen? Vermutlich hätten sie ihn sogar ausgezogen, die gute Kleidung konnte man verhökern!

Am Freitagmorgen, den 9. November 1888, sah George Hutchinson, um 2 Uhr morgens, Mary Jane Kelly mit dem jüdisch/ausländisch aussehenden “Astrakhan Man“, an eben jener Ecke Thrawl Street/Flower and Dean Street, weitergehend in die Dorset Street. “Jemand besseres“, nahm also spät des Nachts, dieses Risiko, dort ausgezogen zu werden, auf sich.

George Hutchinson:

“Description age about 34 or 35. height 5ft6 complexion pale, dark eyes and eye lashes slight moustache, curled up each end, and hair dark, very surley looking dress long dark coat, collar and cuffs trimmed astracan. And a dark jacket under. Light waistcoat dark trousers dark felt hat turned down in the middle. Button boots and gaiters with white buttons. Wore a very thick gold chain white linen collar. Black tie with horse shoe pin. Respectable appearance walked very sharp. Jewish appearance. Can be identified.“

Mary Ann Cox´Nichte (via Daniel Farson):

"The night of the murder of Mary Kelly my aunt was very young, just married with one child. She was standing at her door and waiting for her husband who was a bit of a boozer. She saw Mary coming through the iron gate with this gentleman, a real toff. Mary was always bringing home men, mostly seamen from a pub called the Frying Pan, singing and holding their arms with a bottle of gin under her arm. This night as they got under the lamp in the court they stopped. Mary's words were "all right love don't pull me along". My aunt said they were only a few yards away from her, at the door she said she saw him as plain as looking at her hand. He was a fine looking man, wore an overcoat with a cape, high hat, not a silk one, and a Gladstone bag. As they went into the house, Mary called out "goodnight" to my aunt."

“A real toff” (ein echter feiner Pinkel) und “He was a fine looking man, wore an overcoat with a cape, high hat, not a silk one, and a Gladstone bag.”?

Nun wissen wir aber tatsächlich, dass da einige Männer gab, die mit solch einer Tasche durch die Gegend rannten. Legenden (ala “Leather Apron“ und “Gladstone Bag“) und andere Mythen hin- oder her.

Übrigens und nur mal neben bei erwähnt, ebenfalls die Nichte:

"Now next morning a Mrs Storey who was always in and out of Mary's room to have a pinch of snuff and a chat, was the first person to find the terrible body. Mary had a string on the door so anybody visiting had no need to knock. She dashed next door to my aunt and they both went in. My aunt never forgot the sight she saw."

Besser situierte Männer sollten sich als getraut haben, zu dunkler Stunde, in diese dunkle Gegend gegangen zu sein.

Hutchinson folgte diesem Pärchen also bis in die Dorset Street und wartete noch bis 3 Uhr vor dem Miller´s Court. Dieser Mann war wenigstens 1 Stunde mit Kelly in ihrem Zimmer.

Man muss nicht allzu viel auf Hutchinson als Zeuge geben und auch auf solche Beschreibungen nicht. Beachten würde ich es dennoch sehr. Man muss bedenken, wir haben da einen jüdischen Zeugen, der einen jüdischen Verdächtigen identifizieren konnte, der Polizei aber echt die Stirn bot. Wenn Hutchinson´s Aussage stimmt (er sah den Mann ja auch kurze Zeit wieder, in der Middlesex Street) dann könnte er ja den Zeugen gesehen haben und nicht den Täter.

Wer mit offenen Goldkettchen, von der Thrawl Street in die Dorset Street, um 2 Uhr nachts spaziert, der könnte unter Umständen Schneid besessen haben. So viel Schneid, um auch einen Glaubensgenossen, nicht an den Galgen zu liefern, auch dann nicht, wenn ihm sein Gewissen lange Zeit Probleme machte und er schließlich an die englische Küste fuhr, um sich etwas von der psychischen Belastung zu erholen. Vielleicht traf er dann ja einen Beamten, der ebenfalls zur Erholung vor Ort gewesen war…


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Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #11 am: 15.04.2013 21:31 Uhr »
The clergyman in the middle, with a well-dressed lady on either side of him, strolls through London’s East End as though it’s a zoo. The East Enders know why he’s there, of course, and stare right back at him, commenting on his hat. The cartoon is captioned “In Slummibus” because slum tourists often rented omnibuses in which to do their slumming. I guess they felt safer that way.

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Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #12 am: 16.04.2013 10:12 Uhr »
War wohl eines der früheren “Formate“ bzw. Vorgänger von “Schwiegermutter gesucht“ oder “Bauer sucht Frau“ was? Herrgott, an was sich der Mensch alles ergötzen möchte… Wer sind wohl die wahren armen Seelen…
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Andromeda1933

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Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #13 am: 17.04.2013 17:46 Uhr »
Ich muss doch noch einmal kurz auf den Major zurück kommen...

Tom Cullen schreibt, im Gegensatz zu anderen Autoren später, tatsächlich von einer öffentlichen Waschstelle. Allerdings schreibt er auch, sie wäre etwa 6 Meter von der Straße weg gelegen. Dies klingt genau nach einem Hof.
Eine Pumpe oder Waschbecken in einem Hinterhof stellt aber nach meinem Empfinden keine öffentliche Einrichtung dar, sondern gehört zum jeweiligen Haus. Deshalb dachte ich auch all die Jahre immer an eine Art „Brunnen“, so wie er im Film „from Hell“ zu sehen ist, wo sich die Frauen nach der Nacht frisch machen. Nach so etwas suchte ich immer, natürlich vergebens, auf den Stadtplänen.

Der Major mag eventuell zu den Leuten gehört haben, die ihre Memoiren ein wenig „aufpeppten“, aber vielleicht stimmt auch alles so, wie er es schrieb. Ich will einen braven Beamten seiner Majestät nicht an die Ehre.
LEIDER ist seine Aussage insgesamt ungenau. Wir wissen natürlich nicht, was der Major in dieser Nacht wirklich unternahm. Lief er kurz in die Dorset Street hinein, hielt an, lauschte, ob er Schritte hören konnte? Danach fand er das noch blutige Wasser (sofern es überhaupt Blut war). Aber wo?
Wenn das in einer der Durchgangsmöglichkeiten (die Du erwähntest) gewesen wäre, hätte er eigentlich am anderen Ende nachsehen müssen und davon wohl auch berichtet.
Er hätte berichten müssen: „im dritten Hof rechts, oder Hausnummer...“. Aber nichts davon. Fand er es sofort oder suchte er noch eine Weile herum?

Ich hab' jetzt Appetit auf Kartoffelpuffer – Tschüss!!

Offline Lestrade

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Re: Waschstelle in der Dorset Street
« Antwort #14 am: 17.04.2013 19:04 Uhr »
Hallo Andromeda,

Gedulde dich noch, kommt bald etwas ausführlicher…

Beste Grüße und guten Hunger,

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