Autor Thema: Louis Diemschütz und sein Pferd  (Gelesen 31619 mal)

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Offline Isdrasil

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Re: Louis Diemschütz und sein Pferd
« Antwort #15 am: 21.08.2013 21:48 Uhr »
Hi

Interessante Diskussion. Ich schreib auch mal kurz etwas, auch auf die Gefahr hin, nach zwei oder drei Posts wieder in der Versenkung zu verschwinden und offene Fragen zu hinterlassen...aber auch daran gewöhnt man sich. Ich bin ja nicht da, um euch zu gefallen.
 :blum1:

Also, erstens: Alt heißt nicht unbedingt veraltet heißt nicht unbedingt nicht richtig. Und auch wenn man eine "alte" Meinung vertritt, heißt das nicht, dass man jahrelang blind einer Meinung hinterhergerannt ist, ohne sich eigene Gedanken zu machen. Natürlich ist der Falll voll von Mythen und Halbwahrheiten. Die werden aber auch heutzutage noch jeden Moment geboren. Es muss sich nur einigermaßen plausibel anhören, und schon finden sich Anhänger einer neuen Theorie.

Zweitens: Auch die Annahme von Stride als Opfer des Rippers kann als Mythos, als Spekulation, angesehen werden, die mit den Jahren verfestigt wurde. Es gibt wenig, was die Morde von Stride und Eddowes verbindet, außer die zeitliche Schiene und der Kehlschnitt. Objektiv betrachtet, und darauf wird ja immer gepocht, handelt es sich um zwei unterschiedliche Täter. Die Sache mit Schwartz funktioniert nur in Verbindung mit anderen Annahmen, die wieder auf Aussagen beruhen, auf Artikeln von Journalisten, auf Meinungen. Es gibt verschiedene Versionen seiner Aussage. Suche die Zahl 23, und du wirst sie finden. Was nicht heißt, dass es nicht richtig sein muss.

Ich möchte, dass sich nicht nur die Vertreter "alter" Meinungen ihrer eigenen Fehlbarkeit bewusst werden, sondern die Vertreter ALLER Theorien. Den nichts anderes verfolgt jeder Einzelne von uns, Theorien, und diese Theorien basieren immer auf gestrickten Querverweisen und einer Portion Wunschdenken nach dem Motto: "Ich weiß, dieses Missing Link fehlt noch, aber ich bin mir sicher, dass es gefunden wird."

Jeder einzelne denkt sich Brücken. Jeder einzelne füllt Lücken zwischen bestimmten Aussagen, die er für sich als richtig deklariert hat. Darum sind wir alle fehlbar. Da stimme ich Lestrade unbedingt zu.

Grüße, Isdrasil

Offline Lestrade

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Re: Louis Diemschütz und sein Pferd
« Antwort #16 am: 22.08.2013 11:06 Uhr »
Jeder einzelne denkt sich Brücken. Jeder einzelne füllt Lücken

Und so ist es…

Es gibt eben ein Lücke zwischen das, was uns Schwartz noch erzählen konnte und dem Beginn der Aussagen von Diemschütz. Dazwischen wissen wir, wurde Stride im Yard ermordet, als man ihre die Kehle durchschnitt. Wir wissen um eine Lücke von (vielleicht etwas mehr als) 15 Minuten. Und in jedem Augenblick dieser Zeit passierte etwas, die Zeit bleibt ja nicht stehen. In diesen 15 Minuten muss es ja nicht totenstill (wie makaber) gewesen sein, denn an der Einfahrt des Yards, könnten in dieser Zeit einige Personen vorbeigegangen sein ohne Stride zu bemerken. Dieser Hinterhof wurde in größeren Zeitabständen frequentiert, weil sich dort ja auch ein Eingang zum Club befand. Zwischen ca. 00.45-01.00 Uhr ging eben niemand auf den Hof. Inwieweit der Vordereingang in dieser Zeit benutzt wurde, weiß ich nicht. Der Zeuge Leon Goldstein ging kurz vor Diemschütz dort vorbei und er schaute dabei noch zum Fenster des Clubs, weil die so schön am Musik machen waren. Dabei dachte er bestimmt nicht an Mord und Totschlag. Gesehen hat er nichts, auch nichts auf der Straße, es war also in der Tat ruhiger geworden. Mrs. Mortimer hatte ihn wohl bemerkt. Er ging ja südlich die Berner Street herunter, um in die Fairclough Street abzubiegen, um dann in der Christian Street daheim anzukommen. Falls der Mörder noch mit oder bei seinem Opfer im Dutfield´s Yard gewesen war, Goldstein hätte das doch gar nicht mitbekommen. Die Leiche an sich hat er ja auch nicht bemerkt. War es ein Ripper-Mord, hätte dieser genug Zeit gehabt sein Opfer zu verstümmeln. Die Zeit hätte gereicht, denn mehr brauchte er beispielsweise bei Chapman und Eddowes auch nicht. Alles in allem hätte er noch ungesehen entkommen können. Sogar bei Diemschütz, falls er da immer noch beim Opfer verweilte.

Man kann nun spekulieren, dass es die Tat eines anderen war und nicht von Jack the Ripper. Man kann spekulieren, dass der Angreifer nicht ihr Mörder gewesen war. Trotz der geringen Wahrscheinlichkeit, darf man beides nicht ausschließen. Im Falle Kidney vermute ich, dass die Polizei sein Alibi überprüft hat. Ich hingegen, gehe davon aus, dass beide Morde in dieser Nacht  auf die Kappe von Jack the Ripper gehen. Die Polizei war davon überzeugt, die Presse mit ihren Informationen auch, die Personenbeschreibungen von Schwartz am Tatort Stride (Berner Street), als auch die Beschreibung eines Verdächtigen durch den Zeugen Lawende am Tatort Eddowes (Mitre Square) ähneln sich (ca. 30 Jahre alter Mann). Aber auch die Beschreibung eines unbekannten Zeugen zu einem Mann (der seine Hände säuberte), gesehen in der Church Lane, auf halben Wege zwischen Berner Street und Mitre Square, könnte zu den ersten beiden Beschreibungen passen. In meiner zeitlichen Berechnung, sollte Jack the Ripper dann recht zeitnah, nach der gesehenen Attacke durch Schwartz, geflohen sein. Immerhin machte er dann in der Church Lane noch Pause und so wäre seine Ankunft, um kurz nach 01.30 Uhr in der Duke Street/Mitre Square nicht ganz so “hektisch“ erfolgt.

Aber zurück zu dieser Zeit, der uns fehlenden Ereignisse. Vielleicht hat die Störung durch Schwartz und Pipeman ausgereicht, um seinen Plan zu durchkreuzen. Wie eiskalt er nun wirklich gewesen war, lässt sich ja auch schwerlich bestimmen. Wir wissen jedoch noch um die Familiengeschichte, eine mündliche Überlieferung bezüglich eines Nathan Shine. Er wollte den Mörder, mit einem langen Messer, über Liz Stride stehen gesehen haben wollen. Der Mörder starte ihm in´s Gesicht. Nathan Shine war damals 18 Jahre alt und auf dem Nachhauseweg. Das hört sich gut an und könnte ein Grund für die nicht stattgefundenen Verstümmelungen sein. Außerdem hätte Nathan Shine dann tatsächlich einen guten Blick auf den Mörder werfen können. Er ging ja aber offensichtlich nicht damit zur Polizei aber er war wohl Jude und wir wissen über eine Identifikation durch einen Juden. Ich weiß nicht, wie ich diese Story letztendlich einordnen soll, etwas erinnert sie mich an die Geschichte von Schwartz. Kann sein, dass dort jemand die Geschichte und Erlebnisse von Israel Schwartz als seine verkaufte und noch etwas ausschmückte. Aber ich möchte in diesem Falle niemanden etwas unterstellen.

Gestern schrieb ich noch mit Andromeda, dass es durchaus möglich gewesen wäre, wie auch Craddock, glaube ich, anklingen ließ, dass der Angreifer schlicht und einfach vom Opfer abließ und weggehen wollte. Aber was wenn, nach 4-5 Metern Rückzug des Angreifers, Stride ein Messer in dessen hinteren Hosentasche bemerkte (welches durch den Angriff zum Vorschein kam) und sie sich zu einer “dummen Bemerkung“ hinreißen ließ, wie in etwa : YOU ARE LEATHER APRON! In solchen Momenten geht es um das Überleben beider, Opfer und Täter. Da spielt vielleicht noch nicht einmal die Persönlichkeit des Täters eine Rolle, es ist egal ob er rational oder weniger rational denken würde. In jedem Falle könnte er das Risiko auf sich nehmen, den Zeugen zu beseitigen. Was hätte ein Killer “zu verlieren“ gehabt, der schon gemordet hatte und noch vorhatte weiter zu morden, wenn er einen Mord verübt, aus Angst wegen einer bestimmten Situation gefasst zu werden? So wird ein Lust- und Verstümmelungsmörder, ein Sexualmörder eben zu einem Mörder im Affekt, zu einem Totschläger. Kurioserweise gestehen die Anhänger von Koslowski/Chapman ihm gerne zu, vom Verstümmelungsmörder zum Giftmörder geworden zu sein aber die wenigstens eine Variante wie die von mir geäußerte. Aber ein jeder kennt doch die Situation, wenn man im Disput mit jemand anderen liegt und sich schon auf dem Rückzug befindet, dass noch so etwas wie “Zieh endlich Leine du dummes Schwein“ kommt, meistens aus sicheren Abstand, der Feigheit wegen. Dann dreht man auch halt mal um und klärt das dann endgültig. Das passiert jeden Tag, unendliche Male auf unserem Planeten. Und irgendetwas ist zwischen dem Mörder von Stride und ihr abgelaufen, nachdem Schwartz und Co. weg waren und Diemschütz auftauchte. Es gab einen Mord, wobei die Tötung in Sekundenschnelle ablief. Für alles andere müssen wir etwas Passables finden und das ist nicht ganz so einfach, weil es am Ende nur eine Wahrheit geben kann. Die kann ich nicht für mich beanspruchen aber wenigstens versuchen, ihr immer näher zu kommen. Auf meine Art, denn ich bin niemanden verpflichtet.

Beste Grüße, Lestrade.
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Andromeda1933

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Re: Louis Diemschütz und sein Pferd
« Antwort #17 am: 22.08.2013 11:24 Uhr »
Danke Isdrasil für Deinen Post.
Mir geht es schon lange im Kopf herum, dass nicht alles so gewesen sein kann, wie bereits in dutzenden Büchern jedesmal auf's neue beschrieben. Ich beteilige mich nach wie vor auch gern an Diskussionen, die meiner eigenen „Konstruktion“ zuwider laufen. So auch was den Fall Stride angeht, obwohl ich für mich den Schluss gezogen habe, es gibt nur „Canonical Three“.
Meine Brücke im Mordfall Stride ist z.Z. ihr Ex-Mann Kidney. Er schüttet mir die Gräben einigermaßen zu, die sich mir bei der Spekulation JTR+Stride immer wieder auftun. Natürlich: Wunschdenken eben. Mir fehlt jeder wirkliche Beweis dafür.

Offline Isdrasil

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Re: Louis Diemschütz und sein Pferd
« Antwort #18 am: 22.08.2013 12:18 Uhr »
Hi Lestrade,

ich gehe mit deinem ersten Abschnitt konform und kann dem Ganzen nur zustimmen.
In einigen Punkten der weiteren Abschnitte jedoch bin ich anderer Meinung.

Man kann nun spekulieren, dass es die Tat eines anderen war und nicht von Jack the Ripper. Man kann spekulieren, dass der Angreifer nicht ihr Mörder gewesen war. Trotz der geringen Wahrscheinlichkeit, darf man beides nicht ausschließen...Vielleicht hat die Störung durch Schwartz und Pipeman ausgereicht, um seinen Plan zu durchkreuzen...Wir wissen jedoch noch um die Familiengeschichte, eine mündliche Überlieferung bezüglich eines Nathan Shine.

Ich halte die Wahrscheinlichkeit eines "fremden" Täters gar nicht für so gering und habe einige Probleme mit der Aussage von Schwartz. Zunächst einmal wurde der Täter nicht durch Pipeman gestört. Wir müssen uns die verschieden überlieferten Aussagen von Schwartz ins Gedächtnis rufen: Entweder Strides Angreifer wurde durch einen anderen Mann mit MESSER gestört (die Star-Version) oder durch Pipeman unterstützt (die Polizei-Version). Womit haben wir es also zu tun? Entweder der Angreifer versucht, Stride in den Hof zu ziehen, bis ihr ein Mann mit MESSER zu Hilfe eilt, oder der Angreifer stößt sie auf die Strasse, während Pipeman den möglichen Zeugen Schwartz vertreibt. Es gibt noch eine dritte Möglichkeit: Der Mann mit Messer eilt Stride nicht zu Hilfe, sondern möchte den Angreifer gar unterstützen. Es gibt also meiner Meinung nach drei Konstellationen, nimmt man Schwartz` Aussage(n) für voll: Ein Angreifer und ein Helfer, ein Angreifer und ein Aufpasser, zwei Angreifer.
Das alles will nicht so in das Bild passen: Wo sind die Verletzungen des Kampfes beim Mordopfer Stride zu sehen? Was hat es mit der Blume am Kleid auf sich? Was mit den Cachous? Und dann noch die verschiedenen genannten Konstellationen...ich gehe im Allgemeinen daher in Andromedas Richtung.
 ;)

Alles eine komplizierte Sache, und es wäre wesentlich einfacher, wenn es Schwartz als Zeugen gar nicht gegeben hätte...

Grüße, Isdrasil

Offline Isdrasil

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Re: Louis Diemschütz und sein Pferd
« Antwort #19 am: 22.08.2013 12:26 Uhr »
..achja, Lestrade: Deinen Ausführung bezüglich einer möglichen Beleidigung durch Stride kann ich auch zustimmen ("Niemand nennt mich eine feige Sau!")  ;)

Offline Lestrade

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Re: Louis Diemschütz und sein Pferd
« Antwort #20 am: 22.08.2013 13:17 Uhr »
Wo sind die Verletzungen des Kampfes beim Mordopfer Stride zu sehen? Was hat es mit der Blume am Kleid auf sich? Was mit den Cachous? Und dann noch die verschiedenen genannten Konstellationen...ich gehe im Allgemeinen daher in Andromedas Richtung.
 

Hallo Isdrasil,

unter dem rechten Arm war eine Hautabschürfung, offensichtlich blutverschmiert, mit einem Durchmesser von etwa 4 Zentimetern.

und unter dem Schlüsselbein und dem Brustkasten war eine bläuliche Verfärbung


Die Minzbonbons fanden sich wohl auch Richtung Gehweg wieder. Sie muss sie festgehalten haben aber auch einige bis zum Fundort verloren haben.

Pipeman, wie der Name ja schon sagt, hatte zuerst eine Pfeife in der Hand, die er anzündete. Dazu brauchte er zwei Hände, nehme ich an. Da bleibt weniger Platz für ein Messer. Der “Star“ machte aus der Pfeife dann ein Messer. In Polizeiauszeichnungen ist da nichts zu einem Messer zu finden. Beachten müssen wir auch, dass Schwartz einen Übersetzter brauchte, da er kein Englisch konnte. Dieses Problem gab es auch bei Frau Kuer und auch sie wurde gründlich missverstanden, wie später geklärt werden konnte. Wie jetzt Schwartz von einer Pfeife auf ein Messer kam weiß ich nicht, er sagte aber jedenfalls, dass Pipeman mit einem Messer auf den BS Man zueilte, mit einer Pfeife als Angriffswaffe scheint mir das unwahrscheinlich. Schwartz wurde als “theatralisch“ beschrieben. Das kann man werten wie man will. Wie ich hier im Forum schon oft andeutete, sollten durch die Polizei, aufgrund der Beschreibungen von Schwartz, zwei Personen ausfindig gemacht worden sein. Er sah halt zwei männliche Personen und die könnten gefunden worden sein. Der Pipeman kam aus einem Pub an der Ecke, da wird man sicherlich Nachforschungen angestellte haben. Nur weil nicht mehr wissen, bedeutet es ja nicht, dass sie Pipeman befragen konnten. Bei dieser Geschichte sieht es auch so aus, dass die Aussagen von Pipeman und Schwartz wohl nicht übereinstimmten. Ihr könnt das alles selber nachlesen oder recherchieren. Die Chance, dass auch Pipeman der Polizei bekannt war, ist auch gegeben. Inspector Swanson hat mal gesagt, dass die Zeugen aus der Berner Street wenig nützten, das heißt aber nicht automatisch, dass diese vollkommen nutzlos waren. Mit der Komplizen oder Aufpasser- Geschichte ist mir auch schon oft durch den Kopf gegangen. Aber dazu muss man sich mal die räumliche Situation vorstellen. Nördlich betritt der BS Man die Berner Street, hinter ihm Schwartz. Weiter südlich, an der Kreuzung Berner Street/Fairclough Street, verlässt nun ganz passend Pipeman den Pub oder tritt zumindest aus dessen Eingangsbereich. BS Man, leicht angetrunken (zumindest laut Schwartz) geht nun auf Stride zu und attackiert sie plötzlich mit einem Blitzangriff. Wie läuft dabei die Aufpasserei ab, wie soll da der Komplize eingreifen? Wie haben die sich abgesprochen? Was hatte Stride getan? Wollten sie eine Prostituierte ausrauben? Was war daran so spannend und wichtig, einen solchen Plan auszutüfteln?  Wäre Kidney der Mörder, dieser Trunkenbold und Syphilis- Kranker und (Frauen) Schläger, dann hätte er eher im Affekt gehandelt und dies schließt einen Komplizen aus. In anderen Fällen, hätte man Stride doch eher in einen geeigneteren Hinterhalt gelockt. Ausschließen kann man nichts, da gebe ich dir recht, auch wenn wir die Wahrscheinlichkeiten unterschiedlich beurteilen. Leon Goldstein mit seiner Tasche, ging recht schnell zur Polizei, als er bemerkte, dass er gesehen worden war. Also unschuldig kam man auch schnell in diese Szenerien. Die Variante: Ich (BS Man) nähere mich von Norden her und Du (Pipeman) kommst von Süden und dann machen wir Sie kalt erinnert mich ein bisschen an Cowboy und Idianer als Kind. Aber nichts ist unmöglich…

Der zweite Mann, wie man auch immer zu diesen beiden Personen überhaupt kam, abgesehen durch Schwartz, soll in seiner Aussage nicht sehr glaubhaft gewesen sein. Und wie ich auch oft andeute, gab es im Zuge dieser DoubleEvent Nacht eine Observation, die vielleicht diese Person betreffen könnte. Immerhin gab es ja eine längere Pause beim Ripper und eine Überwachung, die ihm bewusst war, gerade wenn er auch durch die Polizei befragt worden wäre, könnte diese Unterbrechung erklären.

Beste Grüße,
Lestrade.

..achja, Lestrade: Deinen Ausführung bezüglich einer möglichen Beleidigung durch Stride kann ich auch zustimmen ("Niemand nennt mich eine feige Sau!")  ;)

Und wie reagierst Du dann? John Wayne- mäßig?
Ich habe einige Erfahrung mit Internet-Großfressen. Traf ich die dann mal, waren die immer ganz klein mit Hut. Meistens mussten sie dann ganz schnell weg.

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Re: Louis Diemschütz und sein Pferd
« Antwort #21 am: 22.08.2013 14:33 Uhr »
Achso, übrigens:

Richard Trenton Chase, der ähnlich verstümmelte und ein geisteskranker Serienkiller war (und den ich gerne mit Jack the Ripper vergleiche), sprach während seiner Serie eine ehemalige Klassenkameradin an (die ihn zunächst gar nicht wiedererkannte). Sie konnte ihm aber entkommen, weil sie ihr Auto von innen verriegelte. Natürlich wird ein Jack the Ripper seine Opfer nicht gekannt haben aber in bestimmten Fällen scheint das doch manchmal möglich. Und gerade im Falle von Stride sehe ich da eine Möglichkeit. Vielleicht wäre solch eine Konstellation nicht ganz unwichtig für die Abläufe in der Berner Street und hätte das Verhalten von Opfer (leise im Schreien) und Täter (Beseitigung einer Person, die ihn kannte) nachhaltig beeinflusst haben können.
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Andromeda1933

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Re: Louis Diemschütz und sein Pferd
« Antwort #22 am: 22.08.2013 15:09 Uhr »
Für den Fall, dass „unser“ Mann der besagte M.Kidney war, geht mir zweierlei durch den Kopf.
Er wollte sie vielleicht (wieder einmal) zurück, was sie „dankend“ ablehnte. Daher die Rauferei, die möglicherweise spontan ausartete.
Kidney wollte Geld von ihr und die Geschichte verlief anders, als geplant (Alkohol, Wut).
Das Berauben der East-End Nutten stelle ich mir alles andere als einbringend vor, wenn so manch eine von denen nachts nicht mal mehr die wenigen Pennies für einen Schlafplatz hatte.
Kidney jedoch sollte gewusst haben, dass seine Frau auch arbeiten ging. Ein paar Schilling wären für einen solchen Kerl schon ein Grund gewesen. Allerdings, Stride war körperlich noch recht stark und scheinbar außerdem nicht ohne Willensstärke. Eine Frau, die noch ein konsequentes „nein“ sagen konnte.

Strides Ex-Mann Kidney passt mir ganz gut zu der Aussage, sie hätte nicht sehr laut aufgeschrien (was auch immer das heißen mag). Sicher wird ihr der Kerl verhasst gewesen sein, doch als ihren potentiellen Mörder wird sie ihn nicht gesehen haben. Daher vielleicht ihre recht verhaltene Reaktion (Schmerzensschrei beim Hinfallen). Sie soll ja auch in Richtung Straße „geworfen“ worden sein. Wenn ich einen Mord in Absicht gehabt hätte, warum sie also aus der dunkleren Einfahrt heraus holen? Wie auch immer, vermutlich wurde sie ganz spontan (aus Wut, aus „Vorsicht“) getötet und dann 2/3 Schritte in die Einfahrt gezogen, bevor der Täter weglief.

Zu Kidney könnte auch Pipeman passen. Der war vielleicht einfach einer seiner Kumpels, mit ihm wartete er womöglich in der Kneipe, bis er Stride auf der Straße ausfindig machen konnte. Pipeman schien passiv in einiger Entfernung zu sein, vielleicht beobachtend. Letztendlich war es ja eine „Angelegenheit“ zwischen Kidney und Stride. Und womöglich ging dieser ein wenig auf Schwartz zu, so nach dem Motto „verpiss Dich!“. Wenn dieser sich tatsächlich eine Pfeife anzündete, hatte er wohl kaum ein Messer in den Fingern. Mein Vater rauchte Pfeife, zum Anzünden brauchte er immer beide Hände. Weiß nicht, ich glaube, Feuerzeuge gab es noch nicht 1888. Streichhölzer entzünden ist zu kompliziert, als dass man noch was anderes grösseres in der Hand halten kann.

Unter uns befindet sich hoffentlich kein „BILD-Leser“ (den werde ich Thomas sofort melden!). Der „STAR“ gehört zu den Geburtshelfern solcher Blätter und – tut mir leid – diese Blätter denken einzig an die Auflage und nicht an Wahrheitsgehalt.

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Re: Louis Diemschütz und sein Pferd
« Antwort #23 am: 22.08.2013 15:58 Uhr »
Kidney könnte schon der angetrunkene Typ gewesen sein, den Schwartz sah, allerdings wirkt er auf der Zeichnung nicht gerade wie ein Mensch der breite Schultern hatte. So wie von Schwartz beschrieben,

small brown moustache, full face, broad shouldered

kann ich halt nicht erkennen. Was meinst Du dazu?

Ich stimme mit euch oder denen überein, die behaupten, dass Liz Stride von Jemand ermordet worden ist, den sie kannte. Und somit sind sich beide Grüppchen einig. Allerdings mit dem feinen Unterschied meiner Behauptung, dass sie Jack the Ripper kannte und er sie ermordete.

Schwartz hatte auf jeden Fall etwas gesehen, was auch immer. Jedenfalls konnte er Stride später identifizieren, falls wir ihm da auch nicht wieder Unwahrheiten unterstellen wollen. Er sollte zur fraglichen Zeit durch die Straße gegangen sein. Spannend ist noch, dass der Angreifer wohl zuerst versuchte Stride in den Yard zu ziehen, nachdem er sie angesprochen hatte (beim Ansprechen stand sie genau im Eingang), sie dann aber umdrehte und auf den Bürgersteig warf. Letzteres war eben die plötzliche Attacke (Blitzangriff) und Stride schrie dabei 2-3 male aber nicht sehr laut. Es kam ja auch sehr überraschend für sie.

Wie müssen wir uns das jetzt vorstellen? Opfer und Täter stehen sich face-to-face gegenüber und sprechen miteinander. Der Täter muss also noch auf den Gehweg mit dem Rücken gestanden haben. Er muss Stride gedrängt haben, mit ihm in den Yard zu gehen, alles beobachtet von Schwartz. Plötzlich drehte er sie um. Egal wo Schwartz jetzt war, er muss dieses Umdrehen beobachtet haben und das würde bedeuten, dass der Täter im Eingang vom Yard versuchte hinter Stride zu kommen, dieses war die Blitzattacke, die damit endete, dass er Stride auf den Gehweg warf, anstelle sie in den Yard zu werfen (versuchte es zumindest). Instinktiv hätte Stride sich gewehrt haben können und zwar weg aus der Richtung des dunklen Yards, in die Richtung hellerer Straße. Da stimme ich mit dir überein, dass Stride sich gut hätte wehren können. Sie war entkommen und in dem Augenblick entdeckt der Angreifer auch noch Schwartz. Während sich Schwartz entfernt, rückt Pipeman an das Geschehen heran. Was er dann sah und wie er es wahrnahm, wissen wir nicht. Stride sollte mit der Bauchseite oder zumindest seitlich auf den Gehweg gelandet sein. Im Fallen zu schreien (wenn man sich gerade abfangen will) oder gar wenn einen jemand gerade von hinten “umarmt“, ist nicht leicht. Ich kenne das auch von Auseinandersetzungen her. Ich weiß nicht, ob uns leisere Schreie tatsächlich so wundern sollten.

So etwas, wie beschrieben, sieht mir eher nach Ripper- Verhalten aus. Letztendlich wurde sie wahrscheinlich von hinten angegriffen und mit schnellen Kehlschnitten ermordet, was ja auch von hinten besser und kraftvoller geht. Jemand wie Kidney, hätte sie doch eher einfach “abgestochen“.

Pipeman scheint ja dann auch eher abgehauen zu sein. Stride noch am Boden, eher mit dem Rücken zum Angreifer, da wäre es doch ein leichtes gewesen, Stride noch einmal von hinten zu attackieren und sie in den Yard zu ziehen (wobei sie ein Teil der Minzdrops verliert) und ihr den Garaus zu machen. Je nach Umständen konnte er dann überlegen, ob er weitermacht oder eben nicht, nach dieser eher doch teilweise misslungenen Aktion. Und wer weiß, ob er nicht noch einmal gestört wurde. So sauer wie dann so einer ist, wäre ein nächstes Opfer nicht allzu weit weg…
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Offline Isdrasil

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Re: Louis Diemschütz und sein Pferd
« Antwort #24 am: 22.08.2013 16:30 Uhr »
Und wie reagierst Du dann? John Wayne- mäßig?
Ich habe einige Erfahrung mit Internet-Großfressen. Traf ich die dann mal, waren die immer ganz klein mit Hut. Meistens mussten sie dann ganz schnell weg.

Äh - Du scheinst "Zurück in die Zukunft" nicht zu kennen. Das war ein Filmzitat zur Erheiterung. Marty McFly verwickelt sich immer in Prügeleien, deren Grund eigentlich schon ausgestanden ist, nur weil ihm Jemand "feige Sau" hinterher ruft. Daran musste ich bei deinen Ausführungen denken.

Aber interessant, dass Du das auf mich zu münzen scheinst...das zeigt mir, wie Du im Allgemeinen zu mir stehst.

« Letzte Änderung: 22.08.2013 16:43 Uhr von Isdrasil »

Offline Isdrasil

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Re: Louis Diemschütz und sein Pferd
« Antwort #25 am: 22.08.2013 16:32 Uhr »
Ich habe auch eine mögliche Konstellation auf Lager. Eine von vielen Überlegungen, die ich zu den Taten habe, nur leider (sorry) viel zu selten zur Sprache bringe:

Der Ripper war auf der Suche nach einem neuen Opfer. Er hatte sich vorher einen kleinen Drink in einem Pub genehmigt und schlenderte nun die Strassen des East Ends entlang.
Schwartz folgte ihm bereits, vom Ripper unbemerkt. Vor dem Dutfield`s Yard fand der Ripper schließlich in Stride ein geeignetes Opfer und fing sogleich an, sie grob zu umwerben. Doch er hatte sich in Strides Charakter getäuscht: Sie sträubte sich, wehrte sich. Ein kurzes Gezerre entstand. Nichts Dramatisches, es reichte jedoch zumindest aus, Israel Schwartz zum Wechseln der Strassenseite zu bewegen. Was der Ripper nicht ahnte: In der Nähe stand Michael Kidney. Was Kidney dort zu schaffen hatte? Nun, sagen wir mal: Er hatte seine eigenen Beweggründe. Eifersucht mag eine Rolle gespielt haben. Kontrolle und Neugierde. Michael Kidney hatte Liz schon einige Tage nicht mehr gesehen, und wieder einmal trat sie mit dieser Aktion sein kindliches Ego mit Füssen. Es reichte ihm endgültig. Schon länger „observierte“ er sie, wollte sie auf frischer Tat mit einem Freier ertappen und zur Rede stellen. Einen Mann wie Kidney würde man nicht so einfach sitzen lassen. Ein Mann wie Kidney gab sich nach außen lässig und cool, doch innen brodelte die Wut, bekam er seine von eifersucht geschwängerten Fantasien nicht in den Griff, krankte er an seinem zurück gebliebenem, männlichen Ego. Lizzi war seine Liebe und sein Verderben zugleich. Er liebte und hasste sie. War sie ihm hörig, so liebte er sie für seine Schmeicheleien. Ging sie eigene Wege, so hasste er sie abgrundtief dafür.
Kidney zog ein Messer und eilte Liz zu Hilfe. Er war ein Mann, der nicht lange fackelte, ein Säufer, ein Schlägertyp. Sein Messer war stumpf, doch seine Aggression dafür umso schärfer. Schwartz suchte indes das Weite, wollte nicht in diese Angelegenheit gezogen werden. Der Ripper sah den Mann mit dem Messer herbei eilen…und floh.
Stride, erleichtert und aufgewühlt, empfing freudig ihren Retter: „Michael! Was machst Du den hier?“. Beinahe, so könnte sie gedacht haben, wäre ich womöglich ein Opfer des Whitechapelmörders geworden!
„Du weißt doch, ich bin immer für dich da!“. Kidney liebte es, in jeder Situation den Helden zu spielen.
Schnell entwickelte sich ein Gespräch, und Kidney fragte schließlich in seiner direkten Art: „Na, wie wäre es heute Abend mit uns Beiden? Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen, und eine Belohnung für deine Rettung habe ich mir immerhin redlich verdient“.
Doch Liz war noch zu aufgewühlt und empfand diese Frage als etwas unpassend. „Nein, nicht heute“. Stride hatte an diesem Abend bereits einen Freier empfangen. Sie fürchtete sich davor, dass Michael etwas merken könnte.
Dies war der Zeitpunkt, an dem der Zeuge Brown an den Beiden vorbeilief. Und in einigem Abstand: PC Smith auf seiner Route.
„Hm…auch nicht, wenn ich Dir ein Geschenk mache?“. Kidney zog eine rote Brosche aus seiner Tasche und steckte sie Liz an.
PC Smith passierte das Paar.
Stride war sichtlich gerührt. Michael war so rauh, konnte jedoch im nächsten Moment so charmant sein. Sie war seiner männlichen Aura erlegen, konnte nicht mit und nicht ohne ihn. Als der Polizist vorbei war, lächelte sie ihn schelmisch an, flüsterte: „Komm mit“, und zog ihn an der Hand in die Dunkelheit des Hofs.
„Aber warte noch“. Grinsend zog Stride dort angekommen Cachous aus ihrer Tasche (von denen sie eventuell schon welche auf der Strasse verloren hatte), „wir wollen doch nicht, dass dich mein Geruch stört!“. Doch eigentlich dachte sie nur in ihrer naiven Art daran, mögliche Zeichen eines anderen Mannes zu vertuschen.
Und auch Kidney hatte anderes im Sinn. Es brodelte schon zu lange in ihm, und die letzten Minuten hatten wieder einmal gezeigt, dass er Recht hatte: Liz war eine verdammte Schlampe. Sie hurte immer noch rum und liess sich von anderen Männern ansprechen. Sie hielt ihn für dumm. Als ob er nicht gemerkt hätte, was sie heute Abend bereits getrieben hatte. Das widerte ihn an. Schon lange widerte es ihn an. Und schon lange wollte er dem ein Ende bereiten.
Der Ripper indes war wieder auf der Suche. Später sollte er, etwas ausgenüchtert, in Eddowes doch noch ein geeignetes Opfer finden.

Der Abend ging als Double-Event in die Geschichte ein, und diese Tatsache spielte sowohl dem Ripper als auch Kidney in die Hände. Es meldeten sich noch einige Zeugen. Nathan Shine hatte Kidney gesehen, der sich über Liz beugte. Ebenso wurde Kidney beim Waschen des Messers auf dem Nachhauseweg in die Dorset Street gesichtet. Doch die zahlreichen Widersprüchlichkeiten, die sich durch die verschiedensten Zeugenaussagen, falsche Zeitangaben und diesem seltsamen Zufall ergaben, sorgten dafür, dass man kein klares Bild von dieser Nacht bekam. Die Abläufe blieben ein Mysterium, die Aussage von Israel Schwartz blieb unvereinbar mit den restlichen Zeugenaussagen.

Israel Schwartz und Brown hatten unterschiedliche Männer gesehen: Schwartz den tatsächlichen Ripper, Brown Michael Kidney. Schwartz sagte aus, der Mann sei anscheinend angetrunken gewesen. Brown sprach von einem nüchternen Erscheinungsbild. Möglicherweise lag dies auch nur daran, dass Kidney Alkohol gewöhnt war.
Brown sah keine Brosche. PC Smith jedoch schon. Ein Geschenk des Rippers? Nein. Ein Geschenk von Kidney. Brown und Smith waren lediglich zu unterschiedlichen Gesprächsstadien an den Beiden vorbeigekommen.
Der Ripper hatte kein Double-Event vollbracht, nahm die Verantwortung dafür jedoch gerne auf sich. Es schmeichelte seinem Ego. War er etwa feige geflohen? Nein – zumindest redete er sich das gerne ein.
Ebenso wurde der Mörder von Stride nicht gestört. Kidney hatte sein Werk vollbracht, Liz war tot, und er war frei.
Michael Kidney log später vor Gericht das Blaue vom Himmel herunter, geriet jedoch beinahe in Versuchung und spielte mit seinem Wissen. Immerhin – er hatte den Ripper gesehen. Doch er musste vorsichtig sein: Er musste damit rechnen, auch vom Ripper identifiziert werden zu können.

Es gibt außer den anzunehmenden falschen Zeitangaben und der Bevorzugung des Star-Artikels bei dieser Geschichte nur einen größeren Haken, doch die gibt es bei allen Überlegungen Kidney betreffend: Weshalb wurde Kidney bei den Anhörungen nicht von Brown oder Smith erkannt und identifiziert?
Eine Möglichkeit: Kidney wurde am Montag, den 03. Oktober 1888 vernommen, Brown und Smith jeweils am 05. Oktober. War es erneut ein seltsamer Zufall, dass sich Mörder und Zeugen nicht am selben Tag im Gerichtsgebäude befanden?

Grüße, Isdrasil

PS: Wie immer bin ich nicht felsenfest dieser Meinung, sondern vertrete den seichten, oberflächlichen Weg des Kompromisses. Dies soll nur aufzeigen, dass es noch sehr viel weitere Möglichkeiten gibt, die zwar nicht unbedingt die Wahrscheinlichsten sind, jedoch durchaus zu den Möglichen gehören.
    
« Letzte Änderung: 22.08.2013 16:51 Uhr von Isdrasil »

Offline Lestrade

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Re: Louis Diemschütz und sein Pferd
« Antwort #26 am: 22.08.2013 17:30 Uhr »
Apropos falsche Zeitangaben:

Ca. 00.45 Uhr fand der Vorfall, den Schwartz gesehen haben wollte, statt.

Zur gleichen Zeit sah Brown Stride mit einem Mann. Allerdings standen diese an der Schule, wenige Meter vom späteren Tatort entfernt. Er konnte die Rose an ihrer Jacke erkennen. Es macht nicht den Eindruck, dass er Stride bis zum Tor des Yards gefolgt war. Zumindest muss er sich dann spätestens dort verabschiedet haben.  "No, not tonight, some other night" (falls du das meinst), fand offenbar vor der Attacke statt und nicht danach. James Brown wollte das ja gehört haben. PC Smith war schon um 00.30 Uhr vor Ort und brauchte ca. eine halbe Stunde für seine Route um wiederzukehren. Die Nähe der Schule an dem besagten Pub und der Zeitpunkt machen es jedoch möglich, dass der Mann, den Brown sah, Pipeman gewesen war, welcher Augenblicke später mit ansehen musste, wie seine eben angesprochene Prostituierte attackiert wurde (nachdem er nur die Straßenseite von Schule zum Pub wechseln musste). Packer sah ja auch noch das Pärchen (Stride und der Weintraubenkäufer), dass er bedient hatte, an der Schule (mal abgesehen davon, wen Packer alles sonst noch sah, ob mit oder ohne Stride). Somit könnte Brown´s Mann als auch der von Packer, Pipeman gewesen sein, welchen Schwartz auch noch beschreiben konnte. Bei Packer kaufte dieser auch die Weintrauben. Packer sprach da ja eher von einem forscheren Typ und das passt auch zum Verhalten von Pipeman, der (zunächst) auf den Vorfall am Tor des Dutfield´s Yard  zuging aber offenbar wieder kehrt machte. Warum dann auch immer. Packer soll ja vom diesem Kunde später des Monats noch einmal “Besuch“ bekommen haben. Monate später wurde er gar einmal angegriffen (von zwei Männern, glaube ich), wo er beschuldigt wurde, zu wissen wo der Ripper wohne (was ja auch stimmt, denn er äußerte sich bekanntlich so). Pipeman ja, vielleicht war das sogar Kidney, wäre ja gut möglich. Auch gut möglich, dass er den Ripper vertrieb. Aber eine Frau, die gerade vor dem Ripper gerettet wurde, wird dann durch jenen Retter (und dann auch noch eigenen Partner) Minuten später doch noch gerichtet? Mit Pipeman hätte sie dann somit einige Zeit verbracht und seine Nähe (Sie am Tor des Yards, er ein paar Meter weiter am Eingang des Pubs) hätte sie durchaus sicher gefühlt haben lassen können. Dennoch scheint es mir nichts so, laut aller Informationen, dass es sich bei Pipeman um Kidney gehandelt hätte.

Aber interessant, dass Du das auf mich zu münzen scheinst...das zeigt mir, wie Du im Allgemeinen zu mir stehst.

Wie denn?

"Deinen Ausführung bezüglich einer möglichen Beleidigung durch Stride kann ich auch zustimmen" Du stimmtest doch zu.
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Offline Isdrasil

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Re: Louis Diemschütz und sein Pferd
« Antwort #27 am: 23.08.2013 13:01 Uhr »
Hi

Wie denn?
"Deinen Ausführung bezüglich einer möglichen Beleidigung durch Stride kann ich auch zustimmen" Du stimmtest doch zu.

Äh...egal. Lassen wir das mal so stehen. Keine Ahnung, in welchem Zusammenhang Du dann den Begriff "Internet-Großfressen" verwendet hast, aber gut.

Zur gleichen Zeit sah Brown Stride mit einem Mann. Allerdings standen diese an der Schule, wenige Meter vom späteren Tatort entfernt. Er konnte die Rose an ihrer Jacke erkennen.

Nein: It was quite dark, so he could not tell if the woman was wearing a flower on her jacket, but both appeared sober.

Dies kann uns einen entscheidenden Hinweis über den Ablauf geben. Man kann diese Diskrepanz natürlich damit abtun, in dem man sagt: "Ach, der Brown hat die Blume eben nicht gesehen!", man kann dies aber auch einmal als gegeben betrachten und sich entsprechende Gedanken machen. Ich sage noch einmal: Alles hier beruht auf Aussagen. Meine Gedanken sowie deine. Wir beide verwenden in all unseren Posts hier "...hat gesehen", "...sah die Beiden", "...verkaufte ihnen", "...das war um soundso viel Uhr...".
Wir müssen uns daran gewöhnen, dass Zeugenaussagen eine überaus wackelige Angelegenheit sind, sowohl in der zeitlichen, der visuellen, und der auditiven Ebene. Es kann sein, und es ist wahrscheinlich, dass die Attacke nach Browns Sichtung stattfand. Die Blume kann ebenso danach ihren Weg zu Stride gefunden haben. Muss aber nicht.
Eventuell kann man bei meinen Gedanken auch etwas ändern: Der Ripper war es, der auch von Brown gesehen wurde. Dann folgte die Sichtung von Schwartz. Der Ripper floh, und der vermeintliche Retter wurde zum eigentlichen Täter. Man kann das einfach nicht ausschließen.
Ebenso wenig lassen sich deine Gedanken ausschließen. Und somit ergeben sich zig Möglichkeiten über den Ablauf, und wir werden ewig versuchen, einen geeigneten Ablauf in die Zeugenaussagen zu bekommen. Oder wir überlegen: Passt die Tat zum Ripper? Passt es, dass er bei Pferdegetrappel die Flucht ergreift? Oder hat die Tat eher den Anschein, als sei diese abgeschlossen? Was ist mit den Tatwaffen?

Der Rest ist absolut relativ.  ;)

Zum Thema Zeugenaussagen empfehle ich den kleinen Artikel "Suspect and Witnesses: The Police Viewpoint" von Stewart Evans, Ripper Notes 23 Juli 2005.
Hier wird einem deutlich, wie wenig man eigentlich aus Zeugenaussagen herauslesen kann und welche Erfahrung es erfordert, die Spreu vom Weizen zu trennen. In der heutigen Zeit werden da aus grünen Polos schon mal blaue Audis, aus kleinen Männern werden große Jungs.

Ich bleib dabei: OBJEKTIV betrachtet unterschiedliche Täter. Lässt man die Zeugen mal außer acht (hui, wie kann ich nur?), sind das verschiedene Täter. Und nimmt man die Zeugen hinzu, dann wahrscheinlich auch. Was macht aus dem Täter bei Stride den Ripper? Ein angeblich "abgebrochener" Mord? Das ist mir zu wenig. Selbst mit der Aussage von Schwartz rückt es den Stride-Mord nicht mit absoluter Sicherheit an Eddowes ran. Zeitlich gesehen passt es. Aber Zufälle gibt es eben.
Der Typ, der das Messer abgewaschen hat? Kann immer noch der Stride-Mörder sein, ohne der Eddowes-Mörder zu sein. Das sind alles nur Indizien. Und in einem Ghetto wie dem East End in der damaligen Zeit, mit einem derartigen Sammelsurium zwielichter Zeugenaussagen, nach dem berühmten kurzem Moment Ruhm dürstenden Einwohnern, nach Selfmade-Ermittlern und Journalisten, die Karriere wittern, sind dies relativ schwache Indizien noch dazu.

Ich weiß auch nicht, weshalb es so viele nach dem Double-Event dürstet. Lestrade, Du hast vor zwei, drei Posts diese eingefahrenen Meinungen angesprochen. Das Double-Event gehört für mich eindeutig dazu. Dies ist für mich ein Paradebeispiel einer schon zu den Mordtagen vorherrschenden Meinung, die dringend einer gründlichen Aufbereitung bedarf. Ich weiß nicht, was daran so schwer ist, einmal zu sagen: "Ok, das waren zwei unterschiedliche Events", und dementsprechend die Morde zu betrachten, auch die Zeugenaussagen einzubeziehen. Es gibt nichts an der Aussage eines Zeugen bezüglich des Stridemordes, was auf einen Zusammenhang zwischen den beiden Events schließen lässt. Das sind alles "Lückenfüller", wie ich es genannt habe.
Ich habe einfach festgestellt, dass es mir mehr Fragen beantwortet, Stride auzuklammern, als sie einzubeziehen. Das ist der wichtigste Grund, weshalb es die K5 in der traditionellen Form für mich nicht gibt (dennoch bin ich mir aber natürlich bewusst, dass meine Ansichten kein Garant für Richtigkeit sind).

Ich bleib einfach skeptisch. Ich lebe besser damit, Stride einem anderen Täter zuzuordnen. Das ist nunmal so.  ;)

Grüße, Isdrasil


Offline Lestrade

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Re: Louis Diemschütz und sein Pferd
« Antwort #28 am: 23.08.2013 14:13 Uhr »
Hallo!

Nein: It was quite dark, so he could not tell if the woman was wearing a flower on her jacket, but both appeared sober.
Es kann sein, und es ist wahrscheinlich, dass die Attacke nach Browns Sichtung stattfand. Die Blume kann ebenso danach ihren Weg zu Stride gefunden haben. Muss aber nicht.

Ja okay, die Rose sah PC Smith noch kurz vorher, da verwechselte ich Brown mit PC Smith:

“The woman, whom Smith later identified as Elizabeth Stride, had a flower pinned to her jacket.”

Brown sah also danach (nach PC Smith) keine Rose aber schauen wir auf eine Aussage von Fanny Mortimer:

“A young man and his sweetheart were standing at the corner of the street, about twenty yards away, before and after the time the woman must have been murdered, but they told me they did not hear a sound”

So könnte es sich gar nicht um Stride gehandelt haben. Dein entscheidender Hinweis…

Wir müssen uns daran gewöhnen, dass Zeugenaussagen eine überaus wackelige Angelegenheit sind, sowohl in der zeitlichen, der visuellen, und der auditiven Ebene.

Ich muss mich an nichts bei den Zeugenaussagen gewöhnen, ich erwähne die Schwierigkeiten dabei oft genug und habe im Forum auch schon persönliche Erfahrungen geschildert. Ich erwähnte u.a. einige Posts weiter oben:

Inspector Swanson hat mal gesagt, dass die Zeugen aus der Berner Street wenig nützten, das heißt aber nicht automatisch, dass diese vollkommen nutzlos waren.

Ich weiß nicht, was daran so schwer ist, einmal zu sagen: "Ok, das waren zwei unterschiedliche Events", und dementsprechend die Morde zu betrachten, auch die Zeugenaussagen einzubeziehen. Es gibt nichts an der Aussage eines Zeugen bezüglich des Stridemordes, was auf einen Zusammenhang zwischen den beiden Events schließen lässt.

Doch! Die Zeugenaussagen von Schwartz und Lawende sowie des unbekannten  Zeugen aus der Church Lane sprechen für einen Mann um die 30 Jahre mit seemännischem Erscheinungsbild.

Nun, ich widmete mich der Möglichkeit, dass es sich um zwei verschiedene Mörder handelte und wurde nicht überzeugt und somit schloss ich mich der Meinung der damaligen Ermittler an und betrachte den Mord an Liz Stride als Ripper- Mord. War gar nicht schwer. Vielleicht probierst Du es auch einmal umgekehrt und siehst den DoubleEvent als die Taten eines Mannes an. Das wirst Du aber sicherlich bereits getan haben. War es schwer? Die Einzelheiten, die für einen Ripper-Mord (Stride) sprechen, so wie ich sie sehe, findest Du in diesen aber auch in anderen Fäden.

Ich bleib dabei: OBJEKTIV betrachtet unterschiedliche Täter.

DEINE Ansicht von Objektivität Isdrasil. Nicht meine.

Beste Grüße,
Lestrade.
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Offline Isdrasil

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Re: Louis Diemschütz und sein Pferd
« Antwort #29 am: 23.08.2013 16:59 Uhr »
...ok, meine subjektive Objektivitaet  ;)

Meld mich spaeter (auch das ist relativ) nochmal...

Gruesse