Autor Thema: Martha Tabram - erstes Opfer von JtR oder gar kein Opfer von JtR?  (Gelesen 34296 mal)

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Tresschen

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Das ist natürlich schon etwas komisch, aber man muss bedenken, dass diese Frauen damals ihren Wohnort sehr oft mal wechselten und wenn ich mich jetzt recht erinnere, war sie bei einer Cousine oder so, jedenfalls meine ich etwas in der Art bei Sugden gelesen zu haben. Auch die anderen Frauen haben ja teils ihre Namen falsch angegeben und ähnliches. Das macht sie für mich nicht unbedingt gleich verdächtig.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass Pearly Poll erst dachte, dass es richtig wäre, bei der Polizei vorstellig zu werden, nachdem sie von Marthas Tod hörte, und dann erst nachher darüber nachdachte, dass es ihrem Geschäft schaden könnte, Kunden an die Polizei zu verraten und sie dann deshalb sich bei den Befragungen so zurückgehalten hat. Das heißt für mich noch nicht, dass die Soldaten die Mörder waren oder einer von den beiden. Ich halte mich immer an ein Grundprinzip ausAgatha Christies Büchern, dass, wenn jemand lügt, es nicht immer gleich heißen muss, dass er es war. Oft lügen Menschen einfach aus Angst ohne wirklich was getan zu haben, so wie jeder von uns versuchen würde ein Alibi aus dem Ärmel zu zaubern, wenn wir danach gefragt würden, weil wir eben Angst hätten, belangt zu werden.

Blacknight

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Hallo Tresschen! :hi: :hi:  :SM080:
Als T. Barret seine Aussage machte, wusste von Pearly Poll noch niemand etwas! Sie war namentlich überhaupt noch nicht genannt worden! Ausserdem war PP auch etwa 40-50 Jahre alt und ist diesem Gewerbe auch schon länger nachgegangen.
Also kannte sie die Probleme mit der Polizei! Warum erst (von sich aus wohlgemerkt) erst freiwillig Aussagen und dann vor der Coroner-Untersuchung einen solchen Mumenschanz aufführen? :SM062:

Außerdem glaube ich, dass selbst die damaligen Polizisten mit den Lügen der Zeugen gerechnet haben! Aber PP hat es ja ganz dramatisch gemacht (sie war bei Ihrer Cousine, hat aber nie angegeben, auch nicht auf Rückfragen der Polizei, warum sie verschwunden war und niemanden informiert hatte)!

Bis bald,

LG. Blacknight  :smiley5: :smiley5: :smiley5:

Stordfield

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Hallo !

Der Ripper hat bei allen späteren Opfern eindeutig auf die Geschlechtsteile gezielt. Das schien sein primäres Ziel zu sein. Warum aber nicht bei M. Tabram? Wie kam innerhalb von drei Wochen dieser Sinneswandel zu Stande?

Gruß Stordfield

Blacknight

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Hallo !
Der Ripper hat bei allen späteren Opfern eindeutig auf die Geschlechtsteile gezielt. Das schien sein primäres Ziel zu sein. Warum aber nicht bei M. Tabram? Wie kam innerhalb von drei Wochen dieser Sinneswandel zu Stande?
Gruß Stordfield

Hallo Stordfield!

JtR (oder der Täter) hat auch bei M. Tabram die Geschlechtsorgane verletzt, nur nicht entnommen! Ausserdem weisen "normalerweise" Serienkiller ein ansteigendes Gewaltpotenzial auf, d.h. die Gewalt an den Opfern nimmt zu! Und genau das ist ja auch passiert, bei Martha Tabram hat er die Geschlechtorgane "nur" mit einem Messer verletzt und bei Mary Nichols hat ER dann angefangen die Opfer auszuweiden!

Ich wünsche Euch Allen ein wunderschönes Wochende, bis bald!

LG. Blacknight  :smiley5: :smiley5: :smiley5:

Stordfield

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Hallo !

Meines Wissens wurden die Geschlechtsorgane bei ihr, bis auf eine "kleinere" Wunde im Unterleib nicht verletzt. Zumindest waren sie nicht das Hauptziel des Angriffs, die meisten Einstiche befanden sich im Hals- und Brustbereich. Ist der Sprung vom Stechen zum Schneiden innerhalb von einigen Tagen nicht sehr (zu) groß?

Gruß Stordfield

Offline Isdrasil

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Hi

Ist der Sprung vom Stechen zum Schneiden innerhalb von einigen Tagen nicht sehr (zu) groß?

Ja, das ist er. In meinen Augen ist das auch das größte Gegenargument auf der Contra-Seite. Man könnte das nur mit bestimmten Voraussetzungen erklären, wie z.B. die Tat war nicht geplant, Tabram war der erste "richtige" Mord, der Vorsatz zum Schlitzen war nicht vorhanden, Tabram ist das Bindeglied zwischen zwei Serien, eine geänderte Motivation etc.
Ich schließe es nicht aus, dass auch ein Mörder mit einer so stark ausgeprägten Fantasie wie der Ripper andersartige Morde begehen kann - sehe solche Taten eher als Vorlauf bzw. Vorgeschichte, am Anfang und Schluß einer Tatserie als Übergang zu anderen Verhaltensweisen oder als Ergebnis eines mißlungenen Tatvorspiels.

Ich weiß, dass gerade die Kritiker genau diesen Punkt gerne aufführen. Aber leider gibt es in der Geschichte des Serienmords eben entsprechende Beispiele völlig anderer Verhaltensweisen. Ja, manchmal spielt dabei sogar nur und ausschließlich das Verhalten des Opfers eine Rolle. Vielleicht hat sich Martha auch einfach nur anders verhalten als die übrigen Opfer, wer weiß? Bei der Betrachtungsweise des Opferverhaltens hat sich gezeigt, dass gerade bei diesen stark geprägten und durchdachten Fantasien manchmal ein völlig unwichtig erscheinender Punkt ausreicht, um beim Täter eine völlig andere Herangehensweise hervorzurufen. Steigt das Opfer aus dem Drehbuch aus, folgt der Täter oft nach.

Stehe jedenfalls dieser starren Sichtweise äußerst kritisch gegenüber, da Tabram eben in allen anderen Punkten einfach zu gut in das Schema der Serie passt.

Grüße, Isdrasil
« Letzte Änderung: 27.04.2009 08:32 Uhr von Isdrasil »

Tresschen

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Ich sehe das ähnlich wie du, Isdrasil. Sie passt einfach ein bisselzu gut ins Opferschema und der Mord geschah auch mittendrin in Whitechapel.
Meine Idee wäre ja, dass sie vielleicht seine Mordabsicht zu früh bemerkte und der Mörder dann einfach auf sie eingestochen hat, während das bei den anderen Opfern leichter war später.

Blacknight

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Ich muss Isdrasil recht geben!

Das Opferprofil stammt mit allen noch kommenden Opfern überein!
Klar es fehlt das Durchtrennen der Kehle oder das der Körper aufgeschlitzt wurde, beziehungsweise das ein oder mehrere Organe entnommen wurden.

Aber wie uns die Vergangenheit schon oft bewiesen hat, dass erste Opfer muss nicht unbedingt in jeden Punkt übereinstimmen mit den dann noch folgenden.
Da wäre Elisabeth Stride vielleicht auch ein ganz gutes Beispiel..... und die gehört ja wohl ganz eindeutig zu den "kanonischen Fünf"!

Ich bin davon überzeugt das M.T. das erste Opfer (oder erster Versuch) war.... und vielleicht gerade weil keine Organe entnommen wurden usw. hat er
es bei den nächsten Opfern gemacht.

Bis bald,
LG. Blacknight  :smiley5: :smiley5: :smiley5:

Miss Silver

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Hallo,

ich bin neu im Forum, habe aber schon eine Weile mitgelesen und springe jetzt einfach mal ins kalte Wasser.

Für mich scheint es auch nicht ausgeschlossen, dass Martha Tabram ein frühes Opfer von JtR ist. Der Mord an Tabram hat aber sehr starke Ähnlichkeit zum Angriff auf Annie Millwood. Millwood sagte aus, der Täter hat sie mit einem Taschenmesser (o.ä. der Begriff clasp-knife ist mehrdeutig, aber auf jeden Fall wohl ein kleines Messer) angegriffen. Sie hatte Stichwunden im Unterleib und in den Beinen. In Tabram's Autopsiebericht steht, dass die Tatwaffe ebenfalls ein Taschenmesser (pen-knife) war - ausser bei dem Stich ins Herz.
Hinzu kommt die Nähe der Tatorte, die wenige Minuten Fußweg von einander entfernt sind.
Von daher spricht für mich einiges dafür, dass beide Angriffe durch denselben Täter ausgeführt wurden.

Gruß

Miss Silver

Blacknight

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Hallo,
ich bin neu im Forum, habe aber schon eine Weile mitgelesen und springe jetzt einfach mal ins kalte Wasser.

Als erstes: Herzlich Willkommen Miss Silver  :blumenstrauss: :blumenstrauss: :blumenstrauss:!!!!!! Ich bin auch noch nicht lange dabei und weiß was Du mit dem "Sprung ins kalte Wasser meinst"! :icon_biggrin: :icon_biggrin:
Keine Angst, ich kann nur aus Erfahrung sagen, dass ALLE sehr sehr nett sind! Vielleicht habe ich die "Böse" Seite auch noch nicht kennengelernt! :icon_mrgreen: :icon_mrgreen: Nein, kleiner Scherz :icon_mrgreen: :icon_mrgreen: :icon_mrgreen:

Wäre nett, wenn Du näher ausführen würdest warum Du glaubst das Anni Millwood zu den Opfern des JtR gehört?!?

Bis bald,
LG. Blacknight :smiley5: :smiley5: :smiley5:


Miss Silver

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Hallo Blacknight, danke für die Begrüßung. Ich bin auch nur ein bisschen nervös.  :icon_wink:

Okay, zu deiner Frage, warum ich Annie Millwood und Martha Tabram als Opfer nicht ausschließen möchte_


Jetzt kommt ein bisschen profiling <duck>

Der M.O. des Täters ist bei Annie Millwood und Martha Tabram in der Tat unterschiedlich zum M.O. bei den C5 (wobei ich mir bei Stride nicht sicher bin, ob ich sie einrechnen möchte). D.h. auf Tabram und Millwood wurde mit einem Taschenmesser eingestochen, die Kehle wurde nicht durchschnitten und die Verstümmelungen fehlen.

Die Signatur dagegen ist ähnlich. Insbesondere bei Annie Millwood richtete sich der Angriff deutlich auf den Unterleib. Bei Martha Tabram ist das anhand des Autopsieprotokolls nicht so glatt nachzuweisen, wobei allerdings anzumerken ist, dass von den 39 Stichwunden nur 21 lokalisiert sind.

Die weitere Aussage: "According to Killeen, the focus of the wounds were the breasts, belly, and groin area." ist zugegeben etwas vage.
Dafür haben wir bei Martha Tabram eine Angabe in welcher Position sie aufgefunden wurde:
"the legs open in a manner to suggest that intercourse had taken place"
(laut Killeen gab es allerdings keine Hinweis auf eine Vergewaltigung).  Diese Positionierung gleicht den Positionen in denen die späteren Opfer gefunden wurden. Auch waren ihre Kleider hochgeschoben, wie bei den späteren Opfern.

Noch eine Übereinstimmung findet sich bei den Daten: Martha Tabram wurde an einem Bank Holiday ermordet. Annie Millwood an einem Samstag (25.2.) angegriffen.

Das sind für mich ziemlich viele Übereinstimmungen.

Beide Frauen passen für mich in das Schema, weil ich den Täter für lernfähig halte. Annie Millwood ist dem Täter entkommen, bei Martha Tabram kam eine zweite Waffe zum Einsatz, mit der er getötet hat.
So könnte es auch für die Änderung des M.O. eine ganz einfache ErKlärung geben. Die Kehle durchzuschneiden ist mit weniger Kraftaufwand verbunden und "sicherer" als durch's Brustbein oder die Rippen ins Herz zu stechen.

Die Verstümmelungen der späteren Opfer könnte es sich einfach um eine Steigerung des blossen Einstechens auf das Opfer handeln.  Auch in den späteren Morden ist ja eine Steigerung bei der Art der Verstümmelungen festzustellen.



Offline Isdrasil

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Hi!

Auch erst mal von mir ein herzliches Willkommen bei uns!  :smiley5:

Weiß auch gar nicht, weshalb Du nervös bist - deine Ausführung klingt wirklich sehr durchdacht. Man könnte jetzt darüber diskutieren, was genau der MO ist, was die Signatur, und ob zum Beispiel der Kehlschnitt eher zu MO oder eher zu Signatur zählt. Aber das wurde schon mal in einem anderen Thread angefangen - finde ihn nur gerade nicht.  :icon_aetsch:

Zumindest mache ich mir selbst auch gerade Gedanken um Millwood...finde deine Ausführungen echt "Nachdenkenswert"  :icon_wink:

Grüße, Isdrasil
« Letzte Änderung: 29.04.2009 07:30 Uhr von Isdrasil »

Miss Silver

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Hallo Isdrasil,  :smiley5:

Das mit der Zuordnung des Durchschneidens der Kehle ist natürlich so eine Sache. Ich glaube, Ressler ordnet die Tötung der Signatur zu. (Und ich bin jetzt gerade zu faul das Ressler Buch suchen <g>)
Ich habe jetzt ein bisschen drüber nachgedacht und m.E. ist das nur auf den ersten Blick oder je nach Formulierung ein Widerspruch.
Ich gehe davon aus, dass die Tötungshandlung als solche nicht das primäre Ziel des Täters war, sondern eher Mittel zum Zweck. So gesehen wäre nicht der Kehleschnitt die Signatur sondern ein lautloses, schnelles und sicheres Töten, um die absolute Kontrolle über das Opfer zu haben. Und da das Durchschneiden der Kehle wesentlich schneller und sicherer zu bewerkstelligen ist, ist der Täter dabei geblieben.
Das Würgen (das leider wegen der Ungenauigkeit damaliger Autopsieberichte nicht eindeutig nachzuweisen ist) würde dafür sorgen, dass der Vorgang so gut wie lautlos erfolgt. Es gibt zumindest Anzeichen, dass Martha Tabram ebenfalls gewürgt wurde - das angeschwollene Gesicht, die leicht hervortretende Zunge und die geballten Fäuste könnten ein Hinweis darauf sein.
Und das würde Annie Millwood immer noch nicht ausschließen. Gesetzt den Fall sie wäre der erste Versuch von JtR seine Fantasie, die mit eher mit den Verstümmelungen als mit dem Tötungsakt zusammenzuhängen scheint, umzusetzen. JtR  steht ja nicht eines Tages auf und ist der perfekte Killer. Er hat diese Fantasie und ein Taschenmesser. Das Opfer entkommt ihm, was für in ein völliger Kontrollverlust gewesen sein muss. Er ist vermutlich völlig frustriert, weil die Erfahrung nicht mit seiner Fantasie übereinstimmt. Also fängt er an zu überlegen, wie er die absolute Kontrolle über das Opfer bekommt und wird sich irgendwann klar, dass er das Opfer vorher töten muss.
Das wäre für mich auch eine mögliche Erklärung für die lange Pause zwischen Annie Millwood und Martha Tabram. Er muss ersteinmal über die Frustration hinweg kommen, vielleicht auch über die Besorgnis, dass er erwischt wird, dann eine Lösung und schließlich noch den Mut finden, wirklich loszuziehen und zu töten.
Macht das Sinn?

Tresschen

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Ich finde, das klingt sehr gut. Und ich zumindest würde das ähnlich wie du sehen.

Offline Isdrasil

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Hi Miss Silver!

Macht das Sinn?

Ja. Ich finde deine Gedanken absolut logisch und nachvollziehbar. Ich persönlich habe in manchen Dingen eine andere Meinung (zum Beispiel über den Werdegang des Rippers), aber gegen deine Theorie kann ich persönlich nicht wirklich etwas sagen.  :icon_thumb:

Verwirrend wäre nur hier wieder der schnelle Übergang vom Stechen zum Schlitzen, den Stordfield erwähnte. Denn im Grunde wäre der Killer ja schon erwacht gewesen (hatte nur noch keine Möglichkeit, richtig zu töten). Wieso sticht der Ripper dann bei Tabram und fängt plötzlich bei Nicholls das Schlitzen an? Tabram wäre ja dann ein vorsätzlicher Mord gewesen. Ich denke, so ein starker Unterschied tritt eher bei spontanen Taten ein, weil der Täter eben keine Möglichkeit hat, sich mit der Tötung auseinander zu setzen, sich vorzubreiten, möglicherweise hat er die falsche Tatwaffe bei sich etc...so denke ich mir das.
Bei dir überlegt der Täter zwischen Millwood bis Tabram und macht dann trotzdem diesen völlig anderen Mord wie bei den Kanonischen Fünf. Oder siehst du die Tabram Tat auch eher als spontanen Zwischenfall?

Grüße, Isdrasil